Bei uns heisst sie Hanka
90 Min.
Herkunft, Muttersprache, Zugehörigkeit – in ihrem neuen Film beschäftigt sich Regisseurin und Autorin Grit Lemke wieder mit verdrängten und tabuisierten Aspekten (ost)deutscher und europäischer Identität und Geschichte. Nach dem Grimme-Preis nominierten Film „Gundermann Revier“ und dem SPIEGEL-Bestseller „Kinder von Hoy“ wendet sie sich mit „Bei uns heisst sie Hanka“ dem kleinsten slawischen Volk, den in der Lausitz lebenden Sorben zu. Nach jahrhundertelangem Assimilierungsdruck, dem Verbot der Sprache im Kaiserreich und im Nationalsozialismus, nach der bis heute andauernden Abbaggerung sorbischer Dörfer durch den Braunkohletagebau und unausgesetzter Stigmatisierung sind die sorbische Sprache und Kultur heute in Teilen der Lausitz weitgehend verschwunden und generell stark gefährdet.
Aber eine neue Generation ist nicht länger gewillt, das hinzunehmen. Ausgehend von der eigenen Familiengeschichte begibt sich die Regisseurin auf eine persönliche Suche nach Spuren von Kolonialisierung und Germanisierung, aber auch nach trotziger Selbstbehauptung. Dabei begegnet sie Menschen, die sich auf verschiedene Art mit ihrer sorbischen Identität auseinandersetzen: Anna-Rosina wird zur sorbischen Hanka, indem sie Teil einer sorbischen Familie wird und ihre Wurzeln wiederentdeckt.
Ihr Partner Ignac setzt sich als Mitglied einer selbstbewussten neuen Bewegung für Selbstbestimmung und die Anerkennung als indigenes Volk ein. Petra stellt sich dem Trauma von Heimat- und Sprachverlust, während ihre Eltern sich an den Zwang, deutsch zu sein, erinnern. Die junge Künstlerin Hella definiert Sorbisch-Sein neu: als alternativ, antifaschistisch und feministisch.
Der Ex-Hooligan Měto änderte sein Leben, nachdem er seine sorbischen Wurzeln entdeckte. Sein Großvater hingegen, der als Kind für das Sorbisch-Sprechen noch geschlagen wurde, versinkt langsam in der Demenz. Der sorbische Nationaldichter Jurij Koch spricht vom Überleben allen Widrigkeiten zum Trotz. Und Ginter, dessen Eltern in den 1930er Jahren noch den „Ariernachweis“ erbringen mussten und ihn deutsch aufzogen, hinterfragt im Alter seine Identität. Während in Cottbus sorbische Straßenschilder geschändet werden und sich entwurzelte Menschen unter dem Banner des rechtspopulistischen Vereins „Zukunft Heimat“ versammeln … In diesem Film geht es nicht um die Darstellung einer vermeintlichen Minderheit, sondern um die Frage: Was macht uns zu denen, die wir sind? Und was macht es mit uns, wenn wir genau das verlieren? Was auf dem Spiel steht, wird in einer großen Kinoerzählung sinnlich erfahrbar.
Spektakulär ist der eigens für den Film produzierte Score der in Leipzig lebenden sorbischen Jazzmusikerin Walburga Wałdźic/Walde, die gemeinsam mit der polnischen Violinistin Izabela Kałduńska und einem Projektchor sorbische Volkslieder neu arrangiert und elektronisch-experimental verfremdet hat.
Wie in „Gundermann Revier“ spricht auch hier die Landschaft selbst mittels tableau-artiger metaphorischer Bilder – wiederum fotografiert von Uwe Mann – und tritt in den Dialog mit poetischen Reflexionen der Ich-Erzählerin. Der erste Kinofilm über, mit und von Sorb*innen. Ein Film über einen Osten, der dem Westen fremd geblieben ist. Ein Film, der Fragen aufwirft, denen wir uns stellen müssen. (Text: MDR)
Aber eine neue Generation ist nicht länger gewillt, das hinzunehmen. Ausgehend von der eigenen Familiengeschichte begibt sich die Regisseurin auf eine persönliche Suche nach Spuren von Kolonialisierung und Germanisierung, aber auch nach trotziger Selbstbehauptung. Dabei begegnet sie Menschen, die sich auf verschiedene Art mit ihrer sorbischen Identität auseinandersetzen: Anna-Rosina wird zur sorbischen Hanka, indem sie Teil einer sorbischen Familie wird und ihre Wurzeln wiederentdeckt.
Ihr Partner Ignac setzt sich als Mitglied einer selbstbewussten neuen Bewegung für Selbstbestimmung und die Anerkennung als indigenes Volk ein. Petra stellt sich dem Trauma von Heimat- und Sprachverlust, während ihre Eltern sich an den Zwang, deutsch zu sein, erinnern. Die junge Künstlerin Hella definiert Sorbisch-Sein neu: als alternativ, antifaschistisch und feministisch.
Der Ex-Hooligan Měto änderte sein Leben, nachdem er seine sorbischen Wurzeln entdeckte. Sein Großvater hingegen, der als Kind für das Sorbisch-Sprechen noch geschlagen wurde, versinkt langsam in der Demenz. Der sorbische Nationaldichter Jurij Koch spricht vom Überleben allen Widrigkeiten zum Trotz. Und Ginter, dessen Eltern in den 1930er Jahren noch den „Ariernachweis“ erbringen mussten und ihn deutsch aufzogen, hinterfragt im Alter seine Identität. Während in Cottbus sorbische Straßenschilder geschändet werden und sich entwurzelte Menschen unter dem Banner des rechtspopulistischen Vereins „Zukunft Heimat“ versammeln … In diesem Film geht es nicht um die Darstellung einer vermeintlichen Minderheit, sondern um die Frage: Was macht uns zu denen, die wir sind? Und was macht es mit uns, wenn wir genau das verlieren? Was auf dem Spiel steht, wird in einer großen Kinoerzählung sinnlich erfahrbar.
Spektakulär ist der eigens für den Film produzierte Score der in Leipzig lebenden sorbischen Jazzmusikerin Walburga Wałdźic/Walde, die gemeinsam mit der polnischen Violinistin Izabela Kałduńska und einem Projektchor sorbische Volkslieder neu arrangiert und elektronisch-experimental verfremdet hat.
Wie in „Gundermann Revier“ spricht auch hier die Landschaft selbst mittels tableau-artiger metaphorischer Bilder – wiederum fotografiert von Uwe Mann – und tritt in den Dialog mit poetischen Reflexionen der Ich-Erzählerin. Der erste Kinofilm über, mit und von Sorb*innen. Ein Film über einen Osten, der dem Westen fremd geblieben ist. Ein Film, der Fragen aufwirft, denen wir uns stellen müssen. (Text: MDR)
Cast & Crew
Kamera: Uwe Mann
Drehbuch: Grit Lemke
Musik: Walburga Waldzic
Schnitt: Sven Kulik
Regie: Grit Lemke
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