Providence Café – Eine Spielzeit im Théâtre du Rond-Point
- D 2003 (88 Min.)
- Theater
Tief in einem imaginären Amerika liegt nahe der Grenze zu Mexiko eine verlorene Bar, das Providence Café. Niedergedrückt von Hitze, Langeweile und fremdenfeindlichen Vorurteilen deklinieren die Gäste dieser Bar die Geschichte jeden Tag aufs Neue durch. Die Stützpfeiler ihrer Welt sind das Fernsehen und der Alkohol. Gefangen im eigenen Leben, in Erinnerungen, die sie nicht wirklich greifen können und fest im Griff eines unmerklich schwindenden Gedächtnisses verbringen sie die Tage damit, zu trinken und von der Trostlosigkeit und dem Elend ihres Daseins zu erzählen. Sie halten die rassistischen Mythen über die Indianer, die Chinesen, die Natur und die Welt am Leben, die ein Fernsehen vermittelt, das zwischen Werbeblöcken und der großen Abendshow des berühmten Moderators und schlechtesten Gagman der Welt Larry Stocker ein verfälschtes Bild der Wirklichkeit zeichnet. Denn Mittelmäßigkeit ist das zweite Gesicht des Providence Café.
Zunächst ist da die Mittelmäßigkeit des Fernsehens. Larry Stocker paralysiert sein Publikum mit Witzen von ausgesuchter Banalität. Die Figur, die er sich zusammenkonstruiert hat, oszilliert zwischen Einfalt, Derbheit, Abgedroschenheit und Boshaftigkeit. Jeden Abend versammelt er ganz Amerika, um ihm die dämlichsten Spaßgeschichten zu servieren, die es gibt, und sich am Hohngeschrei des Publikums im Saal zu delektieren. Schon in seinem Wahlspruch – „Ich heiße Larry Stocker, meine Freunde nennen mich Larry, aber ich habe keine Freunde“ – findet sich die Isolation auf den Punkt gebracht, in die unsere Gesellschaft Intelligenz und Reflexion verbannt hat, um sich ganz der Unterhaltung und Zerstreuung hinzugeben.
Vor dem imaginären Fernsehgerät sitzt Bonzo, ein junger körperlich und geistig behinderter Mann, der zwischen dem, was er auf dem Bildschirm sieht und dem, was sich in der Wirklichkeit abspielt, nicht mehr unterscheiden kann. Seine Geschichte ist unerhört grausam. Er ist Opfer einer weiteren Ausformung der Mittelmäßigkeit, der des Gefühls.
Patty, die Kellnerin im Providence, ist ein hübsches Ding. Ihr Gesicht ist jedoch von einer seltsamen Krankheit entstellt. Diesem Umstand ist es wahrscheinlich auch zu verdanken, dass sie in dieser ausschließlich von Männern beherrschten, groben Welt leben kann, da niemand versucht, sich an sie heranzumachen. Sie möchte lieben, vor allem lieben, und ihr ganzes Wesen strebt nach Liebe. Sie ist großzügig und schlicht, zu schlicht. Den anderen Figuren fehlt es an Liebe, sie sind unfähig, Liebe zu geben oder haben verlernt, wie man das anstellt.
Rosco war im Krieg. Wahrscheinlich am Golf. Bei der Rückkehr war er traumatisiert. Dann hat er seine Frau verloren. Seitdem lebt er allein mit seinen Erinnerungen und einem Gedächtnis, das sich mit jeder Sekunde weiter verflüchtigt, ein schwarzes Loch, das ihn langsam aber sicher durchdrehen lässt und ihn schließlich ins Alkoholdelirium treiben wird. Rosco ist eine undurchsichtige Gestalt. Er ist mürrisch und angsterregend, eine rätselhafte Person, weil er selbst Dinge aus seinem Leben, seiner Vergangenheit verschweigt.
Er ist heftig und ungestüm. Und wenn er eine Waffe in die Hand bekommt, dann bricht bei ihm eine sadistische Ader durch. Niemals aber würde er einem Menschen etwas antun. Und dann sind da noch Terry, Ned der Pechvogel, Ol’Curtis, dem Hass der Weißen lebend entronnen und Gedächtnis des Südens und schließlich Chester Cox, der Brathähnchenverkäufer, der bei den Anderen das Leben in all seinem Pathos und all seiner Vergeblichkeit brandmarkt. (Text: arte)
Sendetermine
Reviews & Kommentare
TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Providence Café online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.Erinnerungs-Service per
E-Mail