Mehr Emotionen für „Eine für alle“
Mit neuer Ausrichtung soll der Soap-Flop zum Hit werden
Michael Brandes – 18.05.2009

ARD-Programmdirektor Volker Herres lobt die mittlerweile fünfte tägliche Daily-Soap im Ersten ja bekanntlich als anspruchsvolles, gesellschaftlich relevantes Qualitätsprodukt. Diese These lässt sich bei näherer Betrachtung allerdings keinesfalls aufrecht erhalten. „Eine für alle“ unterscheidet sich von der Genrekonkurrenz im Grunde nur durch die Storyline: Eine kleine Schweißerin kauft ihr insolventes Unternehmen auf und muss es fortan vor einem bösen Finanzinvestor verteidigen.
Die Zielgruppe konnte sich für diese eher ungewöhnliche Themenwahl nicht begeistern und sorgte für desaströse Quoten: Nach enttäuschenden 1,69 Millionen Zuschauern zum Auftakt waren zuletzt nur noch rund 850 000 Zuschauer dabei. Marktanteil: 4,9% – letztjähriger Senderschnitt: 13,4%.
„Es ist aber kein Geheimnis, dass wir uns eine höhere Quote erhofft haben“, so eine Sprecherin der Produktionsfirma Bavaria. Zahlen dieser Größenordnung kann sich der Sender im werbeintensiven Vorabendprogramm nicht leisten. Weil aber gleich 200 Folgen geordert wurden, sollen nun inhaltliche Nachbesserungen zum späten Erfolg verhelfen: „Wir wollen mehr auf die Privatgeschichten der Figuren eingehen“. Mit emotionaleren Geschichten soll die ARD-Soap sozusagen „gefühliger“ werden. Zeit genug für Änderungen ist jedenfalls vorhanden: Der Sender will an der geplanten Ausstrahlung der 200 Folgen weiter festhalten. Zur Zeit wird Folge 60 produziert.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
Radow am via tvforen.de
Noch mehr Emotionen? Was für ein Unsinn! Das ganze Konzept ist von Grund auf ungeeignet für den Vorabend. Die Zuschauer wollen ihr tägliches Märchen sehen. Eine Serie, die noch dazu dilettantisch, die wirtschaftliche Situation zeigt, muss floppen. Hallo ARD! Aufwachen!!!Frau_Kruse am via tvforen.de
In dieser Woche wird in den Medien pflichtschuldig der sechzigste "Geburtstag" des Grundgesetzes gefeiert. Zu einer wirklichen Demokratie gehört für mich: Entscheidungsprozesse sind transparent, man weiß, wer wofür verantwortlich ist, und die Verantwortlichen können, wenn sie Mist bauen, dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Erst recht, wenn sie öffentliche Gelder durch den Schornstein gejagt haben.
In diesem Falle: Wer gleich zweihundert Folgen in Auftrag gibt (noch dazu bei einer ARD-Tochterfirma, die es sich kaum leisten dürfte, der ARD gegenüber unerfüllbare Forderungen zu stellen), dem werden die Kosten für den Flop zumindest zum Teil vom Gehalt abgezogen. In eine der immer zahlreicheren Suppenküchen werden Herres und Konsorten deswegen schon nicht gehen müssen.icki am via tvforen.de
Ich verstehe Ihren Zorn, aber irren ist menschlich, und ich unterstelle den Planern und Machern der Serie zunächst einmal, dass sie inhaltlich und gestalterisch besten Wissens und Gewissens gehandelt haben.
Der Zuschauergeschmack ist eine heikle Sache und die mittlerweile allmächtige Marktforschung geht m.E. mit völlig untauglichen Mitteln dabei vor, fiktionale Programme auf ihre Erfolgsschancen zu testen.
Meines Erachtens wäre es - und da spreche ich in Ihrem Sinne - längst an der Zeit, das Öffentlich-rechtliche Fernsehen von Grund auf zu sanieren und diesen ganzen "Sendetochter"-Unfug, der durch die Hintertür das Profit-Verbot unterläuft, abzuschaffen: 200 Folgen würde kein Privatsender in Auftrag geben, weil das Risiko viel zu hoch ist, dass man am Zuschauer vorbeigeplant hat. Aber eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, und Mutti ZFD will natürlich, dass es den "Töchtern" gut geht.
Das kann - da gebe ich Ihnen vollkommen recht! - nicht im Sinne des Gebührenzahlers sein.
Mit besten Grüßen. iCKi