Dokumentation in 2 Teilen, Folge 1–2

  • Folge 1 (90 Min.)
    Der selbst ernannte Prediger Paul Schäfer aus Bonn schart im Nachkriegsdeutschland Anhänger um sich – es sind Menschen auf der Suche nach Frieden, Hoffnung und Wohltätigkeit. Zunächst im kleinen Örtchen Gartow an der Elbe, dann in Heide bei Siegburg. Hier gründet die Gemeinschaft ein Jugendheim, das ein gottesfürchtiges Leben verspricht. 1961, im Schatten des Kalten Krieges, wandert die Gemeinschaft nach Chile aus. 350 Kilometer südlich von Santiago, fernab aller Zivilisation, gründen sie die Colonia Dignidad, die „Kolonie der Würde“, und wähnen sich im Paradies. Inmitten unberührter Natur bauen sie innerhalb kurzer Zeit ein deutsches Musterdorf auf, mit Werkstätten, Landwirtschaft, Viehzucht und einem Krankenhaus für die notleidende chilenische Bevölkerung.
    300 Deutsche verschreiben in Chile am Ende der Welt ihr Leben dem Dienst an Gott und den Armen – ein Vorbild an Solidarität und Aufrichtigkeit, so scheint es. Die Bewohner wähnen sich im Paradies, das sich allmählich in eine Hölle verwandelt. Denn harte Arbeit, Gewalt und Missbrauch prägen ihren Alltag. Die ersten versuchen zu fliehen. Ihr Anführer Paul Schäfer verfolgt eine eigene Agenda: Er, der in Deutschland wegen Kindesmissbrauch gesucht wird, etabliert in Chile ein rigides System: Er zerstört Familien und lässt seine Anhänger bis tief in die Nacht arbeiten und beten.
    Jeder Widerstand wird im Keim erstickt. Abgeschottet von der Außenwelt und unangreifbar in seiner Macht, missbraucht Schäfer die Jungen der Kolonie, macht sie gefügig und abhängig. 1970 aber sieht er sein selbst ernanntes „Paradies“ bedroht. Der Sozialist Salvador Allende wird Präsident in Chile und droht mit Enteignungen im Großgrundbesitz. Schäfer verbündet sich daraufhin mit den Gegnern Allendes aus dem rechten Lager. Er rüstet die Gemeinschaft zum Krieg und greift brutal in die Politik Chiles ein. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.03.2020Das Erste
  • Folge 2 (90 Min.)
    Sektenführer Paul Schäfer öffnet die isoliert in Chile lebende deutsche Gemeinschaft Colonia Dignidad mehr und mehr den Nachbarn und der chilenischen Öffentlichkeit. Nach dem Militärputsch im September 1973 dient er sich auch den neuen Machthabern an: Geheimpolizeichef Manuel Contreras und Diktator Augusto Pinochet gehen fortan in der Kolonie ein und aus, während die Gegner des chilenischen Terrorregimes in den Kellern der Kolonie gefoltert oder getötet werden. Kein Kolonist will davon unmittelbar etwas mitbekommen haben, zu sehr sind sie mit dem eigenen Überleben beschäftigt. Als die USA 1976 ein Waffenembargo gegen Chile verhängen, lässt Schäfer mit Hilfe des deutschen Waffenhändlers Gerhard Mertins Kriegsgerät in die Kolonie schmuggeln – und reicht es an Pinochet weiter.
    Der steht fortan in seiner Schuld. Doch der Kolonie droht von anderer Seite Gefahr. Amnesty International und der UN gelingt die Enthüllung der Folter an Chilenen durch die Deutschen. In Deutschland setzt ein Unterausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes die Colonia Dignidad auf die Tagesordnung, hört Gegner und Unterstützer der Kolonie an. Sektenführer Paul Schäfer erweitert sein Reich und schafft sich ein menschliches Schutzschild, das die Kolonie gegen Anfeindungen verteidigt: Essen, Freizeitbeschäftigung und Krankenversorgung sind für die chilenische Bevölkerung umsonst.
    Und er vergeht sich nun auch an chilenischen Jungen … Doch anders als die deutschen Opfer vertrauen sich die chilenischen Jungen ihren Eltern an. Die sind geschockt und handeln. Mehr als 30 Jahre nachdem Schäfer nach Chile eingereist ist, nimmt die chilenische Polizei Ermittlungen auf – Schäfers jahrzehntelanger Missbrauch kommt ans Licht. Dem gelingt es, sich den Ermittlungen zu entziehen: Er versteckt sich auf dem weitläufigen Gelände der Colonia und flieht 1997 nach Argentinien.
    Seine Anhänger werden sich selbst überlassen. Einige wenige werden als Helfershelfer verurteilt, alle anderen ringen bis heute darum, ein eigenes Leben zu leben. Wer ist Opfer und wer ist Täter? Was ist in Anbetracht des Grauens und der zerstörten Leben gerecht? Wo fängt Schuld an und wo hört sie auf? Wie sieht die Zukunft der Kolonie, die sich heute Villa Baviera nennt, aus? Angesichts des jahrzehntelangen politischen und moralischen Versagens sind das Fragen, auf die es immer noch keine eindeutigen Antworten gibt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.03.2020Das Erste

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