Stronger

Jeff Baumann ist ein charmanter Loser, der mit 27 Jahren noch bei seiner Mutter wohnt. Seinen Job im Supermarkt hat er nicht im Griff, lieber hängt er mit seinen Kumpels in der Bar ab und schaut sich Spiele der Red Sox an. Eben hat ihn seine Freundin Erin wieder einmal verlassen, denn sie erwartet mehr vom Leben. Um sie zurückzugewinnen, beschliesst er, ihr im Zielraum des Boston-Marathon zuzujubeln. Ausgerechnet an dem Ort, an dem am 15. April 2013 gegen 14:50 Uhr zwei Sprengsätze detonieren, die drei Menschen in den Tod reissen und über 260 weitere verletzen. Auch Jeff wird schwer verletzt, ihm werden von der Detonation beide Unterschenkel weggerissen.

Familie und Freunde harren im Krankenhaus an seiner Seite aus, auch Erin ist bei ihm am Krankenbett. Kaum hat er das Bewusstsein wiedererlangt, wird Jeff vom FBI befragt. Er erinnert sich an einen der Täter, dem er direkt in die Augen gesehen hat. Mithilfe seiner Beschreibung wird der Flüchtige gestellt und Jeff wird zum Helden wider Willen. Er wird zum Symbol von «Boston Strong», dem Slogan, der nach dem Attentat der ganzen Stadt Mut zusprechen sollte.

Doch für ihn beginnt ein beschwerlicher Weg zurück ins Leben. Denn obwohl ihn auch seine Familie als Helden feiern möchte, sieht Jeffs Realität ganz anders aus. Mühsam muss er mit seinem versehrten Körper die alltäglichsten Abläufe wieder erlernen. Mit Sarkasmus macht er sich über seine Behinderung lustig, und verfällt ihm nächsten Moment in Selbstmitleid und Depressionen. Stets an seiner Seite versucht Erin ihm über die schwierige Zeit hinweg zu helfen. Die Situation schweisst die beiden zusammen, doch es gilt auch viele Krisen zu überwinden.

«Stronger» von David Gordon Green basiert auf der Autobiografie des realen Jeff Baumann, der beim Attentat beide Beine verlor und durch ein Foto berühmt wurde, das ihn unmittelbar nach der Detonation am Boden zeigt. Der Film stellt nicht das Attentat und die Suche nach dem Täter in den Vordergrund, sondern fokussiert ganz auf den Protagonisten und den Blessuren, den körperlichen und psychischen, die dieser davongetragen hat. Green umschifft die übliche Hollywoodsche Hochstilisierung des Protagonisten zum Helden, in dem er sich stark auf die Schwierigkeiten von Jeff konzentriert und sein zwar liebevolles, aber durchaus auch problematisches Umfeld mit der alkoholkranken und teils übergriffigen Mutter in kritischem Licht zeigt. Auch den starken Schauspielern, allen voran Jake Gyllenhaal in einer bewegenden Performance und Miranda Richardson als seiner Mutter, ist es zu verdanken, dass diese Nähe zur Realität grösstenteils gelingt. (Text: SRF)