Enissa Amani im Interview: „Respekt musste ich mir erst erarbeiten“

Über ihr neues Netflix-Special, „Studio Amani“ und Comedy-Erfahrungen im Ausland

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 09.04.2018, 10:30 Uhr

Enissa AmaniWDR/​Melanie Grande

fernsehserien.de: Vor zwei Jahren bist du auf ProSieben mit deiner eigenen TV-Show „Studio Amani“ gestartet, die ja durchaus gute Quoten erzielt hat, aber von der Kritik ziemlich verrissen wurde – aus meiner Sicht viel zu übertrieben. Aber wie bewertest du selbst die Sendung rückblickend? Warum lief das damals nicht so wie erhofft?

Enissa Amani: Mit meinen Fernsehshows habe ich wichtige Erfahrungen gemacht. Trotz all der negativen Kritik haben viele schon damals geschrieben: „Auf der Live-Bühne ist Enissa super“ – und auch bei „Studio Amani“ wurden die Stand-Up-Teile positiv hervorgehoben. In der Show gab es aber eben auch anderen Quatsch wie Straßenumfragen oder Spiele mit Gästen, was letztendlich nicht zu mir gepasst hat. Das können andere viel besser. Durch diese Erfahrung bin ich schließlich zu der Erkenntnis gekommen: Ich bin durch und durch Stand-Upperin. Weil die Quoten von „Studio Amani“ gepasst haben, durfte ich dann bei ProSieben meine zweite Sendung „’nissa – Geschichten aus dem Leben“ machen, die mit dem hohen Stand-Up-Anteil besser zu mir gepasst hat.

Enissa AmaniNetflix/​Georges Pauly
Gab es Kollegen, die dich während dieser Zeit unterstützt haben, oder kämpft letztendlich jeder für sich? Wie würdest du allgemein die Solidarität in der deutschen Comedyszene bewerten?

Enissa Amani: Es gibt einen festen Kreis von Menschen, mit denen ich schon lange engen Kontakt pflege – Comedians, Musiker und allgemein Kreative aus dem künstlerischen Bereich, von denen ich wirklich viel halte. Natürlich meine Jungs von „RebellComedy“ und dann zum Beispiel Dieter Nuhr oder Abdelkarim, die mich kontinuierlich unterstützt haben. Allerdings gab es damals auch welche, die sich auf mich eingeschossen haben. Das waren seltsamerweise vor allem männliche Comedians, die viel mehr Tickets als ich verkaufen und so etwas eigentlich gar nicht nötig gehabt hätten – so dachte ich zumindest. Ich habe absolut nichts gegen konstruktive Kritik und finde auch das gern angebrachte Neid-Argument kindisch. Aber da ging es schon sehr darum, mich ellenbogenmäßig klein zu machen. Damals hat mich das sehr mitgenommen, aber zum Glück haben mich meine Familie und meine Freunde aus dem privaten Kreis wieder aufgebaut. Ich habe daraus gelernt und kann sagen, dass ich heute viel mehr bei mir angekommen bin.

Wenn du auf die vergangenen Jahre zurückblickst, würdest du sagen, dass es für dich als Frau schwieriger im Mediengeschäft war, Anerkennung zu bekommen und du generell härter beurteilt wirst als deine männlichen Kollegen?

Enissa Amani: Absolut. Jede Frau hat es in der Comedy-Branche schwerer als männliche Kollegen. Nun bin ich ja nicht nur eine Frau, sondern auch noch eine mit Migrationshintergrund und eine, die optisch einem bestimmten Typ entspricht – mit Kleidchen, High Heels und welligem Haar. Am Anfang haben mich deshalb viele Menschen fälschlicherweise sofort in eine bestimmte Schublade gesteckt, wenn sie mich das erste Mal gesehen haben. Es hat schon einige Zeit gedauert, bis erkannt wurde, dass auch dieser Typ Frau in der Lage ist, Texte zu schreiben und auf der Bühne zu performen. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass das so krasse Reaktionen hervorrufen würde. Mittlerweile arbeite ich als Autorin für namhafte Comedy-Kollegen – aber auch diesen Respekt musste ich mir erst einmal erarbeiten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Erfahrungen Enissa Amani bei ihren internationalen Auftritten in London, Manchester, Toronto und Los Angeles gemacht hat und welche kulturellen Unterschiede sie dort feststellen konnte.

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