Ufos über Moljobka

Moljobka ist ein 465-Seelen-Dorf 2 500 Kilometer östlich von Moskau. Die Grenze zu Asien ist nah. Seit rund zehn Jahren gilt Moljobka als letzte Station vor einer „Anomalie-Zone“, in der man, so sagen es die örtlichen Kenner, seltsame Erscheinungen beobachten kann. Angeblich sollen hier regelmäßig Außerirdische landen. Was für die einen unbedingte Gewissheit, betrachten andere als puren Unsinn. Überhaupt hat hier jeder seine eigenen Wahrnehmungen – und jeder sucht sich seine eigene Religion. Nachtwächter Sergej hält angebliche Schläge der Außerirdischen nur mit Wodka aus; für den Filmvorführer und seine Frau sind es die Seelen der Verstorbenen, die über das Dorf fliegen.

Nur Emil Batschurin, der pensionierte Geologe aus Perm, ist sich ganz sicher, es mit Ufos zu tun zu haben. Er führt Besucher zu den Landeplätzen, macht Propaganda für die unsicht­baren Erscheinungen. Immer wieder nähert sich der Dokumentarist Eduard Schreiber in dem Film mit seiner Kamera der Kirche des Dorfes. Das Gotteshaus ist seit langem verfallen. Hier wird kein Gebet mehr abgehalten. Nicht minder radikal wurde den Menschen in den vergangenen Jahren eine andere „Religion“ ausgetrieben: der Kommunismus.

Die Kolchose hat dichtgemacht; jeder im Dorf nahm sich, was er brauchte. Das ist das The­ma hinter der Geschichte: die Verlassenheit der Menschen, ihr Leben ohne Mitte, ihre Suche nach Sinn und Spiritualität. Eduard Schreiber erzählt vom Überlebenskampf in Moljobka, ohne besserwisserischen Kommentar, ohne distanzierende Ironie. Stattdessen verfügt der Film über eine Fülle praller, sinnlicher Bilder und Szenen und bietet Raum für den ganz eigenen Humor seiner Menschen.

Als „Metapher für die Menschheit am Ende des 20. Jahrhunderts“ verstand ein Kritiker diesen Dokumentarfilm. Er wurde auf den Berliner Filmfestspielen 2000 im Rahmen des Internationalen Forums des jungen Films uraufgeführt.