Folge 15

  • Beruf: Hure – Die Geschichte der Prostitution

    Folge 15
    Es war ein Schlüsselerlebnis, das Felicitas Weigmann im Alter von zwölf Jahren auf die Idee zu ihrem Traumberuf brachte. Auf der Straße sah sie eine Prostituierte, die ein Pelzjäckchen trug, das sich das junge Mädchen damals wünschte. Ein naiver Gedankengang, der sich mit der Zeit manifestierte. Felicitas Weigmann glaubte: Auch ohne Abitur würde sie als Prostituierte viel mehr Geld verdienen als in irgendeinem anderen Job. Mit 16 Jahren arbeitete sie das erste Mal auf dem Strich. Seit 1997 betreibt sie in Berlin das Bordell ‚Cafe Pssst!‘, in dem sie heute nur noch hinter der Bar steht.
    Die 52-jährige war maßgeblich daran beteiligt, dass das Gesetz, dem zufolge käuflicher Sex grundsätzlich den Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllt, gekippt wurde. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der rechtlichen und sozialen Absicherung. Sie ermöglicht Prostituierten heute, in gesetzliche Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungen einzutreten. „Wenn sie mit dem Hintern wackelt, fließen die Flüsse bergauf“, schrieb der Schriftsteller Wolf Wondratschek einst über Deutschlands berühmteste Domina Domenica Niehoff.
    Sie war die erste Hure der Herbertstraße, die sich nach außen hin selbstbewusst und freizügig fotografieren ließ und avancierte schnell zum Liebling der Medien. Doch der Ruhm war flüchtig und brachte ihr privat kein Glück. Auch Domenicas Versuche, sich als Streetworkerin und Wirtin zu etablieren, scheiterten. Einsam und verarmt starb die „Mutter aller Huren“ und „Königin vom Kiez“ 2009 in ihrer kleinen Wohnung nahe der Reeperbahn. Andreas Marquardt alias „Karate-Andy“ galt mehr als 20 Jahre lang als gefährlichster und brutalster Zuhälter Berlins, kontrollierte zeitgleich bis zu elf Prostituierte.
    In Discos sprach er die Frauen an, hofierte sie und machte sie schließlich zu Huren. In sieben von zehn Fällen sei er mit dieser Masche erfolgreich gewesen, so Marquardt. Sich selbst bezeichnete er als „knallharten Luden“ mit dem „Hassprogramm Frauen“. Gab es Widerworte, schlug er, der als Kind selbst missbraucht wurde, seine Huren zusammen, bis sie gehorchten. Acht Jahre saß der Karate-Champion im Gefängnis – wegen
    Menschenhandels, Zuhälterei und Körperverletzung.
    Im Knast vertraute er sich schließlich einem Therapeuten an; schilderte ihm, wie er als Kind vom Vater gedemütigt und geschlagen, von der Mutter „sexuell gefügig“ gemacht wurde. Über die stumpfe Härte seiner Kindheit und die Jahre im Rotlicht-Milieu schrieb Marquardt ein Buch: „Ich möchte Menschen dazu bewegen, genauer hinzuschauen, was mit ihren Kindern passiert.“ Heute lebt der Ex-Zuhälter mit seiner Lebensgefährtin Marion – die früher seine Prostituierte war – in Berlin Neukölln, betreibt gemeinsam mit ihr ein Fitness- und Karatestudio und engagiert sich für zahlreiche soziale Projekte.
    Die Geschichte der Prostitution zählt zu den ältesten Berufen der Menschheit. Schon vor mehr als 3.000 Jahren verkauften Frauen Liebesdienste als kultische Handlung und Opfergabe an ihre Götter. In der Antike arbeiteten vor allem Frauen besiegter Völker als Huren. Während des Mittelalters waren Prostituierte vom Bürgerrecht ausgeschlossen und der Vergewaltigung schutzlos ausgeliefert.
    Sie durften nicht berührt und auch nicht angeschaut werden, denn sie galten als „Unglücksbringer“. Heute dominieren moderne Lusttempel den Markt. Saunaclubs und Pauschalpuffs konkurrieren um die Gunst der Freier. Geschlechtsverkehr als Dienstleistung: Mit mehr als 14 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr allein in Deutschland ist das Geschäft mit der käuflichen Liebe ein riesiger Wirtschaftszweig. Ihr Schmuddel-Image allerdings hat die Prostitution bis heute nicht eingebüßt. SPIEGEL TV dokumentiert die Geschichte der Sexarbeit, begleitet Huren, Freier und Luden im Alltag und beleuchtet die aktuelle Szene in Zeiten von Geiz-ist-geil-Mentalität und Wirtschaftskrise.
    Es gibt viele Männer, die Prostituierte besuchen, aber nur wenige, die über ihre Beziehungen zu den Frauen aus dem Rotlichtmilieu sprechen. In der großen Samstags-Dokumentation von SPIEGEL TV berichten der Schriftsteller Wolf Wondratschek, der ehemalige Boxer Réne Weller und der Schauspieler Ralf Richter von ihren ganz persönlichen Erfahrungen mit den Damen des horizontalen Gewerbes. Schauspielerin und Entertainerin Desirée Nick kommentiert auf ihre gewohnt humorvolle Art das Geschäft mit der Lust. (Text: VOX)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.04.2010VOX

Sendetermine

Sa 10.04.2010
20:15–23:50
20:15–
NEU
Füge Die große Samstags-Dokumentation kostenlos zu deinem Feed hinzu, um keine Neuigkeit zur Serie zu verpassen.
Alle Neuigkeiten zu Die große Samstags-Dokumentation und weiteren Serien deiner Liste findest du in deinem persönlichen Feed.

Reviews & Kommentare

    Erinnerungs-Service per E-Mail

    TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Die große Samstags-Dokumentation online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

    Folge zurückFolge weiter

    Auch interessant…