Dokumentation in 3 Teilen, Folge 1–3

  • Folge 1 (30 Min.)
    Ein Anruf aus Kiel bringt Unruhe in Glückstadt an der Elbe: Ein Vertreter des Innenministeriums Schleswig-Holsteins teilt der Bürgermeisterin Manja Biel telefonisch mit, dass die Behörde eine Abschiebehaftanstalt in der idyllischen Kleinstadt plane. „Das wünscht sich keiner, dass seine Stadt eins zu eins mit einer Abschiebehafteinrichtung genannt wird“, sagt die parteilose Bürgermeisterin. Für den damaligen Innenminister von Schleswig-Holstein, Hans-Joachim Grote (CDU), ist es eine „notwendige Einrichtung“, denn „wer nicht hier bleiben darf, muss das Land wieder verlassen.“
    Eine dreiteilige Doku-Serie zeigt eindrucksvoll, wie schwierig es sein kann, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Jede*r hat seine eigene Perspektive auf die Abschiebehaftanstalt, seine eigene Wahrheit. Eine ehemalige Marinekaserne soll nach dem Willen der Landesregierung Schleswig-Holstein zur Abschiebehaftanstalt umgebaut werden, in der zukünftig 60 Ausreisepflichtige aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern inhaftiert werden können. Frank Thurow aus Kiel ist Mit-Initiator einer Gegenbewegung und möchte die Menschen vor Ort aufrütteln: Abschiebehaft ist illegal, in Glückstadt und überall, skandiert er bei der Demo, die durch Glückstadt führt.
    Für Frank verstoße die Abschiebehaftanstalt gegen „elementare Menschenrechte“. Er fragt sich: Warum werden die da weggesperrt? Die haben doch nichts verbrochen. Anwohner Jürgen Fehrs aber bewegen zunächst andere Sorgen. Der Rentner lebt direkt neben der ehemaligen Kaserne und fürchtet sich vor möglichen Ausbrüchen. Bisher fühlte er sich hier immer sicher, auch 2016, als in der ehemaligen Kaserne bis zu 1800 Geflüchtete lebten. „Die waren freundlich, die hatten Perspektiven.“ Aber was jetzt käme, das sei nicht mehr positiv. Auch seine Ferienwohnung könne er dann nicht mehr gut vermieten. Glückstadt und seine rund 11.000 Einwohner*innen leben auch vom guten Ruf als weltoffene Stadt.
    Seit über 50 Jahren gibt es hier die traditionellen Matjeswochen, die vor der Corona-Pandemie allein rund 100.000 Besucher*innen anlockte. Der geplante Umbau der Kaserne zur Abschiebehaftanstalt passe einfach nicht zum Image der Stadt, meint Bürgermeisterin Biel. Es sei aber leider eine Entscheidung des Landes, die vor Ort umgesetzt werden müsse. Ob man es will oder nicht. Nur der Bauausschuss der Gemeinde könnte das Bauvorhaben des Landes noch stoppen. Vor allem die Höhe der Mauer, die die Abzuschiebenden an einem Ausbruch hindern soll, sorgt für Unverständnis. Wie werden die Gemeindevertreter*innen am Ende entscheiden? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.09.2021NDR
  • Folge 2 (30 Min.)
    Wie nennt man eine Inhaftierung, die keine sein soll? Wie geht der Staat mit Menschen um, die kein Bleiberecht haben und das Land gegen ihren Willen wieder verlassen sollen? Und was bedeutet eigentlich Abschiebehaft? Auf diese Fragen gibt es ganz unterschiedliche Antworten, Perspektiven und Wahrheiten. In der zweiten Folge von „Glückstadt und die Abschiebehaft“ prallen sie aufeinander. In der idyllischen Kleinstadt Glückstadt an der Elbe will das Land Schleswig-Holstein eine Abschiebungshaftanstalt für 60 Insassen einrichten und stößt damit auf Widerstand.
    Nicht nur in Glückstadt, auch außerhalb der Stadt. Da ist der Anwalt für Migrationsrecht, Peter Fahlbusch, der bundesweit inzwischen schon über 2000 Menschen in Abschiebehaftverfahren vertreten hat. Bei der Hälfte seiner Mandant*innen stellte sich heraus, dass sie rechtswidrig inhaftiert waren, was rechtskräftige Entscheidungen belegen. Das sei eine viel zu hohe Fehlerquote für einen Rechtsstaat, findet Fahlbusch und befürchtet, dass in Glückstadt „mit diesem neuen Gefängnis weitere Gefangene inhaftiert werden, die zu Unrecht in Haft sitzen.“ Die Landespolitikerin Aminata Touré von Bündnis 90/​Die Grünen, deren Partei für die neue Abschiebungshaftanstalt in Glückstadt gestimmt hat, zweifelt und glaubt, dass der Weg der freiwilligen Rückführung ein viel besserer Weg sei „als mit solchen Mitteln zu arbeiten.“ Und da ist Eshan Abris, der schon einmal in Abschiebehaft saß.
    Im Gefängnis sei es wie im Koma zu sein. „Man ist kein Mensch mehr. Ich glaube für die europäischen Regierungen sind nur Europäer Menschen.“ Die Verantwortlichen nennen das Konzept der zukünftigen Einrichtung: Wohnen minus Freiheit.
    Und der damalige Innenminister von Schleswig-Holstein, Hans-Joachim Grote (CDU), erklärt das so: „Es wird eben nicht das sein, was Freiheit ist, mich völlig frei zu entfalten. Aber ich kann mich auch in diesem Gebäude entfalten.“ Frank Thurow von der Gegeninitiative findet, dass durch diese Sprechweise „das Ganze bagatellisiert“ wird. Der Bauausschuss der Gemeinde genehmigt schließlich das Bauvorhaben des Landes. In der ehemaligen Kaserne werden Bauarbeiten beginnen und damit auch die umstrittene Mauer, die sechs Meter in den Himmel ragt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.09.2021NDR
  • Folge 3 (30 Min.)
    Einer spricht von den „Untergebrachten“, statt von Häftlingen, für den anderen dient Abschiebehaft dazu, den Menschen „zu entmündigen und zu entmenschlichen“. Der eine ist der zukünftige Leiter der Abschiebehaftanstalt in Glückstadt, Frank Kleinert, der andere ist Frank Thurow. Jeder hat seine Perspektive auf die Abschiebehaftanstalt, die im idyllischen Glückstadt an der Elbe entsteht. In der dritten Folge von „Glückstadt und die Abschiebehaft“ bereiten sich die verschiedenen Akteure auf die geplante Eröffnung der Anstalt vor.
    Schon bald sollen die ersten Abschiebehäftlinge aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in der ehemaligen Marinekaserne untergebracht werden. In der Stadt bereiten sich Kirchenvertreter*innen und Gemeindemitglieder darauf vor, wie sie den Menschen helfen könnten. Geflüchteten, die zurück an den Ort müssen, von dem sie einst geflohen sind? Für die es das Ende eines Traums ist, das Ende eines Weges? Engagierte Mitglieder von Gegenbewegungen von außerhalb versuchen weiter hartnäckig, die Glückstädter aufzuklären, was Abschiebehaft für die Betroffenen bedeuten kann.
    Im Vereinsheim des VfB Glückstadt kommen freiwillige Helfer*innen zusammen, um zu erfahren, wie es in einem Abschiebungsgefängnis zugeht und wie man den Insassen helfen kann. Vor der Inbetriebnahme soll es einen Tag der offenen Tür für interessierte Glückstädter*innen geben, aber der steht immer mehr in Frage. Immer wieder wird der Eröffnungstermin verschoben, doch dann ist sie fertig, die umstrittene Abschiebehaftanstalt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.09.2021NDR

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