Wikiriders

D / MEX 2024 (60 Min.)
  • Essay

Die Filmerzählung ist nicht-linear und alogisch und entwickelt sich als semi-dokumentarische filmische Recherche um den Wikipedia-Artikel zu einer einflussreichen mexikanischen Familie mit dem fiktionalisierten Namen Flussmartìn. Drei Personen, verkörpert von Clarer Winter, Miiel Ferráez und Megan Marsh, durchqueren Mexiko und den Südwesten der USA mit dem Auto. Sie sind mit aus Western bekannten Accessoires wie Cowboyhüten und -stiefeln ausgestattet. Der Untertitel des Films „Ein digitaler Rache-Western“ verstärkt das Motiv. Dabei bewegen sie sich auf der Handlungsebene vorgeblich auf den Spuren der pseudonymisierten Familie Flussmartìn und beziehen sich auf der Dialogebene auf Wikipedia-Artikel zur Familie und zur Geschichte Mexikos. Das Ziel ihrer Suche ist ein in den USA lebender Nachkomme dieser Familie. In Gesprächen setzen sie sich mit Fragen zur Kolonialgeschichte Mexikos aus postkolonialer Perspektive auseinander, etwa zur Rolle Maximilians I., des habsburgischen Kaisers in Mexiko im 19. Jahrhundert, und der Frage, ob Biermarken in Mexiko als politisches Statement anzusehen sind. Im Verlauf ihrer Fahrt besuchen sie das Texas Rangers Museum of Law Enforcement in Waco und einen Amerikaner, der als Dr. Wiki vorgestellt wird. Dieser offenbart ihnen im Stil einer Enthüllungsreportage US-amerikanischer Machart scheinbare Geheimnisse aus den Tiefen der Wikipedia-Versionsgeschichte und verweist auf Edits eines fiktiven Benutzers namens justus_2016, offenbar identisch mit dem gesuchten jungen Mitglied der Familie Flussmartìn, welches nunmehr als Filmemacher und Guru in den USA lebt. Sie widmen sich in Texas lokalen Bräuchen, wie dem Tortilla-Weitwurf von der Hängebrücke und versuchen, in der Sonne ein Ei auf dem Autodach zu braten. Am Mississippi River besuchen sie einen Friedhof, in der Hoffnung, Informationen über die Bank der Flussmartìns zu finden, und eine Queerparty. Nach der Party reflektieren Clarer und Megan die eigenen Western-Outfits und die Rolle des Westerns sowohl als Filmgenre als auch in ihrem Film, dessen Teil sie sind. „Maybe we’re just haunting Cowboyism“, sagt Megan (dt.: Vielleicht jagen wir dem Cowboysein nur hinterher.) und Clarer erwidert: „But nevertheless, with a new fiction we also create a new reality.“ (dt.: Trotzdem erschaffen wir mit einer neuen Fiktion auch eine neue Realität.) Der Film endet mit einem nicht nummerierten Kapitel, das mit Spekulative Zukunft überschrieben ist: während Clarer und Megan über einen endlos wirkenden Holzsteg laufen, der sich über einem nicht näher bezeichneten Sumpfgebiet erstreckt, sprechen sie darüber, dass es ihnen gelungen ist, die gesuchte Zielperson vor die Kamera zu bekommen, sie hätten ihn „erschossen“, seien „jedoch über das Ziel hinausgeschossen“. Während sie in dieser spekulativen Zukunft „darauf warten, dass der Rest der Welt sie einholt“, wie Clarer es formuliert, vermutet Miiel in einer Art Wikipedia-Insider-Metapher, dass sie sich vielleicht einfach gemeinsam mit der Zielperson archiviert hätten: „Our stories are over, at least for now.“ (dt.: Unsere Geschichten sind zu Ende, zumindest vorläufig.)

Dieser Text basiert auf dem Artikel Wikiriders aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

Original-Kinostart 22.02.2024 (D)

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