Dominik Graf: Kritik am öffentlich-rechtlichen „Quotenstadel“

Mafia-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ startet Ende April

Michael Brandes – 04.03.2010

Dominik Graf: Kritik am öffentlich-rechtlichen "Quotenstadel" – Mafia-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" startet Ende April – Bild: ARD/Julia von Vietinghoff

Auf der Berlinale feierte Dominik Grafs neue Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ ihre Premiere. Nun steht der Sendetermin für das anspruchsvolle Mafia-Epos fest. arte zeigt die zehn Folgen ab dem 27. April dienstags gegen 22:00 Uhr. Die aufwändige Mischung aus Thriller und Familiensaga dreht sich um den Berliner Polizisten Marek Gorsky (Max Riemelt), der mit seinem Freund Sven Lottner (Ronald Zehrfeld) in der Berliner Unterwelt ermittelt (fernsehserien.de berichtete).

Graf gilt als einer der versiertesten und radikalsten deutschen Regisseure. Das übliche Krimi-Einerlei ist von ihm also nicht zu erwarten, was er im Interview mit dem Magazin „filmdienst“ bestätigt. Der Einstieg in den Mehrteiler sei bereits sehr komplex und es „kann schon sein, dass die 25 Prozent Untertitel von ein paar Fernsehfunktionären in den höheren Etagen als harte Prüfung ihrer Duldsamkeit angesehen werden“. Für Graf hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen zwei Gesichter: „Es gibt Leute, die kämpfen an vorderster Front um das Bestmögliche – man glaubt gar nicht, wie ausdauernd und wie stark und mit was für einem Willen, das Richtige zu tun. Und dann gibt es jene, die vollkommene Apparatschiks sind.“ Das deutsche Fernsehen, so Graf, „war mal mit das Beste der Welt, so lange, bis Zyniker es auf Teufel komm ’raus Richtung Quotenstadel umzubauen versuchten. Diese Entwicklung muss revidiert werden, sonst schafft sich das Fernsehen selbst ab.“

Graf vermisst nicht nur relevante deutsche (Vor-)Abendserien („Heute ist der Vorabend im deutschen Fernsehen zerstört“), ihm sind auch die aktuellen US-Genreserien oft zu glatt: „Die USA haben ja die Ehre der Fernsehserien weltweit gerettet, aber ich habe manchmal das Problem, dass diese Serien dramaturgisch zu hochfrisiert sind. Und ästhetisch zu schematisch-gestylt.“ Ähnlich sieht der Regisseur die Entwicklung im modernen Kriminalfilm, dem die Frechheit und Lockerheit fehle. Das Genre nehme sich „zu ernst, ist zu gestylt, zu cool.“ Dies passe aber zur Entwicklung der Gesellschaft: „Wir kennen unsere Schattenseiten gar nicht mehr. Wir hören auf zu rauchen, zu saufen, was lassen wir noch alles weg? Wo soll da noch interessantes entstehen? Jeder achtet halt auf seinen Cholesterinspiegel.“

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