Outlaw – Review

von Michael Brandes

Rezension von Michael Brandes – 01.10.2010

  • Seite
Jesse Bradford als Eddie Franks

Während man noch darüber rätselt, warum sich Garza von einem Job als Anwalt mehr Einfluss auf die Rechtssprechung verspricht als vom Posten eines höchsten Richters und warum er diesen Posten trotz seiner hohen Spielschulden einfach so aufgeben kann, um fortan als Anwalt der kleinen Leute zu arbeiten, hat Garza bereits ein vierköpfiges Team auf die Beine gestellt. Wie in beinahe jeder Anwalts- oder Copserie üblich, besteht es aus unterschiedlichsten Charakteren mit größtmöglichen Gegensätzen. Mit dabei ist natürlich seine loyale Assistentin Mereta, gespielt von Ellen Woglom, die als beste Freundin von Hank Moodys Tochter Becca in der dritten „Californication“-Staffel kürzlich noch in einer ganz anderen Rolle zu sehen war. Mereta ist ihrem Chef in jeglicher Hinsicht willenlos ergeben. Obwohl sie ihren Job tadellos und kompetent erledigt, soll sie in der Serie gleichzeitig ein kleines, naives Dummchen darstellen – was nicht gerade überzeugend rüberkommt. Im irrtümlichen Glauben, Garza habe nur noch drei Monate zu leben, macht sie ihrem Chef einmal im ungünstigsten Moment vor dem versammelten Team sogar eine peinliche Liebeserklärung. Warum sie jedoch so in ihn vernarrt ist, obwohl sie so gut wie niemand sonst mit seinen negativen Eigenschaften vertraut ist, bleibt ein ungelöstes Rätsel.

Nicht minder seltsam ist, dass sich der Anwalt von Beals als bester Freund von Garza entpuppt. Al Druzinsky (David Ramzey, Anton Briggs in „Dexter“) ist ein unerschütterlicher Verfechter des Glaubens an das Gute im Menschen, ein Idealist, der seine Mandanten niemals aufgibt. Für jemanden wie Garza kann er eigentlich nur Verachtung empfinden – aber sicher keine aufrichtige Freundschaft. Er kommt ebenso ins Team wie der Yale-Absolvent Eddie Franks (Jesse Bradford, „Flags of our Fathers“). Dieser verkörpert die üblichen Klischees eines erzkonservativen, karrieregeilen Nachwuchsjuristen, der schnell nach oben will. Skurrilstes Teammitglied ist ein in Lederklamotten gehüllter Vamp: Die bizarre Privatdetektivin Lucinda Pearl, gespielt von Carly Pope („Popular“), soll offenbar den Sex-Faktor der Serie in die Höhe treiben. Als sich ihr der stocksteife Franks zum ersten Mal vorstellt, erwidert sie die Begrüßung mit den Worten: „Ich werde nicht mit dir schlafen“ und setzt dabei voraus, dass Franks das auf jeden Fall gerne will. Lucinda Pearl (dieser Name!) soll mit Witz und Charme die wichtigen Informationen herbeischaffen – und nebenbei den Zuschauern mit jeder ihrer Dialogzeilen eine sexuelle Anspielung liefern, was ziemlich schnell nervt.

Jimmy Smits

Kurzum: Dieses Team ist eine totale Katastrophe. Während die beiden männlichen Charaktere in der Pilotepisode recht blass wirken, sind die weiblichen Figuren konträr dazu vollkommen überzeichnet. Das liegt weniger an den Darstellerinnen, die in diesen albernen Rollen gar nicht überzeugen, geschweige denn Sympathie aufbauen können. Die Darstellung aller Frauen in „Outlaw“ ist ohnehin recht seltsam: Mal werden sie auf eine sexuell geradezu absurd offensive Weise gezeigt wie bei Lucinda, dann wieder verklemmt, aber willenlos wie Mereta oder gar in Form der hübschen Demonstrantin, die für eine schnelle Nummer mit ihrem Feindbild, einem alternden Richter, jegliche politische Überzeugung über Bord wirft. Noch fragwürdiger ist Cyrus Garza als dominanter Mittelpunkt der Serie: Warum sollte man diesen Mann, der sich jahrelang nicht für das Schicksal der von ihm verurteilten Justiz-Opfer interessiert hat, plötzlich sympathisch finden, nur weil er gerade einen Vater-Komplex auslebt? Jimmy Smits kann in dieser Rolle nicht überzeugen, er spielt sie beinahe gehemmt, so als könnte er sich nicht wirklich damit identifizieren. Nicht zuletzt nimmt man ihm auch den Womanizer überhaupt nicht ab. Diesen fragwürdigen Charakter mit Leben und Empathie zu füllen, hätte aber wohl auch kein anderer Darsteller vermocht – außer vielleicht George Clooney. Smits zumindest ist in dieser Rolle fehlbesetzt.

Doch „Outlaw“ krankt nicht nur an den unglaubwürdigen Charakteren, auch das Drehbuch zum Pilotfilm ist bisweilen haarsträubend. Die Entwicklung Garzas vom ultrakonservativen Richter zum liberalen Freund des kleinen Mannes erfolgt zudem vollkommen überhastet und wird in eine künstlich anmutende Szenerie eingebunden. Die wenigen humoristischen Momente wirken vollkommen deplatziert, die Geschichte bekommt keinen Raum für eine sorgfältige Entwicklung, jegliche Chance auf tiefergehende Momente wird mit dem Holzhammer vernichtet. Die kriminalistische Handlung bleibt banal und völlig überraschungsfrei: Garzas erster Mandant wird selbstredend Beals. Den Mann also, den er am geplanten Tag seiner Hinrichtung noch vor dem elektrischen Stuhl bewahrt hat, darf er nun verteidigen. Sein Team findet Beweise für seine Unschuld und löst nebenbei noch den kompletten Fall. Der frei gesprochene Beals und seine Freundin sorgen danach mit der Ankündigung ihrer Hochzeit für ein formvollendetes Happy End.

Es ist schwer einschätzen, warum „Outlaw“ die Mindesterwartungen, die man an das Anwaltsdrama eines großen US-Networks stellen sollte, so deutlich unterläuft. Immerhin steht Conan O’Brien mit seiner Produktionsfirma Conaco hinter diesem Projekt. Showrunner John Eisendrath ist als Autor und ausführender Produzent von „Beverly Hills, 90210“, „Felicity“ und „Alias – Die Agentin“ ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt. Im Entstehungsprozess wurde die Serie mehrfach umbenannt. Nach „Rough Justice“ und „Garza“ entschieden sich die Verantwortlichen später für „Outlaw“, ein zunächst etwas irreführender Titel, mit dem der Status der Hauptfigur wohl per Western-Anspielung noch weiter erhöht werden soll: Cyrus Garza als unkonventioneller Rebell, der das Gesetz bekämpft, wenn es den Rechten des Einzelnen nicht mehr gerecht werden kann. Garza vertritt als prominenter Anwalt mit richterlicher Vergangenheit staatenübergreifend die Interessen von Menschen, die im Blickpunkt der Medien stehen.

In der zweiten Folge beendet er ein Champagnerbad mit einer unbekannten Schönen, um sich den fragwürdigen Immigrantengesetzen des Staates Arizona zu widmen. Ein Polizist soll bei einer Routine-Kontrolle dreimal auf einen unbescholtenen Bürger, wie Garza lateinamerikanischer Herkunft, geschossen haben. Weil der Polizist nicht bestraft werden soll, kommt es zu Rassenunruhen. Garza überrascht sein Team mit der Ankündigung, sich auf die Seite des Cops stellen zu wollen. Die Autoren entwickeln aus der Story letztlich die Grundsatzfrage, ob ein einzelnes Individuum – in diesem Fall der Polizist – für die Gesetzeslage in seinem Land verantwortlich gemacht werden kann. Mit dieser zweiten Folge bekommt „Outlaw“ nach dem völlig misslungenen Piloten zwar etwas mehr Bodenhaftung, doch auch hier bleibt die Handlung sehr spannungsarm und steuert einer zu erwartenden Auflösung entgegen. Angesichts diverser konkurrierenden Anwaltsserien, die in den kommenden Wochen und Monaten starten, dürfte es „Outlaw“ sehr schwer haben, sich einen langfristigen Platz im NBC-Programm zu sichern.

Meine Wertung: 2/​5

Infos, Sendezeiten, Links und Foren zu „Outlaw“

zurück

Kommentare zu dieser Newsmeldung

    weitere Meldungen