„Crossfire – Tod in der Sonne“: Urlaub auf eigene Gefahr – Review

Britische Miniserie im ZDF entfacht spannenden Überlebenskampf

Rezension von Christopher Diekhaus – 27.08.2023, 15:00 Uhr

Nach dem Angriff nimmt Jo (Keeley Hawes) das Heft in die Hand. – Bild: BBC
Nach dem Angriff nimmt Jo (Keeley Hawes) das Heft in die Hand.

Die Seele baumeln lassen, die Akkus wieder aufladen, Alltagssorgen für einige Tage vergessen – der Urlaub ist uns heilig und will mit Haut und Haar genossen werden. Was aber, wenn die geliebte Auszeit zu einem Albtraum mutiert, nicht nur alte Konflikte hochkochen, sondern plötzlich unser Leben auf dem Spiel steht, Gewalt von jetzt auf gleich in die Entspannungsoase eindringt? Sind wir nicht gerade dann besonders verletzlich, besonders gelähmt, weil wir uns mehr noch als zu Hause nur auf das Positive, das Schöne konzentrieren und das Hässliche, das Schreckliche der Welt mit aller Macht ausblenden?

Wie es sich anfühlt, wenn das Grauen über ein Ferienparadies hereinbricht, zeichnet die britische Miniserie „Crossfire – Tod in der Sonne“ trotz einiger erzählerischer Irrwege recht eindringlich nach. Zumindest sackt die Spannung in den ersten beiden Folgen der hierzulande in vier knapp 45-minütigen Kapiteln ausgestrahlten BBC-Produktion (im Original sind es nur drei Episoden à 60 Minuten) nie dramatisch ab. Am Montag, den 28. August um 22:15 Uhr sind die ersten zwei Folgen im ZDF zu sehen.

Gibt es etwas Besseres, als mit Familie und Freunden in einem schmucken Resort zu residieren und die Beine hochzulegen? Ex-Polizistin Jo (Keeley Hawes) hat den gemeinsamen Urlaub auf Teneriffa angestoßen und möchte endlich einmal auf andere Gedanken kommen, sich nicht mit ihren Eheproblemen belasten. Doch dummerweise hat sie auch diese während ihrer Reise im Gepäck. Allzu gut ist es um die Beziehung mit ihrem Gatten Jason (Lee Ingleby) nicht mehr bestellt. Das wird schon bei der Ankunft klar, als sie ihren Kindern erlaubt, zum Strand zu gehen, obwohl ihr Mann zuvor etwas anderes gesagt hat. Wie tief der Karren im Dreck steckt, lässt ein Streit beim abendlichen Zusammensitzen erahnen. Jason redet verächtlich über seine Frau, nimmt es ihr spürbar übel, dass er nur in Teilzeit arbeitet und sie tatsächlich plant, in den Polizeidienst zurückzukehren. Du weißt gar nicht mehr, wie man richtig rennt!, lautet eine seiner herablassenden Bemerkungen, auf die Jo nur wenig später die passende Antwort geben kann. Denn laufen muss sie immer wieder, als vermummte Angreifer den Hotelkomplex in ein Schlachtfeld verwandeln.

Inszeniert wird die Erstürmung von Regisseurin Tessa Hoffe („Kin“) als Sinfonie aus Schüssen, Schreien, panisch umherstolpernden Menschen, verwackelten Bildern und schnellen Schnitten. Ein kompetent arrangiertes Durcheinander, das die Todesangst der völlig überrumpelten Resort-Gäste greifbar macht. Nicht mehr und nicht weniger. Jo, ihre Liebsten und der restliche Anhang werden durch die Attacke erwartungsgemäß getrennt, sodass die Miniserie fortan ständig zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Schauplätzen hin- und herspringen kann. Über zu wenig Dynamik brauchen wir uns sicher nicht beklagen. „Crossfire – Tod in der Sonne“ bleibt im Fluss, schaltet nur selten in den Leerlauf.

Jo (Keeley Hawes) und Mateo (Hugo Silva) wollen dem Grauen ein Ende setzen. ZDF

Im Angesicht der Bedrohung durch die anfangs schattenhaften, wahllos auf die Hotelbewohner schießenden Eindringlinge bekommt Jo die Chance, ihre Selbstzweifel auszuradieren, die – so erfahren wir etwas verzögert – ihre Polizeilaufbahn beendet haben. Gemeinsam mit Mateo (Hugo Silva), einem Bediensteten der Ferienunterkunft, der offenbar für die Sicherheit im Haus zuständig ist, hastet sie bewaffnet durch das einsam gelegene Gebäude, das sich mit seiner braun-roten Farbgebung bestens in die staubig-karge Landschaft einfügt. Auf der Suche nach ihren Kindern und einer Möglichkeit, die Angreifer zu stoppen, muss Jo über sich hinauswachsen, gegen ihre eigene Unsicherheit ankämpfen.

Am stärksten ist die Miniserie immer dann, wenn sie die Anspannung, auch über eine nervöse Kameraarbeit, beinahe unverstellt einfängt, die im Resort festsitzenden Charaktere um Ecken schleichen lässt und mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Nicht zuletzt dank einer wenig originellen, dafür aber hochfunktionalen Musikuntermalung gibt es regelmäßig Momente, die unsere Nerven im positiven Sinne strapazieren. Etwas genauer hätte man dabei allerdings den Aufbau des Ferienkomplexes, die Lage der einzelnen Settings beschreiben können. Nicht immer ist klar, wie weit einzelne Orte voneinander entfernt sind.

Zieht Angreifer Flavio (Pol Sanuy) den blutigen Plan bis zum Ende durch? ZDF

Schriftstellerin Louise Doughty, die „Crossfire – Tod in der Sonne“ entwickelt hat, gibt sich mit dem nackten Überlebenskampf nicht zufrieden. Mehrfach flechtet sie Rückblenden in die Handlung ein, die uns die Figuren näherbringen, ihnen etwas mehr „Fleisch“ geben sollen – was jedoch nur bedingt Früchte trägt. Dass sich Jo aufgrund ihrer Ehekrise in eine Affäre mit Chinar (Vikash Bhai), dem besten Freund ihres Mannes, flüchtet, ist ein Klischee, das dem Geschehen in den ersten beiden Folgen kein besonderes dramatisches Gewicht verleiht. Interessanter könnte da schon die Backstory des jungen Attentäters Flavio (Pol Sanuy) sein, der in der zweiten Episode häufiger in den Blick gerät. Was sind seine Gründe für den Angriff? Und könnte bei ihm vielleicht ein Sinneswandel einsetzen? Einen gefestigt-skrupellosen Eindruck hinterlässt er zumindest nicht.

Dass die Miniserie zwischendurch Ausdruckskraft einbüßt, liegt vor allem an zwei Dingen: Das Stilmittel der Zeitlupe wird von der Regisseurin etwas zu inflationär verwendet. Anstatt bestimmte Momente mit Bedeutung aufzuladen, kommt dieser Inszenierungskniff eher aufgesetzt daher. Überflüssig, um nicht zu sagen prätentiös, wirken außerdem die pseudophilosophischen Voice-over-Kommentare Jos, die dem Terror im Urlaubsparadies krampfhaft eine schicksalhafte Note verleihen. Manchmal ist es eben doch besser, den Ball flach zu halten und eine im Kern einfach gestrickten Geschichte nicht zu sehr zu überhöhen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden von insgesamt vier Folgen der Miniserie „Crossfire – Tod in der Sonne“.

Meine Wertung: 3,5/​5

Die ersten beiden Folgen der Miniserie „Crossfire – Tod in der Sonne“ laufen am Montag, den 28. August ab 22:15 Uhr im ZDF. Eine Woche später erfolgt die Ausstrahlung der letzten beiden Episoden.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Das wäre auch die Frage, die ich eher stellen würde.
    • am via tvforen.de

      GerneGucker schrieb:
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      > >
      > Für mich ergibt das durchaus Sinn. Die
      > psychologische Intensität der darin gezeigten
      > Tötungen war dem Sichtungsgremium vermutlich zu
      > hoch, um diese Folge guten Gewissens auch einem
      > jüngeren Publikum zu empfehlen.
      >
      >

      Aber war das in den ersten beiden Folgen anders?
      • am via tvforen.de

        [Spoiler]

        Für mich ergibt das durchaus Sinn. Die psychologische Intensität der darin gezeigten Tötungen war dem Sichtungsgremium vermutlich zu hoch, um diese Folge guten Gewissens auch einem jüngeren Publikum zu empfehlen.

        [/Spoiler]
        • am via tvforen.de

          Für Rückblicke habe ich eigentlich gar nichts übrig, aber die scheinen ja in letzter Zeit immer mehr in Mode zu kommen....
          • am via tvforen.de

            Warum die Folge 3 für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet ist bleibt mir ein Rätsel.
            • am

              Die erste Folge ist noch ganz in Ordnung, dann nichts was man nicht schon irgendwo irgendwie gesehen hat. Leider ist die Hauptdarstellerin als ehemalige Polizistin sehr unglaubwürdig, wie sie mit der Waffe umgeht.
              Wäre als normal langer Film völlig ausreichend. In den vier Folgen zieht es sich dann doch sehr.
              • am via tvforen.de

                Also, ich fand das insgesamt sehr langatmig und durch die Rückblicke, Personenkonstellationen, Zeitverschiebungen eher verwirrend. Die Musik hat dazu das Ihrige beigetragen, dass ich es zweimal versucht habe und beide Male eingeschlafen bin.
                • am

                  Die Darstellung, wie hier viele Akteure agiert haben, war schon wenig logisch und sehr stümperhaft.
                  • am via tvforen.de

                    Ich werde mir das ganze als 180 Minuten Film in der Mediathek anschauen.
                    • (geb. 1980) am

                      Ich schau allein schon wegen Keeley Hawes rein. Ich fand sie ganz stark in Bodyguard oder The Missing.
                      • am via tvforen.de

                        Ondina schrieb:
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                        > Habe mir gestern die erste Folge angesehen, ein
                        > viel versprechender Start. Bin gespannt auf die
                        > Fortsetzung.


                        Ja, fand ich auch. Ganz nett :)
                        • am

                          Die ersten 2 Folgen haben mir durchaus gefallen.
                          Allerdings hätte ich von einer ehemaligen Polizistin einen professionelleren Umgang mit Schusswaffen erwartet.
                          • am via tvforen.de

                            Klint ganz interessant. Keeley Hawes mag ich schon aus "Ashes to Ashes". Habs mir für nachher mal programmiert
                            • am via tvforen.de

                              Habe mir gestern die erste Folge angesehen, ein viel versprechender Start. Bin gespannt auf die Fortsetzung.

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