Verbotene Liebe – Queere Opfer der NS-Diktatur Folge 3: Queere Überlebende der NS-Diktatur
Folge 3
Queere Überlebende der NS-Diktatur
Folge 3
Für Kurt Brüssow war das Theater ein Safe Space – bis er als Homosexueller denunziert wurde und in den Repressionsapparat der Nazis geriet.
Bild: Unbekannt, Archivgeber: Arolsen / ZDF
Verfolgt, gebrochen, vergessen? Drei queere Menschen beweisen im NS-Regime Entschlossenheit und großen Mut. Jannik Schümann, Julia Monro und Kerstin Thost suchen nach ihren Spuren. Ein schwuler KZ-Häftling, der überlebte und NS-Belastete zur Rechenschaft zog. Eine Transfrau, die den gewalttätigen Vater erschlug. Eine Rebellin, die für ihre jüdischen Freundinnen alles riskierte. Sie alle stehen im Licht dieser Dokumentation. „Verdorben. Krank. Asozial.“ So brandmarkten die Nationalsozialisten queere Menschen.
Schwule Männer wurden nach dem verschärften Paragrafen 175 zu Zehntausenden verurteilt, etwa 15.000 in Konzentrationslager verschleppt. Transpersonen verfolgte man als „geisteskrank“, lesbische Frauen als „asozial“. Für den Film begeben sich Jannik Schümann, Julia Monro und Kerstin Thost erneut auf Spurensuche – und stoßen auf drei außergewöhnliche Lebensgeschichten. Biografien, die von Verfolgung und Erniedrigung, aber auch von Mut, Widerstand und unbändigem Überlebenswillen gezeichnet sind.
Die Historikerin Dr. Anna Hájková, Pionierin der queeren Holocaust-Forschung, ordnet die Schicksale historisch ein. Jannik Schümann taucht ein in das Leben von Kurt Brüssow. Der Schauspieler wurde wegen seiner Homosexualität denunziert, dreimal nach Paragraf 175 verurteilt und 1941 ins KZ Auschwitz deportiert. Dort kastrierte ihn ein SS-Arzt zwangsweise. Brüssow überlebte die Hölle nur knapp. Nach dem Krieg wurde aus dem Opfer ein Ankläger: Bei den Münchner Spruchkammern konfrontierte
er NS-Täter.
Eine Entschädigung als NS-Opfer blieb ihm in der Bundesrepublik jedoch verwehrt, denn seine sexuelle Orientierung galt auch nach 1945 als Verbrechen. Kerstin Thost erforscht im Würzburger Staatsarchiv die Gestapo-Akten von Ilse Totzke. Die Musikerin trug gerne Anzug und Krawatte, verweigerte den Hitlergruß und hielt die Nürnberger Rassengesetze für Unrecht. Trotz Verfolgung durch die Gestapo hielt sie an ihren jüdischen Freundinnen fest – und half ihnen bei der Flucht in die Schweiz.
Nach einem missglückten Fluchtversuch wurde sie 1943 ins KZ Ravensbrück deportiert. Nur mit knapper Not überlebte sie. 1995 ehrte die Holocaust-Gedenkstätte „Yad Vashem“ sie als „Gerechte unter den Völkern“. Julia Monro erkundet das Gründerzeitmuseum in Berlin-Mahlsdorf – und taucht ein in das Leben einer außergewöhnlichen Frau. Charlotte von Mahlsdorf sah sich immer als Frau und war fasziniert von der Berliner Gründerzeit. Ihre Identität lebte sie mit Beharrlichkeit.
Als Jugendliche erschlug sie ihren gewalttätigen Nazi-Vater, der die Familie mit der Waffe bedrohte. Nach 1945 wurde sie zur Berliner Ikone: Ihr Gründerzeitmuseum bot queeren Menschen in der DDR einen Schutzraum. Durch ihre Autobiografie „Ich bin meine eigene Frau“, verfilmt von Regisseur und queerer Ikone Rosa von Praunheim, wurde sie deutschlandweit bekannt. Drei Schicksale, die zeigen: Selbst unter brutalster Verfolgung bewahrten queere Menschen ihre Identität – und leisteten sogar Widerstand. Gegen ein Regime, das sie auslöschen wollte. (Text: ZDF)