Staffel 4, Folge 1–4

Staffel 4 von „Hundert Meisterwerke und ihre Geheimnisse“ startete am 27.01.2019 bei arte.
  • Staffel 4, Folge 1 (26 Min.)
    Rund vierzig Jahre lang malte Domenico Tiepolo in seiner Familienvilla in Zianigo bei Venedig in völliger Freiheit an einer erstaunlichen Freskenserie. Seine letzten Bilder aus der Zeit kurz vor der Ankunft Napoleons zeigen Pulcinella, die berühmte Figur des süditalienischen Volkstheaters und der Commedia dell’arte. Venedig galt damals als „Stadt der Sünde“; Besucher strömten aus dem ganzen Land herbei, um die köstlich freie Atmosphäre zu genießen und sich fleischlichen Gelüsten hinzugeben. Der sechsmonatige Karneval gab Gelegenheit zu Maskenspielen, bei denen jeder inkognito blieb … Für die Venezianer war das auch eine Art und Weise, die langen Kriegsjahre zu vergessen und sich darüber hinwegzutäuschen, dass Venedig längst keine florierende Handelsmacht mehr war.
    Statt fremde Häfen zu erobern, schmiegte sich die Republik nun in die vermeintliche Sicherheit ihrer Lagune, in der tausende Pfahlbauten sie vor der Invasion der Barbaren schützen sollte. Während Spanier und Portugiesen zur neuen Welt aufbrachen, betrieb Venedig konzentriert Nabelschau und verschloss sich gegen Fortschritt und Modernität. Man vergaß den Kommerz und frönte der Kunst; die ganze Stadt schwelgte in Musik und Tanz, drehte sich zu den Gesängen der Gondoliere und der göttlichen Geige des Antonio Vivaldi.
    Dann holte Napoleon Bonaparte die Republik abrupt in die Realität zurück. In seinem Binnenexil porträtierte Domenico Tiepolo das tägliche Leben mit Zärtlichkeit und Ironie. Wie Pulcinella tröstete er sich durchs Schwelgen in Sorglosigkeit und vergangenem Glück über die allgegenwärtige Existenzangst hinweg. Seine Akrobaten halten, wie Venedig, die Balance zwischen dem alten Europe und der noch unbekannten Moderne. Ein kurzer Moment der Schwerelosigkeit … (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.02.2019arte
    deutsche Erstausstrahlung ursprünglich für den 07.10.2018 angekündigt
  • Staffel 4, Folge 2 (26 Min.)
    Die Französische Revolution 1789 läutete in Frankreich eine Zeit des Wechsels zwischen Monarchie, Kaiserreich und Republik ein. 1870 wurde die Pariser Bevölkerung von der preußischen Armee belagert, ein Jahr später dann von der französischen Armee, als sich das Volk mit der Pariser Kommune gegen seine Regierung auflehnte. Auf das Elend der Restriktionen folgte die Gewalt der Repression. Nach dem Ende der Konflikte begannen einige Künstler dank neuer Materialien im Freien zu malen: die Impressionisten. Mit der neuen Darstellung des Lichts und Motiven aus dem Alltagsleben konnten sie Publikum und Kritiker zunächst allerdings nicht überzeugen und blieben auf sich gestellt.
    Pierre-Auguste Renoir zeigte seinen Freunden in Montmartre eine auf großer Leinwand verewigte Momentaufnahme der ausgebeuteten Arbeiter, mittellosen Künstler und geächteten Prostituierten, die sich sonntags zum Tanz beim „Bal du moulin de la Galette“ trafen, um für einen Augenblick ihre Lage zu vergessen. Auf der Anhöhe über der Stadt der Lichter, die bald zur wichtigsten Hauptstadt der Welt aufsteigen sollte, herrscht eine strahlende Fröhlichkeit, eine lebendige Kraft der Menschen am Rand der Gesellschaft, die Renoir im Spiel des Lichts auf der Kleidung, den heiteren Gesichtern und dem Leuchten eines farbenfrohen Nachmittags zum Ausdruck bringt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 27.01.2019arte
  • Staffel 4, Folge 3 (26 Min.)
    Der Sklavenhandel war bereits im Mittelalter verbreitet, doch zu Beginn des 16. Jahrhunderts nahm die Praxis mit der Verschiffung von Afrikanern und ihrer Versklavung durch die Europäer auf den amerikanischen Plantagen bisher unbekannte Ausmaße an. 1807 untersagte Großbritannien als erste Nation den Sklavenhandel und bekämpfte ihn ab diesem Zeitpunkt auch aktiv mit seiner mächtigen Handelsflotte. Der britische Maler J. M. W. Turner war seit jeher vom Meer fasziniert. Seit seiner Kindheit bannte er die unbändige Kraft der Stürme auf die Leinwand und hielt die wechselvollen Beziehungen zwischen Mensch und Meer fest.
    Sein Pinselstrich revolutionierte die Gattung Landschaftsgemälde: Turner brach mit herkömmlichen Konventionen und verlieh seinen Werken eine bisher unbekannte emotionale Tiefe. 1840 präsentierte er der Royal Academy of Arts ein Gemälde, das aus einer anderen Zeit zu stammen schien: Es zeigt die Schrecken eines Sklavenschiffs mit einem Kapitän, der kranke Sklaven über Bord werfen lässt. Doch vielleicht thematisiert Turner in dem Bild gar nicht die Vergangenheit. Es könnte sich auch um eine zeitgenössische Szene handeln, um ein ausländisches Schiff, das sich seiner Sklaven entledigt, um seinem britischen Verfolger zu entkommen.
    Oder stimmen vielleicht beide Interpretationen? Der wortkarge, in seinem Leben und seinen Wertvorstellungen widersprüchliche Maler springt gewissermaßen selbst in die trüben Fluten der britischen Gesellschaft, die ganz auf die wirtschaftlichen und technischen Erfindungen ihrer Zeit fixiert ist, und konfrontiert den Menschen mit seiner Verantwortung, mit der Ausbeutung seiner Artgenossen durch den Sklavenhandel, die Industrialisierung und nun die Globalisierung. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.02.2019arte
  • Staffel 4, Folge 4 (26 Min.)
    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Manhattan das pulsierende Herz von New York, damals nach London die zweitgrößte Stadt der Welt und Wiege des „American Way of Life“. Alles war hier schneller, größer und leuchtender als anderswo, Modernität galt als Glücksversprechen schlechthin. Georges Bellows war gerade 30 Jahre alt, als er „Men of the Docks“ malte. Die realistische Darstellung zeigt eine Gruppe wartender Tagelöhner an einem bitterkalten Tag in den Docks von Brooklyn. Wie Tausende europäischer Einwanderer hoffen diese Männer auf einen Job.
    Die Skyline der hoch aufragenden Wolkenkratzer im Hintergrund wirkt unerreichbar. „Ihr müsst die Kunst vergessen und das malen, was euch im Leben interessiert“, sagte Bellows’ Lehrer an der New School of Art. Dort begegnete Bellows auch Edward Hopper, der genau wie er Pressezeichner gewesen war – einer der „Muckraker“, zu Deutsch „Schmutzaufwühler“, wie progressive Journalisten damals genannt wurden. Bellows ist der Ashcan School zuzurechnen, deren Mitglieder mit ihrer gesellschaftskritischen Malerei den Amerikanischen Realismus mitbegründeten.
    Der Aufbau des Gemäldes scheint den strengen Prinzipien von Mathematik oder Notenlehre zu folgen. Wenn der Betrachter den Blick vom Kai des Brooklyner Hafens zu den Hochhäusern Manhattans gleiten lässt, begreift er, dass der soziale Aufstieg für diese Tagelöhner unmöglich ist. Denn für Schwache gab es in dieser Zeit des Taylorismus und beginnenden Massenkonsums keinen Platz. Bellows zeigt Manhattan bereits als Mythos und imaginierte Verkörperung der Moderne. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 17.02.2019arte

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