Work It – Review

Eine Klamotten-Katastrophe à la ABC – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 06.01.2012, 09:06 Uhr

  • Seite
Lee und Angel haben sich erfolgreich in das bisher rein weibliche Vertreterunternehmen geschmuggelt
21 Minuten und zweieinhalb Lacher später drängt sich die traurige Frage auf: Andrew Cohen und Ted Reich – Jungs, was ist bloß mit Euch passiert? Eigentlich müssten zwei Autoren, die jahrelang manche der witzigsten „Friends“-Episoden ablieferten doch im Stande sein, einen halbwegs interessanten Sitcom-Piloten zu schreiben! Oder wurden die beiden in ihrer Zeit bei „Friends“ nur andauernd durch ihre Showrunner gerettet? Nach der ersten Folge von „Work It“ muss sich dieser Verdacht geradezu aufdrängen. Denn unterm Strich funktioniert hier fast gar nichts. Überm Strich auch nicht.

Dabei hat man mit Benjamin Koldyke (Don Frank in „How I Met Your Mother“) eigentlich einen überaus sympathischen Hauptdarsteller an Bord. Nicht, weil er in Frauenkleidern gut aussehen würde, ganz im Gegenteil. Aber als Familienvater mit Jobsorgen ist er wirklich liebenswert und gut besetzt. Leider ändert dies sich sofort, wenn Koldyke in seinen Fummel schlüpft. Überzogen, aufgesetzt und selbst für Sitcom-Verhältnisse einfach nur unglaubwürdig ist die weibliche Version von Lee, die hier präsentiert wird. Nicht im Geringsten wird nachvollziehbar, wie die neuen Vertreter-Kolleginnen (oder wie Barney Stinson sagen würde: „Pharma-Tussis“) Lee und später Angel ihre tölpelhafte Maskerade abkaufen können. Um eine Weisheit von Monika Gruber aufzugreifen: „Die brummen wie ein Transistorradio! Das merkt man doch!“

Andererseits, wie könnten die Pharma-Tussis auch drauf kommen, dass sie sich mitten in einer schlechten Burlesque-Nummer befinden, wenn sie ohnehin als komplett unterbelichtet dargestellt werden? Die Darstellerinnen um Kate Reinders Vertreterin Kelly haben durch das hauchdünne Drehbuch nicht die geringste Chance ein bisschen Vielseitigkeit und Individualität mit in ihre Rollen zu bringen. Das gleiche gilt für Beth Lacke als Lees Ehefrau Connie. Dem perfekten Männer-Klischee entsprechend ist sie entweder sauer oder liefert die Steilvorlage dafür, dass ihr Göttergatte dümmlich erscheinen kann.

Was den zweiten Mann in Frauenkleidern betrifft, so muss man wohl bereits dankbar dafür sein, dass Amaury Nolasco als Angel nicht annähernd so nervig ist wie Lee und Angels Männerfreund Brian. Mit schriller Stimme schlüpft John Caparulo erschreckend leicht in die Haut des wandelnden, hundert Jahre alten Herrenwitzes und lässt Zuschauer in nie gekannter Windeseile nach der Stumm-Taste auf der Fernbedienung suchen.

Spaß ist, was die Serie daraus macht – nicht viel offensichtlich
Da rubbelt man doch lieber mit Schweighöfer die Katz. Zwar wartet dort auf den Kinogänger auch keine Lawine an Originalität, aber zumindest hat der Blondschopf seine High Heels und sein Erscheinungsbild als Dame doch recht beeindruckend unter Kontrolle. Lee und Angel können dagegen gerade mal als schiefgegangenes Faschings-Experiment nach vier Flaschen Bier durchgehen. Wirklich traurig an „Work It“ ist allerdings etwas anderes. Der aktuell äußerst flaue Arbeitsmarkt in den USA könnte tatsächlich die perfekte Steilvorlage für eine neue Erfolgs-Sitcom sein. „Roseanne“ machte es Ende der 80er Jahre vor, startete mitten in der Krise nach dem schmerzhaften Ende der Reagan-Ära und wurde fast über Nacht zu einem der größten Kult-Hits des Genres. Aber dazu braucht man eben ein bisschen mehr als schlechte Perücken, Pharma-Tussis und behaarte O-Beine in Stöckelschuhen.

Meine Wertung: 1/​5
Alle Bilder: © 2011 ABC

zurück

Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

Kommentare zu dieser Newsmeldung

    weitere Meldungen