Interview mit Katrin Bauerfeind: „Ich bin quasi Marcel Proust 4.0!“

Über ihre neue „Leseshow“, Gleichberechtigung und die 3sat-Nische

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 03.11.2017, 12:00 Uhr

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Katrin BauerfeindZDF/​Klaus Weddig

fernsehserien.de: 3sat und Sie verbindet ja schon eine langjährige Zusammenarbeit, allerdings wurden Ihre beiden früheren Formate „Bauerfeind“ und „Bauerfeind assistiert“ inzwischen beendet. Warum eigentlich?

Katrin Bauerfeind: Das Schöne an der Zusammenarbeit mit 3sat ist ja, dass wir immer versuchen, uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Wir probieren gemeinsam Neues aus und wenn wir das Gefühl haben, dass es Zeit ist für eine Weiterentwicklung, dann denken wir uns eine neue Sendung aus. Gestartet bin ich als Moderatorin eines Popkulturmagazins, wo ich nur Texte in eine Kamera gesagt habe. Als das langweilig wurde, haben wir das Interview- und Porträtformat „Bauerfeind assistiert“ umgesetzt, und als gefühlt alle Fragen gestellt waren, war es Zeit für den nächsten Schritt und das ist „Bauerfeind – Die Leseshow“!

Sie waren einige Jahre Ensemble-Mitglied in der „Harald Schmidt Show“, doch die große eigene Bühne im deutschen Fernsehen blieb Ihnen bisher verwehrt, obwohl Sie schon seit Ihren Anfängen als Hoffnungsträgerin gelten. Fühlen Sie sich in der Nische als Kulturbeauftragte bei 3sat wohl oder würden Sie gerne mehr Mainstream-Luft auf großen Sendern schnuppern?

Katrin Bauerfeind: Ich würde jederzeit auch eine Show im ZDF-Hauptprogramm machen. Oder in einem anderen Hauptprogramm.

Mit Kolleginnen wie Jeannine Michaelsen und Carolin Kebekus sprach ich über das Thema Gleichberechtigung und der Unterrepräsentation von Frauen im Unterhaltungsfernsehen. Können Sie aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es schwieriger als Frau im Mediengeschäft ist, an interessante Projekte zu kommen, und Frauen generell härter beurteilt werden als Männer?

Katrin Bauerfeind (ZDF/​Jürgen Naber
Katrin Bauerfeind:

Meiner Erfahrung nach dürfen Frauen überall gern mitmachen. Man hat oft schon einen Vorteil, eben weil man eine Frau ist. Der Satz: „Wir brauchen auch noch eine Frau!“, fällt in deutschen Redaktionen nämlich noch erstaunlich oft. Dann bleibt man aber oft Quotenfrau. Wenn es um die großen Shows und die interessanten Sendeplätze geht, kleben die Männer da wie die Mücken im Fliegennetz. Offenbar traut man Frauen in dieser Hinsicht immer noch zu wenig zu. Die sollen eher nett aussehen, nett angezogen sein und nett in die Kamera lächeln. Gerade auch, wenn es um Personality-Sendungen geht, setzen die meisten Sender nach wie vor und ganz konservativ auf Männer. Da liegt die Schwierigkeit und das sollte sich dringend ändern.

Mit diesem Wunsch stehen Sie definitiv nicht allein da. Viel erfreulicher ist: Anfang des Monats sind Sie in den derzeit boomenden Podcast-Trend eingestiegen. „Frau Bauerfeind hat Fragen“ heißt Ihr neuer Podcast, der als „andere Talkshow“ beschrieben wird. Was erwartet die Hörer in dem Format?

Katrin Bauerfeind: Marcel Proust hat zweimal in seinem Leben einen Fragebogen beantwortet. Max Frisch hat sich einen ausgedacht. Aber beide waren Männer und das ist lange her und deswegen habe ich gedacht, es wird mal Zeit für einen neuen. Ich bin quasi Marcel Proust 4.0 mit neuen Fragen, die meine Gäste vorab bekommen und beantworten. Basierend darauf überlege ich mir Aktionen, Aufgaben und weiterführende Fragen. Der Fragebogen ist das Rückgrat der Sendung und am Ende werden wir hoffentlich auch hier wieder Dinge über die Gäste erfahren haben, die wir noch nicht wussten. Wir starteten mit Annette Frier und Leander Haußmann und ich fühle mich geehrt, dass die beiden gekommen sind.

Sie sind derzeit also wirklich wieder viel als Moderatorin im Einsatz. Doch darüber hinaus sind Sie auch Schauspielerin und Buchautorin. Stehen in diesen Bereichen demnächst neue Projekte an, über die Sie schon sprechen können?

Katrin Bauerfeind: Ja, mein Buch ist in den letzten Zügen und es erscheint im Frühjahr. Es geht um Liebe in all seinen Facetten. Viagra fürs Herz sozusagen und mein Gegenangebot gegen den grassierenden Hass da draußen. Dann wird es auch wieder eine Tour geben. Außerdem startet am 6. November die „Tatort“-Mini-Webserie „Lammerts Leichen“, in der ich mitspiele. Es gibt sechs Folgen und das wird sehr schräg, schwarzhumorig und lustig. Und wir drehen gerade die zweite Staffel von „You Are Wanted“ mit Matthias Schweighöfer.

In den vergangenen Monaten absolvierten Sie auch vereinzelt Stand-Up-Auftritte in Comedyformaten. Ist das ein Feld, in dem Sie künftig aktiver sein möchten?

Katrin Bauerfeind: Ja, ich liebe es, neue Sachen auszuprobieren. Da ich meine Texte jeden Abend auf der Bühne performe, lag es nahe, das eben auch einmal im Fernsehen auszuprobieren. Ich fand das ganz spannend, bin aber noch unschlüssig, ob es in der Richtung weitergehen soll.

Abschließend noch die obligatorische fernsehserien.de-Frage: Welche Formate oder Serien schauen Sie sich selbst gerne im Fernsehen an?

Katrin Bauerfeind: Ich schaue immer mal wieder, was die Kollegen machen, Carolin Kebekus, Jan Böhmermann, Joko und Klaas. Dann bin ich komischerweise in ein #teamtatort geraten, wo wir fünf Jahre nach dem Trend gemeinsam sonntags vor der Glotze sitzen. Ansonsten bin ich ja, wie alle, bei den Amis, viel Netflix und viel Mediathek.

Vielen Dank für das sympathische Gespräch und viel Erfolg für Ihre neuen Projekte!

„Bauerfeind – Die Leseshow“ startet am Sonntag, 5. November, um 21:00 Uhr bei 3sat. Die weiteren Folgen werden am 12. November und 3. Dezember (jeweils 21:00 Uhr) sowie am 30. Dezember um 22:30 Uhr gezeigt.

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Sie hat durchaus interessante Gäste, werde mir das mal anschauen. Nur sich als "Marcel Proust 4.0" zu bezeichnen aufgrund einer Fragebogen-Erstellung??? Da hat wohl die (Werbe-) Zusammenarbeit mit Herrn Schweighöfer abgefärbt :-)

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