Dokumentation in 3 Teilen, Folge 1–3

  • Folge 1 (50 Min.)
    Jesus lebt, und das Christentum ist in vollem Aufschwung. Diese Wiederauferstehung ist nicht den sogenannten „historischen“ Konfessionen – katholisch, evangelisch, orthodox – zu verdanken, sondern den Evangelikalen. Laut Schätzungen werden 2025 über 800 Millionen Menschen dieser Strömung angehören. Die christliche Erneuerungsbewegung hat sie über alle Kontinente hinweg binnen weniger Jahrzehnte bis an die Spitze der Macht gebracht. Wie ist es den Evangelikalen gelungen, ihre neue moralische Ordnung durchzusetzen und überall dort, wo sie an die Regierung kommen, die Trennung von Geistlichem und Weltlichem, von Religion und Politik in Frage zu stellen? Wie lässt sich dieser ultrakonservative Umschwung erklären? Am Anfang war Billy Graham.
    Mitten im Kalten Krieg faszinierte der charismatische Prediger die Massen auf der ganzen Welt ebenso wie die herrschenden Eliten in Washington. Er wurde zum „Papst“ der Evangelikalen und verhalf dieser neuen christlichen Bewegung zu einem enormen Aufschwung. Auf seinen Reisen um den Globus füllte er ganze Stadien, wandte sich in einfachen Worten an die Neubekehrten und brachte so eine Missionierungsdynamik in Gang, die immer mehr Menschen dazu bewegte, sich in den Dienst Gottes zu stellen.
    Bald wimmelte es auf allen Kontinenten nur so von Megachurches, und von Korea über Nigeria bis Brasilien ernteten neue religiöse Führer erfolgreich, was Billy Graham gesät hatte – und gaben ihrem spirituellen Kampf eine noch radikalere Ausrichtung. Die Evangelikalen zählen nicht nur zu den dynamischsten Strömungen des zeitgenössischen Christentums, sie sind auch eine mächtige politisch-religiöse Bewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, jede Entwicklung zu bekämpfen, die eine Gefahr für die gesellschaftliche Vormacht der sogenannten „jüdisch-christlichen“ Kultur darstellen könnte.
    Aus diesem Grund lehnen sie Abtreibung, Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen und Islam vehement ab und bestreiten die Evolutionstheorie ebenso wie die Existenz des Klimawandels. Im Ergebnis verhalf die Christliche Rechte mit Unterstützung ihrer evangelikalen Gefolgschaft Gestalten wie Donald Trump in den USA und Jair Bolsonaro in Brasilien zur Macht, die zwar zwielichtige Machenschaften verfolgten, aber im Namen Gottes regieren wollten. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.04.2023arteDeutsche Online-PremiereDi 28.03.2023arte.tv
  • Folge 2 (55 Min.)
    In den 1970er Jahren ebnete die steile Karriere von Billy Graham den Weg für weitere, noch extremere TV-Missionare wie Jerry Falwell oder Francis Schaeffer. Dank dieser Star-Prediger gingen Gott, Medien und Politik nun Hand in Hand. Obwohl Billy Graham mit der Starrheit der Christlichen Rechten fremdelte, wuchs deren Einfluss. In den 1980er Jahren radikalisierte sich der Diskurs um die Wahrung der familiären Werte weiter und verhalf Ronald Reagan ins Weiße Haus. Auch die „Sünde“ der Abtreibung sorgte für eine Polarisierung der Gesellschaft – oder zumindest trugen die Evangelikalen massiv dazu bei, diesen Eindruck zu erwecken.
    Bisher unveröffentlichte Archivbilder und Interviews mit evangelikalen Aussteigern veranschaulichen diesen Wendepunkt in der Geschichte der Bewegung, dessen ideologische Auswirkungen heute mehr denn zu spüren sind. Sie verdeutlichen nicht nur den Ursprung der von den Evangelikalen propagierten Morallehre, sondern vermitteln auch einen Eindruck von den Lobby-Methoden, mit denen sowohl um Seelen als auch um Wählerstimmen gekämpft wird. Nach den Wahlsiegen von Trump und Bolsonaro hat die evangelikale Lobbyarbeit spektakuläre Ausmaße angenommen.
    Vor allem in Brasilien, das lange Zeit als größte katholische Nation der Welt galt, verblüfft der Siegeszug des Evangelikalismus, der dort in den vergangene 30 Jahren rasanten Zulauf erlebt hat. 2022 stellten die Abgeordneten der Evangelischen Parlamentarischen Front (FPE) sogar 35 % der Sitze im brasilianischen Nationalkongress. Vor allem die Ärmsten der Armen wenden sich ihrer Kirche zu, die ihnen Nahrung, medizinische Versorgung, Zugang zu Bildung und – mit Gottes Hilfe – Wohlstand verspricht. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.04.2023arteDeutsche Online-PremiereDi 28.03.2023arte.tv
  • Folge 3 (70 Min.)
    Am 6. Januar 2021 stürmte ein aufgeheizter Mob das Washingtoner Kapitol, drang in das Repräsentantenhaus ein und betete. Die Bilder schockierten Beobachter auf der ganzen Welt, waren aber die Konsequenz einer extrem polarisierten Stimmung, die Donald Trump im Verlauf seiner Präsidentschaft geschürt hatte. Nie zuvor war die Verbindung zwischen Religion und Politik so offensichtlich wie in seiner Amtszeit, in der sich ein christlicher Nationalismus ungebremst entfalten konnte. In den vier Jahren der Trump-Regierung verschärften die von ihm unter evangelikalem Einfluss getroffenen Entscheidungen die Spannungen und Verwerfungen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft.
    Nur wenige Monate nach seinem Einzug ins Weiße Haus erkannte Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels an. Dieser symbolträchtige Schritt war das Ergebnis geheimer Verhandlungen seiner evangelikalen Ratgeber und verlieh dem Präsidenten eine fast biblische Statur. Der radikalste Teil seiner Wählerschaft stützt sich auf eine „Prophezeiung“ aus der Heiligen Schrift und ist fest von einer baldigen Rückkehr Christi überzeugt – im Heiligen Land! Diese messianische Hoffnung lässt die palästinensische Frage völlig außer Acht und setzt auf eine massive Finanzierung der israelischen Siedler, die sich die Gunst der Stunde zunutze machen.
    Was diese Umtriebe so beunruhigend macht, ist ihr Schauplatz, der seit Jahrzehnten als Pulverfass gilt. 2021 rang sich die von der Entwicklung offenbar überforderte Weltweite Evangelische Allianz dazu durch, den Aufstieg des christlichen Nationalismus und den Schulterschluss mit rechtsextremen Parteien zu verurteilen. Was jedoch den Wertekanon angeht, bleibt das Erbe Trumps und seiner evangelikalen Gefolgschaft besorgniserregend.
    Während ein Teil seiner Wähler sich – abgeschreckt durch diverse Auswüchse – von ihm abgewandt hat, haben viele noch immer Vertrauen in seinen ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence. Als „evangelikaler Thronfolger“ im Weißen Haus kann er sich Chancen für 2024 ausrechnen und bandelt bereits heimlich mit der extremen Rechten in Europa an. Vor allem aber wurden drei ultrakonservative Richter am Obersten Gerichtshof der USA ernannt. Dies führte bereits dazu, dass das Recht auf Abtreibung gekippt wurde, und lässt mit Blick auf die Zukunft das Schlimmste befürchten. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.04.2023arteDeutsche Online-PremiereDi 28.03.2023arte.tv

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