Prosit, „Kobra, übernehmen Sie“
Vor 45 Jahren startete die Originalserie „Mission: Impossible“ – von Ralf Döbele
Ralf Döbele – 17.09.2011, 08:37 Uhr
Hätte eine Serie wie „Kobra, übernehmen Sie“ ohne den politischen Hintergrund des Kalten Krieges überhaupt je auf so fruchtbaren Boden bei den Zuschauern fallen können? Dabei war das IMF-Team nie in der Sowjetunion aktiv. Stattdessen sprach die Stimme auf dem Tonband oft von einem ominösen „Feind“ hinter dem Eisernen Vorhang, in dessen Hände die chemische Formel, der Mikrofilm oder die Massenvernichtungswaffe der Woche gefallen ist. Außerdem ist die „Kobra“-Welt angereichert mit zahllosen Zwergstaaten, die immer mal wieder Ärger machen: „Santa Costa“ versteckt eine Atombombe in einem Hotelsafe („Eine explosive Rolle“), „Povia“ steht kurz vor einem gewalttätigen Putsch, sollte kein Thronfolger gefunden werden („Das Geheimnis der Schatulle“), und das „Königreich Karak“ und die „Republik Agir“ konnten sich eh noch nie wirklich leiden („Nitroglyzerin“).
Selbst äußerst deutsch anmutende Länder, geteilt in Ost und West waren keine Seltenheit. Eines bot sogar eine Fluchtmöglichkeit durch einen Tunnel, dessen vermeintlicher Eingang in einem Banktresor versteckt war („Tunnel in den Tod“). Regelrechten Stasi-Methoden wurde Cinnamon Carter unterworfen. Die feindlichen Agenten nutzen ihre Platzangst aus, um sie zu foltern, bevor sie an einem Grenzübergang wieder befreit werden konnte („Agentenaustausch“). Geschah dies an der Grenze zwischen BRD und DDR? Interpretationssache.
Für das IMF-Team war es jedenfalls stets ein großer Vorteil, dass sie scheinbar ohne Mühe die Sprache des Feindes beherrschten. Ein bisschen die Stimme mit einem rau klingenden Akzent anreichern und schon ist man dabei – ein kultiges Detail, das in der deutschen Synchronisation vollkommen untergeht. Dabei ist die von Bruce Geller erfundene und stets sichtbare, pseudo-ausländische Sprache oft auf diversen Hinweisschildern, Gebäuden oder Autos im Feindesland sichtbar. Natürlich konnte die Sprache des Gegners nie so fremd sein, dass sie US-Zuschauer nicht mehr verstehen: „Machina Werke“ (Maschinenfabrik), „Zöna Restrik“ (beschränkter Zugang), „Militik Poliz“ (Militärpolizei) oder das stets populäre „GÄZ“ (Gas) sorgten immer wieder bei genauen Beobachtern für das ein oder andere Schmunzeln.
„Guten Morgen, Mr. Phelps … gute Nacht, Miss Carter“
Eigentlich hätte Paramount Pictures, das die Desilu-Studios 1967 gekauft hatte, mit der Entwicklung von „Mission“ vollkommen zufrieden sein können. CBS war es auf jeden Fall. Am Ende des dritten Jahres hatte die Serie Platz 11 in der Hitliste aller wöchentlichen Formate erreicht. Doch die Produktion von „Kobra, übernehmen Sie“ war alles andere als preiswert. Die Episoden überschritten ihr Budget regelmäßig – eine Situation, an der vor allem Douglas S. Cramer, Vizepräsident von Paramount Television, etwas ändern wollte. Die dramatischen Folgen dieser Entscheidung waren damals wohl kaum absehbar. Zunächst scheiterten die Gehaltsverhandlungen mit Martin Landau über die Mitwirkung in weiteren Staffeln. Er verließ die Serie, wohl auch weil Cramer ihn für ersetzbar hielt. Ersetzt wurde er auch prompt, mit Leonard Nimoy, der gerade seine Mr. Spock-Ohren nach drei Jahren „Raumschiff Enterprise“ an den Nagel hängen musste. In „Mission: Impossible“ verkörperte er fortan Paris, einen Zauber- und Verwandlungskünstler.
Zur gleichen Zeit verlor die Serie immer mehr an Biss. Den inhaltlichen Höhepunkt hatte „Mission“ zu diesem Zeitpunkt bereits überschritten und auch Leonard Nimoy war nicht wirklich zufrieden mit den Rollen, die er spielen musste. Abwechslung gab es für ihn genug: Er mimte einen verrückten Diktator, einen Kabuki-Künstler, einen alten Mann im Rollstuhl und sogar einen Roboter. Doch Figurenentwicklung war in dieser Serie einfach nicht möglich. Zu Gunsten des andauernden Rollenwechsels musste Nimoys Rolle Paris selbst ohne persönliche Eigenschaften bleiben. Eine Tatsache, mit der sich der Schauspieler letztendlich nicht abfinden konnte. Er blieb nur zwei Staffeln lang bei „Kobra, übernehmen Sie“.
Wie unersetzbar Martin Landau und Barbara Bain letztendlich doch für „Mission: Impossible“ waren, zeigte sich an den Einschaltquoten. Die Serie rutschte im vierten Jahr von Platz 11 auf Platz 56 in der Zuschauergunst. CBS konnte nur zusehen, wie eines seiner erfolgreichsten Formate aufgrund innerer Grabenkriege in Ungleichgewicht geriet. Für die fünfte Staffel mussten Veränderungen her, um die Quoten wenigstens zu stabilisieren.