Pöhlers Passagen

D 2002 (81 Min.)
  • Dokumentation

Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh’ ich wieder aus …

Das Motto der „Winterreise“ von Franz Schubert begleitet den Wanderfotografen Friedrich Pöhler in einer dramatischen Phase seines Lebens, als er 1909 mit dem Versuch scheitert, sich in der pietistischen Brüdergemeinde Wilhelmsdorf in Oberschwaben niederzulassen.

Der Film erzählt vom Leben der frommen Wilhelmsdorfer und der Bauern und Handwerker in den katholischen Nachbardörfern als Konflikt zwischen einer engen pietistischen Moral und der rauen dörflichen Wirklichkeit, der sich in der unglücklichen Liebe zwischen dem wandermüden Fotografen und der aus Wilhelmsdorf verstoßenen Kneipenbedienung Anna Limpert zuspitzt.

Der semi-dokumentarische Fernsehfilm wurde unter der Regie von Klaus Armbruster nach einem Buch von Thomas Tielsch entwickelt und realisiert. Er basiert auf dem Fund von dreihundertfünfzig Glas-Negativen aus Friedrich Pöhlers Wilhelmsdorfer Atelier, die 1993 auf einem Speicher entdeckt worden waren und das Werk des Wanderfotografen ins öffentliche Interesse brachten. Auf Initiative des Finders Claudio Hils, der auch die Anregung zu dem Filmprojekt gab, wurde Pöhlers Arbeit inzwischen in Ausstellungen und einem aufwändigen Buch gewürdigt.

Nur wenige Fakten sind über den Aufenthalt Pöhlers in Wilhelmdorf bekannt, die Schauplätze und Protagonisten seiner Fotografien wurden jedoch genau recherchiert und die Protokolle des Brüderrates, der strenges Gericht über die Gemeindemitglieder hielt, zeichnen akribisch das oft „wüste“ Dorfleben und die verhängten Strafen auf. Thomas Tielsch schreibt von einer „erfundenen Geschichte, die das Recherchierte weiterdenkt, um ihm eine Wahrheit zu geben.“

Entsprechend spannend und facettenreich sind Dramaturgie und Erzähl-Konstruktion von Klaus Armbrusters Film, der die Geschichte in einen Zeitfluss bringt, der sich zwischen dem Jahr 1909 und der Gegenwart hin und her bewegt und Fiktion und historische Fakten vielschichtig verwebt.

Die aus Baden-Württemberg stammende Schauspielerin Ulrike C. Tscharre (u. a. „Lindenstraße“) gibt der Figur Anna mit ihrem ausdrucksstarken Spiel eine faszinierende Präsenz unter den realen Nachfahren der Leute, die Friedrich Pöhler damals auf seinen Glas-Negativen ablichtete. Auch die Fotografien werden im dreidimensionalen Computer-Animationsverfahren in die Gegenwart des Jahres 2002 transportiert und bringen dank ihrer enormen fotografischen Qualität die Menschen des Jahres 1909 vital in die Geschichte von „Pöhlers Passagen“ ein.

Die Winterreise von Franz Schubert bildet in einer Bearbeitung von Wolfgang Hufschmidt die emotionale musikalische Spur, auf der sich Klaus Armbrusters melancholisch-ästhetischer Film bewegt. (Text: arte)

Sendetermine

So 30.06.2002
22:40–00:00
22:40–

Cast & Crew

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