2022, Folge 173–192

1984-2017 unvollständig
  • Folge 173
    Leben wie Robinson Crusoe, auf der einsamen Insel, umgeben von Wasser und kein Nachbar in Sicht. Das ist nicht nur eine romantische Idealvorstellung, private Inseln gibt es tatsächlich. Eine eigene Insel muss kein Südseetraum bleiben, auch in Deutschland gibt es private Eilande. Das Leben auf einer Privatinsel, das klingt idyllisch, kann aber auch mühsam und einsam sein. Alles muss mit dem Boot auf die Insel transportiert werden, bei Wind und Wetter. Für kein Geld der Welt würde Jürgen Grosser seine Insel verkaufen.
    15 Millionen Euro hat man ihm schon für seine Insel geboten, er hat die Interessenten gar nicht erst an Land gelassen. Er lebt auf Ziegelwerder, einer privaten Insel im Schweriner See. Der 73-Jährige bewirtschaftet seinen Hof noch ganz allein, erntet jedes Jahr in mühevoller Handarbeit kiloweise Obst. Doch nun machen ihm ungebetene Inselgäste das Leben schwer: Wildschweine. Zwischen Hiddensee und Rügen liegt die Privatinsel Öhe. Seit 700 Jahren ist das Eiland in Familienbesitz. Hier leben Mathias und Nicole Schilling gemeinsam mit ihren beiden Töchtern.
    Hier erfüllen sie sich ihren Traum von einer Bio-Rinderzucht. Das Salzwiesenfleisch wird zur Grundlage mehrerer erfolgreicher Geschäftsideen. Die neusten Bewohner auf der Insel: Wasserbüffel. Nicht ungefährlich, die Tiere sind äußerst sensibel. Tobias Schlenker wacht als Kastellan über die einzige Insel im Starnberger See – die Roseninsel. Er, sein Partner Manni und ihr Hund Josias sind die einzigen Bewohner dort. Im Sommer wird die Insel von Touristen regelrecht überrannt.
    Nach Saison-Ende beginnt für das Paar die erholsame ruhige Zeit auf der Insel. Dann haben sie ihre exklusive Heimat wieder für sich. Farhad Vladi handelt seit 50 Jahren mit Privatinseln. Rund 3000 hat er bislang verkauft und Tausende mit eigenen Augen gesehen, von Kanada über die Seychellen bis Neuseeland. Ein Kleinod auf dem Rhein soll den Besitzer wechseln, doch strenge Naturschutzregeln machen den Verkauf kompliziert. Makler Vladi vermittelt. Eine ZDF.reportage übers Inselleben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.01.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 31.12.2021ZDFmediathek
  • Folge 174
    Wo sonst der Tourismus boomt, stellt sich ab November eine ganz eigene, unwirkliche Stimmung ein. Es gibt keine Gäste, doch es ist viel zu tun, denn die nächste Saison kommt bestimmt. Immer wieder ist Hiddensee in dieser Jahreszeit von der Außenwelt abgeschnitten. Die rund 1000 Bewohner müssen sehen, wie sie allein zurechtkommen. Jetzt im Winter schafft die raue Natur Herausforderungen und magische Momente. Wenn die Hiddenseer Wetterstation starken Westwind meldet, freut sich Henry Engels. Dann hofft der Bernsteinfischer auf reiche Beute. Bei vier Grad Celsius Wassertemperatur und stürmischer See sind die Bedingungen ideal.
    „Ich gehe erst raus, wenn alle anderen drinnen bleiben“, erzählt der Insulaner. Mit Watthose steigt er in die Brandung. Hat er Glück, spülen die Wellen Bernsteine in seinen Kescher. Manche sind faustgroß. Die besten Exemplare bearbeitet Henry Engels in der Werkstatt und stellt Schmuckstücke her. Verkauft werden sie im Sommer, wenn die Urlauber in Scharen kommen. Die Saison 2021 steckt den Hiddenseern sichtlich in den Knochen. Sie haben hart gearbeitet in den Sommermonaten – und gut verdient. Katja Syring, die in vierter Generation das „Haus Hiddensee“ betreibt, führt in der Saison das Leben einer öffentlichen Person, im Winter kann sie endlich mal wieder privat sein.
    „Ich hole jetzt alles nach, wozu ich in sieben Monaten nicht gekommen bin. Am liebsten reite ich quer über die Insel, dann weiß ich wieder, warum ich von hier nie weg will.“ Die Versorgung ist eine logistische Herausforderung. Nicht einmal der örtliche Baustoff- und Lebensmittelhändler Michael Bach verfügt über einen Lieferwagen. „Ich bin wahrscheinlich Deutschlands einziger Supermarktbetreiber ohne Auto.“ Jede Fahrt muss er mit dem Fuhrunternehmen Insellogistik koordinieren.
    Die haben immerhin zwei elektrische Zugmaschinen. Täglich ordert Bach einen Container Lebensmittel vom Festland. Der kommt mit der ersten Fähre von der größeren Nachbarinsel Rügen. Auf der Rückfahrt nimmt sie den Müll mit. Gleichzeitig organisiert Bach Baustoffe für sämtliche Arbeiten auf der Insel. Denn für Renovierungen ist im Winter Hochsaison. „Wir sind hier so etwas wie Hans Dampf in allen Gassen. Mein Sohn ist der Zimmermann von Hiddensee, meine Frau kämpft als Friseurin gegen die Sturmfrisuren.“ Rangerin Lisa Wille machen Wind und Wetter nichts aus.
    Sie liebt die Natur und auch die raue Seite von Hiddensee. Jetzt im Winter, wo es keine Exkursionen für Besucher gibt, ist sie mit ihrer freiwilligen Helferin Helene viel im Nationalpark „Vorpommersche Boddenlandschaft“ unterwegs. Die Welt der Wasservögel haben sie hier genauestens im Blick. Ebenso das Wegenetz, das im Winter runderneuert wird. „Es ist fantastisch, aus meinem Zimmer sehe ich zwei Meere – zum Sonnenaufgang den Bodden und zum Sonnenuntergang die Ostsee“, erzählt Helene aus Dresden, die sich nach dem Abi für ein Jahr auf der Insel verpflichtet hat – ihr erster Winter auf der Insel.
    Wie jeden Morgen nimmt der diensthabende Meteorologe seine Kamera, das Stativ und die Tonangel, packt alles auf einen Handwagen und zieht damit vor eine berühmte Kulisse. Unterhalb des Leuchtturms baut er alles auf, um seine Wetternachrichten zu verkünden. Dann wissen die Hiddenseer, ob sie mit der nächsten Lebensmittellieferung rechnen können oder auf ihre Vorratskammer zurückgreifen müssen. Die „ZDF.reportage“ erzählt vom Überwintern auf Hiddensee, einer Insel, die die meisten Deutschen nur im Sommer kennen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 09.01.2022ZDF
  • Folge 175
    Es trifft Boutiquen, Reisebüros und kleine Läden. Corona zwingt immer mehr Einzelhändler in die Knie, so heißt es. Doch der Onlinehandel war auch schon vorher eine ernste Bedrohung. 15 Prozent der Ladenflächen in den Innenstädten werden nach der Pandemie möglicherweise dauerhaft leer stehen. Das befürchtet eine Studie, an der die Deutsche Industrie- und Handelskammer beteiligt war. Viele alteingesessene Geschäfte müssen schließen. Familientraditionen enden, Leerstand droht, die Vielfalt beim Einkauf droht verloren zu gehen.
    „Was mich besonders ärgert, ist, dass wir ohne Eigenverschulden in diese Situation geraten sind. Man hat einfach vergessen, dass es für uns nichts bringt, öffnen zu können, wenn gleichzeitig aber keine Feste gefeiert werden dürfen“, so hadert Einzelhändlerin Nina Stäcker. In zweiter Generation führt sie das Modehaus Schumacher im schleswig-holsteinischen Linau. Das ländliche Bekleidungsgeschäft war eine Institution in der Region. Aus ganz Norddeutschland kamen die Kunden, um besondere Festtagskleidung einzukaufen.
    Das Ball- und Hochzeitsmodengeschäft hatte die Lockdowns zunächst überstanden. Doch dann zeigte sich: Mit den Kontaktbeschränkungen wurden viele Hochzeiten verschoben oder nur in kleinem Rahmen gefeiert. Das war das Ende. Besonders bitter: Firmengründer Erwin Schumacher muss tatenlos mit ansehen, wie seine Stieftochter den Laden abwickelt. „Das hätte ich mir gern erspart“, sagt der heute 87-Jährige, der einst als Vorzeigeunternehmer gefeiert worden war.
    Seine Frau Anke ist die Namensgeberin der „Trachtengalerie“, die auch zu dem Modegeschäft gehört. Sie hilft ihrer Tochter in den letzten Wochen des Ladens: „Das ist auch mein Lebenswerk, das jetzt dahingeht“, sagt sie unter Tränen. Der Schuldenberg war nach dem zweiten Lockdown so hoch, dass auch das Haus, in dem Anke und Erwin Schumacher noch wohnen, verkauft werden musste. Joachim Stoll in Frankfurt am Main hat das Sortiment seines Lederwarengeschäftes lange vor Beginn der Pandemie an seine spezielle Kundschaft in der Innenstadt angepasst.
    So glaubte er, der Konkurrenz aus dem Netz standhalten zu können. Mit seinen Taschen, Koffern und Accessoires lockte er vor allem Geschäftsreisende und Touristen aus Asien in den Laden. Doch als Corona kam, blieben diese Kunden aus. Stoll hat sich deshalb entschlossen, den Laden, der seit 1920 im Familienbesitz ist, dichtzumachen. „Der Tourismus wird sich sicher erholen, aber ob Geschäftsreisen wieder das Vorkrisenniveau erreichen, da habe ich größte Zweifel“.
    Vermieter von Innenstadtimmobilien sind alarmiert. Wird die Einkaufsstraße zum Auslaufmodell? Klaus Panne besitzt Geschäftsräume im schwäbischen Reutlingen. Die Pandemie hat den Wettbewerb zwischen Einzel- und Internethandel verändert. Pannes Beobachtung: „Viele, die früher sich nicht getraut haben, online zu kaufen, haben es jetzt in der Pandemie gelernt, wie es geht.“ Bis zum Oberbürgermeister ist der ehemalige Ladenbesitzer gegangen, um seine Sorge über die sterbende Reutlinger Innenstadt vorzutragen.
    Auch Oberbürgermeister Thomas Keck sieht, wie sich seine Stadt verändert – doch er ahnt wohl, dass auch die beste Verwaltung nicht allein gegen globale Entwicklungen ankommt: „Wir stellen einen externen Citymanager ein, der dem Einzelhandel jetzt wieder auf die Beine helfen soll. Aber insgesamt werden wir nicht mehr das alte Level erreichen.“ Die „ZDF.reportage“ berichtet über Geschäftsaufgaben nicht nur aufgrund der Pandemie und die weitreichenden Folgen für die Innenstädte. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.01.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 14.01.2022ZDFmediathek
  • Folge 176
    Der Thüringer Wald ist ein beliebtes Urlaubsziel – besonders im Winter. Schnee auf der Piste, Glühwein auf der Hütte: Das gibt es nicht nur in den Alpen. Schon zu DDR-Zeiten suchten die Menschen hier den Winterzauber. Nach der Wende verstaubte das Urlaubsimage etwas. Nun will die Wintersportregion moderner werden und anknüpfen an die erfolgreichen Jahre, als sie das Wintermekka des Ostens war. Der kleine Ort Lauscha ist weit über die Grenzen des Thüringer Waldes bekannt, vor allem wegen seiner Glasbläserei-Tradition. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts soll hier die Christbaumkugel erfunden worden sein. Nun bekommt Lauscha einen neuen Bewohner. Roger Parramore ist Glaskünstler aus Amerika.
    In Lauscha hat er ein altes Glasbläserhaus gekauft. Im Dezember 2021 kommt er mit seiner Frau zu Besuch, um das Haus einzurichten und in der Glasbläserschule Kugeln zu blasen. Auch die beiden Holländer Jhonny und Carola Uittenbroek sind schon in den Thüringer Wald gezogen. Sie haben einen kleinen Ferienpark mit Campingplatz in Gehlberg gekauft. Stück für Stück renovieren sie den DDR-Charme weg. Mit vielen Ideen und großer Energie wollen sie Urlaub für jedermann anbieten, inklusive Camping. Der Start während der Pandemie war denkbar ungünstig, aber die Uittenbroeks sind zuversichtlich, dass die Urlauber jetzt jedes Jahr mehr werden.
    Für Förster Ronny Eckhardt ist der Wintertourismus oft zu viel. Er versucht die Bedürfnisse der Natur und Holzwirtschaft den Skitouristen zu vermitteln, die oft abseits der Pisten unterwegs sind und dabei nicht merken, dass sie die Aufforstung niedersäbeln. Weil die Schneetage immer weniger werden, kommen die Skifahrer mit den ersten Flocken. Da aber muss Eckhardt eigentlich noch die Baumstämme aus dem Wald ziehen. In diesem Winter will er Stoppschilder aufstellen und Skifahrern den „Waldknigge“ erklären. Das ZDF-Landesstudio Thüringen blickt hinter die Kulissen der Winterwaldregion. Eine „ZDF.reportage“ über Macher und Alteingesessene. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 23.01.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 21.01.2022ZDFmediathek
  • Folge 177
    Was sich als Urlaubstrend in den letzten Jahren fest etabliert hat, wird auch im Winter immer beliebter: Camping in Eis und Schnee. So wird Skiurlaub auch für Familien erschwinglich.
    Viele Camping-Fans haben einen eigenen Wohnwagen, manche sogar ein luxuriöses Wohnmobil und wieder andere bauen einen Transporter selbst zum Camper-Van um und wollen darin dauerhaft wohnen und umherreisen – auch im Winter.
    Der „Alpen-Caravanpark Tennsee“ in den bayerischen Alpen ist mit circa 950 Metern der dritthöchste Campingplatz Deutschlands und bietet einen traumhaften Ausblick auf die Berge. Auf 268 Stellplätzen übernachten hier jährlich bis zu 100.000 Menschen.
    Für Familie Beyer ist der Campingplatz in den letzten Jahren zum zweiten Zuhause geworden. Während der Wintermonate verbringen Antje und Stefan mit ihren vier Kindern nicht nur die Schulferien, sondern nahezu jedes freie Wochenende in der verschneiten Kulisse. Die Großeltern stehen mit ihrem eigenen Wohnwagen gleich nebenan. Hier wird gegessen und gespielt, gefeiert und gequatscht. „Mit acht Personen in zwei Wohnmobilen, das ist schon eng“, gibt Antje Beyer zu. „Deshalb halten wir uns fast immer draußen auf. Gegen die Kälte gibt es ein einfaches Mittel: viel bewegen und viel heißer Tee.“
    Nicht nur in den Alpen haben etliche Stellplätze für Winter-Camper geöffnet. Auch im Sauerland in Willingen locken Skipisten und gastronomische Angebote viele Wohnmobilisten an. Andrea und Jörg kommen so oft es geht aus ihrem Heimatort Münster ins verschneite Willingen. Wärmepilz, Gasgrill und Glühweintopf gehören für sie zur Grundausstattung eines echten Winter-Campers. Und wenn man mal keine Lust auf selber kochen hat, gibt es auf „Siggis Hütte“ leckere Erbsensuppe und Bier, zusammen mit einer professionellen Musikeinlage vom Chef Siggi von der Heide höchstpersönlich.
    „Van Life“ ist ein Trend, den Maren und Christian schon seit Jahren leben. Das Paar aus der Eifel liebt seinen VW-Bus Bob. Ihn haben sie selbst vor einigen Jahren mit Holzverkleidung, Bett und Küche ausgebaut. Für Christian als gelernten Kfz-Mechaniker kein Problem. Zusammen mit ihrem Hund Dexter leben sie seit einigen Monaten sogar dauerhaft in ihrem selbst ausgebauten Van. Mit ihm sind sie beruflich wie privat unterwegs. Er ist das mobile Büro für Maren als Kommunikationsdesignerin genauso wie der Schlafplatz des Ehepaares.
    Eine „ZDF.reportage“ zu Camping im Winter – Eiskalter Urlaub. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.01.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 28.01.2022ZDFmediathek
  • Folge 178
    Endlich wieder Ski-Spaß im Tiroler Schnee. Doch wie sehr bremsen die Pandemie-Regeln die Winterfreude?
    Auf 3250 Meter Höhe gelegen, gilt Hintertux als eines der schneesichersten Wintersportgebiete im Alpenraum. Die Pandemie-Situation ist für Gastgeber und Skitouristen ein Nervenspiel.
    Morgens auf die Piste, den eisigen Wind und die herrliche Landschaft der Berge genießen – viele Skifreunde haben das lange schmerzlich vermisst. Nachdem in der letzten Saison bis auf wenige Ausnahmen nicht viel möglich war, geht im Winter 2021/​22 wieder mehr. Doch die Öffnung der Skigebiete war und ist eine heikle Sache – einerseits stehen wirtschaftliche Existenzen auf dem Spiel, andererseits ist die Pandemie noch lange nicht besiegt.
    Die meisten Hotel- und Gastronomiebetriebe im Zillertal sind seit Generationen familiengeführt. Der 38-jährige Hotelbetreiber Klaus Dengg kümmert sich in seinem Vier-Sterne-Haus in Hintertux nicht nur um die Geschäftsführung. Vom Schnee schippen bis zum Servieren packt er überall mit an. In Pandemiezeiten verfolgen die Hoteliers im Tal die Nachrichten wie nie zuvor. Das Damoklesschwert eines Lockdowns schwebt über allem. Klaus Dengg vom Hotel „Alpenhof“ findet: „Alles ist besser als zusperren.“
    Josef Egger, Gastronom und Initiator der Après-Ski-Legende „Hohenhaus Tenne“, hat zwar geöffnet, doch die Gaudi hält sich derzeit in Grenzen: gedämpfte Musik und am Tisch sitzende Gäste. „Wir sind wahrscheinlich die größten Verlierer dieser Situation“, meint Josef Egger. Seine Gäste sind froh, dass überhaupt geöffnet ist, und die Spezialität des Hauses, Eierlikör mit Schuss, schmeckt auch im Sitzen gut.
    Ein weltweit einzigartiges Highlight am Hintertuxer Gletscher ist die erst 2007 von Bergführer Roman Erler entdeckte Gletscherhöhle. Unter den Skipisten durchzieht ein Labyrinth aus Tunneln und Höhlen das Eis. Eine atemberaubende Welt, die ihr Entdecker der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. „Es wäre ein Verbrechen, dieses einzigartige Naturwunder nicht für Gäste zu öffnen“, so Roman Erler. Die 32-jährige Münchnerin Isabel will im Eiswasser tief im Gletscher baden gehen. Eisschwimmen gehört zu einer der Attraktionen im ewigen Eis. Im Bikini geht es ins minus 0,5 Grad Celsius kalte Gletscherwasser.
    Vor dem Hintergrund der Coronapandemie begleitet die „ZDF.reportage“ Gäste und Macher im Gletscherskigebiet Hintertux. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 06.02.2022ZDF
  • Folge 179
    Obdachlose, Rentner, Geringverdiener, Alleinerziehende, Migranten: Immer mehr Menschen sind hilfsbedürftig und drängen in soziale Einrichtungen. Der Konkurrenzdruck steigt.
    Sozialarbeiter und Kommunen klagen, dass sie die Hilfe für die Anzahl der Menschen kaum noch bewältigen können. Behält die Politik diese Menschen überhaupt im Blick? Und was wird unternommen, um die angespannte Situation zu entschärfen?
    Julia P. sucht seit Monaten verzweifelt im brandenburgischen Bad Belzig eine Wohnung. Mehr als 30 Bewerbungen – ohne Erfolg. Die 38-Jährige fühlt sich benachteiligt: „Die Vermieter bevorzugen Hartz-IV-Empfänger und Zuwanderer, also Menschen, bei denen die Miete vom Amt kommt.“ Sie selbst arbeitet als Vollzeitkraft in einem Café. Auf dem freien Wohnungsmarkt steigen die Mietpreise, immer mehr Menschen finden keine bezahlbare Wohnung.
    Den Verteilungskampf beobachtet auch Sozialarbeiterin Anna-Sofie Gerth von der City-Station in Wilmersdorf. Allein in Berlin leben schätzungsweise 6000 Obdachlose. Gerth erzählt vom Verdrängungswettbewerb um gute Schlafplätze, beim Pfandflaschensammeln oder um ein warmes Mittagessen. „Wir sehen eine Hierarchie der Armut auf der Straße und einen verstärkten Rassismus“, sagt die Berliner Sozialarbeiterin.
    In Offenbach gibt es die deutschlandweit einzige auf Senioren spezialisierte Arbeitsvermittlung. Immer mehr müssen sich im Alter etwas hinzuverdienen, um nicht in die Altersarmut abzurutschen. Arbeitsvermittlerin Antje Dins hat alle Hände voll zu tun. Ihr Klient Peter H. hat sein Leben lang gearbeitet, doch es reicht trotzdem nicht. „Vor zwei Jahren habe ich eine Hose benötigt. Das Geld war nicht da. Da habe ich meine Briefmarkensammlung verkauft“, erzählt der rüstige Senior. Mit einem Job will er sich jetzt ein paar Euro dazuverdienen.
    Die „Tafel Niederberg“ im nordrhein-westfälischen Velbert versorgt Bedürftige seit knapp zehn Jahren mit Lebensmitteln. Seitdem kommen immer wieder andere Gruppen hierher. „Manchmal haben wir mehr Rentnerinnen und Rentner, manchmal mehr Alleinerziehende, dann haben wir wieder mehr Menschen mit Migrationshintergrund“, erzählt die Leiterin der Tafel, Renate Zanjani. Unter den Bedürftigen beobachtet sie immer mehr Neid und Missgunst.
    Sozialarbeiterin Linda Rennings kämpft am Wiener Platz in Köln seit 2012 für die Belange von Hilfsbedürftigen. Regelmäßig verteilen die 58-Jährige und ihr Team Essen und Getränke. Jeder kann kommen und sich etwas abholen. Auch eine Ärztin ist vor Ort. Sie übernimmt die Erstversorgung von Wunden. Doch Linda Rennings und ihr Team kommen kaum noch hinterher: Die Zahl der Obdachlosen auf dem Platz im Vorort Mühlheim steigt stetig. Viele kommen inzwischen aus der Innenstadt hierher. Die Sozialarbeiterin beobachtet mit Sorge einen wachsenden Rassismus auf der Straße – Streit um Pfandflaschen, Schlafplätze und Lebensmittel.
    Die „ZDF.reportage“ begleitet Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, und zeigt die wachsende Konkurrenz um Wohnraum, Schlafplätze und Nahrung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.02.2022ZDF
  • Folge 180
    Das eigene Heim – schon immer ein Wunschtraum für junge Familien. Angesichts steigender Mieten in den Ballungszentren ist der Bauboom ungebrochen.
    Doch für manche endet der Traum im Ruin. Seit Jahren nehmen die Schäden am Bau zu und verursachen immer höhere Kosten. Für unerfahrene Bauherren wird das „Abenteuer Eigenheim“ schnell zum echten Albtraum.
    Benjamin und Kaidi B. aus Ludwigshafen waren bereit, knapp 500.000 Euro für ihr Bauprojekt auszugeben. Sie bestellten ein 220 Quadratmeter großes Haus mit Keller bei einem renommierten Unternehmen. Doch obwohl das Haus längst fertig sein sollte, verzögert sich der Einzug. Das Hauptproblem: massiver Schimmelbefall durch Feuchtigkeit im Keller – laut Gutachter verursacht durch mangelhafte Abdichtung. Auch beim Balkon gibt es Mängel: Weil das Fundament zu tief angelegt ist, wurde der Spalt zwischen Fundament und Balkonstützen provisorisch mit untergelegten Steinplatten ausgeglichen.
    Manuela Reibold-Rolinger, Fachanwältin für Baurecht, fehlen fast die Worte angesichts solcher Baumängel: „Als hätten die Handwerker die Basics ihres Berufes nicht gelernt.“ Benjamin und Kaidi B. sind angesichts der Mängel entsetzt. Auf gar keinen Fall sind sie bereit, in ein verschimmeltes Haus einzuziehen. Aber langsam werden für die Familie Zeit und Geld knapp. Seit Monaten leben sie zu dritt in einer 50-Quadratmeterwohnung, für die sie zusätzlich zu den Kreditraten Miete bezahlen müssen.
    IT-Spezialist Dirk A. und seine Frau Maria wünschten sich 2017 ein Holzhaus im amerikanischen Stil mit ausreichend Platz für sich und ihre beiden Kinder. Im Sommer 2018 war Baubeginn für das neue Heim in Thallwitz bei Leipzig. Doch drei Jahre später steht kein Haus, sondern eine Ruine auf dem Grundstück. Das Gutachten eines Bausachverständigen listet 85 teils gravierende Mängel auf. Die Kosten für deren Beseitigung und die finale Fertigstellung des Hauses werden auf zusätzliche 190.000 Euro beziffert. Ein Vergleichsversuch beim Landgericht Leipzig verläuft ergebnislos, die Baufirma streitet jede Verantwortung für die Schäden ab. Maria und Dirk sind fassungslos angesichts dieses Verhaltens. „Wir waren bereit, einen Vergleich zu finden, aber nicht um jeden Preis. Ich bin schockiert, wie man die finanzielle Zukunft unserer Familie mit Füßen tritt.“
    Anwältin Manuela Reibold-Rolinger kennt viele verzweifelte Bauherren und benennt das typische Problem, das immer wieder zu hohen Schäden führt: Die meisten Bauherren hätten nur sehr wenig Erfahrung und bräuchten deshalb von Anfang an einen externen Sachverständigen, der sie durch die gesamte Planungs- und Bauphase begleitet. Diese Kosten würden jedoch allzu oft vermieden. Durch die fehlende kompetente Kontrolle fällt es den Baufirmen mit ihren vielen Subunternehmern leicht, die Verantwortung für Schäden von sich wegzuschieben.
    Die „ZDF.reportage“ ist unterwegs zu verzweifelten Bauherrinnen und -herren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 20.02.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 18.02.2022ZDFmediathek
  • Folge 181
    Die Situation der Ukraine lässt keinen unberührt. Lange haben hierzulande viele auf einen friedlichen Verlauf der Krise gehofft, auf Dialog und Kompromiss. Einen großen Krieg Putins gegen die Ukraine konnte und wollte sich niemand vorstellen. Jetzt, wo in Kiew und anderswo die russischen Bomben und Granaten einschlagen, ist der Konflikt endgültig in unseren Wohnzimmern angekommen – und nicht nur da. Für Ukrainer in Deutschland ist die Situation aber noch sehr viel schlimmer: Sie haben ganz konkrete Angst um Ihre Lieben, sind verzweifelt und verbringen Tag und Nacht am Smartphone und vor dem Fernseher.
    Jede Nachricht, jedes Bild, jede neue Wendung raubt ihnen den Schlaf. Denys S. hat seit vielen Jahren eine Autoaufbereitungsfirma in Eisenach. Schon als Kind kam er mit Mutter und Schwester aus der Ukraine nach Deutschland. Als er vom Kriegsausbruch erfährt, gibt es für ihn kein Halten mehr – er muss nach Hause, um seine Freundin abzuholen. Diese ist gerade zu Besuch bei ihrer Oma in Kiew. Seine besten Freunde, Sascha und Maria, sind Inhaber eines Abschleppdienstes und einer Kfz-Werkstatt in Eisenach.
    Beide beschließen am vergangenen Wochenende spontan einen kleinen privaten Hilfstransport in die Ukraine zu organisieren. Eine kurze Nachricht in den sozialen Netzwerken soll im Umfeld um zusätzliche Hilfsgüter bitten. Die Reaktion ist überwältigend. Innerhalb von zwei Tagen kommen Waren und Güter für einen ganzen Konvoi zusammen. 60 Tonnen, zwölf Transporter und ein Sattelschlepper starten am Mittwochmorgen. Die Firma konzentriert sich von nun an nur auf diese Aufgabe.
    Alle anfallenden Abschleppaufträge werden an umliegende Unternehmen vergeben. Ziel ist ein Auffanglager in dem etwa 20 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Ort Niemce. Während Sascha seinen Sattelauflieger gen Osten steuert, ist sein ukrainischer Freund Denys bereits wieder auf dem Rückweg. Es ist ihm gelungen, seine Freundin und deren Oma nach Deutschland zu holen – doch die Situation bleibt angespannt, auch für ihn. Noch immer sind Verwandte in Gefahr.
    Überall in Deutschland leben Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion. Viele sind es gewohnt „Russen“ genannt zu werden, obwohl sie es nicht sind. Sie leben friedlich zusammen, betonen hier eher die Gemeinsamkeiten als Trennendes. Olga und Iwan aus Stralsund leben eine binationale Ehe, sie Deutsch-Russin, er Ukrainer. Die beiden berührt die Not in der Ukraine besonders. Seit Mitte letzter Woche ist das Handy im Dauereinsatz – Olga lotst Flüchtlinge aus der Ukraine via Polen nach Mecklenburg. Parallel sammeln sie zusammen mit Freunden und Bekannten Dinge des alltäglichen Gebrauchs für die Neuankömmlinge.
    Denn die meisten Geflüchteten haben weniger als das bloße Leben und die Kleider am Leib retten können. Olga und Iwan erwarten stündlich die Ankunft der ukrainischen Frauen und Kinder und wollen vorbereitet sein. Bernd Schlichterle hat derweil andere Probleme. Der mittelständische Hersteller von Getränkeabfüllanlagen hat einen großen Auftrag für eine russische Brauerei fertig – eine Maschine zum Reinigen, Befüllen und Verschließen von PET-Flaschen.
    Eigentlich sollte die Anlage jetzt unterwegs nach Russland sein, die Ware ist angezahlt. Aber wie soll das jetzt gehen? Mit dem Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT ist für viele deutsche Unternehmen eine neue Zeit angebrochen. Und obwohl er selbst wohl einen Schaden dadurch hat: Schlichterle findet die Sanktionen richtig: „Putin muss die Konsequenzen seines Handles tragen“, sagt er. Die ZDF.reportage zeichnet ein Stimmungsbild im Land angesichts des Krieges in der Ukraine. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 06.03.2022ZDF
  • Folge 182
    Putins Angriff auf die Ukraine hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Auch nach Deutschland. Eine Welle von Hilfsbereitschaft und Empathie geht durchs Land. Währenddessen machen sich viele Deutsche Sorgen. Wie wird sich der Krieg weiterentwickeln? Welche Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft stehen uns noch bevor? Dennoch steht im Moment für viele vor allem eines im Vordergrund: der Wunsch zu helfen. „Ich glaube, es geht ganz vielen so, dass man einfach keine Worte dafür hat, weil es nichts ist, womit man gerechnet hat“, sagt Katharina Breinbauer aus Bamberg.
    Statt in Schockstarre zu verfallen, wird die 25-jährige Frau, die eigentlich als Vorständin das Bamberger Kurzfilmfestival managt, aktiv: An Tag eins des russischen Einmarschs in die Ukraine ruft sie via Instagram zusammen mit zwei Freundinnen zu Sachspenden auf. An Tag zwei mietet sie mit Freundinnen eine Lagerhalle in Bamberg an und an Tag drei startet bereits der erste LKW in Richtung ukrainische Grenze. „Bamberg hilft Ukraine“ zählt binnen kürzester Zeit schon mehr als 3000 Follower.
    Und wenn Katharina ruft, helfen sie: „Wir hatten im LKW nicht mehr genügend Paletten, dann haben wir einen Aufruf gemacht und am nächsten Tag haben Leute Paletten gebracht, jetzt haben wir wieder genügend und können weiterarbeiten.“ Besorgt um seine beiden ukrainischen Mitarbeiterinnen hat Hotel-Betreiber Andreas Eggensberger aus Füssen spontan einen Rettungsplan in die Tat umgesetzt: Kurzerhand hat Andreas eine Ferienwohnung gleich neben seinem Ferienhotel angemietet und den beiden Mitarbeiterinnen Taissiia und Anastasiia geholfen, deren Familien mitsamt deren Haustieren aus dem ukrainischen Kriegsgebiet nach Füssen im Allgäu zu holen.
    Dann beginnt eine bange Zeit des Wartens und Hoffens: Werden es die beiden Familien rechtzeitig aus dem Kriegsgebiet raus schaffen? Nach langen vier Tagen und einer dramatischen Flucht können sich die Familien endlich wieder in die Arme schließen. Die jungen Frauen wollten die Wohnung eigentlich bezahlen, aber Hotelbetreiber Andreas Eggensberger lässt das nicht zu: „Die beiden jungen Frauen werden ihr Erspartes möglicherweise noch brauchen, weil ja keiner weiß, wie lang der Krieg in der Ukraine noch dauern wird.“ Die Sorge um langen Krieg treibt auch „Claas Landmaschinen“ aus Harsewinkel (Kreis Gütersloh) um.
    Der Familienbetrieb aus Ostwestfalen steht zwischen den Fronten, weil sie sowohl für Russland, als auch für die Ukraine Mähdrescher und Traktoren produzieren.
    Im russischen Krasnodar steht sogar ein eigenes Werk, das nur für den russischen Markt Mähdrescher baut. Die Ukraine, die „Kornkammer Europas“, ist ebenfalls ein wichtiger Absatzmarkt und in beiden jetzt verfeindeten Ländern arbeiten Mitarbeiter von „Claas“, die sich um Kunden vor Ort kümmern. Wolfram Eberhardts Telefon steht seit Beginn des Krieges nicht mehr still. Der Leiter der Unternehmenskommunikation muss die Evakuierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Ukraine organisieren, Fragen besorgter Kunden beantworten und Krisengespräche führen.
    Am Ort sorgt man sich auch um die Arbeitsplätze, denn „Claas“ ist der größte Arbeitgeber mit 2.300 Mitarbeitern alleine in Harsewinkel. Die ZDF.reportage begleitet engagierte Menschen, die auf unterschiedlichste Art und Weise versuchen, den Geflüchteten aus der Ukraine zu helfen. Sei es, mit Sachspenden, die sie bis an die ukrainische Grenze bringen oder mit einem Dach überm Kopf für diejenigen, die es schon bis nach Deutschland geschafft haben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.03.2022ZDF
  • Folge 183
    Seit Beginn des Ukraine-Krieges steigen die Preise für Gas, Strom und Benzin sprunghaft an. An der Tankstelle ist täglich zu sehen, wie die Preise nach oben klettern.
    Auch Energieversorger für Strom und Heizung finden auf dem Weltmarkt kaum noch günstige Angebote. Immer mehr Menschen machen sich Sorgen, ob und wie sie die zusätzlichen Energiekosten bewältigen können. Drei von vier Deutschen heizen mit Öl und Gas.
    Zwar geht die Heizperiode gerade zu Ende, aber wie sieht es für den kommenden Winter aus?
    Besonders hart trifft der Energiepreisschock kleinere Betriebe wie die Bäckerei von Cornelia Stiebling im thüringischen Waltershausen. Im Sommer 2022 wird das Unternehmen 100 Jahre alt, doch ein Schreiben des Energieversorgers stellt jetzt alle Jubiläumspläne infrage. Plötzlich verlangt ihr Energieversorger eine Vorauszahlung von 15.000 Euro pro Monat, mehr als das Doppelte des bisherigen Abschlags in Höhe von 6300 Euro. Die hohen Kosten gefährden Arbeitsplätze und damit Existenzen. Hinzu kommen die erhöhten Rohstoffpreise für Mehl und Getreide, das auch hauptsächlich aus der Ukraine und Russland kommt. In diesen unsicheren Zeiten sorgt sich Cornelia Stiebling um die Existenz ihrer Bäckerei.
    Kuno Hansen fährt in der Südwestpfalz schon seit Jahren Heizöl aus. Doch das, was gerade am Markt passiert, habe er noch nicht erlebt, erzählt er, während er einen Schlauch von seinem Lkw zum Haus zieht. Hansen berichtet, dass es mittlerweile teilweise sogar zu Lieferengpässen komme. Die Menschen dort leben in einer der strukturschwächsten und ärmsten Regionen Deutschlands. Viele trifft die Energiekrise besonders hart. Denn von Normalität ist der Energiemarkt gerade meilenweit entfernt. Der Heizölpreis ist seit einem Jahr um etwa 50 bis 70 Prozent gestiegen. Der Ukraine-Krieg führt in den letzten Tagen zum Teil zu Panikkäufen.
    Anja Eilers lebt in Düsseldorf. Die 56-Jährige kann ihre Strom- und Heizrechnung kaum noch begleichen. Ohne einen Minijob könnte die Rentnerin die hohen Kosten gar nicht mehr bezahlen. Um Geld zu sparen, dreht sie die Heizung tagsüber so weit wie möglich runter. „Der Krieg ist schlimm, alles wird noch unsicherer. Vieles ist für mich einfach unbezahlbar.“ Wie Anja Eilers sind immer mehr Menschen in ihrer Existenz bedroht. Vor allem Hartz-IV-Bezieher und verschuldete Haushalte können sich bald die explodierenden Stromkosten nicht mehr leisten. Die Caritas warnt bereits vor einer regelrechten Energiearmut. Der Ukraine-Krieg verschärft die Lage für Millionen Deutsche.
    Auch Heizungsbauer wie Sven Gamperling spüren die Nervosität im Heizungsgeschäft. Ein Drittel seiner Kunden hat sich eine Gasheizung einbauen lassen. Aufgrund des Ukraine-Krieges fragen sich jetzt viele, ob diese Anschaffung die richtige Entscheidung war. „Die Kunden sind verunsichert, wir bekommen viele Anrufe.“ sagt Gamperling. Der Juniorchef und seine 18 Mitarbeiter sind im Dauereinsatz. Wärmepumpen könnten eine Alternative sein, aber eine schnelle Abkehr vom Gas sieht Gamperling vorerst nicht.
    Eine „ZDF.reportage“ über die drastisch steigenden Energiepreise und wie Deutschland damit umgeht. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 20.03.2022ZDF
  • Folge 184
    Die Hamburger Reeperbahn – weltweit bekannter Sehnsuchtsort und Geldmaschine. Die Pandemie hat die prominente Amüsiermeile hart getroffen, der Kiez liegt im künstlichen Koma.
    Betriebe und Bordelle fürchten um ihre Existenz, für alteingesessene Bewohner liegt das Sozialleben brach. Die Tage im Viertel gleichen einer emotionalen Achterbahnfahrt. Doch der Kiez hat schon viel erlebt und vor allem überlebt.
    Kaum ein Ort eignet sich weniger zum Abstand halten als die Reeperbahn. Bordelle, Diskotheken, Restaurants, Imbisse, Bars und Stripclubs müssen immer wieder neue Auflagen erfüllen oder ganz schließen. Waren es früher 25 Millionen Besucher, die jährlich auf der Suche nach Party, Sex und Kontrollverlust für gute Umsätze sorgten, ist St. Pauli mittlerweile nachts wie ausgestorben. Dennoch versuchen die, die auf und mit der Meile leben, das Beste aus der Situation zu machen.
    In „Susis Showbar“ versucht Besitzer Christian Schnell, Optimismus zu verbreiten. Von Donnerstag bis Samstag öffnet er den bekannten Stripclub. Vor allem, um seinen Mitarbeitern eine Perspektive zu geben, denn Gäste verirren sich aktuell kaum in den Club, zumal den Stripperinnen das laszive Tanzen an der Stange momentan verboten ist.
    Immer unterwegs ist auch Henrik Moss. Auf St. Pauli kennt man ihn unter dem Namen „Taxi Henni“. „Ich habe eierschalenfarbenes Blut“, sagt er in Anlehnung an die Farbe seines Taxis. Für ihn ist der Kiez mehr als nur ein Arbeitsplatz: Fast sein gesamtes Sozialleben spielt sich hier ab.
    Am Rand von St. Pauli liegt die „Kleine Pause“. Seit 1983 betreiben Thorsten und Sabine Clorius den Imbiss. Immer wieder mussten sie Ihren Laden aufgrund der Pandemie in den letzten Jahren vorübergehend schließen. Ihre Stammkunden aber sind geblieben. Schon morgens trifft sich die Nachbarschaft hier zum späten Frühstück, später schauen Nachtschwärmer auf ein Bier und Pommes vorbeischauen.
    Melanie Beßler ist Inhaberin der „St. Pauli Textilreinigung“. „Wir haben in den letzten Monaten um jeden Kunden gebettelt“, erinnert sich die 49-Jährige. Insbesondere durch die vielen Menschen im Homeoffice ist die Nachfrage nach ihrer Dienstleistung rapide gesunken. Aber die Mutter von zwei Kindern gibt nicht auf und kann auf einen treuen Kundenstamm zählen.
    Andreas Prüß ist Polizeioberkommissar auf der Davidwache, der berühmtesten Polizeistation Deutschlands. Von dort aus patrouilliert er über die Reeperbahn und die angrenzenden Straßen und Parks. „Normal haben wir hier pro Wochenende 20.000 bis 25.000 Besucher rund um die Reeperbahn, jetzt gerade sind es nur um die Tausend“, sagt Prüß. Störenfriede und Unruhestifter gibt es aber trotzdem.
    Auch die Obdachlosen haben es momentan schwer, weiß der 50-Jährige. Wer auf Hilfe angewiesen ist, bekommt sie beim Krankenmobil der Caritas. Der Kiez ist ein Hotspot für viele wohnungslose Menschen der Stadt. In der Talstraße gleich ums Eck der Reeperbahn kümmert sich Krankenschwester Annette Antkowiak um die medizinische Versorgung speziell von Wohnungslosen.
    Eine „ZDF.reportage“ über das Leben auf St. Pauli im dritten Jahr der Coronapandemie. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 01.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 185
    Selbst bauen – das muss man sich leisten können. Heute wohl so sehr wie noch nie. Wer trotzdem in den eigenen vier Wänden leben will, muss immer häufiger selbst anpacken. Seit über zwei Jahren begleitet die „ZDF.reportage“ zwei junge Familien, die mit enormem zeitlichem Aufwand und großen körperlichen Anstrengungen für ihren Traum kämpfen. Die Preise für Baumaterialien und Handwerker steigen unterdessen immer weiter. Dimitrij und Helene wagten sich an ein sogenanntes Bausatz-Haus, damit sie mit ihren vier Kindern nicht länger in einer engen Dreizimmerwohnung leben müssen.
    Ohne Kenntnisse im Bauen, aber mit viel Zuversicht, haben sie den Rohbau Stein für Stein selbst hochgezogen. Allein für die Maurerarbeiten konnten sie so schon 80.000 Euro sparen. Nur so war es möglich, allen ihren Kindern ein eigenes Zimmer zu bieten. Doch die Anstrengungen haben sie total unterschätzt: „Am Anfang ging es noch, da hatte man noch Energie gehabt, aber jetzt, am Ende …“, seufzt Dimitrij in einer Arbeitspause. Er arbeitet im Schichtsystem Vollzeit in einer Chemiefabrik.
    Nach oder vor der Arbeit kämpft er sich inzwischen seit Monaten von einer Herausforderung zur nächsten: Maurerarbeiten, Elektrik und Sanitäranlagen – fast alles macht er selbst und zum allerersten Mal. Neben fehlender Fachkenntnis hat die junge Familie auch noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen: Viele Baumaterialien sind knapp und werden viel zu spät geliefert. Durch die Kontaktbeschränkungen fielen zudem Helfer aus dem Freundeskreis lange aus. Die Kräfte schwinden immer mehr, den Einzug ins Haus mussten sie schon um vier Monate verschieben.
    Doch dann endlich zeigt sich Licht am Ende des Tunnels. Noch mehr im Verzug sind Janin und Falko. Der Polizist und die Einkäuferin wollten eigentlich schon zu Weihnachten 2019 fertig sein. Anfang 2022 sind sie immer noch nicht so weit und erkennbar ernüchtert. Falko sagt heute: „Vielleicht auch mal an alle, die mit dem Gedanken spielen, so was auch mal machen zu wollen: Es ist eine höllische Belastung, gerade auch für eine Beziehung.“ Die beiden hatten in einer Internetauktion für 60.000 Euro ein echtes Schnäppchen ersteigert – einen alten Gutshof von 1840. Doch von der ursprünglichen Schönheit des alten Hofs war wenig geblieben.
    Das Haus muss von Grund auf saniert werden – mit gewaltigem Aufwand. Denn Janin und Falko haben einen besonderen Ehrgeiz: Sie wollen ihr denkmalgeschütztes Haus mit historischen Baustoffen weitestgehend in den Originalzustand zurückversetzen. Auch sie hatten zu Beginn der Sanierung vom Bauen und Handwerk keine Ahnung. Trotzdem stellen sie sich seit gut drei Jahren mutig fast jeder Aufgabe, die das Haus für sie bereithält – weitestgehend ohne professionelle Hilfe.
    Fehlendes Fachwissen wird durch Internetvideos kompensiert. In der Regel wird einfach so lange probiert, bis es klappt. Immer häufiger aber kommen sie an ihre Grenze: die Erschöpfung, die nach dem jahrelangen Einsatz auf der Baustelle von Woche zu Woche größer wird. Doch auch sie sehen ihr Projekt reifen, wenn auch langsamer als erhofft. Immerhin: Das Wohnzimmer und das Bad sind schon fast perfekt! Die „ZDF.reportage“ begleitet die jungen Bauherren auf den letzten schwierigen Metern bis zur Fertigstellung ihrer Wunschhäuser. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 25.02.2022ZDFmediathek
  • Folge 186
    Endlich wieder Urlaub! Mit den Osterferien startet in Deutschland die Urlaubssaison, und überall in den Feriengebieten in Deutschland laufen die letzten Vorbereitungen.
    Hüttenwirte, Strandmeister, Wegewarte, Bootsvermieter machen Frühjahrsputz. Sie alle hoffen auf viele Touristen und eine erfolgreiche Urlaubssaison. Wenn die Gäste ab Anfang April anrollen, soll alles perfekt sein. Vorbereitungsstress für die „Urlaubsmacher“.
    Marcus Bade aus Scharbeutz steckt gerade mitten in der Saisonvorbereitung, er und seine Frau sind Strandkorbvermieter: „Am 1. April dürfen wir die Körbe wieder rausstellen“, bis dahin müssen alle 300 einsatzbereit sein. In der riesigen Lagerhalle des Familienbetriebes stehen dicht an dicht gedrängt Hunderte Strandkörbe. Bevor sie einzeln mit einem Kran auf den Hänger verladen und zum Strand gefahren werden, müssen sie alle überprüft werden. „Schon bei der Einlagerung im Herbst haben wir die Körbe gereinigt“, sagt Bade.
    „Aber bevor sie rausgehen, muss ich mir jeden noch mal genau anschauen.“ Was kaputt ist, landet in der betriebseigenen Werkstatt. Hier reparieren Marcus und sein Schwiegervater, bessern aus, verpassen den Körben einen neuen Anstrich oder beziehen die Sitze neu. 2011 übernahm der 48-Jährige einen Strandkorbbetrieb in Timmendorfer Strand. Oberste Priorität für den ehemaligen Soldaten und seine Familie: dass seine Gäste Erholung und Entspannung am Strand finden. „Wenn ich das erreicht habe, freue ich mich, dass ich das meinen Gästen bieten kann.“
    In den Bergen ist nach der Saison vor der Saison. Die letzten Skifahrer und Tourengeher sind gerade verschwunden, da beginnt auf den Berghütten in Deutschland schon die Vorbereitung auf die Sommersaison. Benni Smogavc und Melanie Paravano hatten nur ein paar Wochen Zeit, um sich von der Wintersaison zu erholen. Jetzt laufen schon wieder die Vorbereitungen für den Ansturm der Wandertouristen. Die beiden müssen ihre Hütte grundreinigen und allerlei Reparaturarbeiten erledigen, Zimmer und Lager neu streichen und neue Vorräte aus dem Tal rauf auf die Hütte schaffen. Um den erhofften Ansturm zu Ostern bewältigen zu können, produzieren Benni und Melanie auch eines der beliebtesten Hüttengerichte auf Lager: Knödel. Bis zu 800 Stück werden vorgekocht und per Hand geknetet, die Hüttenküche verwandelt sich dann in eine riesige Knödelfabrik. So wollen sie für den erwarteten Touristenansturm gerüstet sein.
    Auch an der Mecklenburgischen Seenplatte bereitet man sich auf die Osterurlauber vor. Mit ihren über 1000 Seen ist die Region ein Paradies für alle Wasser- und Naturliebhaber. Und Urlaub auf einem Hausboot boomt. Gut für die „Marina Wolfsbruch“, wo Doreen Block für knapp 60 solcher Hausboote zuständig ist. Seit November lagen fast alle Boote auf dem Trockenen. Bevor sie zurück ins Wasser dürfen, müssen sie jetzt gewartet und gestrichen werden. Danach wird jedes einzelne Teil kontrolliert und im Zweifel ausgetauscht. Denn „Sicherheit hat hier oberste Priorität. Wenn die Boote an Land sind, lässt sich einfach was austauschen. Wenn sie im Wasser liegen und was kaputtgeht, ist das viel schwieriger“, sagt Doreen Block. Bis zum Saisonstart im April muss alles startklar sein, denn dann kommen die Urlauber.
    Eine „ZDF.reportage“ über die Ferien-Vorbereitungen in den deutschen Urlaubsgebieten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 17.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 15.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 187
    Ohne Sauberkeit geht nichts in unserer modernen Welt. In Pflegeheimen oder Krankenhäusern rettet Hygiene sogar Leben.
    Die Menschen in der Reinigungsbranche genießen trotzdem oft nur geringes Ansehen. Niedriger Lohn bei anstrengender Arbeit. Wer sind die Leute, die Deutschland zum Glänzen bringen, und wie sieht ihr Alltag aus?
    Michaela R. aus Nordhessen putzte mehrere Jahre privat, dann machte sie sich selbstständig. Sie meldete ein Gewerbe an und besorgte sich einen Firmenwagen. Ihr Repertoire: zunächst Privathaushalte, dann kamen Ferienwohnungen, Büroräume und Cafés hinzu. Die Nachfrage stimmte, der Kundenstamm wuchs schnell. Was nicht funktionierte, war das Einstellen von Personal – trotz intensiver Suche. Inzwischen hat sie eine Mitarbeiterin, ist aber dringend auf der Suche nach weiterem Personal für ihr wachsendes Unternehmen.
    Personalmangel ist auch das größte Problem der Großen in der Branche: Die Firma Niederberger aus Köln hat bundesweit circa 4000 Mitarbeiter, trotz intensiven Werbens fällt es schwer, Lehrstellen zu besetzen, das schlechte Image schreckt viele junge Leute ab. Der Branchen-Mindestlohn für angelernte Kräfte liegt mit 11,55 Euro momentan noch höher als der gesetzliche Mindestlohn. Dennoch, wer Vollzeit arbeitet, hat es nicht leicht, davon zu leben.
    Viele arbeiten in Teilzeit, oft sind es Frauen, die etwas dazuverdienen. Die Arbeit, die sie leisten, ist verantwortungsvoll. So muss zum Beispiel im Krankenhaus in Wriezen in Brandenburg ein hoher Hygienestandard herrschen.
    In Stralsund wird in der Nacht der Innenbereich von Zügen gesäubert. Vier bis sechs Männer und Frauen wischen und schrubben, putzen die Fenster und die Toiletten der Züge. Gegen 4:00 Uhr ist dann Feierabend. Vor allem die Nachtarbeit ist anstrengend und zehrend, und es gibt deswegen auch Zuschläge. Die helfen, das Personal zu halten.
    Wohin steuert die Reinigungsbrache? Am Frankfurter Hauptbahnhof dreht Mani, der Reinigungsroboter, einige Monate seine Runden. Die menschlichen Kollegen mögen ihn. Mani ist für das Grobe da. Arbeit gibt es in der Branche ohnehin genug.
    Die „ZDF.reportage“ begleitet „die Saubermacher“ bei ihrer wichtigen Arbeit. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 22.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 188
    Die Schäden der Flutkatastrophe im Juli 2021 waren immens. Noch immer sind Aufräumarbeiten und Wiederaufbau nicht abgeschlossen. Viele Geschädigte warten ungeduldig auf finanzielle Hilfe. Während die Diskussion um politische Verantwortung weitergeht, wollen die Menschen im Ahrtal und den anderen Flutregionen endlich Normalität. Die Flut verursachte in einer Nacht Schäden in Milliardenhöhe, manche Wiederaufbauprojekte dauern quälend lang – warum? Die Auftragsbücher von Heizungs- und Sanitärinstallateur Marcus Sebastian sind voll.
    Neue Heizungen, neue Bäder – der Bedarf im Ahrtal ist groß. Marcus Sebastian schildert die Schwierigkeiten aus Handwerkersicht: Bau-Materialien sind knapp oder gar nicht zu bekommen, was häufig den Wiederaufbau verzögert. Alle wollen möglichst schnell bedient werden. Auch Sebastians Wohnhaus und sein Betrieb sind stark beschädigt. Täglich schafft der 45-Jährige den Spagat zwischen Aufträgen, Aufbau seines Hauses und Betriebs und den Sorgen in der eigenen Familie. Nicht jeder kann mit der Sanierung beginnen. Noch sind Gutachten, Versicherungszahlungen und Wiederaufbauhilfe nicht überall geklärt.
    Auch Daniela Mahler aus Bad Neuenahr-Ahrweiler musste lange warten. Im Januar kam endlich der Bewilligungsbescheid von der Investitions- und Strukturbank (ISB). „Viele warten noch immer auf eine Antwort der ISB, kommen nicht weiter, da sie ohne Bescheid keine Handwerker bekommen“, erzählt die Sozialarbeiterin. Dank des Portals „5-Euro-Haus“ konnte Mahler zumindest vorab die Elektrik in ihrem Haus neu verlegen lassen. Die Idee des Projekts: Fünf Euro pro Spender und Monat gehen direkt auf die Konten der Betroffenen.
    Kostenlose Baustoffe für Flutopfer – das ist die Mission von Tibor Schady, der das Baustoffspendenlager in Erftstadt leitet. Der 45-Jährige koordiniert die ehrenamtliche Arbeit von rund 150 freiwilligen Helferinnen und Helfern, die seit der Flut bis heute aktiv sind. Im Lager werden Baumaterialien kostenlos bereitgestellt, die von Firmen oder Privatleuten gespendet werden. Betroffene können alles abholen, was sie für Renovierungen und den Wiederaufbau benötigen: Werkzeug, Fliesen, Beton, Dämmwolle, Holz, Kohle, ganze Badezimmerausstattungen gibt es im Lager.
    „Weiße Farbe, Silikon und Fliesenkleber sind besonders gefragt“, berichtet er. Nicht nur aus Erftstadt, sondern aus allen betroffenen Flutregionen reisen Menschen an. Baustoffspenden NRW wird von der Stadt und dem Arbeiter-Samariter-Bund betrieben. Viele ehrenamtliche Helfer sind nach den ersten Wochen und Monaten wieder abgezogen – die „Dachzeltnomaden“ sind geblieben. Einige von ihnen leben im Auto mit Dachzelt – daher der Name der Gruppe.
    Bis zu 130 Ehrenamtliche pro Tag helfen im Ahrtal beim Entkernen von Gebäuden bis hin zum Abriss. Manche bleiben für ein, zwei Tage im Basislager, andere für mehrere Wochen. Jeder kann ihre Hilfe kostenlos buchen, das Projekt trägt sich über Geld-, Material- und Sachspenden. Für den Kunden sind die Dachzeltnomaden weitaus mehr als nur praktische Hilfe. Sie geben auch moralische Unterstützung. Die „ZDF.reportage“ zeigt, wo der Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe mithilfe von Spendengeldern, Förderungen und Freiwilligen voranschreitet und wo es noch hakt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 01.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 29.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 189
    Nächtliche Funken: Nur wenige Stunden bleiben den Arbeitern für die Gleiswartung im U-Bahn-Schacht.
    Mehr als drei Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in der Nachtschicht. Sie kümmern sich darum, dass Deutschland versorgt und sicher ist und in Bewegung bleibt.
    Von 22.00 bis 6:00 Uhr arbeiten, das ist ein ständiger Kampf gegen die innere Uhr. Die „ZDF.reportage“ begleitet Menschen, die sich Nacht für Nacht um die Ohren schlagen, damit Deutschland funktioniert.
    Auf der U-Bahn-Baustelle in Hannover herrscht extremer Zeitdruck. Die Männer vom Betriebshof haben ganze drei Stunden, um Gleise zu erneuern. Zwischen 1.00 und 4:00 Uhr ist das Zeitfenster, in dem keine Bahnen fahren. Thomas Rademacher feuert seine drei Mitarbeiter an: „Jetzt geht’s los! Wir müssen die Zeit ausnutzen und konzentriert arbeiten.“ Macht der Bautrupp einen Fehler beim Schweißen, kann die erste Bahn um 4:00 Uhr nicht planmäßig fahren.
    Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes Securitas sind nachts in Zweierteams auf Berlins Straßen unterwegs. Industrieunternehmen, Versicherungen, Handelshäuser und Mittelständler lassen ihre Gebäude und Produktionsstätten überwachen. Jede Nacht fahren die Mitarbeiter die Objekte ab. Viel Routine, aber ein Rest Anspannung begleitet die Männer. „Man weiß nie, was wirklich passiert“, sagt Chef Oleg Förster.
    Auf dem Berliner Großmarkt herrscht zwischen 2.00 und 7:00 Uhr Hochbetrieb. In dieser Zeit kommen die meisten Kunden zu Andreas Lange, um Obst und Gemüse für ihre Geschäfte, Marktstände und Restaurants zu kaufen. Jeden Tag werden hier die Preise neu kalkuliert. Und wenn eine Ware nicht geliefert wurde, muss der Standleiter selbst auf dem Großmarkt bei der Konkurrenz zukaufen. Andreas Lange liebt seinen Job trotzdem und muss gute Stimmung verbreiten: „Meine persönlichen Probleme interessieren niemanden. Gute Laune verkauft gut“, meint er.
    Im 24-Stunden-Büdchen „Trinkhalle“ an der Kaiserstraße in Dortmund können Nachtschwärmer und Schichtarbeiter rund um die Uhr einkaufen. Es gibt Snacks und heißen Kaffee. Büdchen-Besitzer Dimitrios Tsanakas erzählt gern die ein oder andere Anekdote, etwa wie er eine Liebeshochzeit zwischen zwei Kunden eingefädelt hat. Er sagt: „Wenn der Tag die Geschehnisse der Nacht sehen würde, würde er schmunzeln!“
    Die „ZDF.reportage“ zeigt Funkenflug und Schweißarbeiten, Muskelkraft und stressige Logistik und erzählt die Geschichten hinter den „Menschen der Nacht“. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 20.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 190
    Immer dort arbeiten, wo man gerade gebraucht wird, ohne zu wissen, was einen vor Ort erwartet. Das klingt nach Stress und Unsicherheit, doch manche Menschen wollen es genau so.
    „Springer“ sind Retter in der Not: Sie kommen, wenn der Landwirt krank wird, unterstützen Handwerksbetriebe oder kümmern sich um Kinder, wenn die Eltern ausfallen. Um anderen zu helfen, verzichten sie auf ein geregeltes Leben.
    „Bei diesem Job geht es mir nicht in erster Linie ums Geld verdienen“, erzählt Katrin, „es geht um den inneren Reichtum, denn es ist sehr erfüllend, anderen Menschen zu helfen.“ Katrin arbeitet seit eineinhalb Jahren als sogenannte Notmutter. Die Hamburgerin springt ein, wenn ein Elternteil aufgrund von Krankheit oder einem Unfall plötzlich ausfällt und hilft bei allem, was zu tun ist. Wie wichtig das Angebot des Notmutter-Dienstes ist, weiß die heute 49-Jährige aus eigener Erfahrung. Als sie mit ihrem zweiten Kind schwanger war, musste sie selbst die Hilfe einer Notmutter in Anspruch nehmen, weil sie für mehrere Wochen nicht aufstehen durfte. „Ohne die Unterstützung hätte ich es damals nicht geschafft“, sagt sie heute.
    Auch auf dem Bauernhof geht es nicht ohne Unterstützung, wenn Bäuerin oder Bauer plötzlich ausfallen. Denn die Tiere müssen trotzdem jederzeit versorgt werden und die Ernte muss genau dann eingefahren werden, wenn Ackerfrüchte reif sind und das Wetter es erlaubt. Damit das auch im Krankheitsfall weiterhin passiert, gibt es Betriebshelferinnen und -helfer. Sie sind ausgebildete Landwirte und stehen bereit, um alle anfallenden Aufgaben zu übernehmen. Als Chefs auf Zeit tragen sie damit große Verantwortung.
    Und was passiert, wenn diejenigen krank werden, die sonst den Kranken helfen? Gabriele Brumm ist Augenärztin und gleich in vier europäischen Ländern als Praxisvertretung im Einsatz. Meistens arbeitet die 52-Jährige ein bis zwei Wochen am Stück in einer Praxis und pendelt dann zum nächsten Ort. Was ursprünglich nur als Übergangslösung gedacht war, ist für die Augenärztin inzwischen ein Lebensmodell. Denn trotz Hektik genießt sie die viele Abwechslung. Wie wichtig ihr Einsatz als Vertretungsärztin ist, zeigt die große Nachfrage.
    Auch Handwerker sind gesucht dieser Tage. Dominik Lüde ist gebürtiger Schweizer, gelernter Zimmermann und seit einem halben Jahr auf der Walz. Das bedeutet: Drei Jahre lang darf sich der 22-Jährige nur bis maximal 50 Kilometer seinem Zuhause nähern und wandert oder trampt von einem Arbeitsplatz zum nächsten. „Ich gehe einfach auf gut Glück los“, erklärt Dominik. Manchmal weiß er morgens noch nicht, wo er abends schlafen und arbeiten wird. Doch das stört ihn nicht, im Gegenteil, Dominik ist begeistert davon, was er in einem halben Jahr auf Tour schon alles für wertvolle Erfahrungen sammeln konnte.
    Die „ZDF.reportage“ begleitet Menschen, die einspringen, wenn andere Hilfe brauchen, die für ihren Beruf brennen und dafür ihr Privatleben oftmals zurückstellen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 29.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 27.05.2022ZDFmediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 10.04.2022
  • Folge 191
    Sie klettern in Baumwipfeln, baumeln an Fassaden und hängen am Helikopter – die Jobs der Höhenarbeiter sind spannend und lukrativ, aber auch sehr gefährlich.
    Industriekletterer und Baumpfleger sind gefragte Fachleute. Sie arbeiten mit Seiltechniken aus dem Klettersport, dadurch sparen sich die Auftraggeber Zeit und hohen Kosten für den Gerüstbau und schwere Maschinen.
    „Bevor ich hochsteige, muss ich den Baum genau lesen, denn jeder Schritt kann der Letzte sein!“ In seiner Heimatstadt Aalen nennen sie Ben Okupniak voller Respekt den „Baumflüsterer“. Zusammen mit seinem Team entfernt er Totholz, schneidet Baumriesen zurecht und trägt abgestorbene Bäume komplett ab. Dabei muss sich der Baumkletterer voll und ganz auf sein Team am Boden verlassen, die Kollegen sichern ihn im Falle eines Sturzes.
    Der Borussia-Park in Mönchengladbach. Vor jedem Heimspiel ist das Stadiondach der Arbeitsplatz des Industriekletterers Ivo Vogtmann und seines Teams – in über 50 Metern Höhe befestigen sie die Traversen für die sogenannte Bird-Kamera. Hier muss extrem genau gearbeitet werden, da sich am nächsten Tag Tausende Zuschauer direkt unter der Konstruktion befinden. „Ich genieße die Höhe! Es ist toll, hier oben im Stadion zu hängen und verantwortlich dafür zu sein, das die Zuschauer am Fernseher spektakuläre Bilder vom Spiel geliefert bekommen.“ Auch der historische Wasserturm in der Innenstadt von Mönchengladbach wird von den Industriekletterern bestiegen – eine komplette Sanierung und die Installation des Blitzschutzes stehen auf dem Programm. Alles in 25 Meter Höhe.
    Der größte Wunsch der 18-jährigen Schülerin Josie ist es, Kapitänin bei der Deutschen Marine zu werden. Doch bereits bei einer einfachen Kletterübung während eines Bundeswehr-Praktikums muss sie vorzeitig abbrechen – Höhenangst. Zittern, extremes Schwitzen, Unwohlsein, Gleichgewichtsstörungen, Weinkrämpfe – all das droht, ihr Karriere-Ziel früh zu zerstören. Jetzt will Josie ihre Akrophobie mit einer Konfrontationstherapie überwinden.
    Die Freileitungsmonteure und Piloten der Westnetz haben einen der gefährlichsten Jobs Deutschlands: Ihre Aufgabe ist das Anbringen von „Vogel-Warnbaken“ an Hochspannungsleitungen und das per Helikopter. Für sie ist Höhenangst kein Thema, aber der Respekt vor der Gefahr bleibt.
    Die „ZDF.reportage“ begleitet Industriekletterer, Baumpfleger und Freileitungsmonteure in ihrem nervenaufreibenden Berufsalltag. Ein Film über den Umgang mit Gefahr und Ängsten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 12.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 10.06.2022ZDFmediathek
  • Folge 192
    Gastronomie, das bedeutet oft: wenig Geld für harte Arbeit. Auf der anderen Seite bietet die Branche aber auch große Chancen. Hier gilt mehr als anderswo: Jeder kann es schaffen.
    Denn die Hürde zur Selbständigkeit liegt „in der Gastro“ oft deutlich niedriger als anderswo. Insbesondere im Fastfood-Bereich, aber nicht nur da. So manche Erfolgsgeschichte ist bemerkenswert: Vom Tellerwäscher zum Millionär – das gibt es wirklich!
    Rene Dost, genannt „Redo“, hat ganz klein angefangen. Kurz nach der Wende hat er sich mit Anfang 20 im brandenburgischen Ketzin seinen ersten Imbisswagen gekauft – mit einem 50.000 DM-Kredit ging er damals ins Risiko und wagte den Schritt ins Unternehmertum. Heute steht er für eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte. Vom Frittenverkäufer hat er es mit viel Einfallsreichtum und dem richtigen Gespür für Kundenwünsche zum Unternehmer mit 17 Gastrobetrieben gebracht. Mit seinen 100 Angestellten erwirtschaftet er knapp 17 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Trotzdem steht er immer noch selbst in einer seiner Küchen, oft bis Mitternacht.
    Immer häufiger muss er nämlich derzeit aushelfen, weil es zunehmend schwieriger wird, Personal für seine Restaurants zu finden. „Die Leute, die wegen der Corona-Lockdowns gehen mussten, kommen einfach nicht wieder!“ Aber auch diese Herausforderung nimmt Redo an. Er setzt zunehmend auf Automatisierung. Bestellungen werden vom Tisch direkt an den Koch überstellt. Milchschaum macht nicht mehr der Barista, sondern eine Maschine. Für Redo ist klar: „Das ist die Zukunft – sonst kann sich bald keiner mehr leisten, ins Restaurant zu gehen!“
    Wenn Hüseyin Dogan sich erinnert, spricht Stolz aus ihm: „Als mein Vater nach Deutschland kam, fuhr er tagtäglich in die Kohlegrube ein, um seine Familie zu ernähren. Heute führen wir eine Restaurant-Kette mit fast 400 Mitarbeitern!“ Das, was er und seine Familie in den letzten 26 Jahren in Deutschland aufgebaut haben, ist beachtlich. Zusammen mit seinen drei Geschwistern Ceyhun, Yasemin und Munise hat Hüseyin Dogan die Restaurantkette „Bona me“ geschaffen. In mehreren deutschen Großstädten betreiben sie inzwischen Restaurants mit kurdisch-türkischer Küche. Angefangen hat alles mit einem kleinen Lokal in Bergheim in der Nähe von Köln. „Wir hatten kaum Geld, um einen zweiten Kühlschrank zu kaufen. Hätten nicht alle in der Familie mitgeholfen, hätten wir das nie geschafft.“ Dieses Jahr erwartet das Unternehmen 30 Millionen Euro Umsatz.
    Bei Heidi und ihrer Tochter geht alles noch ganz traditionell zu. In ihrer Imbissbude „Berliner Kult“ werden die Currywürste heute noch genauso gebraten, wie vor 25 Jahren, als die alleinerziehende Mutter das erste Mal den Grill anschmiss. Ihre heute 35-jährige Tochter Mandy stand schon als Kind mit hinterm Tresen der kleinen Imbissbude in Duisburg. „Am Anfang nur, damit ich nicht allein zu Hause bin. Mit 15 habe ich dann angefangen, hier richtig zu arbeiten.“
    Mandy und Heidi können sich nicht mehr vorstellen, etwas anderes zu machen. „Vor dem Imbiss habe ich für 7 DM pro Stunde gekellnert.“ – erinnert sich Heidi. „Reich bin ich zwar heute auch nicht. Aber uns ging es all die Jahre wirklich gut hier!“
    Bis zum Ukrainekrieg. Seitdem haben die beiden mit rasanten Preissteigerungen zu kämpfen. „Öl für die Fritteuse kostet jetzt das dreifache! Sowas habe ich noch nie erlebt. Irgendwann mussten wir auch unsere Preise erhöhen.“ Heidi tat sich schwer mit der Entscheidung. „Erstaunlicherweise hat uns das bisher keiner übelgenommen.“ Offenbar ist Stammkundschaft von der Qualität überzeugt und bereit, auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
    „ZDF.reportage“ begleitet verschiedene Gastronomen, die mit sehr unterschiedlichen Konzepten ihren Traumberuf gefunden haben und nun ihre Unternehmen mit viel Leidenschaft durch die Herausforderungen der Zeit führen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 19.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 17.06.2022ZDFmediathek

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