25 Jahre Nickelodeon – Eine TV-Kindheit in orange

Ein persönlicher Jubiläums-Rückblick auf das Nickelodeon der 90er-Jahre

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 05.07.2020, 10:35 Uhr

Nicktoons

Herzstück von Nickelodeon waren und sind die seit 1991 eigenproduzierten Cartoons, die sogenannten Nicktoons. Um jene Produktionen von den zugekauften Lizenzserien abzugrenzen, läutete stets ein eigener Jingle den Nicktoons-Block ein.

Rugrats

„Rugrats“ ging 1991 als einer der ersten Nicktoons an den Start. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe Kleinkinder: der einjährige Draufgänger und Anführer Tommy Pickles, dessen ängstlicher zweijähriger Freund Chuckie Finster, die Zwillinge Phil und Lil DeVille sowie Tommys dreijährige Cousine Angelica, die meist als Widersacherin versucht, den anderen Kindern einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Die Besonderheit an der Serie ist, dass sie durch Kinderaugen erzählt wird. Wann immer ihre Eltern nicht achtsam sind oder der aufpassende Opa einschläft, brechen die Rugrats aus und erleben Alltagssituationen, die für Erwachsene banal erscheinen. In der Fantasie der Kleinkinder entwickeln sich daraus jedoch aufregende Abenteuer, die sie krabbelnd in Windeln erleben. Die Rugrats können miteinander kommunizieren, doch für ihre Eltern ist die Babysprache unverständlich. Manche Folgen behandeln durchaus philosophische Fragen – beispielsweise wenn die Kinder in der Episode „Nackt sein macht Spaß“ den Sinn von Kleidung hinterfragen und beschließen, ab sofort lieber nackt herumzulaufen. Oder wenn Chuckies Eltern erreichen wollen, dass ihr Sohn endlich auf die richtige Toilette gehen soll – Chuckie jedoch sein Geschäft nicht verrichten kann, wenn alle Erwachsenen um ihn herum stehen.

Anders als man vielleicht denken könnte, spielen auch die Eltern der Kinder zentrale Rollen. Deren Verhalten wird oft hinterfragt, etwa wenn Angelicas Mutter Charlotte als Karrierefrau ständig telefoniert und deshalb ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt. Das glatte Gegenteil verkörpert Tommys Mutter Didi, die als Helikopter-Mutter jeden Schritt ihrer Kinder überwacht. Oft wird Opa Lou als Babysitter engagiert, doch er schläft praktisch immer ein – und die Kinder nutzen diese Gelegenheit regelmäßig aus, um auszubrechen.

Zeitweise waren die „Rugrats“ ins Kinderprogramm von ProSieben gewechselt. Die Rückkehr zu Nickelodeon zelebrierte man mit einem großen Eventwochenende namens „Windelvereinigung“.

Zwischen 1991 und 2004 wurden insgesamt 172 Folgen in neun Staffeln produziert. Dazu gab es drei Langfilme. Bedauerlicherweise werden in Deutschland die frühen Staffeln aus unerklärlichen Gründen nicht mehr wiederholt. Auf Anfrage von fernsehserien.de teilte eine Sendersprecherin des aktuellen Nickelodeon mit, dass die Sendequalität älterer Serien nicht immer optimal sei, um sie heute senden zu können. Sie haben manchmal auch nicht mehr dem Alter der Zielgruppe angemessene Inhalte oder lassen einfach bezüglich anderer technischer Aspekte zu wünschen übrig. Die meisten Folgen aus den Staffeln 1 bis 4 liefen zuletzt 2002 im deutschen Fernsehen. Im Gegensatz zu anderen Nicktoons sind die „Rugrats“ bislang auch nicht auf DVD erschienen.

Vor dem Durchbruch von „SpongeBob Schwammkopf“ waren die „Rugrats“ der populärste und langlebigste Nicktoon, der in seiner 13-jährigen Laufzeit mit vier Daytime Emmy Awards ausgezeichnet wurde und drei Kinofilme sowie das Spin-Off „All Grown Up – Fast erwachsen“ nach sich zog, in dem die Rugrats als Teenager zu sehen sind.

2018 wurde ein „Rugrats“-Comeback von Nickelodeon und Paramount angekündigt. Es sollte eine neue 26-teilige Revival-Staffel als Zeichentrickserie sowie eine neue Realverfilmung mit CGI-Charakteren geben. Von diesen Plänen war aber zuletzt nichts Neues mehr zu hören.

Hey Arnold!

Im Mittelpunkt von „Hey Arnold!“ steht der nachdenkliche neunjährige Waisenjunge Arnold, der bei seinen Großeltern in deren Pension lebt. Besonderes Kennzeichen des Jungen ohne Nachnamen ist sein Kopf, der die Form eines Footballs hat („Footballschädel“). Zusammen mit seinem besten Freund Gerald und den anderen Kindern der vierten Klasse versucht er, mit den Problemen des Alltags umzugehen. Das Mädchen Helga ist unsterblich in Arnold verliebt, doch sie kann ihre Gefühle nicht zeigen und beleidigt stattdessen unentwegt ihren heimlichen Schwarm.

Während die Handlung der meisten Folgen amüsant ist, werden gelegentlich auch ernste Themen wie etwa der Vietnamkrieg oder Rassismus behandelt. Auffallend ist, dass Arnolds Freund Gerald ein Afroamerikaner ist und ein weiteres Kind dem Judentum angehört. Sämtliche Figuren besitzen unterschiedliche Kopfformen, um den Toleranzcharakter der Serie zu unterstreichen und zu verdeutlichen, dass äußere Merkmale von Menschen zu vernachlässigen sind. Serienschöpfer Craig Bartlett ist großer Fan der „Peanuts“. Er veranlasste, dass die Figuren in „Hey Arnold!“ nach dem Vorbild der Serie von Charles M. Schulz ausschließlich von Kindern synchronisiert werden, anstatt wie sonst üblich von professionellen erwachsenen Synchronsprechern, die ihre Stimme kindlich verstellen. Dies wurde auch in der deutschen Synchronfassung umgesetzt.

„Hey Arnold!“ wurde zwischen 1996 und 2004 produziert und brachte es während dieser Zeit auf fünf Staffeln mit insgesamt 100 Folgen. 13 Jahre nach dem Serienende wurde ein neuer „Hey Arnold!“-Fernsehfilm produziert, für den erneut Craig Bartlett verantwortlich zeichnet. „Hey Arnold: Der Dschungelfilm“ setzt dort an, wo die Zeichentrickserie im Jahr 2004 endete. Es werden offene Fragen beantwortet und frühere Storylines aufgegriffen. So begibt sich Arnold mit seinen Freunden auf eine große Reise, um endlich seine verschwundenen Eltern zu finden. Die komplette Serie ist in Deutschland als SD on Blu-ray* erhältlich.

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