2023, Folge 1124–1147

  • Folge 1124 (30 Min.)
    Hungerstreiks, Blockaden in Städten und auf Autobahnen, Attacken auf berühmte Gemälde. Mit diesen Aktionen machen Klimaschützer*innen der „Letzten Generation“ auf sich aufmerksam. Was motiviert die Aktivisten? Woher kommt die Bereitschaft, Karriere und gesellschaftliche Position dem ökologischen Kampf unterzuordnen? „37°“ begleitet Menschen, die sich trotz Festnahmen, Gefängnisstrafen und Angriffen nicht vom Protest abbringen lassen. Da ist einmal die 25jährige Carla mit dem 1. Staatsexamen als Juristin: Sie schiebt das 2. Examen und somit ihre berufliche Karriere auf, so lange „bis mit der letzten Generation wesentliche Erfolge erzielt“ wurden.
    Sie wird von ihren Eltern, öko-bewegten Lehrern der Nach-68er-Generation, unterstützt. Ihr Umweltbewusstsein wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Ihr Entwurf für ein Leben mit der Krise reicht nicht für ein bürgerliches Dasein – zumindest nicht, solange „der Planet so zerstört wird“. Carla ist Sprecherin der Bewegung. Jakob hat seine Zimmermannslehre aufgegeben und ist seit einem Jahr „Vollzeit-Aktivist“.
    Er ist einer der Erfahrensten bei der „Letzten Generation“, hat sich bei vielen Blockaden auf den Asphalt geklebt und wurde sogar 30 Tage in München-Stadelheim inhaftiert. Während seiner Haft durchsuchte die Polizei seine Wohnung in Leipzig. Anlass: Jakob und eine Mitstreiterin hatten sich vergangenen Sommer in einem Leipziger Kunstmuseum an den Rahmen eines wertvollen Gemäldes geklebt. Das alles hat tiefe Spuren hinterlassen bei Jakob. Solvig ist Mutter von vier Kindern. Ihre älteste Tochter, Lina, hat sie überzeugt, mit auf die Straße zu gehen.
    Für die 41-jährige Solvig, die Psychologie studiert, ist diese Form des „zivilen Ungehorsam“ seitdem der richtige Weg, um auf die Brisanz der Klimakrise hinzuweisen. Dafür nehmen beide die Hassattacken der Autofahrer und Geld-und Gefängnisstrafen in Kauf. Ein Jahr ist Solvig jetzt bei der „Letzten Generation“. Diese Erfahrungen, nicht nur von Hass und Gewalt, sondern auch von der Unterstützung und dem Zusammenhalt in der Gruppe, haben sie auch ganz persönlich verändert. Filmisch werden die Protagonisten bis in den privaten Winkel der Bewältigung ihrer Frust- und Glücksgefühle begleitet.
    Ihre Motivation, ihre Ziele und ihre Entschlossenheit sollen deutlich werden. Ebenso kommen Eltern, Freunde und Mitmenschen, die von den Aktionen in Mitleidenschaft gezogen werden, zu Wort. So entsteht ein Bild der Spaltung oder auch des Verständnisses in der Gesellschaft. Eine wichtige Erkenntnis in einer Zeit der Krisen, Kriege, Klimazerstörung, der Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten und drohender sozialer Unruhen. Nicht zuletzt geht es um die Frage, wie weit Protest gehen darf. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 20.06.2023ZDF
  • Folge 1125 (30 Min.)
    Deutschland ist nach den USA der größte Abnehmer von Fast-Fashion-Textilien aus Bangladesch. Sowohl Luxusmarken als auch Billiganbieter lassen dort produzieren, zu Dumpingpreisen. Arbeitskräfte sind dort unglaublich billig – denn die Menschen haben keine andere Wahl. Etwa 70 Euro verdient eine Näherin im Monat. „Das reicht gerade zum Überleben“, sagen alle, mit denen „37°“ vor Ort gesprochen hat. „Weil mindestens 200 Euro im Monat notwendig wären, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, verschulden sich die Arbeiterinnen und Arbeiter trotz unzähliger Überstunden immer mehr“, erklärt die Frauenorganisation FEMNET in Bonn.
    Armut trotz Arbeit. Die Kinder der Näherinnen haben kaum eine Chance auf ein besseres Leben. Geld für die Schule fehlt meist. Sobald ein Elternteil nicht mehr arbeiten kann, ist der Weg in bittere Armut vorgezeichnet. Kinder arbeiten dann, betteln am Bahnhof. Ohne Aussicht auf etwas anderes. Dabei hätten sie – wie alle Kinder – viele Träume und Vorstellungen von „später“. „Ich möchte Imam werden“, sagt Ibrahim (8), der am Bahnhof in Dhaka bettelt.
    Sheila (9) möchte Sängerin werden. Sanchid (11) ist unter einen Zug geraten, ihm fehlt ein Fuß. „Schon Kinder ab drei Jahren findet man hier am Bahnhof“, erklärt Rumi Mumtaz, der bei einer Nichtregierungsorganisation arbeitet. „Sie hätten so viel Potenzial, aber haben keine Chance. Im Gegenteil, sie sind hier jeder Willkür ausgeliefert.“ 2013 war Bangladesch und vor allem die Textilbranche Thema in den Medien. Damals stürzte die Fabrik Rana Plaza ein, über 1000 Menschen starben.
    Viele wurden verletzt, sie leben heute auf der Straße. In dieser Zeit hat der Journalist und Filmemacher Manfred Karremann schon einmal in Bangladesch gedreht und das Mädchen Shimu getroffen. Im Gerbereiviertel der Hauptstadt Dhaka, das als eines der am meisten verschmutzten Gebiete der Welt galt. Alles dort war giftig – vom Wasser bis zur Luft. Das ist noch heute so. Zwar wurden die Gerbereien aus der Stadt hinaus verlagert, und eine Kläranlage wurde gebaut. Doch diese funktioniert bis heute nicht.
    Inzwischen ist Shimus Mutter krank. Sie hat Krebs, wie so viele Menschen, die in dieser Umwelt leben und arbeiten. Für Shimu heißt das: Pflege, keine Zeit mehr für Schule. Vielleicht Arbeit, um Medikamente zu kaufen. Und „Angst vor der Zeit, die kommt“, sagt sie. Immer wieder hat „37°“ das Schicksal dieses Mädchens begleitet. Ihr Weg zeigt auf, wie schwierig es für Kinder in Bangladesch ist, dem Kreislauf der Armut zu entkommen. Ein Grund für die Not vieler Familien sind Hungerlöhne in der Textilindustrie. Einer der wichtigsten Importeure ist Deutschland. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 27.06.2023ZDF
  • Folge 1126 (30 Min.)
    Fast zwei Jahre liegt die Flutkatastrophe im Ahrtal zurück, aber für viele herrscht weiter Ausnahmezustand: Existenzangst, Wohnungsnot und fehlende Unterstützung. Wie geht es den Menschen? Familie Erler aus Kall verliert ihr Einfamilienhaus. Sie kämpft darum, dass ihre Versicherung für den Schaden aufkommt. Optikerin Nora Nechad trifft es doppelt: Das Familiengeschäft und ihr Wohnhaus werden überflutet. Sie trifft eine große Entscheidung. Gerade in Krisenzeiten wie der Flutkatastrophe sehnen sich die Menschen nach Beistand und Unterstützung.
    Die finden sie in Bad Münstereifel bei Schwester Roswitha. Ihr Tag hat 24 Stunden. Neben ihrer Arbeit als Seelsorgerin organisiert sie Helfer und verteilt Gelder, die ihr von privaten Spendern anvertraut werden. 184 Menschen starben in Deutschland in der Flutnacht am 14. Juli 2021. 65.000 Menschen wurden von den Wassermengen überrascht. Schäden in Höhe von fast 20 Milliarden Euro entstanden. Über einen Zeitraum von zwei Jahren dokumentiert „37°“ die Hoffnung und Verzweiflung von Familien im Flutgebiet und begleitet Schwester Roswitha zu denen, die Hilfe brauchen.
    Nora Nechad hat in der Flut alles verloren – ihr Zuhause und ihr Geschäft. Zusammen mit ihrem Mann Soufyan, einem Unternehmensberater, und ihren beiden kleinen Kindern lebt die Optikerin seit 2021 übergangsmäßig im Haus ihrer Eltern. Es ist schwer, Wohnraum zu finden, weil viele Flut-Betroffene auf der Suche sind. 1,80 Meter hoch stand das Wasser in ihrem Optikergeschäft in Bad Neuenahr-Ahrweiler in der Nacht der Flutkatastrophe. Dabei ist ein Schaden von über 200.000 Euro Schaden entstanden, dazu 50.000 Euro in ihrem Zuhause.
    Aber nur ein Teil ist versichert. Jetzt muss die Geschäftsfrau neu investieren, aber Handwerkermangel, Lieferengpässe und Genehmigungsverfahren erschweren ihre Neubau-Pläne. Hinzu kommt der gewaltige Umsatzeinbruch. „Das steckt man nicht einfach so weg“, sagt Nora, die nicht aufgeben und den Familienbetrieb weiterführen will. Auch nach zwei Jahren steht sie immer noch mit ihrem Mann in der Baustelle ihres neuen Ladens. Die Familie Erler will zuversichtlich bleiben, aber die Versicherung macht ihr das Leben schwer.
    Allein in ihrem Wohnort Ahrweiler zerstörte die Jahrhundertflut mehr als 7000 Häuser. Noch immer sind im Flutgebiet viele davon unbewohnbar. So wie das Haus von Familie Erler. Das Holzständerwerk des Fertighauses ist verfault. Eine Sanierung scheint unmöglich. Die dreiköpfige Familie lebt in einer kleinen Übergangswohnung, 15 Kilometer von Kall entfernt. Es gibt einen Gutachterstreit mit ihrer Versicherung. Erst nach einer Einigung wird sich entscheiden, ob die Familie in ihr Haus zurückziehen kann oder ob ihr Zuhause abgerissen werden muss.
    „Die psychische Belastung ist enorm“, sagt Christine Erler. Rosemarie und Hans-Joachim Derra sind seit 1976 verheiratet. Sie haben Glück: Die Versicherung zahlt die Instandsetzung ihres Einfamilienhauses. Doch ihr Problem ist, dass Sachverständige und Handwerker ausgebucht sind. Das Erdgeschoss ist unbewohnbar. Die Rentner müssen viel länger als geplant in ihrem Provisorium im Obergeschoss ihres Fluthauses ausharren. Eine gesundheitsbedrohende Belastungsprobe. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.07.2023ZDF
  • Folge 1127 (30 Min.)
    Sarah lebt mit einem transplantierten Herz, schon seit 15 Jahren. Irgendwann – und der Zeitpunkt rückt näher – wird Sarah ein neues Herz brauchen, sonst stirbt sie. „Das sind alles Bonusjahre, und ich kann froh sein, dass ich am Leben bin.“ Durch eine verschleppte Erkältung mit anschließender Herzmuskelentzündung wurde Sarahs Herz schwer geschädigt. 2008 beginnt mit dem Spenderherz Sarahs zweites Leben. Sie holt ihre Jugend nach, macht die Fachhochschulreife, verliebt sich, reist, wird eine begeisterte Sportlerin. Ein normales Leben – auf den ersten Blick. Doch sie muss Medikamente nehmen, die ihr Immunsystem herunterfahren, damit ihr Körper das transplantierte Organ nicht abstößt.
    Dadurch ist Sarah anfällig für Infektionen, für Krebserkrankungen. Jede Erkältung kann bei ihr lebensbedrohlich werden. Sarah bekommt Gebärmutterhalskrebs, den sie durch eine OP besiegt. Sarah lebt so normal wie möglich. Sie studiert im dänischen Haderslev „Marketing und Kommunikation“, wohnt in Flensburg. Nach der Trennung von ihrem Freund zieht sie nach Hamburg, verliebt sich neu. Gesundheitlich geht es bergab: Nach Herzrhythmusstörungen und einem Herzstillstand bekommt Sarah einen Herzschrittmacher, den sie „Hugo“ nennt.
    Sie kann keinen Sport mehr machen, nicht mehr Radfahren, nicht mehr verreisen, kaum ein paar Schritte zu Fuß gehen. Und dann bekommt sie Corona, infiziert sich gleich zwei Mal mit dem Virus, sie muss auf die Intensivstation. Nach langwierigen Behandlungen in der Uniklinik in Hamburg scheint ihr Schrittmacher richtig eingestellt, Herzrhythmusstörungen werden kontrolliert – Sarahs Herz geht es wieder besser. Sport ist langsam wieder möglich, und Sarah arbeitet als Mediengestalterin in einer Marketingfirma. Sie engagiert sich in den sozialen Medien für das Thema Organspende.
    „Es ist nicht alles gut nach einer Organtransplantation, aber meine Alternative war und ist immer der Tod“, sagt Sarah. Sie weiß, dass sie irgendwann in der Zukunft ein neues Herz braucht, um weiterleben zu können. Und das will sie auf jeden Fall. ZDF-Autorin Heike Kruse verfolgt Sarahs Geschichte seit 2007. Die Transplantation im Jahr 2008 und die Zeit danach – das zeigte „37°: Sarah und ihr fremdes Herz“ im Juli 2017. Diese zweite Reportage, „Happy End auf Zeit“ erzählt Sarahs Geschichte weiter – 15 Jahre nach der Transplantation – mit allen Höhen und Tiefen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.07.2023ZDF
  • Folge 1128 (30 Min.)
    Nicole und Sebastian sind mehrgewichtig und wollen Frieden mit dem eigenen Körper schließen. Der Film ist ein Plädoyer für Vielfalt und gegen Bodyshaming. Ihr Leben lang wurde Nicole wegen ihres Gewichts diskriminiert. Sie hat es satt, sich weiter zu verstecken. Sebastian fotografiert und zeichnet seinen nackten Körper. Weil er sich und andere damit konfrontiert, fällt es ihm leichter, sich zu akzeptieren, wie er ist. Als er zweihundert Kilo wog, ließ Sebastian Fotos von sich machen. Er wollte sie an den Kühlschrank hängen, um sich vor sich selbst zu ekeln – als Ansporn zum Abnehmen.
    Doch zu seiner Überraschung stellte er fest: Nein, das ist nicht eklig – das bin halt ich. Lange hatte der 35-Jährige kein Problem mit seiner Körpermasse. In seiner hessischen Heimatstadt mögen die Leute ihn wegen seiner Aufgeschlossenheit und Fröhlichkeit. Zum Fasching trägt er Kostüme, mit denen er auffällt. Doch eines Tages sprach er mit seinem Chef über Aufstiegschancen und erfuhr: „Dicke gelten in der Gesellschaft als faul und dumm, und machen keine Karriere.“ Sebastian aber wollte als Mathematiker Erfolg haben. Nicole hat ihre Figur jahrzehntelang mit weiten Kleidern kaschiert.
    Jetzt will sie ihren Körper nicht mehr verurteilen und verlangt das auch von anderen. Doch wie schafft man das, wenn man ein Leben lang dumme Sprüche gehört hat und Selbstvorwürfe wegen des Dickseins ein ständiger Begleiter sind? Schon der Begriff „Übergewicht“ suggeriere, dass etwas falsch, weil zu viel sei. Und Nicole will sich nicht mehr falsch fühlen. Deshalb benutzt sie, inspiriert von der bodypositiven Bewegung, jetzt den neutraleren Begriff „Mehrgewicht“. In einem Shop für Mehrgewichtige findet sie endlich stylische Kleidung in ihrer Größe und Verkäuferinnen, die ihr Mut machen: Warum den Bauch verstecken? Alle Bäuche sind wunderschön! Nicole konnte das lange nicht glauben und war deshalb nie ganz glücklich in ihren Partnerschaften.
    Erst ihr heutiger Freund Sven konnte sie überzeugen, dass er sie nicht trotz, sondern genau wegen ihrer Kurven sexy findet. Schon als Kind erlebte Nicole die Unzufriedenheit von Mutter, Oma und Tante mit deren Aussehen. Sie war überzeugt, auch ihr Körper sei hässlich. Seitdem kämpft sie mit Essen und einem unbeschwerten Umgang damit.
    Eine Magenverkleinerung, wie die Mutter sie machen ließ, kommt für Nicole nicht in Frage. Etwas wegschneiden, das zu ihr gehört – niemals! Im Coaching lernt sie das Konzept der intuitiven Ernährung kennen und hinterfragt die Muster ihres Essverhaltens. Was steckt hinter dem Kreislauf aus Kontrollverlust und Schuldgefühlen? Bei einer Sitzung brechen angestaute Gefühle auf und schaffen Raum für Veränderung. Nicole wird mutiger und möchte sich schließlich ganz von der Scham für ihren Körper befreien: als Modell in einem Aktzeichenkurs.
    Sebastian kann die diskriminierenden Worte seines Chefs nicht vergessen. Als mit Ende zwanzig noch gesundheitliche Probleme dazu kommen, ändert er sein Leben. Er stellt seine Ernährung um und beginnt mit Sport – doch er tut es nicht für andere, sondern für sich: „Ich will noch mal rennen oder auf einen Turm steigen!“ Durch den Gewichtsverlust machen ihm jetzt Hautlappen zu schaffen. Wieder lässt er sich fotografieren und malt seinen Körper, um sich aufs Neue mit ihm zu versöhnen. „Glück kennt kein Gewicht“ ist ein „37°“-Film, der Mut macht, sein Leben zu genießen – mit genau dem Körper, den man nun einmal hat. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 01.08.2023ZDF
  • Folge 1129 (30 Min.)
    Svenja (r.) und Johannes (l.) leben in einer offenen Beziehung. Beinahe wäre ihre Liebe gescheitert.
    Beziehungsformen jenseits der Monogamie sind noch immer ein Tabu. Trotzdem wollen viele Menschen offenbar nicht mehr monogam leben. „37°“ begleitet eine offene und eine polyamore Beziehung. Der Film zeigt, wie die Menschen in den unterschiedlichen Paarkonstellationen mit der Liebe umgehen. Es wird deutlich, dass es keine pauschalen Antworten, kein richtig und kein falsch gibt. Was bleibt, ist die Frage: Wie wollen wir eigentlich lieben? Für den Film hat Maximilian Damm eine offene und eine polyamore Beziehung über einen längeren Zeitraum begleitet.
    Die Protagonist*innen haben das Filmteam sehr nah in ihr Leben gelassen – und sich auch den unangenehmen Fragen zum Thema Liebe offen gestellt. Svenja (38) ist Mutter eines dreijährigen Sohnes und seit vier Jahren verheiratet mit Johannes. Die Beziehung ist sehr verbindlich – nur der Sex ist es nicht. Die beiden führen seit einigen Jahren eine offene Beziehung: Sex mit anderen ist erlaubt. Allein oder zu zweit. Der Film begleitet die beiden Hamburger zu einem Date mit einem anderen Paar.
    Wie das ausgeht, ist ungewiss: „Es kann durchaus sein, dass wir Sex haben, aber bestimmt nicht vor laufender Kamera“, schmunzelt Svenja kurz vor dem Date. Die 38-Jährige und ihr Mann haben sich dieses gegenseitige Vertrauen erarbeitet, wie sie sagen. Heute gäbe es nichts, was sie sich nicht sagen könnten. Doch das war nicht immer so: Ihre Beziehung wäre in der Vergangenheit fast gescheitert, weil Johannes sich zu anderen Frauen hingezogen fühlte – und Svenja mehrfach betrogen hat. Nur durch gnadenlose Offenheit und Ehrlichkeit sich selbst und dem Partner gegenüber konnten die beiden ihre Beziehung retten.
    Auch Paula hat schon die Erfahrung gemacht, sich für ihre Beziehungsform erklären zu müssen. Die 34-Jährige lebt in einer polyamoren Beziehung mit zwei Männern, die sie beide liebt. Diese Erfahrung machte sie schon als Kind. Damals fragte sie ihre Mutter, ob das „normal“ sei, wenn man in zwei Menschen gleichzeitig verliebt ist. Paula ist seit acht Jahren mit Angelo verheiratet, die beiden haben eine siebenjährige Tochter.
    Vor sechs Jahren verliebte sie sich dann in Christoph. Heute ist er gleichberechtigtes Familienmitglied und für Tochter Fiona selbstverständlich auch „Papa“ – so wie ihr „richtiger“ Vater. Doch an diesem Punkt anzukommen, war nicht immer einfach für die drei. Um sich in ihren Rollen zurechtzufinden, mussten sie Ängste und Unsicherheiten überwinden und sich den eigenen Gefühlen stellen. Paulas Eltern akzeptierten ihre Dreier-Beziehung ohne Vorbehalte – bei den Eltern ihrer Männer war das anders: Die haben größere Probleme mit dieser Beziehungsform.
    Beziehungsmodelle, die aus der Norm ausbrechen, stoßen nicht selten auf Ablehnung – das bekommt auch Svenja immer wieder im Netz in Form von Kommentaren zu spüren. Gefühle offen zu leben und dazu zu stehen, ist oft noch ein Tabu, auch wenn polyamore und offene Beziehungen ein immer größerer Teil unserer Lebensrealität werden. Immerhin 30 Prozent der Menschen in Deutschland können sich laut einer repräsentativen Erhebung von Statista vorstellen, sich in mehre Menschen gleichzeitig zu verlieben oder waren es tatsächlich schon. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.08.2023ZDF
  • Folge 1130 (15 Min.)
    Steilshoop gilt in Hamburg als Brennpunkt. Gewalt, Drogen und Kriminalität gehören hier zum Alltag. Manuela kämpft dafür, dass sich die Situation in „ihrem“ Kiez zum Positiven ändert. Manuela ist im Hamburger Problemviertel Steilshoop aufgewachsen. Die junge Mutter will nicht tatenlos dabei zusehen, wie ihr Kiez immer mehr verkommt. Kinder und Jugendliche sollen die gleichen Chancen bekommen wie ihre Altersgenossen aus anderen Stadtvierteln. Manuela lebt mit ihrer kleinen Tochter Eva-Nirah im Hamburger Stadtteil Steilshoop. Die 23-Jährige mit ghanaischen Wurzeln ist selbst in dem berüchtigten Hamburger Stadtteil aufgewachsen – zusammen mit ihren sechs Geschwistern.
    Manuela musste sich vieles hart erkämpfen. Und trotzdem denkt sie gerne an ihre eigene Kindheit in Steilshoop zurück: „Hier hatte ich halt gar kein Problem, weder mit Rassismus, noch dass meine Eltern nicht so viel Geld hatten oder dass ich anders aussehe oder anders bin.“ Ihr selbst eröffnet sich im „Haus der Jugend – Steilshoop“ als Kind eine neue Welt. Sie besucht zusammen mit den Betreuern Musicals und Theaterstücke, nimmt an einem Austauschprogramm mit Südkorea teil, lernt reiten, segeln und tanzen.
    Heute arbeitet sie selbst im Haus der Jugend und leitet dort unter anderem eine Tanzgruppe. „Das ist voll schön, wenn man an einem Ort aufgewachsen ist und dann selber das, was man von denen bekommen hat, den Kindern weitergeben kann.“ Mit der Pubertät kommen Selbstzweifel und Identitätskrisen. „Wenn man in Steilshoop wohnt, wird man oft und sehr schnell abgestempelt.“ Solche Gefühlslagen sollen den Kindern und Jugendlichen im Viertel erspart bleiben. „Ich kämpfe hier im Viertel dafür, dass die Jugendlichen und Kinder ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln und wissen, sie sind wunderbar, die sind toll und sie können alles erreichen, was sie möchten.“ Die zweijährige Eva-Nirah ist Manuelas Ein und Alles.
    Für sie will Manuela eine Umgebung schaffen, in der ihre Tochter glücklich aufwachsen kann. Auch deshalb hat sie ein Studium der Sozialen Arbeit begonnen. Die engagierte junge Frau weiß genau, was sie in ihrem Viertel verändern möchte: „Ich möchte, dass jedes Kind und jeder Jugendliche die Chance hat, sich frei zu entfalten, ohne diskriminiert zu werden, nur weil man aus Steilshoop kommt.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereFr 11.08.2023ZDF
  • Folge 1131 (15 Min.)
    Mit 19 bekam Liz die Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. Aber die schwere Diagnose bedeutete nicht das Ende. Liz spricht ehrlich über ihre Ängste, über Tief-, aber auch Höhepunkte. Sie musste ihr Auslandsjahr als Au-Pair in New York abbrechen. Zurück in Deutschland hatte sie dann mit den schweren Folgen der Krankheit und der Chemotherapie zu kämpfen. Liz ist stärker, als sie gedacht hatte. Familie, Freundschaft, Social Media helfen ihr. Der Film zeigt, wie viel Kraft junge Krebskranke aus dem Rückhalt von Familie sowie Freundinnen und Freunden ziehen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen auf Social Media und der Aufenthalt in einer Rehaklinik mobilisieren neue Stärke. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereFr 11.08.2023ZDF
  • Folge 1132 (30 Min.)
    Eine halbe Million Menschen engagiert sich in Deutschland für den Tierschutz. Welchen Stellenwert dieser Einsatz in ihrem Leben hat – davon berichten Martina, Sabine und Patrick. Allein unter dem Dach des Deutschen Tierschutzbundes arbeiten 744 Tierschutzvereine. Im Jahr 2021 verschwanden laut der Tierschutzorganisation Tasso täglich rund 300 Hunde und Katzen in Deutschland. Insgesamt waren es 113.000 Tiere. Patrick, Vater einer kleinen Tochter, schleppt eine Kiste mit Äpfeln, Salat und Brot durch das Tierschutzzentrum im schleswig-holsteinischen Kappeln.
    Der 40-Jährige ist hier der ausgewiesene Bärenexperte. Aber natürlich gehören zu seinem Beritt auch Hunde, Katzen, Schlangen, Schildkröten, Leguane oder Feldhasen. Zielstrebig steuert Patrick den Käfig von Malvina, einer Kragenbärin, an: „Malvina kommt aus einer Auffangstation in Kiew. Ursprünglich stammt sie aus der Ostukraine, wo sie unter katastrophalen Bedingungen in einem Privatzoo gehalten wurde.“ Sie kam ins Tierschutzzentrum im Rahmen einer groß angelegten Rettungsaktion für ukrainische Tiere. Bei dem Transport waren auch Hunde aus Odessa und Katzen auch Charkiw dabei.
    Auf dem Lebenshof Lana in der Nähe von Jena kümmern sich Sabine (41) und ihr Team vom Verein Seelentröster e.V. um insgesamt 25 Kaninchen, 33 Chinchillas, drei Meerschweinchen und 40 Hunde. Einige der Tiere stammen aus katastrophalen Haltungsbedingungen, viele der Tiere sind krank und alt. Sabine, die im Hauptberuf sozialpädagogische Familienhelferin ist, hat ein besonderes Projekt auf dem Hof: Sie bringt die Tiere mit jungen Menschen zusammen, die ein Handicap haben.
    Durch diese tiergestützte Arbeit lernten sich Robby, der Mops im Rollstuhl, und die 13-jährige Emily kennen. Sie ist ein Mädchen mit besonderem Förderbedarf. Heute sind sie ein perfektes Team. Martina kauert hinter riesigen Büschen. Mit ihrem Fernglas hält sie einen Futterplatz für Katzen sicher im Blick. Drei Streuner machen sich gerade über die Fleischreste her. Noch ahnen die Katzen nicht, dass sie einer Futterspur folgen, die sie direkt in eine Lebendfalle führen. Wenig später sitzt ein weißgelb-gestromter Kater fest.
    Was jetzt folgt, ist ein schwerer Gang für den Kater. Martina bringt ihn zu ihrem Tierarzt, die Kastration wird direkt vollzogen. Eine Kastration ist für das einzelne Tier ein heftiger Eingriff. Aber es ist die einzige sinnvolle Methode, die Population in den Griff zu bekommen, erklärt Martina. Laut Deutschem Tierschutzbund gibt es in Deutschland rund zwei Millionen streunende Katzen. Eine Gefahr – auch für die Natur, besonders für Singvögel, Eichhörnchen oder Feldhamster. Für Martina ist die Kastration dieser Vierbeiner ein effizienter und nachhaltiger Tierschutz. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 15.08.2023ZDF
  • Folge 1133 (30 Min.)
    Was macht Dörfer zukunftsfähig, was Dorfgemeinschaften lebenswert? „37°“ begleitet zwei Jahre lang Menschen, die selbst mit anpacken und ihrer Heimat neues Leben einhauchen. Keine Jobs, keine Schule, keine Kneipe, kein Laden. Vielerorts geht das, was das Dorfleben einst prägte, das soziale Miteinander und die lebendige Gemeinschaft, verloren. Kirsten aus Rendswühren und Andreas aus Darup wollen das verhindern und kämpfen für ihre Dörfer. Rendswühren ist ein 800-Einwohner-Dorf am Rande der schleswig-holsteinischen Schweiz. Es gibt kaum Infrastruktur, der nächste Supermarkt liegt sieben Kilometer entfernt.
    Als sich die Wolfsburgerin Kirsten Voß-Rahe (42) entschied, den Resthof aus Familienhand zu übernehmen und ihn mit ihrem Ehemann Christian (38) zu einem ländlichen Kultur-, Bildungs- und Erlebniszentrum auszubauen, hielten die meisten Einheimischen sie für verrückt. Inzwischen sind 16 Mitarbeiter auf dem Hof beschäftigt. Sie richten Veranstaltungen aus, betreiben eine Campingwiese und einen Co-Working-Space, haben auf dem Hof einen Kindergarten gegründet, den 16 Kinder besuchen. Wegen der Nachfrage wollen sie bald vergrößern.
    Jetzt kämpft Kirsten für den Erhalt und Ausbau der kleinen Dorfschule. Sie muss erweitert werden, um den neuen Anforderungen wie Ganztagesbetreuung zu entsprechen, sonst droht irgendwann das Aus. „Die Schule ist wirklich das Herzstück unseres Dorfes und essenziell, um gerade für junge Familien attraktiv zu sein. Wir brauchen eine gute Infrastruktur für gute Lebensbedingungen, damit wir auch im ländlichen Raum artgerecht leben können.“ Wird es Kirsten gelingen, den Schulausbau durchzusetzen, und so Rendswühren fit für die Zukunft zu machen? Ein ganzes Dorf packt an: Als in Darup im Münsterland der letzte Dorfgasthof schließen soll, weil die Besitzer in Rente gehen, bildet sich tatkräftiger Widerstand.
    „Wir retten unseren Landgasthof“, beschließen Andreas Determann (58) und seine Mitstreiter: „Jedes Jahr macht was anderes zu, das Leben hier wird immer uninteressanter. Wenn dann noch der Gasthof schließt, wenn man sich nicht mehr treffen kann, es keinen Ort mehr gibt für Feste oder sogar Beerdigungen, dann stirbt am Ende auch die Dorfgemeinschaft.“ Das wollen sie nicht zulassen. Mithilfe einer Bürgergenossenschaft verkaufen sie Anteile, jedes Mitglied muss mindestens 250 Euro zeichnen.
    So wollen sie genügend Geld zusammenbekommen, um den Gasthof selbst, als Dorfgemeinschaft, zu erwerben. Mehr als die Hälfte der Bewohner macht mit, und sie bringen 400.000 Euro auf für den Kauf. Ein riesiger Kraftakt, doch die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst. Der Gasthof muss nämlich dringend saniert werden, und vor allem müssen sie einen neuen Pächter finden. Schaffen es die Daruper mit vereinten Kräften, ihren Gasthof zu retten? „37°“ über Dorfgemeinschaften, ehrenamtliches Engagement und neues Leben in alten Orten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 22.08.2023ZDF
  • Folge 1134 (30 Min.)
    Ein Unfall oder eine schwere Erkrankung kann jeden treffen. Und ein solcher Schicksalsschlag führt auch dazu, dass Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr ohne Unterstützung regeln können. Angehörige benötigen in solchen Fällen eine Vorsorgevollmacht, wenn sie jetzt für Partner, Eltern oder Geschwister einspringen müssen. Gibt es diese nicht, kann ein Gericht einen rechtlichen Betreuer bestellen. Hilde (60) und ihr Mann haben mit einer Vorsorgevollmacht früh alles geregelt: Sie möchten gegenseitig füreinander einstehen, sollte das einmal nötig sein. Und leider kommt es so. Hildes Mann hat 2022 einen Unfall, erleidet einen Hirnschaden.
    Mit der Vorsorgevollmacht, die auch eine Patientenverfügung beinhaltet, kann Hilde im Krankenhaus für ihren Mann entscheiden. Doch die Formulare lösen längst nicht alle Probleme: Denn die Verantwortung, medizinischen Maßnahmen zuzustimmen oder nicht, ist für Hilde belastend. Genauso wie die Entscheidung, dass ihr Mann vorerst in einem Pflegeheim wohnen soll. Er kann nicht allein zu Hause bleiben, wenn sie bei der Arbeit ist. Sie ist jetzt für die Organisation von zwei Leben zuständig: ihrem und dem ihres Mannes. Die 48-jährige Lydia ist hin- und hergerissen: Möchte sie zukünftig die Dinge regeln, mit denen ihr großer Bruder Bernd (52) überfordert ist – oder ist ihr diese Verantwortung zu groß? Bernd hat eine seltene Erkrankung, ist dadurch geistig und körperlich behindert und braucht im Alltag Unterstützung.
    Noch kümmern sich Bernds Eltern Monika (78) und Alfred (80) zum Beispiel um Behördenschreiben, Arztbesuche oder viele Fahrdienste. Monika und Alfred möchten die rechtliche Betreuung aber altersbedingt abgeben. Am liebsten an Lydia. Die liebt ihren Bruder und will helfen. Aber kann sie die Betreuung schaffen – neben ihrem Beruf und ihrer Familie mit drei Kindern? Und was genau würde das bedeuten? Wenn man sich vertraut, hat eine Vorsorgevollmacht innerhalb der Familie also große Vorteile.
    Doch es gibt auch die Möglichkeit, rechtliche Betreuer einzusetzen. Das sind Berufsbetreuer oder ehrenamtliche Betreuer. Sie unterliegen dann anders als Bevollmächtigte der Kontrolle des Betreuungsgerichts. Matthias (61) leitet einen Betreuungsverein und ist rechtlicher Betreuer. In seinen über 30 Berufsjahren war ihm noch nie langweilig – denn der Bedarf an Beratung und Hilfe ist riesig.
    Die Menschen, für die er Betreuer ist, haben oft keine Angehörigen, oder diese sind mit der Situation überfordert. Das Schönste an seinem Job ist, wenn er helfen kann, dass Menschen aus einer Krise herauskommen und ihr Leben wieder eigenständig übernehmen können. Zu dem Sozialarbeiter kommen auch Personen, die etwas zu Vorsorgevollmachten, Betreuungen oder Patientenverfügungen wissen möchten. Seiner Erfahrung nach kümmern sich viele nach wie vor aber leider zu spät. Die „37°“-Reportage zeigt, welche Verantwortung es ist und welche Herausforderung es gibt, wenn Menschen als Bevollmächtigte oder Betreuer tätig sind. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 29.08.2023ZDF
  • Folge 1135 (30 Min.)
    In Deutschland leben etwa 6,2 Millionen Erwachsene, die nicht richtig lesen und schreiben können. Arbeiter, Angestellte, Studenten. Auch immer mehr Kinder sind betroffen. Ein Tabuthema. Robert (51) hat es in der Kindheit versäumt, lesen und schreiben zu lernen. Lea (28) hatte zwar in der Schule Unterstützung, doch das Schreiben verursacht ihr bis heute Stress. Bela (11) bangt aufgrund seiner Legasthenie um die Versetzung. Robert bleibt in der Grundschule zweimal sitzen, kommt auf die Sonderschule und dann in ein Heim für schwer erziehbare Kinder. Lesen und schreiben lernen – das war in seiner Familie nie Thema.
    „Ich weiß nicht mal, ob meine Eltern wirklich lesen und schreiben konnten.“ Seine Rettung: Im Kinderheim lernt er mit 14 Jahren das Lesen. Mit 16 Jahren verlässt der Ludwigshafener die Hauptschule ohne Abschluss. Er macht später seinen Führerschein, bewirbt sich als Fahrer bei einem Busunternehmen – und wird eingestellt. Dass er nicht schreiben kann, merkt jahrzehntelang keiner. Bis ein Angriff während einer Nachtschicht Robert zwingt, sein Geheimnis zu lüften, und er seinen Job verliert.
    Nun kämpft sich Robert zurück ins Arbeitsleben. Dafür lernt er das Schreiben und sucht sich Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe für gering literalisierte Menschen. Leas Legasthenie wird in der zweiten Klasse diagnostiziert. „Das erste Diktat kam komplett rot zurück.“ Sie bekommt einen Nachteilsausgleich und kämpft sich mühsam durch die Schuljahre. Ihr Glück: Sie ist fasziniert von Schrift. „Ich liebe Buchstaben, Geschichten und Märchen.“ Trotzdem bereiten Texte Lea Schwierigkeiten. Ihre größte Herausforderung: Lea will ihren Masterabschluss in Grafik und Illustration an der Uni in Kassel schaffen und muss dafür eine wissenschaftliche Arbeit schreiben.
    In einem Schreibkurs an der VHS will sie nun Grammatik und Rechtschreibung neu lernen. In ihrer Freizeit informiert die 28-Jährige in der Öffentlichkeit über die Probleme von gering Literalisierten. Als Bela sieben Jahre alt ist, wird ihm und seiner Mutter Inga prophezeit, dass er niemals lesen und schreiben lernen werde. Heute ist Bela elf Jahre alt, geht in die sechste Klasse eines Gymnasiums in Hannover und regelmäßig zur Lerntherapie.
    Beim Lesen hat Bela Fortschritte gemacht. Im Unterricht mitschreiben kann er aber nicht richtig, er bringt nur Großbuchstaben aufs Papier. Und immer wieder hört er, dass er mit seiner Legasthenie angeblich kein Abitur machen könne. Auch vonseiten der Behörden wünscht sich Belas Familie mehr Unterstützung, zum Beispiel bei der Finanzierung der Lerntherapie, die die Familie selbst bezahlen muss. Der „37°“-Film zeigt, wie wenig das Thema „geringe Literalität“ in Deutschland Beachtung findet, und was es braucht, damit Betroffene sich trauen, ihr Problem zu kommunizieren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.09.2023ZDF
  • Folge 1136 (30 Min.)
    Tausende Schatzsucher wollen die „Lost Dutchman Mine“ finden, eine legendäre Goldmine in Arizona, um die sich unendlich viele Geschichten ranken seit dem Tod des angeblichen Entdeckers 1891. Jahr für Jahr drehen sie jeden Stein um in der 200 Quadratkilometer großen Wildnis rund um die markanten Superstition Mountains östlich von Phönix. Die vage Hoffnung, reich und berühmt zu werden, treibt sie dazu. Von diesem Fieber ist auch André befallen. Genau wie die anderen Goldsucher tauscht auch er sich in Foren aus und quält sich durch unwegsames, gefährliches Gelände. Nach den vier vergangenen Exkursionen, die alle nicht ungefährlich waren und Geld gekostet statt Gold gebracht haben, bricht André nun zusammen mit seinem Freund Patrick, ebenfalls ein passionierter Goldsucher, zur nächsten Expedition in die Bergwüste von Arizona auf.
    Diesmal ist er sich zu 99,9 Prozent sicher, den richtigen Ort gefunden zu haben: eine versteckte Höhle in einem schwer erreichbaren Canyon. Gecampt wird auf einem steinigen, dornigen Felsplateau mit Blick über den Canyon der Superstition Mountains – fernab der Zivilisation. Tagsüber lauern bei Hitze Skorpione und Klapperschlangen, nachts kann es sehr kalt werden. Wasser und Lebensmittel müssen sich die beiden Männer einteilen.
    „Ich will es allen beweisen, dass ich recht habe. Ich will zeigen, dass man nach ganz hohen Zielen streben und diese auch erreichen kann“, sagt André. Doch erst einmal muss er sich mit den Problemen des Alltags abkämpfen: Sein Gepäck kommt nicht mit in die USA, und damit fehlen ihm wichtige Geräte wie sein Metalldetektor oder die guten Wanderschuhe. Er behilft sich mit billigem Material aus dem Supermarkt. „Was zum Teufel macht er da?“, fragt sich seine Frau Yvonne. Sie kann nicht wirklich nachvollziehen, warum ihr Mann, junger Familienvater, Verwaltungsleiter der Volkshochschule Rheinberg, derart besessen ist von dieser Goldsuche.
    Als ob ihm das Leben mit ihr und den beiden Kindern (zwei und drei Jahre alt) im Eigenheim am Niederrhein nicht genug wäre. Richtig peinlich war es Yvonne anfangs, mit Freunden über die seltsame Leidenschaft ihres Mannes zu reden. Während ihr Mann unterwegs ist, macht Yvonne abends, wenn die Söhne im Bett sind, Onlineberatungen für Menschen mit Essstörungen. Wie viel Hobby verträgt eine Beziehung? Und wo verläuft der Grat zwischen Leidenschaft und Obsession? Mit diesen Fragen begleitet der Film André bei seiner waghalsigen Reise in den wilden Westen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 19.09.2023ZDF
  • Folge 1137 (15 Min.)
    Mit einem Jahr singt Edgar Lieder. Mit drei Jahren sitzt er am Klavier und spielt Etüden nach Gehör. Edgar zählt zur Gruppe der Hochbegabten, was sein Leben nicht leichter macht. Im Film reflektiert Edgar seine Kindheit und Jugend. Er berichtet über die Selbstverständlichkeit seiner musikalischen Hochbegabung, die ihn immer wieder zum Außenseiter gemacht hat. Edgar erzählt von Mobbing in der Schule aufgrund seiner Hochbegabung. Die Musik half ihm immer wieder, Kraft und Ruhe zu finden, während er mit den Herausforderungen seines absoluten Gehörs umgehen lernte. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMo 25.09.2023ZDF
  • Folge 1138 (15 Min.)
    Was fasziniert junge Menschen am Nachtleben so sehr, dass sie dröhnende Musik, schwitzende Massen und Schlafmangel zu ihrem Lebensinhalt machen? Zeynep, 28, hat gerade ihren gut bezahlten Job gekündigt und startet als DJ durch. Sie träumt von einem festen Engagement in einem Klub. Der Film zeigt die Faszination an lauten Beats und Bass sowie das harte Business dahinter und hinterfragt Klischees. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDo 28.09.2023ZDF
  • Folge 1139 (30 Min.)
    Wenn der Ruhestand naht und die zweite Lebenshälfte beginnt, ist plötzlich wieder alles offen. Man hat die Wahl: weitermachen wie bisher – oder noch mal etwas wagen und ganz neu beginnen? Im Jahr 2022 wanderten mehr als eine Viertelmillion Deutsche ins Ausland aus. Viele aus Abenteuerlust, manche aufgrund drohender Altersarmut, andere, um alte, fast vergessene Träume endlich lebendig werden zu lassen. So auch Sylvia und Ralf. Beide Mitte fünfzig, verbringen sie ihren Alltag am Steinhuder Meer seit vielen Jahren mit Arbeit und festen Verpflichtungen.
    Nun träumt das Paar von einem anderen, freien Leben – in Kroatien. Dort haben beide ein unbebautes Grundstück an der Küste Istriens gefunden. Ralf möchte am liebsten schon morgen los, Sylvia aber zögert. Ohne finanzielle Sicherheit will sie ihren Job nicht aufgeben. Auch der Abschied von ihrer Tochter fällt ihr schwer. Inge ist 67 Jahre alt. Als ihr Mann vor Kurzem unerwartet an einem Herzinfarkt starb, geriet ihr bisheriger Lebensplan aus den Fugen. Ihr wird klar: Im gemeinsamen Zuhause kann und möchte sie nicht bleiben. Stattdessen geht Inge einen radikalen Schritt.
    Sie verkauft das Haus, um einen Neuanfang in Spanien zu wagen. Bislang lebt sie mit ihrer Hündin Perle in einem beschaulichen Dorf im Emsland, umgeben von Freunden und guter Nachbarschaft in vertrauter Umgebung. Allein kann und möchte sie dort nicht bleiben. In ihrem neuen Zuhause wäre Inge eine Fremde. Kurt (57) und Verena (61) wollten mit ihrem Renteneintritt eigentlich in die Türkei auswandern. Aus politischen Gründen gaben sie die Idee auf – ihren Traum von einem Leben am Meer jedoch nicht.
    Kurt hat bereits ein neues Ziel vor Augen: Bulgarien. Doch Verenas Herz hängt noch immer an der Türkei. Ein Leben in Osteuropa kann sie sich nicht vorstellen, fürchtet, dass ihr Land und Leute nicht entsprechen. Kurt, der bereits die Sprache lernt, konnte Verena von einem Urlaub in Bulgarien überzeugen. Dort wollen beide herausfinden, ob das Land ihre künftige Heimat werden kann. „37°“ begleitet fünf Menschen beim Abenteuer Lebenswende, zeigt ihren Wagemut und ihre Zweifel, ihre Träume und Enttäuschungen – und dass Aufbruchsgeist und Alter kein Widerspruch sind. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.10.2023ZDF
  • Folge 1140 (30 Min.)
    Wenn in einigen Jahren die Babyboomer in Rente gehen, werden Millionen Menschen auf dem deutschen Arbeitsmarkt fehlen. Pflege, Handwerk, Dienstleistungen – schon heute mangelt es in vielen Branchen dramatisch an Nachwuchs. Zum Glück hat Deutschland nicht nur ein Problem, sondern auch kreative Chefinnen und Chefs mit ungewöhnlichen Lösungen. „Aufgeben ist keine Option“ – dieses Motto hat Glaser Sterz auf seinen Firmenwagen drucken lassen, zusammen mit einem riesigen Smiley. Als sich für seinen kleinen Familienbetrieb an der Nordseeküste kein Azubi meldet, dreht er als Chef selbst ein Bewerbungsvideo – so lustig und ehrlich, dass es millionenfach geklickt wurde und Sterz viel Aufmerksamkeit und noch mehr Bewerbungen einbrachte.
    Sein Versprechen: „Ich bin immer für Dich da.“ In der Glaserei gibt es die Viertagewoche, an Geburtstagen haben alle frei. Er will nicht nur Arbeit, sondern ein Lebensgefühl anbieten. Anders, so seine Erfahrung, finden vor allem kleine Betriebe keine verlässlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr. Jugendliche ausbilden, die auf dem Arbeitsmarkt schlechte Chancen haben – mit diesem Ziel haben Gastronomin Sandra Forster und Sozialpädagogin Angela Bauer das Ausbildungsrestaurant „Roecklplatz“ in München gegründet.
    Schwierige Lebensverhältnisse sind dort kein Hindernis, sondern die Voraussetzung für einen Ausbildungsplatz. Das Konzept? Wirgefühl, Wertschätzung und flexible Anforderungen. Michelle hatte früher keine Lust auf Schule, jetzt wird sie Restaurantfachkraft. Mario steht im dritten Lehrjahr kurz vor der Abschlussprüfung zum Koch. „Man muss sich halt darauf einlassen und verändern wollen.“ Mehr bieten als einen Arbeitsplatz – so auch das Motto in der Traditionsbrauerei Härle am Bodensee.
    Gottfried Härle beschäftigt seit 2015 Geflüchtete, lernt sie an als Lageristen, Stapler- und Bierfahrer. Seine Überzeugung: Ohne Zuwanderung von außen werden wir es nicht schaffen, und wer in Deutschland ist, soll eine Chance bekommen. Zusammen mit seiner Frau und Juniorchefin Esther Straub kümmert er sich um Sprachkurse, Wohnung, Amtstermine und ist für Mitarbeiter wie Lamin aus Gambia auch ein Stück Familie. „37°“ taucht ein in den Arbeitsalltag dreier unterschiedlicher Betriebe.
    Was läuft dort anders? Wie finden und halten die Chefinnen und Chefs ihre Leute? Was vermitteln sie? Wie blicken sie in die Zukunft? Eine Glaserei an der Nordseeküste, eine Traditionsbrauerei und ein Ausbildungsrestaurant werden den demografischen Wandel nicht stoppen, aber sie geben Zuversicht, dem Fachkräftemangel mit Kreativität und Engagement zu begegnen. Ein Film über den Mut, Potenziale zu wecken, die wir in Deutschland haben – wenn wir benachteiligte Jugendliche fördern, Geflüchteten eine Perspektive geben oder Azubis fürs Handwerk begeistern. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.10.2023ZDF
  • Folge 1141 (15 Min.)
    Christian (18) bezeichnet sich als Atheist. Für ihn macht Religion keinen Sinn, er kann an keinen Gott glauben. Trotzdem fährt er mit seinen Freunden zum katholischen Weltjugendtag. Christian wurde christlich erzogen, seine Eltern sind religiös. Trotzdem glaubt er seit zwei Jahren an keinen Gott mehr. Die Kirche ist ihm nicht fremd, er fühlt sich dort so wohl wie seine Freunde und Bandkollegen. Mit ihnen fährt er nach Lissabon. Nach einer coronabedingten Pause ist es nun so weit: Anfang August 2023 feiern mehr als eine Million Christinnen und Christen in Lissabon ihren Glauben beim Weltjugendtag. Eine Woche lang beten, singen und feiern Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 35 gemeinsam.
    Das Highlight: Papst Franziskus kommt auch nach Lissabon zum Weltjugendtag. Vor Ort ermutigt er die jungen Menschen zum Einsatz für eine bessere Welt. Es seien die jungen Leute, die die Welt veränderten und die für Gerechtigkeit und Frieden kämpften. „Die Kirche und die Welt brauchen euch junge Menschen, so wie die Erde den Regen“, sagte er. Christian fährt mit seinen Freunden zum Weltjugendtag. Sie sind gläubig – er nicht. Für ihn macht das allerdings keinen Unterschied. Für ihn steht nicht der Glaube im Vordergrund: „Ich gehe trotz dessen, dass ich nicht glaube, zum Weltjugendtag, weil ich den Weltjugendtag weniger als eine spirituelle Veranstaltung, sondern einfach als eine völkerverbindende Veranstaltung begreife.“ Die Tage in Lissabon verlangen Christian allerdings auch einiges ab.
    Fast jeden Tag tritt er mit seiner Band The B7ys im Deutschen Pilgerzentrum in Lissabon auf. Die Jungs aus Magdeburg spielen das erste Mal vor internationalem Publikum. Am Ende der Veranstaltung steht für Christian fest: Er fährt zwar als Atheist wieder nach Hause, hat sich aber mit den unterschiedlichsten Menschen über Glauben ausgetauscht. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.10.2023ZDF
  • Folge 1142 (20 Min.)
    Charlotte, (35) und Mutter von zwei Kindern, hatte Brustkrebs. Nach Tumor-Entfernung und Chemotherapie macht sie nun einen radikalen Schritt. Um den „Feind in ihrer Brust“ endgültig zu besiegen, entscheidet sie sich für eine Mastektomie, die operative Entfernung beider Brüste, und für deren künstliche Rekonstruktion. Brustkrebs ist in Charlottes Familie schon häufiger vorgekommen. Durch einen Gentest konnte Charlotte eine erbliche Veranlagung – und damit eine mögliche Rückkehr des Krebs – nicht eindeutig ausschließen. Mit der Mastektomie sinkt ihr Risiko auf ein Minimum, erneut an Krebs zu erkranken. Charlotte liebt Kleider mit weitem Ausschnitt. Sie mochte ihre Brüste, auf ihr Dekolleté war sie immer stolz. Ihre neuen Brüste empfindet sie nicht als Fremdkörper. Mit ihren Freundinnen singt Charlotte in einer Band und findet immer mehr zu ihrer früheren Leichtigkeit wieder zurück. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.10.2023ZDFDeutsche Online-PremiereDi 10.10.2023ZDFmediathek
  • Folge 1143 (30 Min.)
    Seit Sylvia und Armin Joos einen neuen Nachbarn bekommen haben, ist ihr Leben aus den Fugen geraten. Ihr Nachbar ist ein Neonazi, einschlägig bekannt und gut vernetzt. Regelmäßig finden Treffen auf seinem Grundstück statt, rechtsextreme Lieder werden gegrölt und NS-Verherrlichung vorgeführt. Die Joos wollen dem Treiben nicht tatenlos zusehen, sind mutig und zeigen die Neonazis an, obwohl sie deswegen massiv bedroht werden. Seit der bundesweit bekannte Neonazi Tommy Frenck die einzige Gaststätte („Gasthaus Goldener Löwe“) im Dorf Kloster Veßra betreibt, ist der kleine Ort in Thüringen zu einer Pilgerstätte von Tausenden Neonazis geworden.
    Thomas Jakob musste mit ansehen, wie 6000 Neonazis in seinem Heimatdorf ein Rechtsrock-Konzert feierten. Er schwor sich: Das lassen wir nie wieder zu. Seitdem ist Thomas Jakob aktiv. Nachdem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Nazi ermordet worden war, meldete sich der Staatsschutz bei Thomas Jakob: Auch er sei im Visier der Nazis. Jakob hatte den halben Ort mobilisiert, um die nächsten Neonazi-Konzerte zu verhindern.
    Mit Erfolg. Gemeinsam mit Gleichgesinnten hat Thomas Jakob ein Bündnis ins Leben gerufen, das weitere rechtsextreme Umtriebe beobachtet und verhindert. Große Unterstützung erfahren sie von der Kirche und der Diakonie. Der Film von Güner Balci lässt Menschen zu Wort kommen, deren Leben sich verändert hat, seit sie Neonazis als Nachbarn haben. Menschen, die zeigen, wie man sich dem zunehmenden Terror von rechts entgegensetzt und wie aus Angst Mut und Kraft wachsen können. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.10.2023ZDF
  • Folge 1144 (30 Min.)
    In unserer Leistungsgesellschaft müssen wir funktionieren. Schmerzen werden gerne schnell bekämpft. Mit rezeptpflichtigen und freien Medikamenten, die oft heftige Nebenwirkungen haben. Über Schmerzmittelsucht zu sprechen, ist ein Tabu. Dabei geht man von über 1,6 Millionen Abhängigen in Deutschland aus. In „37°“ erzählen drei Betroffene, wie sie durch ihre Schmerzen in einen Teufelskreis aus Abhängigkeit und Krankheit geraten sind. Melanie (44) erlitt vor vier Jahren bei einem Fahrradunfall ein schweres Schädelhirntrauma.
    Es entwickelte sich bei ihr das komplexe, regionale Schmerzsyndrom (CRPS). Verschrieben wurden ihr starke Schmerzmittel, darunter Opioide. Diese dämpften die Schmerzen, doch auch die sonst so lebensfrohe Melanie stumpfte ab. Selbst wenn ihr Mann, mit dem sie seit zwanzig Jahren glücklich zusammen ist, „Ich liebe dich“ zu ihr sagte, fühlte sie wenig. „Ich hatte das Gefühl, innerlich tot zu sein.“ Dass ihre Teilnahmslosigkeit eine Nebenwirkung der Opioide war, realisierte sie zunächst nicht. Erst als sie nicht mehr wirkten und ein Arzt stärkere empfahl, traf sie die Erkenntnis wie ein Schlag: „Ich bin opioidabhänig!“ Melanie entschied sich für einen krassen Schritt: einen kalten Entzug im hauseigenen Badezimmer.
    Ihre chronischen Schmerzen sind geblieben und schränkten die Versicherungsmitarbeiterin lange im Job, Familienleben und in ihrer Freizeit ein. „Trotzdem geht es mir viel besser, weil ich wieder fühlen kann!“ Ihre Schmerzen bekämpft Melanie nun fast ganz ohne Medikamente und durch eine multimodale Schmerztherapie.
    „Meine Kindheit war nicht sehr glücklich“, erzählt Fabio (22). „Ich habe viel Einsamkeit, Überforderung und Kälte erlebt“. Mit 13 Jahren entdeckte er eine chemische Möglichkeit, sich das Gefühl von Wärme und Liebe zu holen – durch Opioide. Er fing mit Codein in Hustensaft an, steigerte seinen Konsum irgendwann mit Tilidin und Oxycodon. Bald landete er beim Heroin. „Es war ein so wohliges Gefühl. Als würde dich deine liebste Person umarmen.“ Im Alter zwischen 15 und 21 konsumierte er fast täglich.
    Einige Male war er wegen Überdosen dem Tod sehr nah. Seine Freunde redeten ihm intensiv ins Gewissen, doch endlich zu entziehen. Trotz inneren Widerstands schaffte es Fabio, in die Drogen-Selbsthilfe Fleckenbühl zu gehen. Nach einem harten Entzug lernt er dort mit Hilfe eines Lyrikkurses und der Gemeinschaft seine Gefühle wieder kennen, die nun ohne die Drogen ungedämpft ans Licht kommen. Der Student hofft, nach einem Jahr Drogenfreiheit seinen Clean-Geburtstag feiern und vielleicht sogar wieder zurück in sein „normales“ Leben finden zu können.
    Klaus musste fit sein und täglich „abliefern“. Sein Beruf als selbständiger Tennistrainer und Veranstalter für Sportreisen verlangte ihm viel ab. Mit den Jahren häuften sich jedoch körperliche Beschwerden. Er litt an starken Schmerzen in Knien und Handgelenk. Daher nahm Klaus über einige Jahre regelmäßig rezeptfreie Schmerzmittel ein – Diclofenac und Ibuprofen. Um einsatzfähig zu bleiben, steigerte er rasch die Dosen. Das ein oder andere Glas Wein verstärkte ihre Wirkung noch zusätzlich.
    Nach Jahren der Tabletteneinnahme versagten plötzlich seine Leber und Nieren. Fast ein Jahr lag der einstige Sportler im Krankenhaus und bekam – dem Tode nah – eine Lebertransplantation. Seine Schwester und sein bester Freund hielten zu ihm. Doch mit seinem körperlichen Zusammenbruch erlebte Klaus auch einen sozialen Abstieg: Er verlor seine Firma, seine Wohnung, sein Auto. Heute lebt der 67-Jährige von Grundsicherung und leidet weiter unter ständigen Schmerzen. Die einzigen Schmerzmittel, die er aufgrund seiner geschädigten Organe noch nehmen kann, sind Opioide.
    Seinen sportlichen Ehrgeiz hat Klaus dennoch nicht verloren und so kämpft er täglich darum, seinen Bewegungsradius ein klein wenig zu erweitern. In unserer Leistungsgesellschaft müssen wir „funktionieren“ – seelisch und körperlich. Das schafft ein gefährliches Einfallstor für einen allzu leichtfertigen Umgang mit Medikamenten. In „37°“ berichten Melanie, Klaus und Fabio von ihrer Abhängigkeit von rezeptpflichtigen und rezeptfreien Schmerzmitteln und ihrem schwierigen Weg, sich aus der Abwärtsspirale zu befreien und einen neuen Umgang mit Schmerz zu lernen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 07.11.2023ZDF
  • Folge 1145 (30 Min.)
    Max steht zu Probenbeginn kurz vor der Entlassung aus der JVA.
    Etwa 40.000 Menschen sind in deutschen Gefängnissen inhaftiert. Inwiefern ist das Theaterspielen ein wirksames Mittel zur Resozialisierung von Strafgefangenen? Bei „aufBruch“ stehen Strafgefangene und Ex-Häftlinge gemeinsam auf der Bühne. „37°“ begleitet vier Darsteller bei den Proben zu Schillers „Die Räuber“. Was gibt ihnen die Theaterarbeit und was lernen sie dabei für ihr Leben in Freiheit? Das Berliner Gefängnistheater „aufBruch“ inszeniert einmal im Jahr Theaterstücke außerhalb der Gefängnismauern. In einem Amphitheater auf der Jungfernheide proben sie in diesem Jahr Schillers „Die Räuber“ ein.
    Für viele der Darsteller ist das Theaterspielen eine besondere Herausforderung, sehen sie sich doch oft zum ersten Mal mit der sogenannten „Hochkultur“ konfrontiert. Max etwa hat im letzten Jahr das erste Mal bei „aufBruch“ auf der Bühne gestanden. „Bei der ersten Probe habe ich mir noch gedacht: Oh Gott, oh Gott, das wird nie was! Theater, das war so für mich so Schickimicki, High Society und so was!“ Seine Einstellung zum Theater hat er mittlerweile komplett revidiert.
    Es gibt ihm nämlich etwas, was ihm in seinem Leben in Freiheit oft fehlt: Eine Struktur. Für Max, der seit anderthalb Jahren in der JVA Plötzensee inhaftiert ist und kurz vor seiner Entlassung steht, ist klar, dass er bei Schillers „Die Räuber“ auch auf der Bühne stehen will, wenn er wieder in Freiheit ist. Voller Engagement ist er bei den ersten Proben. Doch es kommt anders als gedacht: Kaum in Freiheit, wird Max wieder inhaftiert. Auch Sadam sitzt in der JVA Plötzensee in Haft – voraussichtlich noch anderthalb Jahre lang.
    Er hat von der Gefängnisleitung die Genehmigung bekommen, an den Proben und der Aufführung teilzunehmen. Ein großes Privileg und ein Zeichen dafür, dass er sich während seiner Haft nichts zu Schulden hat kommen lassen. Der 30-Jährige, der schon zum zweiten Mal im Gefängnis gelandet ist, blüht bei den Proben förmlich auf: „Im Gefängnis bin ich eher so der zurückhaltende Typ, der eigentlich mit niemandem zu tun haben will, der eigentlich seine Ruhe haben will.“ Das ist bei „aufBruch“ anders: „Im Theater bin ich eher offen, lasse mich auf alles ein.“ Bei den Proben ist er mit voller Leidenschaft bei der Sache, spielt eine der Hauptrollen und strotzt vor Selbstbewusstsein.
    Aber vor der Premiere sieht das schon ganz anders aus. Mohamad ist schon seit 15 Jahren beim Gefängnistheater. Der ehemalige Drogenabhängige, der mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg im Libanon geflohen ist und in Berlin als Jugendlicher schnell auf die schiefe Bahn geriet, ist sich sicher: „Wenn ich dieses Theater nicht kennengelernt hätte, wäre ich tot, hätte ich schon längst aufgegeben.
    Ich war kurz davor.“ Mohammad hat „aufBruch“ viel zu verdanken. Besonders stolz ist er auf seine Fortschritte in der deutschen Sprache, die der 49-Jährige, der in Deutschland nie eine Schule besucht hat, erst bei „aufBruch“ richtig kennen und lieben gelernt hat. Doch vor zwei Jahren folgt dann ein neuer Schicksalsschlag: Bei Mohamad wird ein Hirntumor diagnostiziert. Seitdem hat er oft Konzentrationsprobleme, vor allem beim Textlernen. „Ich brauche diese Herausforderung im Theater, das hilft mir.“ Para steht seit seinem 13. Lebensjahr auf der Bühne.
    Er ist einer der wenigen professionellen Schauspieler bei „aufBruch“ und hat in seinem Heimatland Kongo Schauspiel studiert. Als Asylbewerber kommt er Anfang der 1990-er Jahre nach Berlin – und auf die schiefe Bahn. Wegen Betrugs sitzt er fünf Jahre hinter Gittern. Für „aufBruch“ hat er während seiner Haft in der JVA Tegel das erste Mal auf der Bühne gestanden. „Theater ist eigentlich für mich das Leben, also wie Atmen. Ich opfere mich sogar und stehe um 4:30 Uhr auf.“ Dann geht er als Produktionshelfer im Maschinenbau arbeiten, um seinen Status in Deutschland zu sichern, denn Para hat auch nach mehr als 30 Jahren immer noch keine Niederlassungserlaubnis in Deutschland.
    Und die möchte er unbedingt, auch wegen seiner 18-jährigen Tochter Ravin. Sein Aufenthaltsstatus ist ihm so wichtig, dass der 51-jährige Schauspieler deshalb im Moment auf Engagements außerhalb von Berlin verzichtet. Herz und Kopf von „aufBruch“ sind Produktionsleiterin Sibylle Arndt und Regisseur Peter Atanassow.
    Der Regisseur ist davon überzeugt, dass die Arbeit am Theater etwas Positives bei den Darstellern bewirkt: „Respekt zu bekommen, Anerkennung zu bekommen, Aufmerksamkeit zu bekommen, das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Das macht Menschen selbstbewusst. Und ich glaube, wenn Menschen selbstbewusster sind, begehen sie auch weniger Dummheiten.“ Wir begleiten Max, Sadam, Mohammad und Para während der Probenzeit und in ihrem Alltag, der sie jeden Tag aufs Neue herausfordert. Ein Film über Menschen zwischen Lampenfieber und Strafvollzug, großen Träumen und harten Rückschlägen, der Frage nach Schuld und dem steinigen Weg der Wiedereingliederung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.12.2023ZDF
  • Folge 1146 (30 Min.)
    Seit fünf Jahren lebt, lernt und arbeitet Samir (20) in Deutschland. Hier ist er erwachsen geworden und träumt davon, seinen Meister zu machen. Wird sich der junge Afghane Samir bei uns eine sichere Existenz aufbauen können?
    Facharbeiter ohne Bleiberecht: Samir flüchtete 2014 aus Afghanistan. Seine Ausbildung hat er abgeschlossen, und er macht gerade seinen Meister. Doch seine Zukunft in Deutschland ist ungewiss. Seit 2017 wartet Samir auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden in seinem Asylverfahren – Jahre zwischen Hoffnung und Angst. Wird er in Deutschland leben und in seinem Beruf als Mechatroniker für Kältetechnik arbeiten können? Samir, der im Alter von 15 Jahren vor den Taliban nach Deutschland geflüchtet ist, hat in Deutschland schon einiges erreicht: Realschulabschluss und Ausbildung zum Kältemechatroniker geschafft und Freunde gefunden.
    Sein Ausbildungsbetrieb, ein mittelständisches Unternehmen in Wiesbaden, hat in seinen Azubi investiert und möchte Samir in der Firma weiterbeschäftigen. Noch ein Jahr, dann hat der heute 24-Jährige seinen Meisterbrief und Chancen auf eine Führungsposition. Eine Erfolgsgeschichte mit Rückschlägen: Mitten in der Prüfungsphase für seinen Realschulabschluss kam die Ablehnung seines Asylantrages, mit der Begründung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass Afghanistan ein sicheres Land sei. Für Samir „bricht eine Welt zusammen“, er schafft trotzdem seinen Abschluss.
    Gerade so. Sein Anwalt reicht Klage ein, und Samir bekommt eine Aufenthaltsgestattung, die er alle sechs Monate bei der Ausländerbehörde verlängern muss. „Am schlimmsten ist die Ungewissheit“, sagt der 24-Jährige, der inzwischen häufiger auf Deutsch als auf Dari, auf Afghanisch, träumt. Er arbeitet, geht zur Schule, bildet sich weiter. Aber manchmal fragt er sich: „Hat das überhaupt einen Sinn? Keiner kann dir garantieren, ob du in Deutschland bleiben kannst. Du bist quasi in der Luft.“ Acht Jahre lang hat Autorin Ulrike Schenk Samir begleitet – bis zum Tag der alles entscheidenden Verhandlung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.12.2023ZDFDeutsche Online-PremiereDi 28.11.2023ZDFmediathek
  • Folge 1147 (30 Min.)
    Jula (l.) und Christoph (r.) gehen bei Sonnenuntergang surfen.
    Jula (15) und Christoph (14) haben eine Krebserkrankung überstanden. Durch therapeutisches Surfen auf Sylt wollen die beiden verlorenes Selbstbewusstsein und Körpergefühl zurückerlangen. Gemeinsam mit ihren Familien verbringen Jula und Christoph vier Wochen in einer Rehaklinik der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Surfen ist eine noch junge Therapieform und setzt auf die positiven Auswirkungen des Meeres und des Wellenreitens auf Körper und Geist. Jula und Christoph verbringen ihren Klinikalltag mit anderen Jugendlichen, die selbst onkologisch erkrankt waren. Durch die Surfeinheiten werden sie nach und nach offener, selbstbewusster und finden zu ihrem alten Körpergefühl zurück.
    Beide berichten von den Erfolgen, die sich schnell abzeichnen, erinnern sich jedoch auch zurück an ihre Krankheitsgeschichten. Ihre Diagnosen und die damit einhergehende Angst und Unsicherheit sind nach wie vor emotionale Themen, sowohl für die Jugendlichen als auch für ihre Eltern. Denn auch die Eltern und Geschwister sind von der Krebserkrankung eines Familienmitglieds betroffen. Vor diesem Hintergrund sieht das Therapiekonzept der Klinik vor, die komplette Familie durch Gesprächs- und Sportangebote in die Therapie einzubinden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereMo 18.12.20233sat

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