Feuerwerk am helllichten Tage

Die nordchinesische Provinz im Jahr 2004. Zhang Zili war Kriminalbeamter, wurde im Dienst angeschossen und versackte daraufhin in einem persönlichen Abgrund. Innert weniger Jahre ist der stramme Beamte völlig aus dem Leim gegangen, zum Brotjob als Sicherheitsmann in einer der zahlreichen Kohlefabriken pflegt Zhang nun alkoholisiert zu erscheinen. Einziges Bindeglied zum alten Leben ist Zhangs ehemaliger Kollege, der im Polizeidienst verblieben ist. Dieser erinnert ihn mit einer makaberen Geschichte an seinen letzten, ungelösten Fall – und erweckt damit Zhangs Spürsinn.

Zerstückelte Teile eines Mannes sind an mehreren Orten in der Provinz aufgetaucht. Zum dritten Mal bereits ist somit ein mit der hübschen, unnahbaren Wu Zhizhen (Lun-Mei Kwei) liierter Mann einem Mörder zum Opfer gefallen, der diese zerteilt und diese Glieder weit verstreut. Als Kunde in ihrer Wäscherei geht Zhang auf Tuchfühlung mit der Frau, die auf Männer eine tödliche Anziehungskraft ausübt, und setzt sein eigenes Leben aufs Spiel, um hinter ihr Geheimnis zu kommen.

Dass 2014 am Filmfestival von Berlin ein Film noir prämiert wurde, erstaunt weniger als dass mit Yi’nan Diao ausgerechnet ein chinesischer Filmemacher in diesem Genre solche Gewandtheit bewiesen hat. Als wäre sie Veronica Lake, Hollywoodstar der 1940er-Jahre, sitzt Lun-Mei Kwei als Spinne im Netz ihrer Wäscherei, und der ebenfalls in Berlin ausgezeichnete Fan Liao scheint nichts von der Gefahr zu ahnen. Yi’nan Diaos Film erschöpft sich jedoch nicht in Zitaten, sondern bildet die gesellschaftlichen Verhältnisse des heutigen China ab und findet dafür überraschende Bilder.

Auch Kritik am System ist in «Feuerwerk am helllichten Tage» (internationaler Titel: «Black Coal, Thin Ice») zu finden, jedoch weit unterschwelliger als zuletzt in Jia Zhangkes Thriller «A Touch of Sin», der vor Jahresfrist ebenfalls auf SRF 1 als filmische «Delikatesse» zu sehen war. Die «Wochenzeitung» dichtete stimmig: «Wie es sich für einen unterkühlten Noir gehört, zeichnet ‚Black Coal, Thin Ice‘ auch das Profil einer maroden Gesellschaft. Und hinter allen kriminalistischen Verwicklungen glimmt hier eine grosse, ungeheuerliche Liebesgeschichte aus einer Welt, wo ein teurer Mantel mehr wert ist als der Körper einer Frau.» (Text: SRF)