Up All Night – Review

Christine Applegate und Will Arnett in neuer NBC-Comedy – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 15.09.2011, 19:00 Uhr

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Alarm im Badezimmer: Chris (Will Arnett) und Regan (Christine Applegate) erwarten ein Baby
Revolutionär ist „Up All Night“ sicher nicht. Vielmehr ist die Comedy genau auf den aktuellen Trend zugeschnitten, bei dem der Einsatz von Documentary Style inzwischen fast unausweichlich scheint. Trotzdem kann der Pilot überzeugen, was Showrunnerin Emily Spivey aber vor allem ihrer Besetzung zu verdanken hat. Obwohl das Skript zum Piloten nicht schlecht ist und wirklich witzige Pointen enthält, beweist „Up All Night“ wieder einmal eindrucksvoll, wie wichtig Casting und die Chemie der Darsteller untereinander für das Gelingen einer neuen Serie sind.

Christina Applegate und Will Arnett gelingt es einerseits als perfektes Traumpaar glaubhaft zu wirken. Andererseits schaffen sie es, genau dieses potentiell furchteinflößende Label mit geerdetem Charme zu versehen. Die beiden sind nicht perfekt gestylt und ihre Probleme sind niemals elitär und nicht nachvollziehbar. Die Macher scheuen sich nicht, die mit dem neuen Elterndasein verbundene Müdigkeit ihrer beiden Hauptfiguren auch zu zeigen, genau wie unerwartete Spannungen und Streitereien. Da zeigt sich dann schnell, dass Applegate und Arnett auch im Streit perfekt harmonieren. Noch viel wichtiger: Sie können sich die Pointen in rasender Geschwindigkeit zuspielen und agieren dabei stets auf dem gleichen Level, rasen nie aneinander vorbei. Nur so kann Comedy wirklich funktionieren.

Die frustrierte Talk-Queen Ava (Maya Rudolph) ist froh, ihre Produzentin wieder zu haben
Da passt es eigentlich ganz gut, dass die Nebenfiguren abgehobener daherkommen. Trotzdem gelingt es auch Maya Rudolph als unsichere, spontan singende, überkandidelte aber doch ganz kuschelige Talkshow-Queen Ava ihre Allüren und Neurosen liebenswürdig zur Geltung zu bringen. Es wäre einfach, hier ins Nervtötende abzugleiten, geschieht jedoch glücklicherweise nie. Auch Jennifer Hall hinterlässt als stets etwas zu unterwürfige Mitarbeiterin Missy einen bleibenden Eindruck, obwohl sie bisher nur recht wenig zu tun hat.

„Up All Night“ wird in den ersten 21 Minuten nie langweilig und hat viele witzige Szenen: Chris im gefürchteten Zweikampf auf feindlichem Gebiet (= Supermarkt) mit einer alten, Baby-angrabschenden Oma; Regan im Zweikampf mit einem Rock, in den sie früher ohne Probleme reinpasste, vor dem sie aber jetzt sogar NBC-Moderator Matt Lauer per Fernseher warnt; Regans und Avas Bemühen um frische Talk-Ideen und gegen die giftgrüne Reinigungsbrühe; oder Chris’ freudige Aufregung, als es ihm nach Jahren tatsächlich gelingt, einen Surfer an Land zu ziehen – als neuen besten Kumpel versteht sich. Daneben gibt es auch wirklich anrührende Momente. Regan malt sich aus, wie es eines Tages aussehen könnte, wenn ihre Tochter Amy sie im Altenheim besucht. Eine Vorstellung, die sie glücklich macht.

Mit Babygeschrei im Hintergrund muss man bei „Up All Night“ allerdings fertig werden können – genau wie Regen und Chris eben auch. Im Notfall kann man ja fluchen, im Gegensatz zu den Fernseheltern müssen sich dies die Zuschauer aus Rücksichtnahme ja nicht abgewöhnen. Zu bemängeln gibt es allerdings noch einen Vorspann, dessen Facebook-Party-Bilder leider recht genau aus dem zu „How to Make It in America“ kopiert zu sein scheinen. Dennoch: „Up All Night“ bietet bislang äußerst kurzweilige, subtile und stimmige Unterhaltung, präsentiert von einer hervorragenden Besetzung. Und das auf NBC! Es macht Spaß am Beginn einer neuen Season positiv überrascht zu werden.

Meine Wertung: 4/​5
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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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