Mit 33 Jahren ist Heretu Tetahiotupa der markanteste Vertreter eines kulturellen Revivals. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viel über die Tattoos und die Kultur seiner Heimat, die Marquesa-Inseln, zu erfahren. Zudem wurde er zum Direktor der wichtigsten Kunst- und Kulturfestivals der Inseln ernannt. Auf den Spuren der Zeichen reist er nach Europa und begegnet in einem Berliner Archiv bislang unbekannter Kunst seiner Ahnen. 1897 reiste der deutsche Forscher Karl von den Steinen inmitten einer kolonialen Katastrophe und eines Massensterbens auf die Marquesas. Was er damals in sechs Monaten sammelte, stellt heute die Grundlage für eine wiedererwachte marquesanische Identität dar. Ein Großteil der Funde wurde erschlossen und nach 150 Jahren erstmals vom deutschen Marquesas-Spezialisten Michael Koch übersetzt. Er stellt infrage, ob der Schlüssel zum damaligen Wissenskosmos wirklich überlebt hat. Sind die heutigen
Tattoo-Interpretationen lediglich ein raffiniertes Mittel in einem Streit um politische Macht auf den Inseln? Durch Bücher gelangten die kulturellen Tattoos sogar bis ins bayerische Villach und bescherten der Tattoo-Künstlerin Manu Kelley ein Erweckungserlebnis. Inzwischen gilt die gebürtige Schwäbin als eine der renommiertesten Patutiki-Künstlerinnen Europas. Doch wo liegt die Grenze zwischen Kunst, Kultur und kultureller Aneignung? Diese Frage erforscht das französische Wissenschaftler-Ehepaar Pierre und Marie-Noëlle Ottino-Garanger seit über 40 Jahren. Sie versuchen, mit den Mitteln westlicher Wissenschaft das Universum mündlich überlieferter Traditionen zu kartieren. Was ist belegbar? Wo beginnt Interpretation? Und wer besitzt die Autorität, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden? Beinahe wären die Zeichen ausgelöscht worden. Doch jetzt sind sie zurück – und haben mehr Macht denn je. (Text: arte)
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