Im vergangenen Oktober tagten die Ministerpräsidenten der Länder in Leipzig über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Neben dem Rundfunkbeitrag ging es dabei vor allem auch um eine umfangreiche Rundfunkreform. Das Angebot des ÖRR soll modernisiert und insbesondere verschlankt werden – auch im Hörfünk. Die aktuell 69 ARD-Hörfunkwellen sollen nach Ansicht der Konferenz auf 53 reduziert werden. Welche das sein sollen, liegt in der Eigenverantwortung der neun ARD-Rundfunkanstalten, ihren Gremien und den Gesetzgebern in den Bundesländern. Während sich die ARD offiziell noch bedeckt hält, hat sich die Nachrichtenagentur dpa bei den einzelnen Anstalten umgehört – und auch Antworten erhalten.
Auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober war bereits die Rede davon, dass vor allem Digitalangebote und Spartenkanäle geclustert und konsolidiert werden sollen. Und genau so wird es nun aller Voraussicht nach kommen: Streichungen soll es vor allem bei jenen Sendern geben, die ausschließlich digital über DAB+ und nicht über UKW verbreitet werden. Das ist insofern bitter, als dass es sich bei jenen Wellen vor allem um Genre- und Special-Interest-Kanäle abseits des Mainstreams handelt. Man wolle prüfen, welche Genres digital deutlich aufgewertet werden können, um ihre terrestrische Ausstrahlung im Gegenzug einzustellen.
Vom NDR-Angebot betrifft dies den Jazzsender NDR Blue, den Schlagersender NDR Schlager sowie den Sender NDR Info Spezial, der unter anderem einen ausführlichen Seewetterbericht für Seeleute bietet und zudem Bundestagsdebatten und Sportereignisse live überträgt. Die drei Digitalsender sollen voraussichtlich Ende 2026 wegfallen, während es die Programminhalte weiterhin geben soll – etwa in der ARD Audiothek.
Aus dem Hause MDR sind ebenfalls drei Digitalsender betroffen: MDR Klassik, MDR Schlagerwelt und MDR Tweens (für Kinder zwischen acht und 13 Jahren) sollen ab 2027 nicht mehr terrestrisch verbreitet werden. Auch hier ist angekündigt, dass es die Inhalte der drei Sender weiterhin geben soll – in welcher Form auch immer.
Das Maus-Radio des WDR soll künftig nur noch online verbreitet werden, während der Sender WDR Event den Streichungen voraussichtlich gänzlich zum Opfer fallen wird. Der Kanal überträgt Debatten aus dem Bundestag und dem NRW-Landtag sowie kulturelle Veranstaltungen und Fußballreportagen in voller Länge. Die Profile der jungen WDR-Wellen 1Live und 1Live Diggi sowie des interkulturellen Senders Cosmo sollen dagegen geschärft und aufeinander abgestimmt werden.
Anders verhält es sich bei den jungen Wellen des SWR, hr und SR: DasDing (SWR), You FM (hr), und UnserDing (SR) sollen künftig unter dem Leitgedanken „gemeinsam geiler“ zusammen veranstaltet werden. Wie das genau umgesetzt werden soll, bleibt abzuwarten. Eine vergleichbare Kooperation wird ab 2027 für die Informationssender SWR Aktuell und hr Info angestrebt. Der SR plant zudem eine Kooperation für das deutsch-französische Inforadio AntenneSaar.
Die Nachrichtenagentur dpa hat sich jetzt in den neun ARD-Anstalten umgehört und einige Antworten bekommen. So ist jetzt auch offiziell bekannt, dass die jungen Wellen DasDing (SWR), You FM (HR) und UnserDing (SR) perspektivisch gemeinsam veranstaltet werden sollen. Demnach sollen auch die Infowellen SWR Aktuell und HR Info ab 2027 kooperieren.
Keine Veränderungen oder Streichungen soll es nach aktuellem Stand im Radioangebot von rbb und Radio Bremen geben. Vom BR konnte die dpa noch keine spruchreifen Ergebnisse über bevorstehende Veränderungen einholen. Der neue Reformstaatsvertrag soll voraussichtlich am 1. Dezember in Kraft treten. Damit es dazu kommen kann, muss der Vertrag allerdings von allen 16 Bundesländern rechtzeitig ratifiziert werden.
Neben Einschnitten im Rundfunkangebot soll auch die Anzahl der öffentlich-rechtlichen TV-Sender reduziert werden. So wurde im Entwurf zum Reformstaatsvertrag auf der Ministerpräsidentenkonferenz einstimmig beschlossen, dass von den Sendern phoenix, tagesschau24, ARD alpha und ZDFinfo, die dem Bereich Nachrichten, Bildung und Information zugeordnet werden, nur noch zwei Kanäle bestehen bleiben sollen. Welche das sein werden, bleibt ARD und ZDF überlassen. Außerdem sollen drei Angebote erhalten bleiben, die sich in dem Bereich Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene betätigen. Aktuell gibt es KiKA, ZDFneo, One sowie das Online-Angebot funk. Welches dieser vier Angebote wegfällt, bestimmt ebenfalls der ÖRR selbst. Dass der Kinderkanal KiKA erhalten bleibt, ist aber ein klarer Wunsch der Ministerpräsidenten. Am logischsten wäre der Verzicht auf den ARD-Spartensender One, der schon seit Jahren auf der Kippe steht. arte soll zu einer europäischen Kulturplattform weiterentwickelt werden, in die womöglich künftig auch die kulturellen Angebote von 3sat integriert werden sollen.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
User 1220573 am
Wenn ONE wegfällt, wäre ich nicht begeistert. Da schaue ich mir immer die alten Folgen von „ Rote Rosen und „ Sturm der Liebe „ an. Die kann ich immer wieder sehen. Das wird mir nicht langweilig.
Holgario (geb. 1981) am
tagesschau24 und ZDFinfo können von mir aus gerne eingespart werden. Eventuelle exklusive Inhalte könnte Phoenix übernehmen. Wenn etwas wichtiges passiert, kommen ohnehin Nachrichten im Ersten oder im ZDF.
One und zdf_neo sind doch für viele die "jungen" Alternativen zum Ersten und ZDF. Diese Einzustellen halte ich persönlich für einen Fehler.
Fernsehschauer am
Also eigentlich kann phoenix eingestellt werden und die wenigen aktuellen Inhalte bei ts24 untergebracht werden, ts24 reagiert in Breaking-News Situationen eh besser als phoenix
Kommt es mir nur so vor, oder spielen die Freunde des deutschen Schlagers, sicher viele Rentner keine Rolle mehr?
Und was bedeutet "arte soll zu einer europäischen Kulturplattform weiterentwickelt werden"??
Torsten S am
Also, das mit One könnte ich auch nicht verstehen. Gegenüber dem angestaubten ARD ist One doch der Sender, der den Namen Spielfilmsender von Pro7 übernommen hat und eben tolle Filme und Serien zeigt! Da schalte selbst ich öfters mal gerne hin, da es auch mal frische neue und außergewöhnliche Ware gibt. Es gibt mittlerweile soviele Drittprogramme die sicherlich alle nicht wirklich gute Quoten holen, bei dem, was dort gezeigt wird. Da kann man sehr gut Einsparen und keiner, würde diese Programme vermissen. Daraus einen Sender der alles vereint zu machen, wäre die Beste Idee. Und bei den gefühlten hunderten von Radiosendern, da kann ich Löschungen nachvollziehen.
Eine Einstellung von One wäre das mit Abstand dümmste, was man machen könnte. Immerhin bietet das Programm jede Menge Serien wahlweise auch mit dem fremdsprachigen Originalton an, was man bei den ach so tollen kommerziellen Anbietern in Deutschland bis heute nicht auf die Reihe bekommt. Es scheint sich - zumindest in Deutschland - um eine rein öffentlich-rechtliche Domäne zu handeln. Wenn man unbedingt etwas streichen will, dann sollte Funk entfallen, ein im Grunde genommen überflüssiges Angebot, das in der öffentlichen Wahrnehmung schlicht nicht existiert.
Scotty1978 schrieb: ------------------------------------------------------- > Mit One gebe ich dir Recht. Das wäre echt ein > Verlust.
Naja, so belanglos wie leider in vielem das Programm von "One" mittlerweile geworden ist, ist das halt tatsächlich die Frage, ob das wirklich noch ein Verlust wäre. Klar laufen 2-3 alte US-Serien dort und mal hier und da noch irgendwas aus dem ARD-Archiv, aber lange nicht mehr so viel wie noch vor einigen Jahren. Dafür auch massig "Sturm der Liebe", "Rote Rosen", "WAPO Bodensee", "In aller Freundschaft" und andere ARD-Serien, die auch auf genug übrigen Sendern laufen. Im Endeffekt fände ich es immer noch besser, aus One und ZDFneo einen Gemeinschaftssender zu machen, wo man alles Belanglose und auch auf anderen Sendern vorhandene dann rausstreicht und dann wirklich so eine Art fiktionalen Kanal mit Retro-Anstrich oder noch dem ein oder anderen neuen Format macht. Also quasi so ne Mischung aus dem noch interessanteren One, ZDFneo ohne die ganzen Terra-X-Dokus usw. und dem damaligen ZDFkultur. Aber das wird wohl so leider nie kommen.