Dokumentation in 2 Teilen, Folge 1–2

  • „Wenn wir einst nicht mehr sind, werden die Steine für uns sprechen“: So eröffnete Bürgermeister Karl Seitz den Karl-Marx- Hof 1927. Der Marx-Hof in Wien gilt als eines der revolutionärsten Wohnprojekte seiner Zeit und ist bis heute der längste zusammenhängende Wohnbau der Welt. Die Architektur beweist sich beim Sozialen Wohnbau als sensibler Seismograph der Politik und Probleme ihrer Zeit. Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich Österreich in einem wahren Zustand des Wohnelends. Die Bevölkerung Wiens war in kürzester Zeit auf über 2 Millionen angewachsen.
    Die Wohnungen wurden knapp, teuer und waren überbelegt. Nach dem Ersten Weltkrieg begann die regierende Sozialdemokratische Arbeiterpartei im sogenannten „Roten Wien“ ein Projekt zur Verbesserung der Lebensumstände für Arbeiter. Rund 65.000 Gemeindewohnungen wurden damals gebaut – meistens in groß angelegten Wohnanlagen wie eben dem Karl-Marx-Hof. Die „Städte in der Stadt“ verfügen über eine ganze, eigene Infrastruktur mit Geschäften, Bädern, Kindergärten, Waschküchen und vielem mehr. Der Soziale Wohnbau Österreichs war revolutionär – weit über die Grenzen des Landes hinaus. (Text: ORF)
    Original-TV-PremiereSa 03.03.2018ORF III
  • Der Zweite Weltkrieg stellt eine Zäsur da – auch für den Sozialen Wohnbau Österreichs. Erst 1947 nahm die Stadt Wien ihre Wohnbautätigkeit wieder auf. Die Nachkriegszeit mit ihren Babyboomern war wieder gezeichnet von Wohnungsknappheit. Es war wichtig, möglichst viel Wohnraum in möglichst kurzer Zeit zu errichten. Bis 1970 wurden auf diese Weise 96.000 Wohnungen geschaffen. Die Gemeindebauten waren aber mehr als nur günstiger Wohnraum. Sie und ihre Bewohner gingen im Laufe der Zeit als Topos – verewigt in Filmen, Serien und Liedern – in das Bewusstsein der Österreicher über.
    Von Wolfgang Ambros’ „Du bist die Blume aus dem Gemeindebau“ bis zu Harald Sicheritz’ bitterböser Kultkomödie „Muttertag“. Und auch Karl Markovics’ vielfach preisgekrönter Film „Atmen“ wurde in einer Wohnhausanlage am Rennbahnweg im 22. Bezirk gedreht. Der Soziale Wohnbau war Zeit seines Bestehens Innovationsträger. Auch das erste Hochhaus der Gemeinde Wien war ein Gemeindebau. Das Matzleinsdorfer Hochaus (1954–1957) im 5. Bezirk war mit seinen fast 70m Wiens modernster Gemeindebau mit Zentralheizung, Müllabwurf auf jeder Etage und Tanzcafé im Dachgeschoß.
    Entsprechend hoch war die Promi-Dichte. Neben Fernsehdirektor und späterem Bürgermeister Helmut Zilk wohnte auch der damalige Kurier-Chefredakteur Hans Dichand eine Zeit lang im Matzleinsdorfer Hochhaus. Auch das berühmte „Hundertwasserhaus“ (1983 – 1985), Anziehungspunkt für Touristen und Kunst-Interessierte Wiener gleichermaßen, ist ebenfalls ein Gemeindebau. Heute besitzt die Stadt Wien ca. 220.000 Gemeindewohnungen und ist somit die größte Hausverwaltung Europas. (Text: ORF)
    Original-TV-PremiereSa 03.03.2018ORF III

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