1990 scheint die Wirtschaft des Ostens für den Westen so unbrauchbar wie der Trabant. Alles wird neu geordnet – nach den politischen und wirtschaftlichen Vorgaben des Westens. Doch der Osten bleibt attraktiv, und zwar als Markt, den die gut aufgestellte Westwirtschaft problemlos mit versorgen kann. Teil 2 der neuen dreiteiligen MDR-Dokumentation „Wer braucht den Osten?“ beleuchtet das Thema „Wirtschaft“ – zu sehen am Dienstag, 5. Juni, um 22:05 Uhr im MDR-Fernsehen. Die Folgen der kompletten De-industrialisierung des Ostens sind bis heute spürbar. Die Ostwirtschaft ist kleinteilig, schwach, forschungsfern – die Steuereinnahmen der Länder und Kommunen reichen an den meisten Orten für kaum mehr als die Hälfte der notwendigen Ausgaben. Ein Ende der Transferleistungen in den Osten ist nicht in Sicht. Ost- und Westwirtschaft sind weit voneinander entfernt. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Es haben sich mehr Unternehmen entwickelt als Viele denken. Kleinere, mittelständische Strukturen prägen das wirtschaftliche Gesicht des
Ostens. Allerdings hätten es noch viel mehr sein können. Einer der Star-Ökonomen dieses Landes, Professor Hans Werner Sinn, kann bis heute seine Erregung kaum zurückhalten, wenn es um die Politik von Staat und Treuhand nach dem Ende der DDR geht. Noch heute bedauert er aus ökonomischer Sicht die fatalen Fehler und vertanen Chancen der Wendezeit, weil das Eigentum der DDR eben nicht an Ostdeutsche verteilt und nur selten an sie verkauft worden ist. Das Ergebnis war eine in der Menschheitsgeschichte einmalige De-Industrialisierung, die am Ende zum Umbau von Arbeitswelt und Gesellschaft im gesamten Land führt: Leiharbeit, prekäre Beschäftigung und Hartz IV wären ohne das Labor Ost kaum denkbar. Trotz der widrigen Wettbewerbsbedingungen haben Menschen im Osten sich durchgesetzt: Es gibt sie, die Helden des Aufbaus Ost. Menschen, die heute dafür sorgen, dass Raumschiffe an die ISS andocken und Autos mit Wasserstoff fahren können, Hidden Champions, die auf dem Weltmarkt gesucht werden – sie zeugen von Selbstbewusstsein, Dynamik und Konkurrenzfähigkeit. (Text: mdr)