Geschichte im Südwesten Folge 41: Pfalzgeschichten: Neusiedler und Auswanderer
Folge 41
41. Pfalzgeschichten: Neusiedler und Auswanderer
Folge 41
Weinberge, Mandelblüte, Feigen und Pfirsiche – die Pfalz gilt als die „Toskana Deutschlands“. Schwer vorstellbar, dass das Leben für die Menschen in dieser „gesegneten Landschaft“ jahrhundertelang vor allem von Kriegen und Not geprägt war, dass sie immer wieder von vorne anfangen mussten und dass viele Pfälzer keinen anderen Ausweg sahen, als ihre Heimat zu verlassen. Der Dreißigjährige Krieg und vor allem der Pfälzische Erbfolgekrieg hinterließen Tod und Verwüstung in der Pfalz. Nahezu 80 Prozent der Bevölkerung waren vertrieben oder getötet worden. Ihre Dörfer, ihre Kirchen, die mächtigen Dome und Burgen waren zerstört. Aus ganz Europa wurden damals Siedler in die Pfalz geworben: Tiroler, Italiener, Sachsen, Luxemburger und Menschen, die wegen ihrer Religion verfolgt wurden, wie die Mennoniten aus der Schweiz oder die Hugenotten aus Frankreich. Sie alle fanden in der Pfalz Zuflucht und ein neues Zuhause und brachten Kenntnisse aus ihrer alten Heimat mit, wie neue Landbaumethoden oder die Art, Häuser zu bauen. Die Neusiedler ließen sich auch im Pfälzer Wald nieder. Hier ist das Leben ungleich schwerer als in der Ebene, die Böden sind karg und werfen kaum Ertrag ab. Die Menschen lebten von allem, was der Wald hergab, trieben ihr Vieh in die Wälder und bauten Kartoffeln an. Doch oft reichte das Wenige nicht zum Überleben, bedrohten Kartoffelfäule oder das
Verbot, Holz zu sammeln, die Existenz. Erneut blieb vielen nichts anders übrig, als ihre Heimat zu verlassen und auszuwandern. Vor allem in Nord- und Südamerika, aber auch in Osteuropa fanden sie ein neues Zuhause. Ein paar findige Pfälzer wurden zu Berufsmusikern. Zunächst spielten sie auf Dorffesten und Hochzeiten in der näheren Umgebung, später bereisten sie ganz Deutschland, und ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Kapellen aus dem westpfälzischen „Musikantenland“ überall auf der Welt unterwegs. Über Jahrhunderte wurde die Pfalz vom Kommen und Gehen geprägt. Heute sind überall auf der Welt Menschen zu finden, die Pfälzer Wurzeln haben. Und die Pfälzer „daheim“ haben ihre Wurzeln in der ganzen Welt. Die Pfalz vereinigt sehr verschiedene Regionen: vom einstigen „Armenhaus“ bis zur „Toskana“ Deutschlands, von der lieblichen Südpfalz, der herberen Westpfalz, der Industriezone nahe des Rheins bis zum größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands, dem Pfälzer Wald. Rhein, Wald, Wein – aber auch steinerne Zeugen einer Vergangenheit, in der die Pfalz ein Zentrum kirchlicher und weltlicher Macht war, prägen ihr Bild. Wie schon bei den „Schwarzwaldgeschichten“ erzählen die Autoren Harold Woetzel und Tilman Büttner Geschichten von Menschen und ihren Schicksalen. Mit aufwendigen Reenactments und Computeranimationen machen sie die Kultur und Geschichte der Pfalz erlebbar. (Text: SWR)