Serienpreview: „Dallas“ – Review

J.R. gehört noch längst nicht ins Altersheim – von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 15.06.2012, 09:53 Uhr

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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Wie sein Vater J.R. will auch John Ross sein Geld mit Öl verdienen

Das Ensemble

Die Familie Ewing, jung und alt vereint – wie sich schnell zeigt, ist das eine unschlagbare Kombination. Josh Henderson und Jesse Metcalfe erweisen sich als die Idealbesetzungen für John Ross und Christopher und knüpfen im Schauspiel bewusst oder unbewusst an die einstigen Kinderdarsteller im Original an. Die beiden sind als ältere Versionen jener Charaktere genauso glaubwürdig wie Larry Hagman, Patrick Duffy und die nach wie vor wunderschöne und elegante Linda Gray. Die Weiterentwicklung von Sue Ellen zur erfolgreichen und einflussreichen Geschäftsfrau hatte bereits in den letzten Staffeln der 1980er Jahre begonnen. Ihr Aufstieg zur Gouverneurs-Kandidatin ist da nur folgerichtig.

Hagmans bissiger Charme setzt noch immer den Bildschirm in Brand, wobei J.R. in einigen genialen Szenen nun sogar sein fortgeschrittenes Alter als Mittel der Manipulation einsetzt. Duffy harmoniert als Bobby wunderbar mit seiner neuen Frau Ann und Brenda Strong bringt die perfekte Mischung zwischen Schrotflinten-Power und Einfühlsamkeit mit auf die Ranch – sie ist quasi die moderne Version von Miss Ellie. Äußerst starke Präsenz beweist auch Jordana Brewster als Elena, zielstrebig und dennoch hin- und her gerissen zwischen John Ross und Christopher. Dass sie auch ohne die beiden Jungs ihren Weg machen könnte, ist ganz klar. „Dallas“-Frauen als Anhängsel? Das ist Geschichte.

Julie Gonzalo bleibt zwar als Christophers Frau Rebecca im Piloten noch ein bisschen blass, doch bereits in der zweiten Folge wird die Figur von einer neuen, überraschenden Facette beleuchtet, die noch reichlich Erzählstoff bieten wird. Insgesamt haben die ersten beiden Episoden bewiesen, dass der Einkauf von drei „Desperate Housewives“-Veteranen (Strong, Metcalfe und Henderson) nicht nur das Zufriedenstellen von Soap-Fans zum Ziel hatte. Im Gegenteil: Mit einem derart starken Ensemble und den klar gezeichneten Figuren ist „Dallas“ äußerst gut für die Zukunft gerüstet.

Buch und Regie

Es war sicher eine gute Entscheidung von TNT, die beiden ersten Episoden von „Dallas“ gemeinsam auszustrahlen. Im Piloten wird von Autorin und Produzentin Cynthia Cidre zwar gleich ein sehr hohes Erzähltempo vorgelegt. Doch ist der Erzählfluss von Szene zu Szene noch ein wenig holprig. In der zweiten Episode verbessert sich dies deutlich. Man hat als Zuschauer noch mehr Zeit, die Figuren in Ruhe kennen zu lernen und auch humorvolle Einlagen entspannter zu genießen. Für reichlich Spannung ist dabei ebenfalls gesorgt. Sollte sich die Qualität weiter entsprechend steigern, werden wir nach zehn Episoden auf eine exzellente erste Staffel zurückblicken können.

Notalgiker kommen ebenfalls auf ihre Kosten und dies nicht nur beim Gastauftritt von Charlene Tilton (Lucy) und Steve Kanaly (Ray) während Christophers Hochzeit. Das Highlight ist sicher das Wiedersehen von J.R. und Sue Ellen auf einem Wohltätigkeitsball. Dass er sie auch nach all den Jahren noch immer liebt ist, daran bestehen keine Zweifel.

Regisseur Michael M. Robin („The Closer“) schafft einen wirkungsvollen Look für ein modernes „Dallas“„, dem aber dennoch ein Tick mehr Epos gut tun würde. Zwar gibt es im Piloten bereits einige beeindruckende Außenaufnahmen von Southfork und der Metropole zu sehen. Diese Blicke noch einen Tick länger genießen zu können, wäre angesichts ihrer Schönheit aber die perfekte Abrundung. Das Gleiche gilt für die Sets. Das umgebaute Innere von Southfork ist beeindruckend, lässt sich angesichts zahlreicher, sehr schnell eingesetzter Close-ups bislang jedoch nur unter Vorbehalt wirklich genießen. Gerade das Gemälde von Miss Ellie und Jock hätte im Piloten einen prominenteren Platz im Hintergrund verdient gehabt.

Fazit

Bereits die ersten beiden Folgen von „Dallas“ erreichen das, wofür das Original noch heute legendär ist: Man will unbedingt wissen, wie es in der nächsten Woche weitergeht. Dabei wird ein rasantes und modernes Erzähltempo vorgelegt und so die verkürzte Episodenzahl einer Kabelserie perfekt ausgenutzt. Angesichts dessen möchte man gar nicht erst versuchen, zu erraten, wo die verschiedenen Handlungsstränge am Ende der ersten Staffel angekommen sein könnten. Eine besondere Stärke von Cynthia Cidres Büchern besteht auch darin, dass bislang keine einzige der zahlreichen Handlungsbögen langweilt oder aus dem Rahmen fällt. Selbst in den besten Zeiten klassischer Primetime-Soaps war dies stets eine Seltenheit.

Fans der ersten Stunde werden sich hier ebenso zu Hause fühlen wie Neulinge, die Southfork und die Ewings zum ersten Mal entdecken. Letztendlich stellt sich gar nicht mehr die Frage von der Mischung zwischen alten und jungen Darstellern. Die Ewings sind in der Fortsetzung als Familie nach wie vor eine Einheit, die dort in Texas die letzten 20 Jahre miteinander verbracht hat. Wir haben dabei nur eine Weile lang nicht zugesehen! Wenn nun Regiearbeit und Optik noch ein wenig perfektioniert werden, ist „Dallas“ wieder das, was es in seinen besten Zeiten immer war – spannende, wöchentliche Unterhaltung in texanischer Größe.

Meine Wertung: 4,5/​5

Ein Überblick über die Hauptfiguren sowie Videomaterial ist hier zu finden:

„Dallas“: Ein Mythos kehrt zurück

Ralf Döbele/​wunschliste.de
© Alle Bilder: Turner Broadcasting System, Inc.

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Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

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