Staffel 3, Folge 3

  • 15. Karl Valentin – Ein Hungerkünstler

    Staffel 3, Folge 3 (60 Min.)
    Karl Valentin wird bis heute als schräge, verquere Komikertype vereinnahmt – seine Bedeutung wird damit verkannt. Dabei ist er einer der wenigen Bayern auf Weltniveau, ein Genie auf der Höhe von Charles Chaplin, Buster Keaton oder Samuel Beckett. Bertolt Brecht hat mit ihm zusammengearbeitet, Lion Feuchtwanger hat Valentins Auftritte in seinem Roman „Erfolg“ verewigt. Aber in seiner Heimatstadt München wollte am Ende kaum einer etwas von ihm wissen. Valentin starb 1948, vergessen – und tief verletzt. Valentin Ludwig Fey alias Karl Valentin wurde als Sohn eines hessischen Vaters und einer sächsischen Mutter am 4. Juni 1882 in der Münchner Vorstadt Au geboren.
    Sein Vater betreibt das Speditionsunternehmen „Falk und Fey“. Der wilde Humor des Knaben Valentin ist berüchtigt; seine Streiche sind legendär. Das dörfliche Au wird ihm später die typischen Valentin-Charaktere liefern: Handwerker, Laien-Musiker, Dreiviertel-Privatiers. Doch zunächst muss der junge Valentin nach dem Tod seines Vaters die Firma übernehmen. Als die pleite ist, beginnt er, mit eigenen Programmen aufzutreten.
    Nach vier Hungerjahren kommt endlich der Erfolg: mit dem skurrilen Monolog „Das Aquarium“. Karl Valentin wird von der Kleinkunstbühne des „Frankfurter Hofs“ engagiert. Dort lernt er 1911 die Nebenerwerbs-Soubrette Elisabeth Wellano kennen. Er formt sie zu seinem Geschöpf und tauft sie neu: Liesl Karlstadt. Früh – schon 1912, ein Jahr vor Chaplin – entdeckt er die Möglichkeiten des Films; als erster gründet er in München ein Filmstudio. 1923 macht er einen Film zusammen mit Brecht,
    der Valentin verehrt: Die „Mysterien eines Frisiersalons“ sind ein surrealistisches Meisterwerk.
    Trotz notorischer Reiseangst: Valentin geht nach Berlin; hier feiert er seine größten Triumphe. Kurt Tucholsky schreibt über Valentins Komik, sie sei „ein Höllentanz der Vernunft um beide Pole des Irrsinns“. Die Nazis hätten sich gerne mit ihm geschmückt – obwohl die schwarze Komik der Valentinfilme ihnen nicht geheuer ist. Valentin lehnt ab, obwohl er ständig Geldsorgen hat. In Auftritten macht er sich lustig über die Nazis.
    Dann zieht er sich ganz zurück – von 1940 bis 1946 tritt er nicht mehr öffentlich auf. Nach dem Krieg muss er um Arbeit betteln – seine bitteren Zeitdiagnosen kommen jetzt nicht an. Der Film von Franz Xaver Karl zeigt den wahren Valentin, den frühen Filmpionier, der seinen mageren Körper wie kein anderer als Instrument einsetzte, ihn ebenso verwickelte wie seine Sprache, mit der er die Welt und ihre Regeln in Frage stellte und Löcher in die Wirklichkeit bohrte, absurd und komisch zugleich – aber auch tragisch.
    Bei ihm gibt es definitiv kein Happy End: „Er besitzt eben den Mut extrem zu sein“, sagt Herbert Achternbusch, der im Film Karl Valentin kongenial kommentiert. Viele Facetten Valentins kommen da zur Sprache, angefangen von den sadistischen Kinderspielen des „roten Deifis von der Au“ bis zu seiner hochgradigen Hypochondrie. In seiner Heimatstadt München erinnert bis heute nur ein weißblaues Kuriositätenlokal an diesen einzigartigen Künstler, dessen Weltkarriere kaum über Bayern hinausging: Er ging eben nie nach vorne, sondern immer in die Tiefe. (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.02.2005Südwest Fernsehen

Cast & Crew

Sendetermine

So 27.01.2008
11:15–12:15
11:15–
Sa 23.06.2007
00:00–01:00
00:00–
Do 03.02.2005
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