Uli Wickert sollte Willy Brandts Redenschreiber werden

Dass Ulrich Wickert nicht nur geschliffene Moderationstexte für die „Tagesthemen“ schreiben konnte, weiß man spätestens seit seinen Bestsellern zum Thema „Frankreich“. Aber dass er seine Karriere aufgrund seiner schriftlichen Ausdrucksfähigkeiten beinahe in der Politik und nicht in der ARD gemacht hätte, war bisher weniger bekannt.

In der Zeitschrift „Für Sie“ schildert der 65-Jährige, wie er kurz davor war, zum Redenschreiber von Willy Brandt zu werden. Anlässlich eines Interviews kam Wickert, der in den 70er Jahren Redakteur des Magazins „Monitor“ war, mit dem damaligen Kanzler zusammen, lernte ihn kennen und schätzen. Laut Wickert sei Brandt ein Mann gewesen, mit dem man gut reden konnte: „Unter seiner sozialliberalen Regierung wurde wirklich, wie von den 68ern gefordert, der Muff unter den Talaren gelüftet.“

Trotzdem sei Wickert 1972 weniger aus Überzeugung, sondern vor allem aus Not in die SPD eingetreten, nachdem ein WDR-Chefredakteur behauptet hatte, Wickert sei Mitglied der kommunistischen DKP. Um sich reinzuwaschen und aufgrund dieses Gerüchtes nicht Opfer des Radikalenerlasses zu werden, legte er sich also ein SPD-Parteibuch zu.

Zwei Jahre später wurde er dann gefragt, ob er Brandts Reden schreiben wolle. Daraufhin traf er sich mit dessen Referenten, einem „schrecklichen Spießer“, wie sich Wickert erinnert. Aus der versprochenen Rückmeldung wurde nichts, denn bei dem „Spießer“ handelte es sich um DDR-Spitzel Günther Guillaume, der nur wenige Tage nach dem Treffen mit Wickert enttarnt wurde. Brandt trat zurück und Wickert seinen gewohnten Dienst an – bei der ARD.