Carolin Kebekus kritisiert mangelnde Risikobereitschaft der TV-Sender

„Angst-Entscheidungen“ seien keine Seltenheit

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 06.01.2014, 16:07 Uhr

Carolin Kebekus – Bild: RTL/Guido Engels
Carolin Kebekus

Carolin Kebekus sah sich im vergangenen Jahr mit einer sehr kurzfristigen Zensur seitens des WDR konfrontiert. In einem aktuellen Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel erläutert die Kölner Comedienne, dass es sich dabei um eine reine „Angst-Entscheidung“ des Senders gehandelt habe.

Kebekus hat 2013 mehrfach mit kirchenkritischer Satire für Aufsehen gesorgt. Kurz vor Ausstrahlung der bereits vom Sender abgesegneten Pilotfolge ihrer Show „Kebekus!“ hat der WDR die Schere angesetzt und ein Musikvideo aus der Sendung geschnitten (fernsehserien.de berichtete). „Ich glaube, die Kirche selbst hätte sich daran gar nicht so sehr gestört“, vermutet Kebekus im Spiegel. Vielmehr sei ins Gewicht gefallen, dass die Aufregung um das Video ungünstig mit der bevorstehenden Amtseinführung des neuen WDR-Intendanten Tom Buhrow zusammengefallen ist. „Daran war ja die Vergabe weiterer wichtiger Posten im Haus geknüpft. Deshalb wollte dort keiner ein Risiko eingehen, das ihm womöglich den Aufstieg verbaut hätte. So eine Haltung strahlt bis in die unteren Gefilde einer solchen Anstalt aus.“

In besagtem Video ist die Komikerin verkleidet als Nonne und Messdiener zu sehen, während sie provokante Textzeilen wie „Danke für meine Angst vor Schwulen, danke für das Kondomverbot“ rappt. Besonders eine Szene, in der Kebekus an einem Kruzifix leckt, erregte die Gemüter. Aus Angst vor empörten religiösen Zuschauern war infolgedessen nur eine verstümmelte Version der Originalsendung zu sehen.

Inzwischen gab es ein Treffen zwischen Kebekus und Buhrow, das harmonisch abgelaufen ist. „Die Stimmung war gut, der 1. FC Köln hatte gerade gewonnen, und wir sind beide Fans“, erzählt die Kölnerin. Dennoch seien derart ängstliche Haltungen und panische Entscheidungen auch bei anderen Sendern – sowohl öffentlich-rechtlich als auch privat – keine Seltenheit. „Viele Redakteure interessieren sich nur für einen, solange man ihnen Quoten oder Profit beschert“, beklagt die Komikerin. Darüber hinaus würde kaum ein Sender noch Künstler aufbauen. Als rühmliche Ausnahme nennt sie das ZDF. „Dass die sich getraut haben, so etwas wie die ‚heute-show‘ zu entwickeln finde ich enorm. [ …] Vielleicht haben alle im Sender, die dieses Format hätten verhindern können, einfach nur gepennt.“

Trotz des unnötigen Ärgers mit dem WDR befindet sich Carolin Kebekus’ Karriere im Aufwind. Im Oktober gewann sie erstmals den ‚Deutschen Comedypreis‘ als ‚beste Komikerin‘ und löste damit die vierfache Titelverteidigerin Cindy aus Marzahn ab. Am 31. Januar und 7. Februar strahlt außerdem RTL in zwei Teilen ihr Solo-Bühnenprogramm „Pussy Terror“ jeweils um 23:15 Uhr als TV-Premiere aus.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Die heute-show oder auch die Anstalt sind nach Jahrzehnten als satirebefreite Zone bestenfalls harmlose Betriebsunfälle des ZDF.

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    Schlimm dran ist der, der etwas zu sagen hat, aber keine Zuhörer findet.
    Schlimmer dran sind Zuhörer, die niemanden finden, der etwas zu sagen hat.

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