Bedrohte Schätze im Depot Die dunklen Flecken großer Museen und kleiner Sammlungen

D 2020 (40 Min.)
  • Dokumentation
  • Kunst & Kultur
Autor und Journalist Frank Vorpahl lässt sich von Direktorin Barbara Plankenstein in Hamburg das Depot des MARKK zeigen. – Bild: ZDF und Jürgen Dombrowski.
Autor und Journalist Frank Vorpahl lässt sich von Direktorin Barbara Plankenstein in Hamburg das Depot des MARKK zeigen.

Sammelwut und Sammelwahn: Jahrhundertelang gierte Europa nach exotischen Schätzen aus aller Welt. Und lässt diese nun größtenteils in Archiven vergammeln. Was ist noch zu retten? Und wie? Millionen von Objekten gelangten im Kolonialzeitalter auch in deutsche Museums-Depots. Das Ergebnis: gigantische „Kühlkammern weißer Wißgier“. Die Kehrseite: leere Kultur-Brachen in einstigen Kolonien. Eine Rückgabe an die Herstellungskulturen ist die Ausnahme. Noch immer wird gemauert, meint die Kritikerin des Berliner Humboldt-Forums Bénédicte Savoy: „Die größte Angst ist es, Begehrlichkeiten zu wecken.

Man will nicht restituieren. Also erzählt man nichts.“ Von der Öffentlichkeit abgeschottet werden die Schätze in deutschen Museums-Depots nur selten so gut aufbewahrt, wie es der Nimbus der altehrwürdigen Institution Museum vermuten lassen würde. Längst herrscht eine Art Notstands-Routine. In Berlin werden von einer halben Million Artefakte demnächst rund 10.000 im neuen Humboldt-Forum öffentlich präsentiert. Der übergroße Rest, rund 98 Prozent, lagert weiter in Berlin-Dahlem im Depot, wo infolge baulicher Mängel schon mal „knöcheltief“ Wasser eindrang.

„Das ist zum Teil mit Schädlingsbefall, das ist schon kritisch“ räumt selbst der Präsident der zuständigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger ein. „Passives Entsammeln“ nennen Experten den andauernden Schwund von Artefakten durch Insektenfraß oder die Konfusion in Depotschränken und Bestandsakten. Viele Museen wissen nicht einmal, wie viele Kulturzeugnisse sie überhaupt besitzen. Das Münchener Museum Fünf Kontinente hat von seinen geschätzten 160.000 Stücken gerade einmal 57.000 erfasst, im Hamburger Museum am Rothenbaum (MARKK), dem früheren Völkerkundemuseum, weiß man nach Dachschaden und Asbestentsorgung nicht, welche Objekte sich in welchen Kisten befinden.

An eine vollständige Digitalisierung der Artefakte aus aller Welt, wie sie schon vor Jahrzehnten in Holland oder Frankreich angepackt wurde, ist in Deutschland schon aufgrund des Budget- und Personalmangels in den nächsten Jahren nicht zu denken. Gibt es Auswege? Wann wird das virtuelle Museum, das interessierten indigenen Gruppen in Kamerum, Tonga oder an der Hudson-Bay einen Blick auf die eigenen Kulturzeugnisse in deutschen Depots erlaubt, endlich Realität? Wie gut gerüstet sind die Ethnologischen Museen hierzulande dafür, das postkoloniale Erbe der Menschheit für die Herstellungskulturen zugänglich zu machen? – die vielen Objekte, die es in den Ursprungsländern oft nicht mehr gibt und die für die kulturelle Identität der Herkunftsgesellschaften von ständig wachsendem Wert sind.

Die Kulturdokumentation nimmt anhand von Recherchen in Museumsdepots und im Gespräch mit kompetenten Insidern, Museums-Kritikern und Vertretern der Herstellungskulturen eine kritische Bestandsaufnahme vor und macht deutlich, dass die Gefährdung ethnologischer Sammlungen nicht das Ergebnis von Schlamperei oft sehr engagierter Museumsmitarbeiter ist, sondern ein strukturelles Problem darstellt: einer Überforderungssituation, die einen deutlichen Zuwachs an Ressourcen, Forschungsenergie und Transparenz erfordert.

Sie zeigt aber auch, wie belebend und produktiv Offenheit und Austausch auf eine angestaubte Institution wirken können. (Text: 3sat)

Deutsche TV-Premiere28.11.20203sat

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