2022, Folge 173–189

evtl. unvollständig
  • Folge 173 (45 Min.)
    Kaum ein Ereignis wühlt viele Norddeutsche bis heute so auf wie die Sturmflut von 1962 im Norden. Ausgelöst durch einen Orkan rollt mitten in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar eine gewaltige Flutwelle von der Nordsee die Elbe hinauf, zerstört Deiche, reißt Häuser und Wohnungen weg. 340 Menschen sterben, allein 315 in Hamburg. Besonders schlimm trifft es die tief liegenden Hamburger Stadtteile. Wilhelmsburg und Waltershof zählen dazu. Stadtteile, in denen viele Menschen, die im Zweiten Weltkrieg ausgebombt waren, in Kleingartenkolonien wohnen.
    Wer kann, flieht in die oberen Stockwerke oder aufs Dach und wartet in der eiskalten Nacht durchnässt und frierend auf Hilfe. Andere werden im Schlaf überrascht und haben keine Chance. Tausende verlieren ihr Hab und Gut oder werden obdachlos. Sturmflutwarnungen hatte es zwar gegeben, doch nicht gesondert für Hamburg. Am Morgen des 17. Februar reagiert der damalige Polizeisenator Helmut Schmidt entschlossen und ruft das Militär zu Hilfe. Auch Tausende von Zivilisten sind unermüdlich im Einsatz. Sie alle versuchen zu retten, was noch zu retten ist.
    Die Sturmflutnacht jährt sich am 16. Februar 2022 zum 60. Mal. In dieser Dokumentation der Reihe „Unsere Geschichte“ schildern Zeitzeugen ihre persönlichen Erinnerungen an die Jahrhundertflut, die sie bis heute nicht vergessen können. Johannes Tönnies, damals Jungpostbote in Waltershof, wird zum Lebensretter. Huckepack trägt er seine Großmutter aus ihrer Laube durch brusttiefes Wasser ins Trockene. Auch seinen Großvater kann er retten, doch der stirbt später an den Folgen einer Unterkühlung.
    In den Tagen nach der Flutnacht stellt Johannes Tönnies Briefe und Telegramme zu, in denen Angehörige verzweifelt nach ihren Verwandten und Freunden suchen. Detlef Baade ist bei der Katastrophe sechs Jahre alt. Die Sturmflutnacht hat er eher als kindlich aufregendes Abenteuer in Erinnerung. Doch am Tag darauf sieht er in einer zerstörten Laubenkolonie ein ertrunkenes Kind, das in einem Baum hängt. Diese Erinnerung lässt ihn bis heute nicht los. Winfried Plate und Dieter Buch sind ehrenamtliche Helfer beim THW und während der Sturmflut in Wilhelmsburg eingesetzt.
    An die Rettungseinsätze und die furchtbaren Bilder von Zerstörung und Tod erinnern sie sich bis heute, sind aber auch dankbar dafür, dass sie helfen konnten. Doch es gibt auch Geschichten des Glücks: Renate Röttmer aus Wilhelmsburg steht kurz vor ihrer Hochzeit, verliert nach einer Geburtstagsfeier in der Nacht vom 16. Februar 1962 den Kontakt zu ihrem Verlobten. Sie kann sich in eine Notunterkunft retten und wartet dort ängstlich auf ein Lebenszeichen von ihm. Er sucht sie stundenlang, dann steht er plötzlich unversehrt vor ihr. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 16.02.2022NDRDeutsche Online-PremiereSo 13.02.2022ARD Mediathek
  • Folge 174 (45 Min.)
    Vor 50 Jahren, am 1. März 1972, wurde es erstmals ausgestellt: das Interrailticket. Eltern bescherte es schlaflose Nächte, ihren Kindern öffnete es das Tor nach Europa in eine unbekannte Welt. Mit diesem Zugticket konnten Jugendliche einen Monat lang mit dem Zug durch 21 Länder fahren, egal wohin, egal wie weit! Für die allermeisten ein Gefühl von Freiheit, Abenteuer und einem Hauch von Völkerverständigung.
    Bernd Baumhold aus Bochum war gleich im ersten Jahr dabei. „Wir waren Hippies. Aber in Griechenland hießen wir nur die Yeahyeahis, nach dem berühmten Beatles-Album von 1964, ‚Yeah! Yeah! Yeah! A Hard Day‘s Night’“, sagt sein Freund Vasilios Liolios. Am Ende ihrer Interrailreise wurde Vasilios von griechischen Militärs verhaftet, denn 1972 war Griechenland noch Diktatur und der junge Deutsch-Grieche sollte seinen Militärdienst im Süden leisten. Sein Ende einer abenteuerlichen Zugreise.
    Michael Achilles aus Ludwigsburg zog erst zwei Jahrzehnte später los. Da waren er und seine Freunde gerade mal 15 Jahre alt. Diktaturen gab es in Südeuropa zwar nicht mehr, aber sehr dunkle Nächte am Strand, Taschendiebe, den ersten Joint, die erste Freundin. Geblieben ist für ihn bis heute „dieses Gefühl von Freiheit, wenn ich das Geräusch von Bahnschienen hören, dieses Tamtam-Tamtam.“
    Das DDR-Pendant zu Interrail hieß Jugendtourist. Es war von der FDJ organisiert und nicht halb so wild. Aber auch da gab es einen „Schnellkurs im Erwachsenwerden“, wie es Robert Conrad im Rückblick nennt. Nur durch Zufall kam der Fotograf 1985 mit seinem Freund Thomas Frick zum begehrten Jugendtourist-Programm. Eigentlich war die Reise eine Belohnung für Fricks Freundin gewesen, die Stasispitzel war. Doch die wurde krank und so durfte Conrad nachrücken. Der Beginn eines wilden Abenteuers in der Sowjetunion.
    Für seine Dokumentation „Interrail. Die beste Reise meines Lebens“ trifft Grimme-Preisträger Hauke Wendler Interrailer, die heute oft graue Haare haben und ein durchaus geordnetes Leben führen. Gemeinsam mit ihnen begibt er sich auf eine spannende und sehr unterhaltsame Reise. Es geht um wochenlanges Leben aus dem Rucksack, Tütensuppen und Schlafplätze auf Bahnhöfen, im Gang des Nachtzuges oder an Feldhecken. Manche Nacht endete abrupt und mit einem trockenen Satz: Verschwindet aus meinem Garten. Für sie alle jedoch bleibt die Interrailzeit vor allem eines: die beste Reise meines Lebens. So sieht es auch Jeannette Eikenberg bis heute. 1992 zog sie mit ihrer Schwester los, kurz nach der Wende. Zuvor versuchte ihre Mutter sie mit Bestechungsversuchen, einer Reise nach Amerika, davon abzuhalten. Vergeblich. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.04.2022NDR
  • Folge 175 (45 Min.)
    Für die einen war Bhagwan ein Heiliger und ein Sinnstifter, für die anderen war der indische Guru nur ein Bürgerschreck und Scharlatan. Doch viele Tausend Norddeutsche folgten dem Prediger. Ende der 1970er-Jahre machten sich vorwiegend junge und von der bürgerlichen Gesellschaft frustrierte Menschen auf den Weg ins indische Poona und kamen in roten Gewändern als seine treuen Jünger*innen zurück. Von ihnen, den sogenannten Sannyasins, und ihren Lebenswegen handelt diese NDR Dokumentation. Die Lehrerin Lisa Lottig selbst und auch ihre Freunde hätten nie für möglich gehalten, dass sie mal einem Guru aus Indien folgen würde.
    Doch als vor rund 40 Jahren die Sommerferien vor der Tür standen, hatte sie niemanden, mit dem sie verreisen konnte. Der Tipp eines Freundes verschlug sie nach Poona. Und da hörte sie mit Hunderten anderer Menschen den Mann sprechen, der ihr Leben verändern würde: Bhagwan Shree Rajneesh, ein charismatischer Philosophieprofessor mit langem Bart und einnehmender Stimme: „Ich wollte gar keine Sannyasin werden. Aber Bhagwan sagte, tu’ es und du wirst sehen, was passiert.
    Und dann ist so viel passiert in meinem Leben!“ Lebe im Hier und Jetzt, sagte der Meister. Meditiere und hoffe auf kein Paradies nach dem Tod. Sei achtsam mit dir. Diesem Credo folgten außer Lisa Lottig damals Hundertausende aus der ganzen Welt. Der Großteil von Bhagwans Jünger*innen kam aus Deutschland. Und dass Bhagwan die freie Liebe unter den Sannyasins predigte, machte ihn als „Sex-Guru“ zum Ziel der deutschen Massenmedien: „Aber man möchte leben dürfen, dass man verschiedene Menschen liebt und von denen geliebt wird“, meint Jagran, der noch heute zusammen mit etwa 70 anderen Sannyasins in einem Dorf bei Göttingen lebt.
    Während der Dreharbeiten zu diesem Film stellte sich durch einen Zufall heraus, dass es damals sogar in der DDR eine kleine Gruppe Sannyasins gab, die Bhagwans Lehren folgte und nicht der SED. Swami Alnua Kalyan, mit bürgerlichem Namen Dietrich Raschke, betrieb damals auf Rügen sogar ein Meditationszentrum: „In unseren Stasiakten lasen wir Jahre später lustige Spitzelberichte.
    Die Staatssicherheit wusste nichts mit uns anzufangen und schien überfordert mit Bhagwans Lehren. Also ließen sie uns in Ruhe.“ In seiner NDR Dokumentation erzählt Carsten Rau von den Menschen, die Bhagwan folgten und dafür von ihrer bürgerlichen Nachbarschaft beschimpft wurden. Doch das, was viele damals verschreckte, nennt man heute Achtsamkeit und wird inzwischen auf Seminaren gelehrt, auch in Großkonzernen. Von ehemaligen Sannyasins. Ein spannender und hoch unterhaltsamer Blick zurück auf die Tage, als Bhagwan in den Norden kam. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 11.05.2022NDRDeutsche Online-PremiereMo 09.05.2022ARD Mediathek
  • Folge 176 (45 Min.)
    MofaBande Bratärsche, Bokel, vor Clubhaus
    Der Film beleuchtet die Geschichte des Mopeds in Ost und West aus kultur- und zeitgeschichtlicher Perspektive. Die Geschichte der Simson ist eine nicht enden wollende Erfolgsgeschichte. Sie begann zu DDR-Zeiten und findet ihren Fortgang bis heute. Die Mopeds aus dem Osten sind identitätsstiftend für mindestens drei Generationen. Heute haben viele Modelle, z.B. die Schwalbe, Kultstatus, nicht nur in den neuen Bundesländern, seit einigen Jahren auch im Westen. Die Simson ist heute das meistgefahrene Retromoped und hat den Modellen, die früher im Westen populär waren wie Kreidler, Zündapp oder Puch, den Rang abgefahren.
    Landauf, landab schließen sich junge und ältere Mopedfreaks zu Clubs zusammen, reparieren und „pimpen“ Maschinen, stellen sie aus, fahren zusammen über Stoppeläcker und staubige Straßen. Teilweise Hunderte Kilometer weit wie in der jährlich stattfindenden MoMoTo, der „Reise des goldenen Tanks“ vom Unterallgäu bis nach Flensburg. Gut 70 Retroclubs sind in den vergangenen Jahren entstanden. Sie nennen sich Bratärsche Bokel, Angeliter Sattelmuschis oder 2-Takt Rokker Rügen. Ihr persönliches Mopedrevival ist alles andere als ein lahmer Nostalgietrip mit 25 km/​h. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 25.05.2022NDR
  • Folge 177 (45 Min.)
    Mal ist die Ware sehr alt, schwer und für mondäne Landsitze bestimmt. Mal ist sie klein, leicht und passt in den Vorgarten. Bäume sind das Spezialgebiet der Baumschule Lorenz von Ehren. Fürstenhäuser, Schlossgärten, Stadtparks, überall hat der Betrieb schon Anlagen beliefert und bestückt. 1865 in Hamburg-Nienstedten gegründet, ist diese Baumschule für viele Gartenliebhaber bis heute ein beliebter Anlaufpunkt, wenn es um Pflanzen geht. Die Hanseaten waren mit ihren hochwertigen Gehölzen schnell bekannt und belieferten die Königshäuser von England, Dänemark und Preußen sowie den Zarenhof in St.
    Petersburg. Mancher Baum ging von Nienstedten per Seekiste nach New York, Buenos Aires oder Schanghai. Damals war der Versand vor allem eine logistische Herausforderung. Denn so ein Baum ist sehr transportempfindlich. Auch in Hamburg stehen in vielen öffentlichen Grünanlagen, Privatparks oder exotischen Gärten ausgewachsene Bäume der Baumschule von Ehren. Manche sind inzwischen über 100 Jahre alt. Zu ihrem Privatkundenstamm zählen bis heute auch Adlige, Bankiers, Verleger, Kaufleute und Reeder. NDR Autor Wolfgang Klauser porträtiert für „Unsere Geschichte“ den Betrieb, erweckt die Vergangenheit auch mit unveröffentlichtem Filmmaterial zum Leben, spart Krisen nicht aus und gibt einen Einblick in die zeitraubende Zucht von Bäumen.
    Denn die Pflege der Baumriesen ist aufwendig. Alle paar Jahre müssen die Bäume ausgegraben werden, damit die Wurzeln nicht zu tief in die Erde greifen. Und über Jahrzehnte müssen sie bewässert, gedüngt und vor allem beschnitten werden. Die Bäume, die Bernhard von Ehren heute verkauft, hatte bereits sein Großvater gepflanzt. Die Bäume, die er heute pflanzt, wird vielleicht mal sein Enkel verkaufen.
    „Wir verkaufen den Faktor Zeit“, sagt Bernhard von Ehren. Und auch der Klimawandel mit Trockenheit und massiven Unwettern, massiver Schädlingsbefall und die Verdichtung der Großstädte sind Herausforderungen für die TraditionsBaumschule. Der Film begleitet deshalb auch das Begrünungsprojekt des alten Flakbunkers im Hamburger Stadtteil St. Pauli. „Auf dem Dach dieses geschichtsträchtigen Hamburger Bunkers entsteht ein neuer Park“, sagt Geschäftsführer Bernhard von Ehren und meint, der könne Strahlkraft für weitere Stadtbegrünungsmaßnahmen haben. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 01.06.2022NDR
  • Folge 178 (45 Min.)
    Ein gigantischer Raubzug der Nationalsozialisten ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt: der organisierte Kunstraub an jüdischen Familien, die aus Nazideutschland zur Ausreise genötigt worden waren. Bis heute suchen Erben nach ihrem Eigentum, oft vergeblich. Dr. Kathrin Kleibl, norddeutsche Provenienzforscherin, widmet sich mit Kolleg*innen der Aufklärung dieses Verbrechens und möchte für Gerechtigkeit sorgen. Sie versucht, den Verbleib der geraubten Kunst zu rekonstruieren, um sie den rechtmäßigen Besitzer*innen zurückgeben zu können.
    NDR Autorin Sophia Münder-Führing hat Kathrin Kleibl über ein Jahr lang mit der Kamera begleitet und eine spannende, zeitgeschichtliche Dokumentation für das NDR Fernsehen realisiert. Den jüdischen Familien, die Deutschland verlassen sollten, war versprochen worden, ihr Eigentum mitnehmen zu können. Doch ihr Hab und Gut blieb oft im Land. Tausende Kisten, sogenannte Liftvans, lagerten etwa im Hamburger Südwesthafen, beschlagnahmt von der Gestapo. Statt die Gegenstände ihren Besitzer*innen nachzuschicken, wurden sie versteigert.
    Ganze Hausstände kamen in der „Hamburger Gerichtsvollzieherei“ und in zahlreichen Auktionshäusern unter den Hammer, darunter auch wertvolle Kunst. Zeitungsannoncen warben damals unverhohlen für die Versteigerungen der „Judenkisten“. 7,2 Millionen Reichsmark brachten die Auktionen in Hamburg den Nationalsozialisten ein. Eine staatlich organisierte Schnäppchenjagd, sagt der Historiker Frank Bajohr. Die Objekte verschwanden bei Privatpersonen, Museen und Händlern, die meisten Gegenstände sind bis heute verschollen. Wer waren die Eigentümer*innen und wer die Käufer*innen? Das möchte Kathrin Kleibl herausfinden: „Das große Ziel ist es, diese Objekte den Familien zurückzugeben.“ In einem Forschungsprojekt, gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, begibt sich Kleibl auf Spurensuche.
    Einen Vorteil hat sie: Die Nazis haben das Unrecht akribisch dokumentiert. Tausende Seiten Versteigerungsprotokolle, Lagerbücher und Rechnungen kann Kathrin Kleibl auswerten, ein mühsames Geschäft. Jedoch: „Aus diesen Puzzleteilen können wir den Weg eines Liftes vom Heimatort bis zu dem Verkauf schlussendlich in Hamburg nachvollziehen“, sagt Kleibl.
    Jüdische Nachfahren hoffen, nun endlich ihr Eigentum wiederzuerlangen. Familie Koch aus Wiesbaden etwa musste nach London emigrieren. Doch ihre beiden Umzugskisten, darin eine kostbare Kunstsammlung mit Werken von Nolde, Jawlensky und Klee, kamen nie an. Wo ist das Umzugsgut der Großeltern geblieben? Diese Frage lässt dem Erben bis heute keine Ruhe. Zu einem Gemälde gibt es eine konkrete Spur, aber etliche Eigentumswechsel und ein immer noch verschlossener Kunstmarkt erschweren die Suche.
    „Wenn unsere Generation nicht mehr sucht, dann bleibt dieses Kapitel für immer im Dunkeln verschwunden“, befürchtet der rechtmäßige Eigentümer. Auch die hochkarätige Kunstsammlung von Johanna Ploschitzki aus Berlin ist verschollen. Ihr Umzugsgut, darunter Werke von renommierten Künstlern wie Pissarro, Beckmann und Liebermann, wurde drei Tage lang in Hamburg versteigert. Insgesamt ging es um 1500 Objekte. Ihre Nachfahren suchen ebenfalls bis heute. Ein Objekt konnte Kathrin Kleibl immerhin wiederfinden.
    Es schlummerte jahrelang in einem Hamburger Museum, erworben im Dezember 1941 auf einer der berüchtigten Versteigerungen. Wird die Rückgabe des geraubten Gutes gelingen? Auch Dr. Ute Haug, Provenienzforscherin in der Hamburger Kunsthalle, stellt dieses Kapitel deutscher Geschichte vor eine Herausforderung: Ihr Haus kaufte im Jahr 1941 acht Gemälde auf einer Versteigerung. Das belegen Nummern auf der Rückseite der Gemälde. Aber lassen sich die Bilder den Familien zuordnen, denen sie geraubt wurden? Um das herauszufinden, setzt auch Ute Haug auf die Unterstützung von Kathrin Kleibl. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 08.06.2022NDRDeutsche Online-PremiereSo 15.05.2022ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 04.05.2022
  • Folge 179 (45 Min.)
    Ursula Oetken, Watt-Schützerin der ersten Stunde
    1972 war das Urknalljahr für den Umwelt- und Naturschutz: Der Club of Rome schockierte die Welt mit seinem bahnbrechenden Bericht „Zur Lage der Menschheit“. In Stockholm fand die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen statt. Und in Nordfriesland trafen sich führende Umweltschützende, um die Studie „Die Grenzen des Wachstums“ in die Praxis umzusetzen. Mitten im Wirtschaftswahn der 1970er-Jahre forderte ein Haufen unerschrockener Menschen einen Nationalpark: den Nationalpark Wattenmeer. Was in Husum gefordert wurde, entsetzte große Teile der deutschen Bevölkerung: Ein derart radikaler Naturschutz würde „unser Land in die Armut treiben!“.
    Die Debatte wurde hart und unerbittlich geführt. Werner Boyens erinnert sich: „Wir mussten dagegen sein, um überhaupt beachtet zu werden. Denn die Menschen, die hier lebten, wurden praktisch vergessen.“ Heute, 50 Jahre später, ist der Nationalpark Wattenmeer aus Deutschland nicht mehr wegzudenken. Er sichert Tausende Arbeitsplätze, ist Naherholungsgebiet für Einheimische, Magnet für Urlauber und vor allem eine starke Säule des Naturschutzes. NDR Autor Sven Jaax reist in die Zeit zurück, trifft sich mit den Kämpfern von damals und erzählt, was der Nationalpark heute leisten muss.
    Denn, ruhig ist es nicht geworden. Es braucht immer neue Wege, um das Wattenmeer zu schützen: vor uneinsichtigen Touristen, ignoranten Investoren oder Landwirten, die sich bis heute vom Naturschutz bedroht fühlen. „Unsere Geschichte“ nimmt das spannende Jahr 1972 zum Anlass, um eine historische Reise anzutreten. Zu Menschen und Meilensteinen, die ganz Deutschland und nicht nur den Norden verändert haben. Eine Zeitreise zu erbitterten Kämpfen.
    Zu verbalen und physischen Attacken. Zu bitteren Niederlagen und zu einem Triumph für die Natur. Den entscheidenden Impuls gab eine Gruppe charismatischer Umweltschützender rund um den Verein Schutzstation Wattenmeer. Auf dem Deutschen Naturschutztag 1972 kam es zur Provokation: ein riesiger Nationalpark? Niemals! Getreu dem Motto „Gott schuf das Meer, der Friese schuf die Küste“ sträubten sich Bauern, Fischer, Jäger, Wassersportler, Tourismusbetriebe und kommunale Verwaltungen gegen einen verordneten Naturschutz. Er kam dann doch und gemeinsam schafften sie eine Erfolgsgeschichte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.06.2022NDRDeutsche Online-PremiereSo 12.06.2022ARD Mediathek
  • Folge 180 (45 Min.)
    Der Aktionismus, das Spiel mit der Macht von Bildern, die Wirkung auf die internationale Politik sind bei Greenpeace ebenso spektakulär wie die Risiken, denen die Akteure sich aussetzen. Der Film aus der Reihe „Unsere Geschichte“ porträtiert die wohl bedeutendste Umweltschutzorganisation der Welt und zeichnet dabei auch nach, wie aus einer Hippiebewegung ein Weltkonzern wurde. Im September 1971 wurde Greenpeace in Vancouver/​Kanada gegründet. Damals startete eine Gruppe umweltbewegter Hippies den Versuch, US-amerikanische Atomtests in Alaska zu verhindern. Die Dokumentation untersucht, wie aus der kleinen Ökobewegung eine Art weltweiter Konzern wurde.
    Ist die Methode der inszenierten Aktionen wie bei der Besetzung der Ölplattform Brent Spar heutzutage noch wirksam, um die nahende Klimakatastrophe abzuwenden? Greenpeace-Gründer berichten, wie gezielt sie schon damals ihre Aktionen geplant haben, damit möglichst viele Medien über den Kampf gegen Walfänger und Robbenschlächter berichten. Mit dieser Strategie hat Greenpeace in den letzten Jahrzehnten viel Aufmerksamkeit erzielt und auch Veränderungen angestoßen. Doch Autor Sebastian Bellwinkel lässt Aktivisten nicht nur unterhaltsame Heldengeschichten erzählen, sondern stellt auch Fragen zur Gegenwart: Wie geht die von Kritikern inzwischen als „bürokratisch“ kritisierte NGO mit der Medienmacht der „Fridays for Future“-Bewegung um? Welche neuen Wege geht die Umweltorganisation, um Zustände abzuwenden, die sehr viel gravierender sein sollen als die der Coronapandemie? Der Film bietet dabei seltene Einblicke hinter die Kulissen.
    So konnte das Kamerateam im riesigen Hamburger Aktionsmittellager drehen und dabei u.a. die Entstehung der typischen Greenpeace-Transparente filmen. Außerdem begleitete das Team die Aktivisten hautnah bei einer Aktion auf dem Dach der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 22.06.2022NDR
  • Folge 181 (45 Min.)
    In den 1920er-Jahren schufen sich junge Menschen aus ganz Deutschland ihre Version des „Garten Eden“. In Mecklenburg, am Westufer des Plauer Sees, entstand die „Jungmöhl“, in der sie das ganze Jahr über gemeinschaftlich, nackt und vegetarisch lebten. Der Film erzählt erstmals die unbekannte Geschichte der „Jungmöhl“ und der mit ihr verbundenen FKK-Siedlungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 29.06.2022NDR
  • Folge 182 (45 Min.)
    FKK! Das war im Osten mehr als Baden ohne Badehose und Bikini. Das war ein Lebensgefühl, das war Freiheit, das war Gleichheit. Auf einem der beliebtesten FKK-Campingplätze in Prerow erinnern sich eingefleischte FFK-Fans an ihre schönsten Urlaubswochen und an die beliebte DDR-Show „Außenseiter – Spitzenreiter“, in der Moderator „Wolle“ mitten am Strand zum Wettbewerb im Krawattenbinden aufrief: mit Schlips, ohne Kragen und auch sonst ohne alles. „Unsere Geschichte“ zeigt die schönsten Urlaubserinnerungen von der Nord- und Ostseeküste.
    Von der Strandkorb-Dynastie Voß, die sich in Timmendorfer Strand seit fünf Generationen, genauer seit 1898, um ihre Gäste kümmert und zurückblickt auf die Entwicklung Timmendorfs vom beschaulichen Seebad zu einem der mondänsten Ostseebäder. Und von einer Strandsegler-Familie in St. Peter-Ording, die bei Wind und Wetter auf der Sandpiste ist und hier schon Weltmeisterschaften gesehen hat. Alte Aufnahmen und schöne Erinnerungen: „Unsere Geschichte“ mit einem unterhaltsam-sommerlichen Streifzug durch den ganzen Norden und die vergangenen Jahrzehnte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.07.2022NDR
  • Folge 183 (90 Min.)
    Am 01.06.1927 weihte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Damm nach Sylt ein (Spielszene). Das kleine Mädchen mit dem Blumenstrauß ist heute eine alte Dame.
    Hindenburgdamm heißt die malerische Bahnstrecke durchs Watt von Niebüll nach Sylt, benannt nach dem damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Die spannende Geschichte der nördlichsten Bahnstrecke Deutschlands, die das Festland mit der berühmten Nordseeinsel verbindet, wurde verfilmt. In den Jahren vor der Fertigstellung 1927 war der Damm die größte Baustelle Europas. Eine aufwendige Dokumentation aus der Reihe „Unsere Geschichte“ erzählt die dramatische Geschichte vom Bau des Damms und die des kleinen Mädchens Karin, das durch Zufall Teil der historischen Ereignisse wurde: Als Kind überreichte Karin Reichspräsident Paul von Hindenburg bei der Eröffnung der Strecke einen Blumenstrauß.
    Karin ist jetzt eine fast 100 Jahre alte Frau. Ihr Leben und das vieler anderer Sylter wurde vom Damm entscheidend geprägt. Der Film nimmt die Zuschauer*innen mit auf eine historische Entdeckungsreise rund um den Damm, erläutert seine Entstehungsgeschichte, die Schwierigkeiten beim Bau, die unglaubliche Leistung der beteiligten Ingenieure und Arbeiter und seine Bedeutung für Deutschlands beliebteste Insel.
    In einer Mischung aus Spielszenen, historischen Filmen und dem Einsatz von hochwertigen computeranimierten Sequenzen entsteht eine dichte Atmosphäre der damaligen Zeit. Die Geschichte spielt in erster Linie in den 1920er-Jahren in Norddeutschland und auf Sylt. Armut, Kargheit und Entbehrungen bestimmten das Leben vor rund 100 Jahren. Die einzelnen Charaktere werden mit hoher Authentizität gezeichnet, die Ausstattungen entsprechen dem damaligen Leben. Opulente Küstenbilder, cineastische Porträts oder eine zurückhaltende und beobachtende Kameraarbeit zeichnen die Dokumentation aus.
    Die filmische Umsetzung der Spielszenen entführt in die reale Welt des damaligen Sylt. Hubertus Meyer-Burckhardt führt als Moderator durch die historischen Teile des Films. Zu den Mitwirkenden gehören unter anderem bekannte Schauspieler wie Charles Brauer, Nicolas König und Bernhard Bettermann als Pastor Johler. Die Dreharbeiten fanden von Mai bis Oktober 2021 an Originalschauplätzen rund um den Hindenburgdamm statt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 07.07.2022NDR
  • Folge 184 (45 Min.)
    Eine Alsterrundfahrt auf einem historischen Dampfer, auch das ist Sommer in Hamburg. Keiner weiß das so genau wie Kapitän Kruse. Regelmäßig dreht er mit seinem historischen Alsterdampfer, Baujahr 1878, im Sommer seine Runden und erinnert an die Zeit, als es auf dem Wasser noch einen regulären Linienverkehr gab und das Alstervergnügen das Top-Ereignis des Sommers war. „Unsere Geschichte“ zeigt die schönsten Urlaubserinnerungen von früher. Sonnencreme, Spaß beim Schwimmen und für fünf Pfennig Brausepulver zum Lutschen: So sahen die Ferien in der Kindheit bei Elbschwimmerin Ursula Erler aus.
    Gastronom Horst Finke hatte im Sommer dagegen jede Menge Arbeit. Busladungen voller Tagestouristen kamen in den 1960er-Jahren in die Strandlust an den Dümmer-See. Und auch der Harz war schon damals ein beliebtes Reiseziel. Vor allem auch für die Dänen. Die nordischen Nachbarn liebten in den 1970er-Jahren die Ferien in den Bergen und ließen in Pensionen, Fremdenzimmern und Campingplätzen kaum einen Platz frei. Alte Aufnahmen und schöne Erinnerungen: „Unsere Geschichte“ mit einem unterhaltsam-sommerlichen Streifzug durch den ganzen Norden und die vergangenen Jahrzehnte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.07.2022NDR
  • Folge 185 (45 Min.)
    Deutsche TV-PremiereSa 06.08.2022NDR
  • Folge 186 (45 Min.)
    Die Anschläge in Rostock-Lichtenhagen im Sommer 1992 stehen auch 30 Jahre später bundesweit für einen Höhepunkt an rassistischer Gewalt. Doch es gibt eine Vorgeschichte, die bis heute kaum zur Kenntnis genommen worden ist. Angriffe auf Migranten und Unterkünfte für Geflüchtete gab es schon zuvor, und zwar flächendeckend. Mit der Wiedervereinigung wurden auch nationalistische Stimmen lauter, mit der Ankunft der ersten Asylbewerber organisierte sich wütender Protest. Zudem verübten Gruppen von Jugendlichen Brandanschläge auf Asylunterkünfte in Ueckermünde, Schwerin, Ribnitz-Damgarten und Greifswald, sogar zeitgleich an einem Tag. Auch Vertragsarbeiter aus Vietnam und ausländische Studierende wurden frühe Opfer.
    Mehr als 100 solcher Angriffe gab es vor dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen allein in Mecklenburg-Vorpommern. Die meisten davon sind heute kaum beachtet und nicht aufgearbeitet. Filmaufnahmen geben Aufschluss über Täter und Opfer von damals. Die NDR Autorinnen Carolin Kock und Jette Studier recherchieren die Zeit vor dem Fanal. Sie rekonstruieren das Erstarken der rechten Jugendkultur, treffen auf damals hilflose Polizisten in neuen Strukturen, eine erkennbar überforderte Justiz, wütende Anwohnerinnen und Anwohner und die Opfer dieser gewalttätigen Zeit. Der Film trifft sie mehr als 30 Jahre später und zeigt das, was damals kaum jemand sehen wollte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 24.08.2022NDRDeutsche Online-PremiereMo 22.08.2022ARD Mediathek
  • Folge 187 (45 Min.)
    Dem Goggomobil liegt eine ebenso simple wie bahnbrechende Idee zugrunde: ein Kabinenroller sollte wie ein Auto aussehen. 1954 wurde der liebenswerte Autoknirps auf einer Zweiradausstellung erstmals präsentiert, entwickelt wurde er vom niederbayerischen Unternehmer Hans Glas. Wie kaum ein anderes Gefährt stand das Goggomobil im Nachkriegsdeutschland für den Wandel zu einer Mobilitäts- und Konsumgesellschaft. Dem dürftigen Zweitakterantrieb zum Trotz, eroberte das kleine Gefährt aus Dingolfing den Kleinstwagenmarkt wie im Fluge. „Macht viel Freude, kostet nicht viel, Lösung klar – Goggomobil“. Seinen großen Erfolg verdankte das Fahrzeug auch dem Umstand, dass es in Deutschland mit dem Kleinkraftradführerschein gesteuert werden durfte.
    Bis heute hat das Goggomobil eine bemerkenswerte Fangemeinde, nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. In der Reportage kommen Goggo-Liebhaber*innen zu Wort, die sich um den Erhalt des kultigen Autozwerges kümmern und solche, die besonders seltene Exemplare besitzen. Außerdem erzählen Abenteurer*innen, die mit dem Goggo fremde Erdteile bereist haben, ihre Erlebnisse. Es werden die Orte gezeigt, an denen alles begann, und auch die, an denen die vergleichsweise kurze Karriere des Goggos dramatisch endete. Die Reportage ist eine Reise in die Wirtschaftswunderzeit Mitte des 20. Jahrhunderts. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.09.2022NDR
  • Folge 188 (30 Min.)
    Hamburg lag nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern. Zwei jüdische Überlebende, Gyula Trebitsch und Walter Koppel, hatten einen ambitionierten Plan: nach der Nazizeit kein „verlogenes Illusionskino“ zu produzieren, sondern realitätsnahe Geschichten zu erzählen. Real-Film GmbH hieß die neue Firma und wurde am 10. Januar 1947 gegründet. Als eine der ersten Produktionsfirmen erhielt sie in der britischen Besatzungszone eine Lizenz.
    Gyula Trebitsch, in Budapest geboren, wurde am 2. Mai aus einem Außenlager des KZ Neuengamme befreit. Walter Koppel, von den Nazis wegen Rassenschande zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, überlebte in einem jüdischen Krankenhaus. Die beiden legten den Grundstein für eine der größten deutschen Filmproduktionen der Nachkriegszeit, holten Filmstars in den Norden und bauten nach und nach ein Studiosystem nach dem Vorbild Hollywoods auf.
    Der erste dort produzierte Film hieß „Arche Nora“ und vermittelte nach Jahren des Krieges und der Zerstörung ein optimistisches Lebensgefühl. Zwei junge Leute auf einem Kahn retten eine schwangere Frau vor dem Selbstmord und geben ihr Lebensmut für einen Neubeginn. Alles musste in diesen schweren Zeiten improvisiert und aufwendig besorgt werden, bis zu den kleinsten Requisiten. Jeden Abend wurden die Nägel aus den alten Dekorationen gezogen, um sie für neue Szenen wieder zu verwenden. Das täglich gelegte Ei eines Requisiten-Huhns, das geliehen wurde, musste jeden Abend dem Besitzer übergeben werden. Das Kaffeegeschirr für die Kombüse des Schiffs stammte vom Hamburger DOM, erworben mit 68 Gewinnen bei einer Losbude.
    1948 begannen die Dreharbeiten auf dem heutigen Gelände in Hamburg-Tonndorf mit dem Film „Die letzte Nacht“. Dazu wurde eine alte Offiziersvilla angemietet. Schritt für Schritt entstand um diese Villa ein Studiosystem mit Werkstätten, Garderoben und Ateliers. Stars wie Heinz Rühmann, Marika Rökk, Curd Jürgens, Zarah Leander und Hans Albers drehten hier. Mehr als 100 Filme entstanden auf dem Gelände. Der größte Erfolg war „Der Hauptmann von Köpenick“, der zehn Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer in die Kinos zog und sogar eine Oscar-Nominierung in Hollywood erhielt.
    In den 1950er-Jahren erlebte die Real-Film GmbH mit Kinoproduktionen ihre Blütezeit. Bis das Fernsehen aufkam und die Umsätze einbrachen. Anfang der 1960er-Jahre trennten sich die Wege der beiden Real-Film-Gründer. Während Walter Koppel weiter Kinofilme herstellte, setzte Gyula Trebitsch auf das neue Medium Fernsehen. Walter Koppels Kinoproduktionen waren erfolglos. Gyula Trebitsch baute das Gelände zum Studio Hamburg um, zu einer der größten Film- und Fernsehproduktionsstätten Deutschlands. Die Villa auf dem Studiogelände ist heute nach Gyula Trebitsch benannt.
    Diese Dokumentation gibt überraschende wie nostalgische Einblicke in die Entwicklung der „Traumfabrik“ am Rande Hamburgs und blickt dabei auch hinter die Kulissen der erfolgreichen Serien „Großstadtrevier“ und „Rote Rosen“. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.10.2022NDR
  • Folge 189 (45 Min.)
    Säen und ernten sichern seit Jahrtausenden den Menschen das Überleben. „Unsere Geschichte“ blickt zurück. Wie hat sich die Landwirtschaft gerade auch mit Blick auf die Ernte in den letzten Jahrzehnten in Norddeutschland verändert? Was waren die Unterschiede zwischen Ost und West. Und gibt es immer noch Unterschiede? Wie haben neue Maschinen die mühselige Arbeit auf den Feldern verändert? „Unsere Geschichte“ präsentiert Erntegeschichten: unterhaltsam und informativ.
    Als der Spargel nach Norddeutschland kam. Ein Spargelpionier erinnert sich
    Klaus Dohrmanns Vater war für landwirtschaftliche Experimente zu haben. Als ein Freund des Vaters in den 1930er-Jahren mit Spargelpflanzen bei Hoya experimentierte und kleine Flächen anbaute, faszinierte das auch den Landwirt. Anfang des Zweiten Weltkrieges war aber erst einmal Schluss mit dem Spargelexperiment, denn die Nationalsozialisten verboten den Anbau von Spargel. Für Luxusgemüse solle der deutsche Boden nicht kultiviert werden, schließlich müsse das deutsche Volk satt werden, hieß es in der NS-Propaganda. Klaus Dohrmanns Vater glaubte an das Edelgemüse und sammelte 1951 die Samen auf dem Feld seines Freundes auf. Und schon 1952 erntete er als einer der Ersten in der Gegend seinen Spargel.
    Klaus Dohrmann ist so alt wie die Geschichte des Spargels auf dem familiengeführten Hof Arkenberg. Er selbst hat erlebt, wie die Menschen in den 1960er-, 1970er-Jahren aus dem Harz und von der Ostsee mit Wannen auf den Hof kamen und kauften. „Der Spargel verkaufte sich von selbst, da es noch keine großen Anbauflächen gab“, erinnert sich Klaus Dohrmann. Erst waren es Hausfrauen aus der Umgebung, die jeden Morgen bei den Dohrmanns halfen. Die Spargelstecherinnen waren so begehrt, dass die Dohrmanns alles versuchten, um sie zu halten: zum Beispiel mit Geschenken und Spieleabenden. In den 1980er-Jahren kamen dann die polnischen Ärzte, Bildhauer und Ingenieure auf den Spargelhof, um sich in Polen von ihrem verdienten Spargelgeld etwas leisten zu können.
    Kirsch- und Apfelernte im Alten Land
    Der Obsthof Lefers in Jork ist seit 1777 in Familienbesitz. Der heute 82-jährige Gerd Lefers ist auf dem Hof aufgewachsen. Er hat Kirschen, Mirabellen und Äpfel gepflückt und die 20 Kilo schweren Kisten gestapelt und verladen. Anfangs hat er mit Werftarbeitern aus der Gegend gearbeitet, die sich in der Obsternte Urlaub nahmen. In den 1960er-Jahren fuhren die Werftarbeiter lieber in den Urlaub, die ersten Arbeiter aus Anatolien kamen. Damals habe man mit den Menschen aus Anatolien noch an einem Tisch gesessen. Schweinefleisch habe es seltener gegeben, sagt Gerd Lefers.
    Er erinnert sich, wie er zwei jungen Arbeitern das Fahrradfahren beigebracht hat. Die Saisonkräfte aus Anatolien riskierten viel, denn sie bekamen keine offizielle Arbeitserlaubnis. Es gab Razzien der Polizei mit Hausdurchsuchungen. „Wir versteckten die armen jungen Männer meist oben im Haus bei meiner Großmutter, denn dort wagte die Polizei nicht zu suchen“, erinnert sich Gerd Lefers. Im darauffolgenden Jahr waren die Arbeiter oder ihre Verwandten wieder da.
    Vermarktung und Verkauf auf dem Großmarkt in Hamburg
    Wenn seine Nachbarn im Alten Land ihr Tagewerk vollbracht hatten, fuhr Claus Ropers los. Gegen Abend klapperte er von den 1960er-Jahren bis Ende der 1990er-Jahre mit seinem kleinen Lastwagen die Apfelhöfe ab und wuchtete die frische Ware auf die Ladefläche. Um 21:00 Uhr ging es dann nach Hamburg zum Großmarkt. Ab 23:00 Uhr wurde in den Deichtorhallen aufgebaut. Um 3:00 Uhr morgens kamen die Händler. „Da ging es um Pfennigbeträge, jeder versuchte zu feilschen! Aber das machte es ja gerade aus“, erinnert sich Claus Ropers. Gegen 10:00 Uhr war er dann zurück auf seinem Hof, wo er selbst noch Obst anbaute.
    An sechs Tagen die Woche, 40 Jahre lang, absolvierte Claus Ropers diesen Kraftakt. Seine Frau zog mit und unterstützte ihn. „Wir hatten ein anstrengendes, aber auch sehr interessantes Arbeitsleben“, sagt er heute. Zu seinem Nachfolger auf dem Großmarkt hat er gute Kontakte und lässt sich auf dem trubeligen Großmarkt manchmal noch sehen. Ganz besonders angesagt bei den Hamburgern war früher der Tag der offenen Tür im Großmarkt. „20.000 Menschen strömten hinein, Blaskapellen und ganz viel Tamtam!“, erinnert sich der 75-jährige Ropers.
    Damals in der DDR
    Ohne Frauen lief in der Landwirtschaft der DDR nichts. Etwa die Hälfte aller Beschäftigten in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) waren Frauen. Und die begnügten sich nicht nur mit klassischen Arbeiten wie Kühe melken und Felder hacken. Frauen standen „ihren Mann“ auch in Bereichen, die noch heute eher als Männerdomäne gelten: zum Beispiel Mähdrescher fahren. Gerda Czilwa aus Wittenförden bei Schwerin war so eine starke Frau. Ab 1973 holte sie mit ihrem riesigen Mähdrescher nicht nur Weizen, Gerste und Roggen ein. Ihr unterstand sogar eine ganze Mähdrescher-Brigade. Zu der gehörten Männer und Frauen. „Natürlich haben alle auf mein Kommando gehört!“, erinnert sich die heute 74 Jahre alte Gerda Czilwa. Zuvor hatte sie nach ihrer Lehrzeit in Wittenförden Landwirtschaft studiert.
    Erdbeerernte auf dem Hornbrooker Hof in Nehms (Schleswig-Holstein)
    Seit 60 Jahren werden auf dem Hornbrooker Hof in Nehms, im Naturpark Holsteinische Schweiz gelegen, Erdbeeren angebaut. Der Familienbetrieb befindet sich derzeit im Übergang von der dritten in die vierte Generation. Erdbeeren zu pflanzen und zu ernten gehört für Familie Goldnick zur Tradition. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich allerdings vieles sehr verändert. Dauerte die Erntezeit früher nur rund einen Monat, können heute dank der Vielfalt an Sorten und neuen Anbautechniken drei Monate lang Erdbeeren geerntet werden, von Mai bis August. Und ging früher der Großteil der Ernte in die Marmeladenfabrik, rückte im Laufe der Jahrzehnte der Verkauf an private Kundschaft immer mehr in den Vordergrund. Mit einem Verkaufsstand Ende der 1970er-Jahre fing es an. Heute verkauft der Hornbrooker Hof seine Erdbeeren an rund 90 Verkaufsständen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.10.2022NDR

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