Prosit, „Vorsicht, Falle!“

Vor 60 Jahren warnte Eduard Zimmermann im ZDF erstmals vor Gauner-Tricks

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 24.03.2024, 10:00 Uhr

„Vorsicht Falle“ im Gewand der 1970er (l.) und 1980er Jahre (r.).

Die in den ersten Ausgaben von „Vorsicht, Falle!“ behandelten Maschen wirken aus heutiger Sicht kurios. Da gab es die Vertreter-Kolonne, die ahnungslosen Bauern überteuerte Melkmaschinen andrehte (August 1964). Eine mit den Fingern des Betrügers verdeckte Zahl führt nach getätigter Unterschrift zur Auslieferung von 5.000 Rollen Toilettenpapier (August 1966). Und Gaststättenbesitzer sollten für vermeintlich populäre Würstchenautomaten überhöhte Kautionen abdrücken (Juni 1965).

Viel erstaunlicher ist aus heutiger Sicht aber, dass viele der Gaunerstücke durch Tricks funktionierten, die inzwischen viel stärker im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft präsent sind, als sie es offensichtlich damals waren: Man soll keine Geschäfte an der Haustür abwickeln, nie sollte man ein Dokument unterschreiben, ohne es zuvor auch gründlich gelesen zu haben, und vermeintlichen Amtspersonen, die unangekündigt auf der Matte stehen und Gebühren verlangen, sollte man ohnehin misstrauen und sich erst einmal den Ausweis zeigen lassen. Die konstante Wiederholung solcher Maximen in den ersten Jahren der Sendung zeigt, dass all diese Ratschläge damals keinesfalls so selbstverständlich waren wie heute. So überrascht es auch kaum, dass „Vorsicht, Falle!“ bereits kurz nach dem Start mit dem Grimme-Preis und der Goldenen Kamera ausgezeichnet wurde.

Dennoch wurde die Sendung in den ersten zwei Jahrzehnten lediglich viermal im Jahr ausgestrahlt. An Material mangelte es Eduard Zimmermann sicher nicht, schließlich basierten viele der Einspielfilme auf den Erfahrungen von Zuschauern. Andere wurden Zimmermann durch die Polizei zugetragen, auf deren Bedürfnisse der Journalist ohnehin, wenn möglich, einging. So enthielten „Vorsicht, Falle!“-Sendungen in den Jahren 1965 bis 1967 bereits erste Fahndungen nach namentlich gesuchten Betrügern. Aus dem Bedürfnis der Kriminalpolizei, mit einem Schlag ein Millionenpublikum und damit eine große Zahl potenzieller Zeugen zu erreichen, entstand bei Zimmermann schließlich die Idee zu jenem Kultklassiker, der noch immer eine der erfolgreichsten Sendungen des ZDF ist: „Aktenzeichen XY … Ungelöst“.
Vorbeugung mit gewissem Extra: Abzocke beim Hütchenspiel (l.) und Anrufen bei David Hasselhoff (r.) ZDF/​Screenshot

Über die Jahrzehnte hinweg ist zu beobachten, wie einige Maschen, wie der Betrug mit Heimarbeit und horrenden Vorschüssen, die man als Arbeitnehmer für Arbeitsmaterialien zahlen musste, oder durch falsche Amtspersonen sich zwar stets modernisierten, im Kern aber ähnlich blieben. Allerdings gab es auch Betrügereien, die stark vom Zeitgeist geprägt waren – wie der Verkauf vermeintlicher Anti-Strahlungs-Mittel für den eigenen Garten nach der Tschernobyl-Katastrophe im Sommer 1986. Mitten ins Herz der Teenager-Liebe zielte im Januar 1992 ein Betrug per Telefon. Über Anzeigen in Zeitschriften wie Bravo oder Pop-Rocky wurden Teenager aufgerufen, doch bei ihren Lieblingsstars anzurufen – leider handelte es sich dabei um eine australische Nummer und so schossen die Telefonrechnungen Eltern in die Höhe. David Hasselhoff warnte sogar persönlich in einer Ausgabe von „Vorsicht, Falle!“ vor dieser Geldmacherei mit seinem guten Namen.

Die Einrichtung des „Vorsicht, Falle!“-Studios war in den ersten zwei Jahrzehnten recht unspektakulär, glich mit einem hölzernen Schreibtisch und den an einer Schauwand angebrachten Fotos der abstrakten Version eines Kriminal-Büros. Deutlich moderner wirkte diese Einrichtung dann urplötzlich, als man bei den Farbsendungen für dieses Setting einen blass-türkisen Hintergrund wählte. Doch bereits 1974 wurde die Sendung von der damaligen Corporate Identity des ZDF eingeholt. Wie bei zahlreichen Sendungen der damaligen Zeit war Zimmermanns neues Studio geprägt von der Farbe Beige. Als Einrichtung blieben lediglich ein Schreibtisch und eine Leinwand übrig, mit der die Filme angekündigt wurden.

Das blaue Kult-Studio lebt weiter – dank Gernot Hassknecht und der „heute-show“, wo mitunter vor Verpackungen mit weniger Inhalt gewarnt wird. ZDF/​Hermann Roth/​Screenshot

Geradezu ein Quantensprung war da jene Studiodekoration, mit der die meisten Zuschauer wohl heute noch die Sendung verbinden. Ab 1984 wurde „Vorsicht, Falle!“ sechsmal im Jahr ausgestrahlt und fortan präsentierte Eduard Zimmermann die Sendung im Stehen vor zwei blauen Deko-Wänden, auf denen sich das Mantra „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ dutzendfach wiederholte. Der Moderationstisch war gläsern und modern, doch das Herzstück der Einrichtung war das neu geschaffene, runde „Vorsicht, Falle!“-Logo. Dessen 3D-Version wurde von Zimmermann gerne benutzt, um sich während der Abmoderation einmal gemütlich anzulehnen. Der neue Vorspann mit schnellerer Musik kam in knalligem Türkis daher und entsprach in der Ästhetik den damals populären Amiga-Computerspielen. Selbst in der „heute-show“ nutzten Oliver Welke und Gernot Hassnknecht bereits mehrfach dieses kultige Dekor. Allerdings warnten die beiden vor „Neppern, Schleppern und Schuldenmachern“ wie der Commerzbank oder korrupten Politikern.

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