KI-Synchro-Eklat: MagentaTV nimmt Serie „Murderesses“ offline

Deutsche Synchronfassung polnischer Serie entstand mit Künstlicher Intelligenz

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 04.02.2025, 16:25 Uhr

KI-Synchro-Eklat: MagentaTV nimmt Serie "Murderesses" offline – Deutsche Synchronfassung polnischer Serie entstand mit Künstlicher Intelligenz – Bild: Viaplay

Am vergangenen Samstag, den 1. Februar wurde in Deutschland unter anderem bei MagentaTV die polnische Krimiserie „Murderesses“ veröffentlicht. So weit, so unspektakulär. Doch nach nur zwei Tagen nahm der Anbieter die Serie wieder offline – und das aus einem ganz bestimmten Grund: Die deutsche Synchronfassung wurde von Künstlicher Intelligenz erstellt, was in der Branche für einen Aufschrei sorgt.

Bei „Murderesses“ (Originaltitel:“Morderczynie“) handelt es sich um eine Serie des Streamingdienstes Viaplay, der seine Produktionen hierzulande über MagentaTV sowie als Prime Video Channel verbreitet. Wie DWDL als Erstes berichtete und auch uns von einem aufmerksamen Nutzer mitgeteilt wurde, ist die deutsche Sprachfassung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt worden. Es handelt sich um den ersten bekannt gewordenen Fall, dass für eine Synchronfassung einer Serie vollständig KI zum Einsatz kam. Genauer gesagt steckt das israelische Startup-Unternehmen Deepdub dahinter, das auch im Abspann genannt wird und sich nach eigenen Angaben auf KI-Lösungen für Sychronfassungen spezialisiert hat.

Angaben zum Synchronstudio im Abspann von „Murderesses“ Screenshot/​Viaplay

Die Qualität dieser KI-erstellten Synchronfassung ist äußerst schlecht und letztendlich kaum erträglich. Die Stimmen klingen künstlich, monoton und unnatürlich, auch da auf einen räumlichen Klang offenbar gar nicht geachtet wurde. Nachdem der Vorfall die Runde machte, hat die Deutsche Telekom schnell reagiert und die Serie gestern nach nur zwei Tagen kurzfristig wieder aus ihrem MagentaTV-Angebot genommen, zum Zweck der Qualitätskontrolle und Klärung, wie das Unternehmen gegenüber DWDL mitteilte. Wenig später folgte die Entscheidung, dass MagentaTV die deutsche KI-Synchronfassung nicht mehr anbieten wird. Stattdessen soll „Murderesses“ in Kürze im Originalton mit Untertiteln verfügbar gemacht werden. Eine englischsprachige Synchronfassung für die Serie wurde nicht erstellt. Und ganz offensichtlich war Viaplay diese doch recht unbekannte polnische Serie nicht wichtig genug, um die Kosten für eine professionelle, aber eben auch teure deutsche Synchronfassung zu tragen.

MagentaTV legt bei Programmeinkäufen normalerweise Wert auf anerkannte Synchronstudios, die dann von den Lizenzgebern mit der deutschen Sprachfassung beauftragt werden. Offenbar gilt das aber nur für exklusive Lizenzeinkäufe und Deutschlandpremieren. Bei „Murderesses“ lag die Verantwortung scheinbar hingegen aber beim Auftraggeber Viaplay. Im entsprechenden Prime Video Channel ist die Serie im Gegensatz zu MagentaTV auch nach wie vor verfügbar.

Das Unternehmen Viaplay hat sich in der Angelegenheit erst am heutigen Mittwoch gegenüber DWDL geäußert. Demnach sei für den deutschen Markt erstmals eine Hybrid AI zum Einsatz gekommen, nachdem Viaplay dieses Modell in anderen Ländern bereits eingesetzt hat. So seien die Stimmen von Schauspieler für die Serie aufgenommen worden, jedoch nicht für jeden Satz. Die KI erstellte aus ihren Stimmen weitere Elemente, wobei jeder Satz von einem Redakteur überprüft und bei Bedarf angepasst wird. Die Serie sei während des Prozesses von lokalen Experten überprüft worden. Zudem sei eine deutsche Mitarbeiterin damit beauftragt worden, die Qualität zu überprüfen und zu bestätigen. Sie hat uns versichert, dass die Synchronisation von sendefähige Qualität ist, so eine Viaplay-Sprecherin gegenüber DWDL.

Auch wenn es sich bei „Murderesses“ letztlich um eine Serie handelt, die in Deutschland wohl ohnehin nur ein überschaubares Publikum finden wird, könnte sie ein Präzedenzfall sein, der grundsätzliche Fragen aufwirft. In welche Richtung wird sich die Zukunft der deutschen Synchronarbeit entwickeln, die lange Zeit im internationalen Vergleich als aufwendig und qualitativ hochwertig galt? Wurde mit „Murderesses“ die Büchse der Pandora geöffnet, so dass künftig immer wieder mit billigen KI-Synchronfassungen zu rechnen ist, um dem zunehmenden Kosten- und Zeitdruck entgegenzuwirken? Das wäre für die gesamte Branche ein großer Rückschritt und insbesondere für professionelle Synchronsprecher ein Schlag ins Gesicht, denn schon jetzt bangen viele von ihnen um Aufträge. Und wenn sich die Qualität KI-generierter Sprache in den kommenden Jahren weiter verbessert, müssen einige Sprecher um ihre Berufsgrundlage und ihre Existenz bangen.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1977) am

    Gibt ja auch genug schlechte "richtige" Syncros. 
    Da wird sich noch viel tun in den nächsten Jahren und wir werden keinen Unterschied mehr hören. 
    .....das einzig Positive daran wird sein, dass legendären Stimmen weiterleben bzw. von den Toten auferstehen werden.
    • (geb. 1954) am

      Ja, das ist schlimm, aber wenn der Verfasser den Unterschied von anscheinend und scheinbar nicht kennt, also das Gegenteil sagt, von dem, was er sagen will, liegt eine ähnlich schlimme Variante deutscher Realität vor. Über das Analphabetentum einiger der Kommentare, die auch über "Qualität" schwadronieren, ganz zu schweigen.
      • am

        Was ist DWDL ??????
        • (geb. 1979) am

          Der eigentliche Witz ist... wäre es nicht aufgefallen, hätte sich die Telekom nicht nehmen lassen, die Klicks und Verweildauer als Pro Argument für ihren Einkauf und das Produkt zu werten.
          Fällt aber was auf... will der Einkäufer plötzlich nichts damit zu tun haben und anstatt offensiv damit umzugehen, dass es sich hier um KI content handelt, es lieber aus den Archiven verbannt, weil man damit nicht in Verbindung gebracht werden will.
          Aber so ganz kann sich der Einkäufer und Verwerter ja nicht freisprechen. Glaubt wirklich jemand, die Telekom kauft content ein ohne ihn zu sichten?

          Wenn dies als mahnendes Beispiel für KI zur Schau steht, ist das doch als mahnendes Beispiel genug? Aber das würde andere Geschäftsbereiche der Telekom vielleicht konterkarieren... denn im Business Umfeld wollen die einem KI andrehen...
          • am

            Also bei Netflix habe ich auch schon häufiger Synchronisationen zugemutet bekommen, wo Amerikaner im völlig falschen Alter für die Rolle mit deutlichem Akzent gesprochen haben. Die waren dazu noch mies. Ich habe diese Filme/Serien meistens als unerträglich eingestuft und abgebrochen. KI-Synchro wird aktuell ungefähr dieses Niveau haben, aber ohne mich.
            • am

              Nachtrag: Jede polnische Serie, die ich bis heute getestet hatte, war eh mies.
          • am

            Ich wage mir nicht einmal AUSZUMALEN, wenn diese Form der "Tonbearbeitung" einmal ganz gesetzeskonform bzw. fix in Gesetzesparagraphen eingebettet worden ist, wie die ganze Branche einmal dastehen wird? Die besten & stärksten Stimmen aus dem deutschsprachigen Raum haben doch erst viele Filme, Serien bzw. Vertonungen/Hörbucher etc. doch erst zu etwas ganz AUSSERORDENTLICHEN gemacht. Thomas Fritsch, Norbert Langer (Tom Selleck & Insp. Barnaby/J. Nettles), Reiner Schöne etc.
            Jedoch auf viele charakterstarke Stimmen, welche ganze Generationen geprägt haben, für IMMER verzichten zu müssen, weil der "Urheber/in" für immer gegangen ist - da wird man wohl eine goldene "Mittellösung" finden müssen... irgendwie.
            • am

              Ich schätze, das einzige, was gegen neue KI-Praktiken hilft, ist, wenn wir als Konsumenten uns laut dagegen äußern und schlechte Synchronisationen dadurch abstrafen, indem wir sie nicht gucken oder kaufen. Hier wie überall, Abstimmung mit den Füßen ist das einzige was hilft.
          • am

            Gut so KI soll bitte nicht durch setzen.
            • am

              Nun ich konnte jetzt mal reinhören, ca. 10min.:


              -Die Übersetzung Polnisch Deutsch kann ich nicht beurteilen, soweit ist diese für mich in Ordnung.
              -Die "Qualität der Synchronfassung ist äußerst schlecht und letztendlich kaum erträglich", nein ist sie nicht, da kenne ich anderes.
              -Die "Stimmen klingen künstlich, monoton und unnatürlich, auch da auf einen räumlichen Klang offenbar gar nicht geachtet wurde", oh ja und   wie, darum eigentlich auch nicht wirklich hörbar, da kommt keine Spannung auf.


              Aber in ein einigen Jahren bringen sie auch das hin und dann werden nur noch wenige das merken.  😒
              • am

                Ich mache mir Sorgen um meine geliebte deutsche Synchronindustrie.
                • am

                  Kann man da irgendwie mal reinhören? Interessieren würde mich das ja schon mal. Ob das jetzt tatsächlich die Zukunft wird....... wage ich erst mal zu bezweifeln, lasse mich aber wie gesagt gern drauf ein.
                  • am

                    Entweder den Viaplay Channel für 7 Tage kostenlos testen und dann gleich kündigen oder bestimmte Internetseiten aufrufen, wo kann den Schrott illegal lädt. Ist natürlich die Frage, ob sich der Aufwand lohnt?!
                • (geb. 1992) am

                  Leute, das ist die Zukunft.


                  Noch ist die Qualität nicht so gut, aber bald wird man wohl kaum noch einen Unterschied erkennen.


                  Für mich klingt das jetzt genauso, wie damals die Leute, die meinten, das Internet sei nur ein kurzer Trend...
                  • am

                    Das ist nicht die Zukunft. Das ist primär ein Hype. Ja, es gibt einige (stark begrenzte) Anwendungsfälle für das KI-Zeug. Vielleicht auch irgendwann mal für gute Synchros. Aktuell sind wir davon aber noch Meilenweit entfernt.



                    Das Mindeste wäre es hieor gewesen, die Produktion für den Konsumenten transparent und eindeutig zu kennzeichnen und das nicht einfach in den Credits zu verstecken.
                  • am

                    Ja ja, genau so TRANSPARENT, wie das die Lebensmittel/Kosmetikindustrie für sich "hingebogen" hat. Da versteckt man halt bedenkliche Inhaltsstoffe hinter dubiosen E-Nummern, welche man dann als Verbraucher erst einmal entschlüsseln/recherchieren darf...

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