423 Folgen, Folge 401–423

  • Folge 401 (15 Min.)
    Es ist das erste archäologische Welterbe unter Wasser. Ein Erbe so außergewöhnlich reich an prähistorischen Funden, dass es sogar mit „Weltwundern“ wie den Ägyptischen Pyramiden verglichen wurde. Zunächst scheint dies vielleicht etwas „vermessen“, aber in seiner Bedeutung und vor allem den geografischen Dimensionen könnte es vergleichbar sein. Es umspannt den gesamten Alpenraum und lässt sich dazu auch noch in allen Sprachen, die dort gesprochen werden betiteln: „Palafittes“ oder „Palafitte“ auf Französisch und Italienisch – „Kolisca“ auf Slowenisch und „Pfahlbauten“ auf Deutsch.
    Wobei dieser Begriff vielleicht etwas irreführend ist, denn es geht nicht nur um idyllische Bauten. In der Begründung des UNESCO-Komitees heißt es, „die jungneolithischen, bronze- und eisenzeitlichen Pfahlbauten rund um die Alpen gewährten einzigartige Einblicke in die Welt der frühen Bauern.“ In den sogenannten Kulturschichten der Seeböden haben selbst rasch verwesende Stoffe wie Textilien und sogar Essensreste die Jahrtausende überdauert und genau genommen ist es nur das, was von den Ufersiedlungen übrig geblieben ist, geschützt.
    Es ist kein „leichtes“ Erbe, denn es kann unter Wasser nicht besichtigt werden, sondern nur in den Labors der Archäologen und in Museen. Auf der Welterbeliste sind insgesamt 111 Fundstellen aus den sechs Alpenanrainer-Staaten verzeichnet. Die ältesten liegen in Italien. Von dort führt der Film auf einer Reise zunächst nach Slowenien – zum Fund eines hölzernen Rads und dann weiter über die österreichischen Seen zum Federseemoor und dem Bodensee.
    Hier wurde eine Scheibe aus Kupfer gefunden, die zu den frühesten Metallfunden in Mitteleuropa gehört und Perlen aus Kalkstein und zugehörige „Spezialbohrer“ dokumentieren die Existenz einer spezialisierte Perlen- und Schmuckindustrie. Im Zentrum der Pfahlbauforschung steht aber eigentlich die Schweiz. Am Zürichsee wurden Mitte des neunzehnten Jahrhunderts die Reste der Pfahlbauten im Wasser erstmals von einem Altertumsforscher wahrgenommen und Europa hatte damit seine archäologische Sensation.
    Danach brach ein regelrechtes Pfahlbaufieber aus und kurz darauf ein jahrzehntelanger Streit über die Architektur der Bauten . Was hatte es mit den Pfählen auf sich? Waren sie von Anfang an in den Seen gestanden oder sollten die Häuser dadurch nur vor Hochwasser geschützt werden? Dieses Rätsel ist heute gelöst aber zu Kult und Religion der Pfahlbauern gibt es noch viele Fragen, die am Ende des Films gestellt werden. In der Schweiz und in Frankreich auf den letzten Stationen der Reise durch die Welt der Pfahlbauern.
    Hintergrundinformationen:
    Die wertvollsten Natur- und Kulturdenkmäler der Welt schützt die UNESCO seit 1972 als „Erbe der Menschheit“. Die Fernsehreihe „Schätze der Welt“ erzählt von diesen Orten in eindrucksvollen Bildern. (Text: ARD-alpha)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.12.20123sat
  • Folge 402 (15 Min.)
    Kalksinterbarrieren trennen die einzelnen Seen voneinander.
    Inmitten von Karstbergen reihen sich in Kroatien 16 kleinere und größere Seen aneinander, verbunden durch zahllose Kaskaden und unterirdische Wasserläufe. Ein grandioses Schauspiel der Natur: Blaugrünes, kristallklares Wasser sucht seine Wege, fällt über Barrieren von einem Seebecken in das nächste und überwindet so einen Höhenunterschied von 133 Metern. „Am Anfang habe ich gar nicht verstanden, wie sehr alles in Bewegung ist“, so Ranger Ante Bionda. „Aber dann habe ich ein Gefühl dafür entwickelt, wie sich die Plitvicer Seen verändern und dabei immer schöner werden.“ Saubere Gewässer sowie das warme, feuchte Klima schaffen die Rahmenbedingungen für ein einzigartiges Zusammenspiel von Wasser, Luft, Gestein und Vegetation.
    Bakterien und Algen begünstigen die Ablagerung von Kalksinter, von dem Moose, Wasserpflanzen und in die Seen gestürzte Bäume überzogen werden. Sie versteinern und formen natürliche Barrieren, die jährlich bis zu drei Zentimeter wachsen. Starke Regenfälle bringen neue Veränderungen: Alte Dämme stürzen ein, neue entstehen. Höhepunkte innerhalb dieser wechselnden Szenarien sind mächtige Wasserfälle. Im unteren Bereich der Plitvicer Seen hat sich das Wasser tief in das Kalkgestein gegraben und einen imposanten Canyon geschaffen.
    78 Meter tief stürzt das Flüsschen Plitvica die Wände der Schlucht hinunter und vereinigt sich mit den über- und unterirdischen Wasserläufen des kroatischen Seengebiets. Dieses wurde schon 1949 zum Nationalpark erklärt. 30 Jahre später fanden die Plitvicer Seen Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltnaturerbes. Doch auch dieses Naturparadies ist bedroht. In den letzten 30 Jahren gab es nahezu ein Drittel weniger Niederschläge, berichtet Ranger Ante Bionda. Dafür sei der Klimawandel verantwortlich. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.11.20123sat
  • Folge 403 (15 Min.)
    Die Pyramiden von Meroe sind die Grabstätten der Herrscher.
    Seit 1994 gräbt hier ein Team deutscher Archäologen eine Stadt aus, deren Blüte um Christi Geburt begann und ein halbes Jahrtausend später mit dem Untergang des Reiches von Meroe endete. Eine Widderallee führt den Abhang hoch zum zentralen Tempel, ganz in der Tradition ägyptischer Sphingenalleen. Im Allerheiligsten, einer der besterhaltenen Steinaltäre aus dieser Zeit. In feinen Reliefs sind der König Natakamani und seine Gattin Amanitore dargestellt. Einst hatten die schwarzen Nubier um 700 vor Christus vom Gebel Barkal aus über ganz Ägypten geherrscht.
    Dann kehrten sie besiegt in ihr Kernland am Zusammenfluss von Nil und Adbara zurück. Bis in die Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus war das Reich von Meroe noch eine bedeutende regionale Macht. Ob der Aufstieg der Könige von Aksum im Hochland von Äthiopien oder das Vorrücken der Sahara das Endes des Nubischen Reiches beeinflusste, wird vielleicht eine spätere Generation von Archäologen beantworten können. Zu viel liegt noch unter dem Sand verborgen. (Text: SRF)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.01.20133sat
  • Folge 404 (15 Min.)
    An der Südflanke des Taurusgebirges, auf 2.159 Metern Höhe, begraben unter knapp 200.000 Kubikmetern Geröll und Felsgestein, vermuten Archäologen die Grabkammer des sagenumwobenen Herrschers Antiochos, der einst die Mythen der alten persischen Großreiche in Einklang brachte mit dem Lebensstil der Griechen und Römer. Seit 1987 führt die UNESCO die Kultstätte auf dem Berg Nemrut als Weltkulturerbe. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 16.04.20133sat
  • Folge 405 (15 Min.)
    Elf Strafgefangenlager hat die UNESCO in Australien als Weltkulturerbe geschützt. Sie repräsentieren den Beginn dieser jungen Nation. Mit dem Blut, dem Schweiß und den Tränen ihrer Strafgefangenen bauten die Briten ihre Kolonie. Die Gefangenen konnten – auch wenn sie ihre Strafe abgearbeitet haben – niemals mehr zu ihren Familien im weit entfernten Europa zurück. Das erste dieser Lager wurde 1787 im heutigen Port Jackson in New South Wales gegründet. Zu den Gefangenen gehörte auch eine 70-jährige Frau die zu drei Jahren Haft verurteilt wurde weil sie 12 Pfund Käse gestohlen hatte. In Sydney wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Hyde Park Baracken gebaut.
    Es gab Schlafsäle für 600 Männer, oft waren doppelt so viele untergebracht. Über all die Jahre saßen hier etwa 50.000 Strafgefangene ein. Cockatoo Island wurde 1839 als Gefängnis für Rückfalltäter gegründet. Hier waren die Arbeitsbedingungen besonders hart. Die Gefangenen mussten bis zu sechs Meter tiefe Getreidesilos aus dem Stein schlagen. Durch eine winzige Öffnung wurden sie mit dem Seil in ein dunkles Loch herabgelassen. Unten arbeiteten sie den ganzen Tag mit Hammer und Meißel. 1803 besetzten die Engländer auch die große Insel im Süden des Kontinents. Van Diemen’s Land, heute Tasmanien.
    Landzuteilungen lockten Siedler auf die Insel. Die Strafgefangenen des Lagers Port Arthur mussten für diese arbeiten. Hierher kamen die kriminellsten Straftäter aus Großbritannien und Irland. Die Lage von Port Arthur machte es zum idealen Hochsicherheitsgefängnis. Scharfe Hunde bewachten die schmale Landbrücke zur Hauptinsel. Bis 1840 lebten mehr als 2.000 Gefangene, Soldaten und Zivilisten in Port Arthur. 1853 werden die Gefangenentransporte eingestellt, Port Arthur 23 Jahre später geschlossen. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ erzählt die Geschichte von Australiens Gefangenenlagern, die heute UNESCO-Welterbe sind. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 09.02.20143sat
  • Folge 406 (15 Min.)
    Bethlehem liegt an der uralten Straße von Jerusalem nach Hebron. Heute ist diese Straße nur über einen israelischen Checkpoint passierbar, eine schmale Lücke in der acht Meter hohen Mauer, die die Stadt seit 2003 einschließt. Für Touristen ist es ein kurzer Zwischenstopp, für viele Palästinenser ein unüberwindbares Hindernis. Diese „Pilgerstraße“ wurde ebenso wie die Klöster und Kirchen um die Geburtsgrotte von der UNESCO zum Welterbe erklärt. Während jedes Jahr Millionen zu den heiligen Stätten pilgern, findet der Weg dorthin kaum Beachtung.
    Dabei bergen die Häuser rechts und links des uralten Pflasters manche Überraschungen und Geheimnisse. Bethlehem ist eine Stadt in der Moslems und Christen friedlich zusammenleben. Manche schicken ihre Kinder sogar in dieselben Schulen. Da ist es ganz selbstverständlich, dass die zwölfjährige Mirna ihre beiden muslimischen Freundinnen mit nach Hause nimmt, zu einem typisch palästinensischen Essen. Sie wohnt gleich neben dem ältesten Gebäude der Pilgerstraße, dem Bethlehem-Tor.
    Der Wunsch die Heiligkeit der Orte, die Andacht, mit der Kamera einzufangen, stößt an Grenzen. Die wirklich Gläubigen gehen in der Masse derer unter, die ihr Beweisfoto geschossen haben wollen. In seltenen Momenten gelingt es dann doch. Bei der Messe der griechisch orthodoxen Christen, die das Königstor, das Allerheiligste für wenige Momente öffnen. Oder beim Blick hinter die Mauern des armenischen Klosters, dessen junge Mönche uns ganz unkompliziert an einem Ausschnitt ihres Lebens teilhaben lassen.
    Die Gegensätze am Geburtsort Jesu Christi treffen einen oft unerwartet. Es gibt kaum einen Platz in der Welt, an dem der Ruf des nur hundertfünfzig Meter von den Kirchen entfernten Muezzins lauter erschallt. Dann wieder sind es gerade Muslime, die voller Ehrfurcht in der Geburtsgrotte vor dem Altar verharren. Jesus ist einer der wichtigsten Propheten im Islam. Vielleicht ist es gerade dieses Spannungsfeld, das die wohl älteste Kirche der Welt über eineinhalb Jahrtausende vor Zerstörung beschützt und bewahrt hat. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.12.20133sat
  • Folge 407 (15 Min.)
    Eigentlich hat eine Naturkatastrophe den Aufstieg Brügges zu einem der bedeutendsten Handelsplätze Europas im Mittelalter zumindest begünstigt. Eine Sturmflut pflügte 1134 eine Rinne in die Meeresbucht Zwin und schuf einen direkten Zugang zur Nordsee. Brügge entwickelte sich zu einem der meistangelaufenen Häfen im Norden Europas, war bald Drehscheibe im internationalen Handel, der die Wollproduzenten Englands mit den Weingütern der Gascogne und den flandrischen Tuchmachern verband. Große italienische Bankiers wie die Medici eröffneten Filialen und machten Brügge zum Weltfinanzzentrum. Brügge erlebte sein Goldenes Zeitalter. Der allgegenwärtige Reichtum der Händler, Bankiers und Adeligen lockte bedeutende Künstler.
    Unter ihnen auch die Maler der Flämischen Schule. Der Zwin – Brügges Verbindung zur Nordsee – versandete. In der Folge lähmte jahrhundertelanger Stillstand die Stadt. Und auch die Industrielle Revolution ging an Brügge vorbei. Im Rückblick ein großes Glück – nichts wurde abgerissen, um Platz für Fabriken zu schaffen. Da auch die beiden Weltkriege Brügge verschonten, blieb die Altstadt nahezu erhalten. Zur Jahrtausendwende wurde das historische Zentrum von Brügge in die Liste des Welterbes der UNESCO aufgenommen. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt das historische Stadtzentrum der belgischen Stadt Brügge vor. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 23.03.20143sat
  • Folge 408 (15 Min.)
    Wer sich dem UNESCO-Weltkulturerbe „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ nähert, wird unweigerlich von Schloss Sanssouci und seiner direkten Umgebung angezogen. Der Park Sanssouci mit seinem Lustschloss auf dem Weinberg ist so etwas wie das Herz der preußischen Parklandschaft. Er steht im Mittelpunkt, aber er steht nicht allein. Das Kurfürstentum Brandenburg wurde, als es in die Hände der Hohenzollern kam, gemeinhin als landschaftlich reizlos und wirtschaftlich hoffnungslos betrachtet. In seinem Zentrum, um Potsdam und Berlin, eine ideale Landschaft schaffen zu wollen, schien eine verwegene Idee.
    Anfangs ließen die Landesherren, jeder nach Geschmack, Talent, Neigung, Mode und Staatskasse, ihre Schlösser bauen und ihre Parks dazu gestalten. Friedrich der Große gestaltete den Park Sanssouci voller offener und versteckter Bezüge und Bedeutungen, sein Neffe, Friedrich Wilhelm II., den Neuen Garten geheimnisvoll und esoterisch, die Pfaueninsel exzentrisch und irreal. Spätestens mit der Berufung des jungen Gartenbaumeisters Peter Joseph Lenné jedoch, begann die Zusammenfassung der Parks zu einem großen Landschaftskunstwerk.
    In der Nachkriegszeit wurde es mit der Teilung der Welt in Ost und West zerschnitten, teilweise Sperrgebiet und Todesstreifen. Der Wert dieses Gesamtkunstwerks wurde nicht mehr erkannt. Auf der Pfaueninsel plante der West-Berliner Senat etwa den Bau eines Atomkraftwerks. Der Beitrag der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt das UNESCO-Weltkulturerbe „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ vor. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.02.20143sat
  • Folge 409 (15 Min.)
    Satte Oasen einerseits und lebensfeindliche Bedrohung durch die Wüste andererseits: Al Ain, am östlichen Rand des Arabischen Emirates Abu Dhabi gelegen, ist eine Stadt der Grenzbereiche, ein Ort, der von seinen Extremen lebt. Geografisch gesehen, weil Al Ain dicht an der Landesgrenze zum Oman liegt, und geologisch betrachtet, weil die Oase immer ein Scheitelpunkt zwischen Zivilisation und der „großen Leere“ war, wie die Beduinen die Wüste der Arabischen Halbinsel seit jeher nennen. Seit rund 5.000 Jahren ist die Oase besiedelt, das belegen archäologische Funde aus der frühen Bronzezeit. Grundlegend für die Existenz der Siedlung war und ist noch immer das raffinierte, Jahrtausende alte Bewässerungssystem „Aflaj“.
    Die oft unterirdischen Kanäle versorgen die Oase mit reichlich frischem Wasser aus dem nahen Hadschar-Gebirge. Der Berg Jeben Hafit, eine Aussichtsplattform im Rücken der Oase, ist 1.350 Meter hoch. Hier weht der Wüstenwind, rundherum blickt man ein Meer aus über einer Million Dattelpalmen, eine der größten Oasen überhaupt. Eine Oase wie ein Bollwerk, ein Lebenselixier im Angesicht der Wüste. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt die Oase Al Ain in den Arabischen Emiraten vor. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 12.10.20143sat
  • Folge 410 (15 Min.)
    Das Mihrab in der Freitagsmoschee aus seldjukischer Zeit. Mihrab heißt die Gebetsnische. Sie ist nach Mekka ausgerichtet.
    Der Teppichknüpfer Maschad Ali ist auf dem Weg nach Täbriz, eine iranische Provinz in Aserbaidschan. Zahlreich zieht es die Menschen in die Millionenstadt, unter anderem wegen des weltgrößten Basars. Berühmt ist Täbriz wegen seiner Teppiche. Die alteingesessenen Händler genießen das höchste Ansehen in der Stadt. Ehrfurchtsvoll werden sie „Kinder des Basar“ genannt. Auch Maschad Ali ist da; er will einen selbstgeknüpften Teppich verkaufen. Über ein Jahr lang hat er daran gearbeitet, doch der Verkauf gestaltet sich schwierig. Die Preise sind gefallen, auch weil die Iraner heute lieber ein neues Auto kaufen, als einen teuren Teppich. Zum anderen aber auch, weil der Basar immer mehr dem Kommerz unterworfen wird. Die Suche nach der richtigen Balance zwischen Tradition und Moderne hat in Täbriz erst begonnen. Der Beitrag aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ begleitet den Teppichknüpfer Maschad Ali auf den großen Basar in Täbriz. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 05.10.20143sat
  • Folge 411 (15 Min.)
    Schamanka – Schamanenfelsen auf der Baikalinsel Olchon.
    Burjaten, den Ureinwohnern Zentralsibiriens, gilt der „Baygal nuur“ – der „reiche See“, als magischer Ort, als Wiege und Seele ihres Volkes. Der Rest der Welt sieht im Baikal schlicht ein Gewässer der Superlative. Im Herzen Sibiriens, an der Südostgrenze Russlands zur Mongolei, liegt ein Fünftel aller flüssigen Süßwasserreserven der Erde. Der Baikal ist der tiefste und älteste See der Welt, seine Wasserfläche bedeckt ein Gebiet größer als Belgien. Die Baikal-Region gilt Biologen als „Galapagos-Archipel Russlands“, als eines der artenreichsten Frischwasserbiotope der Erde.
    Im Baikal lebt die weltweit einzige ausschließlich im Süßwasser vorkommende Robbenart, die „Nerpa“ oder Baikalrobbe. 128 Fischarten bevölkern den See, zwei davon sind endemisch: der „Omul, eine Moränenart, und der „Golomjanka“, der am tiefsten vorkommende Süßwasserfisch der Erde. Über 230 Arten winziger Flohkrebse klären das Wasser des Baikal auf natürliche Weise und sorgen damit für den extrem hohen Reinheitsgrad des Sees.
    Für die Bewohner der Dörfer entlang des Ufersaums eine nie versiegende Trinkwasserquelle. Gründe genug für die UNESCO, das „Blaue Auge der Erde“ seit 1996 als Weltnaturerbe zu führen. Wenn Russen von ihrem „Osero Baikal“ reden, meinen sie das „große sibirische Meer“, das sich auf 455 Metern Höhe zwischen den südsibirischen Gebirgszügen entlang der Südostgrenze Russlands zur Mongolei auf einer Fläche von 31.722 Quadratkilometern ausbreitet. Seine Dimensionen sind atemberaubend. Er ist mit 25 Millionen Jahren ältester und mit 1.642 Metern der tiefste See der Erde, erstreckt sich 673 Kilometer vom Südwesten bis zum Nordosten und weitet sich an der breitesten Stelle auf 82 Kilometer.
    Gespeist wird das „sibirische Meer“ von 336 Flüssen und unzähligen Bächen, hat jedoch nur einen einzigen Abfluss, die Angara, einer der größten Flüsse Sibiriens. Trotz ihrer gewaltigen Abflussmenge müsste die Angara etwa 400 Jahre lang fließen, bis der Baikalsee geleert wäre. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt die Baikal-Region vor. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.12.20143sat
  • Folge 412 (15 Min.)
    Grabmal des Vergil.
    Im Bergpark Kassel Wilhelmshöhe ließ Landgraf Karl die damals größten Wasserspiele der Welt anlegen. 1714 wurden sie erstmals präsentiert, inspiriert waren sie von den Gärten Italiens. Was der kunstsinnige Landesherr damals bauen ließ, um seinen und den Ruhm seines Landes Hessen-Kassel in der Welt zu mehren, ist noch heute eine Touristenattraktion: barocke Wasserarchitektur in einem grandiosen Bergpark. Generationen haben diesen Park geprägt und gepflegt, kaum ein Nachfolger Karls, der sich und seine Epoche nicht in ihm zu verewigen suchte. Neben dem übergroßen Herkules aus der Zeit des Landgrafen Karl prägen heute künstliche Wasserfälle, die scheinbare Ruine eines römischen Aquädukts, eine gigantische Fontäne, zahlreiche Gebäude und Staffagen bis hin zur künstlichen Ruine der Löwenburg den Park.
    Während der Sommermonate, wenn mittwochs und sonntags die Wasserkunst stattfindet, bevölkern oft tausende Besucher die Anlage. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt das UNESCO-Weltkulturerbe Bergpark Kassel Wilhelmshöhe vor. Im Laufe der Zeit hat sich der Park mehrfach gewandelt. Die Dokumentation folgt diesen Wandlungen mit einem Gang durch die Geschichte, nicht nur in der Gartenkunst. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 14.12.20143sat
  • Folge 413 (15 Min.)
    Eine spiralförmige Treppe führte in den oberen Teil der prähistorischen Rundtürme.
    Auf ganz Sardinien sind über 7.000 Rundtürme aus tonnenschweren Steinbrocken verstreut. Oft sind nur noch die Stümpfe dieser megalithischen Bauten vorhanden, die „Nuraghi“. Die ersten wurden um 1400 vor Christus erbaut. Zwischen die mächtigen Blöcke wurden kleine Steine gesteckt, eine Bauweise, die die Steintürme einsturzsicher machte. Allesamt sind sie Zeugen einer der größten frühgeschichtlichen Inselkulturen: der Nuraghenkultur. Die alten Sarden haben keine schriftlichen Zeugnisse hinterlassen. Ungeklärt ist, ob sie überhaupt eine Schrift benutzten.
    Vieles über sie bleibt deshalb im Dunkeln, wie auch das Rätsel um die Nuraghi-Turmbauten. Die meisten von ihnen finden sich im Inselinnern. Dort besetzen sie in strategisch günstiger Lage die Spitzen von Hügeln, oft sind mehrere in Sichtweite aufgereiht. Vieles spricht dafür, dass sie vor allem der Verteidigung dienten, Schutz boten vor Seeräubern und anderen Eindringlingen. Einige bildeten dorfartige Siedlungen, etwa der Komplex Su Nuraxi, der zum UNESCO-Welterbe erklärte wurde. Von der Religiosität der Nuragher zeugen Wasserheiligtümer wie das von Santa Cristina.
    Dort wurden wohl Reinigungs- und Fruchtbarkeitsrituale veranstaltet. Wie die Nuraghi stellt auch der Cantu a tenore, eine Art historischer Chor und Sardiniens immaterielles Kulturerbe, die Wissenschaftler vor Rätsel. Manche vermuten die Wurzeln des archaischen Gesangs in der Nuraghenkultur. Sicher ist, dass der Cantu a tenore tief in der Welt der sardischen Hirten verwurzelt ist. Die Dokumentation aus der Reihe „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“ stellt die Geheimnisse der Nuraghen auf der Mittelmeerinsel Sardinien vor. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 23.11.20143sat
  • Folge 414 (15 Min.)
    Die Freitagsmoschee ist eines der größten und ältesten Gotteshäuser des Iran. Bereits 100 Jahre nach Mohammeds Tod, gab es in der Oasenstadt Isfahan an diesem Platz eine Gebetsstätte.Die gegenwärtige Anlage entstand im zehnten und zwölften Jahrhundert. Von den Seldschucken, über die Timurieden, zu den Safawiden, bis heute, immer waren es die besten Künstler und Handwerker ihrer Zeit, die die Bauten weiter ausschmückten oder restaurierten.Der Film nähert sich dem Welterbe um vier Uhr früh. Zum Morgengebet sind nur einige Duzend Männer und Frauen in den riesigen Innenhof gekommen.
    Letztere verfolgen die Predigt hinter einem Vorhang, doch den hat der Wind beiseite geblasen. Noch lässt sich, im schwachen Licht, die Pracht der mit Kachelfayence und Stuckornamentik verschwenderisch geschmückten Fassaden nur erahnen. Dann geht über dem weitläufigen Lehmdach mit seinen Kuppeln und Minaretten die Sonne auf. Für die Gläubigen beginnt ein harter Tag. Es ist Ramadan, jetzt mitten im Sommer dürfen sie 16 Stunden nichts essen und bei 40 Grad Hitze nichts trinken. Alles läuft langsamer. Dort wo sonst überwiegend Touristen das Bild bestimmen, findet religiöses Leben statt.
    Die ganze Moschee, auch der Hof, wird mit Teppichen ausgelegt. Überall liegen Koranausgaben, in die sich Menschen jeden Alters vertiefen. Der Muezzin ruft zum Mittagsgebet. In der beinahe 1.000 Jahre alten Kuppelhalle Nizam al-Molk versammeln sich einige hundert Menschen und während sie sich vor einem kunstvoll mit Kacheln verzierten Mihrab gen Mekka niederwerfen, passiert nur wenige hundert Meter entfernt Unerwartetes: in einer Synagoge – in Isfahan gibt es vier – lesen Juden aus der Thora. Und über dem Fluss, im armenischen Viertel, feiern Christen das 20-jährige Jubiläum ihres Bischofs.
    Mit 13 Kirchen ist Isfahan seit Jahrhunderten so etwas wie eine multireligiöse Stadt. Der Stuckateur Ostad Bahram Assadi beherrscht sein Handwerk noch wie die Meister früherer Jahrhunderte. Gerade hat er in 30 Metern Höhe die Ostkuppel restauriert. Jetzt begleitet ihn der Film bei einer Arbeit an einem 650 Jahre alten Stalaktitengewölbe. Zusammen mit seinem Gesellen fertigt er nach altem Muster Gipsteile, die er sorgfältig in das beschädigte Gewölbe einsetzt. Gleich nebenan arbeitet ein Kachelfayencemacher.
    Wer ihm über die Schulter schaut, versteht wie das „Puzzle“ aus Millionen einzelner Kachelteile entstanden ist, aus dem die kunstvoll geschmückten Fassaden und Minarette bestehen. Es ist der 19. Tag des Ramadan, der Tag, an dem Ali, der umstrittene Nachfolger des Propheten ermordet wurde und der Tag, an dem der Koran offenbart wurde. Trauer und Freude treffen sich. Tausende strömen in die Moschee. Nach Gesang und Gebet werden zum „Fastenbrechen“ Tee und Datteln gereicht. In der Kühle des Abends wird die Moschee zum Treffpunkt der halben Stadt. Bis zum Morgen dauert die Feier. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.12.20153sat
  • Folge 415 (15 Min.)
    Echte Zunderschwämme (Baumpilz) auf Buchentotholz
    Eine einzige Baumart dominierte einst weite Teile des europäischen Kontinents: Buchen. Die riesigen Buchenurwälder, die unseren Vorfahren vom Schwarzen Meer bis zum Atlantik, von Sizilien bis nach Südschweden seit der letzten Eiszeit Schutz und Nahrung boten, sind heute jedoch fast verschwunden. Buchen sind unverwüstlich, nahezu resistent gegen jede Art von Klimawandel. Regen, Schnee, Eis aber auch große Hitze können ihnen wenig anhaben. Ein intakter Buchenwald ist ein geschlossenes Ökosystem, eine Art Superorganismus, der sich von selbst erneuert und Lebensraum für viele Mitbewohner schafft.
    Noch zur Zeit der Germanen überwuchern Buchenwälder das nördliche Mitteleuropa nahezu komplett, doch spätestens mit den Römern ist die Zeit der wilden Wälder vorbei. Es wird geholzt, was das Zeug hält. Das Bauholz für erste Städte an Rhein und Donau, für Palisaden, Brücken und Grenzbefestigungen verschlingt Millionen Hektar ursprüngliches Unterholz. Das „Hölzerne Zeitalter“ frisst schon bald seinen Unterbau. Heute überziehen Waldplantagen schnell wachsender Nadelhölzer das großflächig zersiedelte Deutschland.
    Holz als Kapital in seiner natürlichsten Form. Der Wirtschaftswald stillt unseren Hunger nach Bau-, Brenn- und Nutzholz, ist Spekulationsobjekt und Wellness-Oase für gestresste Städter. Die mikroskopisch kleinen Inseln jener Buchenurwälder, die als Großbiotop für unzählige Tier- und Pflanzenarten einst ganz Europa überzogen, sind dagegen nur noch zu erahnen. Es sind Reliktflächen, die in unserer auf Superlative bedachten Gesellschaft kaum lohnten, erwähnt zu werden, wären es nicht die unwiderruflich letzten Urwaldreste, die uns geblieben sind.
    Seit 2011 führt die UNESCO die fünf deutschen Altwaldbestände „Grumsiner Forst“ in Brandenburg, den „Nationalpark Kellerwald-Edersee“ in Hessen, den „Nationalpark Jasmund“ auf Rügen, den „Serrahner Buchenwald“ in Mecklenburg-Vorpommern sowie den „Nationalpark Hainich“ in Thüringen gemeinsam mit den Karpaten-Urwäldern der Slowakei und der Ukraine unter der sperrigen Bezeichnung „Buchenurwälder in den Karpaten und alte Buchenwälder in Deutschland“ als gemeinsames Weltnaturerbe. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 14.02.20163sat
  • Folge 416 (15 Min.)
    Old Faithful – der wohl berühmteste Geysir der Welt im Yellowstone Nationalpark.
    Yellowstone – der erste Nationalpark der Welt. Mit Hunderten von Geysiren, Thermalquellen und einer unvergleichlichen Tier und Pflanzenwelt ist er seit 1872 der vielseitigste Park der USA. Die Dokumentation zeigt, wie sehr sich die Vorstellungen über Naturschutz in den letzten 150 Jahren verändert haben. Bei der Gründung war der Park ausschließlich zum Vergnügen der Menschen da und dazu gehörte auch die Jagd. Erst zehn Jahre später wurde diese verboten. Zuvor hatten Jäger und Wilderer die Wölfe ausgerottet und fast alle Bisons geschossen.
    In einem langwierigen Prozess wurden die Tiere im Park wieder heimisch. Die Wiederaufzucht von Bisonherden und Wölfen gilt als einer der größten Erfolge der amerikanischen Naturschutzbewegung. Das Ziel der Parkverwaltung ist es heute, der Natur und allen Tieren im Park ihren freien Lauf zu lassen – auch den Bären, die jahrelang fast wie Haustiere gehalten wurden. Im Jahr 1976 verlieh die UNESCO dem Park den Status eines Internationalen Biosphären-Reservates, 1978 wurde er zum Weltnaturerbe erhoben. Das Naturschutzgebiet liegt in drei US Bundesstaaten.
    Nahezu vollständig in Wyoming und zu drei Prozent in Montana und einem Prozent in Idaho. Über die Hälfte aller weltweit existierenden heißen Quellen sind im Yellowstone-Gebiet zu finden und darunter brodelt ein gigantischer Vulkan über dessen Ausbruch immer wieder spekuliert wird. Insgesamt umfasst der Park eine Fläche von fast 9.000 Quadratkilometern und besitzt mit dem Yellowstone Lake den größten Bergsee Nordamerikas. Der Park hat seinen eigenen „Grand Canyon“ mit Wasserfällen, die durch die Bilder des amerikanischen Malers Thomas Moran weltbekannt geworden sind.
    So vielseitig und kontrastreich wie die Landschaft ist auch das Klima. Auf 2.000 Meter Höhe sind selbst im Hochsommer die Nächte kalt, und zwischen den heißesten Tagen im Sommer und den kältesten im Winter können bis zu 70 Grad Celsius liegen. Der Yellowstone gilt als der wildeste unter den amerikanischen Parks und wenn es so etwas, wie ein perfektes – ein komplettes Wunderwerk der Natur gibt – dann könnte er dieser Idealvorstellung sehr nahe kommen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 20.03.20163sat
  • Folge 417 (15 Min.)
    Cromford Mill, Ansicht des Fabrikgeländes.
    Ein Tal, von dem man selten gehört hat, das Derwent Valley in Mittelengland zwischen Derby und Matlock, ist der Ort „where it all began“. Gemeint ist die globale Ökonomie. Die alten Fabriken des Derwent Valley stehen am Anfang der Industriellen Revolution. Sie sind im Dienste verschiedener Unternehmen durch die Jahrhunderte gegangen, Profit war ihr einziger Daseinszweck, dementsprechend sind sie verschlissen. Das Wort „Fabrik“ gab es damals noch nicht. Die ersten Fabriken hießen mills, Mühlen, da sie von Mühlrädern angetrieben wurden. „Satanic mills“, „Teufelswerk“, nannte sie der englische Dichter, Naturmystiker und Maler William Blake in einem Gedicht. Die Fabriken wurden von vielen bekämpft, die ihr herkömmliches Leben in Gefahr sahen, aber sie setzten sich doch durch. Heute sieht man die letzten der alten Fabriken mit Wehmut. Ihr Triumph war unausweichlich, ihr Untergang, das „Ende der industriellen Arbeit“ ist es möglicherweise auch. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 31.01.20163sat
  • Folge 418 (15 Min.)
    Das Westwerk der ehemaligen Benediktinerabtei Corvey ist ein herausragendes Zeugnis karolingischer Baukunst.
    Die ehemalige Benediktinerabtei Corvey gilt als eine der bedeutendsten Klostergründungen im Mittelalter. Später verbrauchte August Hoffmann von Fallersleben dort seinen Lebensabend. Nach langen Wanderjahren fand der Dichter des Deutschlandliedes in Corvey eine Aufgabe: Er hütete und formte den Bücherschatz der Bibliothek mit wertvollen Einzelwerken, Pracht- sowie Reisebänden. Sein Grab liegt auf dem Friedhof neben der Abteikirche. Das Kloster von Corvey verdankt seine Entstehung dem Sieg Karls des Großen bei der blutigen Schlacht unter dem Brunsberg 775 an der Weser.
    Der Imperator erzwingt die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen. Am Rande des Frankenreichs, so seine Vision, soll eine Bastion des Glaubens entstehen. Ein Stützpunkt für die Missionierung nach Norden und Osten. Doch der Kaiser erlebt nicht mehr, wie Mönche aus dem westfranzösischen Corbie in den Weserauen siedeln. Als das „Nova Corbeia“ entwickelt sich das Benediktinerkloster in seiner Blütezeit im 9. und 10. Jahrhundert zu einem geistigen und wirtschaftlichen Zentrum mit Ausstrahlung in ganz Europa.
    Nahezu 1.000 Jahre prägen dann Mönche diesen Ort, bis mit der Säkularisation weltliche Herren seine Geschicke bestimmen. Corvey, das sind 1.200 Jahre wechselvolle Geschichte auf engstem Raum. Alle Epochen haben hier Spuren hinterlassen. Von der ursprünglichen Klosteranlage hat nur das Karolingische Westwerk die Wirren der Zeit überstanden. Zum Glück, denn wir verdanken dem vorgelagerten Zentralbau der ehemaligen Klosterkirche tiefe Einblicke in die damalige Architektur. Neuartig, modern und prägend war die karolingische Bauweise aus Bruchsteinmauerwerk.
    Sie vereint auf hohem Niveau das Innovative mit antiken Vorbildern. Dies zeigt sich im Innern des Westwerks mit seiner original erhaltenen gewölbten Eingangshalle mit Säulen und Pfeilern. Hier empfängt der Corveyer Abt den Kaiser bei den Hoftagen. Von Emporen umgebenen ist der Johannischor im Obergeschoss, ein Zeugnis karolingischer Baukunst. Auch Corvey und seine Besitzungen trifft der Dreißigjährige Krieg. Die Klosteranlage wird nahezu vollständig zerstört. Ihr Wiederaufbau als barocke Residenz beginnt 1671 und braucht dann noch weitere 43 Jahre.
    Die Fürstäbte statten das Kloster mit allem aus, was man im 18. Jahrhundert zur Repräsentation für notwendig erachtet. Im prachtvollen Kaisersaal bewirten sie hochgestellte Persönlichkeiten. Bei Staatsgeschäften wie Gnadenakten oder Lehensverschreibungen bildet der Prunkraum den würdigen Rahmen. Im Zuge der Säkularisation geht auch die ehemalige Reichsabtei Corvey in weltliche Hände über. Durch Erbfolge wird die barocke Klosteranlage zum herrschaftlichen Schloss der Herzoglichen Familie von Ratibor.
    Ein Juwel ist die Fürstliche Bibliothek mit ihren 15 Sälen und 200 Bücherschränken. Alle sind sie im Stile des Biedermeiers und späten Klassizismus gestaltet sowie in unterschiedlichen Holzarten ausgeführt. Edles Ambiente für eine Büchersammlung mit rund 74.000 Bänden, die zu den kostbarsten Privatbibliotheken Deutschlands zählt, geformt und gehütet von Germanist und Politiker August Hoffmann von Fallersleben. Hier wird er auch 1874 beerdigt. Mehrere tausend Trauergäste nehmen an der Beisetzung auf dem Friedhof neben der ehemaligen Abteikirche teil. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.02.20163sat
  • Folge 419 (15 Min.)
    In der Namib-Wüste: Die Wurzel der kürbisähnlichen ‚iNara‘ hilft bei Diabetes und Bluthochdruck.
    Die Namib am südlichen Ende von Afrika ist eine der ältesten Wüsten der Erde. Ein grünes Paradies, wie die Sahara noch vor zehntausend Jahren, war die Namib nie. Namib bedeutet in der Sprache der Ureinwohner „Ort an dem Nichts ist“. Endlose Fahrten über Sandpisten, einem Horizont entgegen, der kaum näher kommt, an dem flimmernde Berge und Seen locken, die sich als Fata Morgana erweisen, bestätigen den Eindruck. Nirgends auf der Erde hatte die Evolution mehr Zeit, sich den extremen Bedingungen anzupassen. Es gibt Gegenden in der Namib, in denen es fast nie regnet.
    Dass dort trotzdem Tiere und Pflanzen existieren, liegt an deren genialen Überlebensstrategien, die in Anbetracht des ungebremsten Klimawandels neue Bedeutung gewinnen. Die Suche nach dem Leben endete manchmal in den Sandstürmen riesiger, wandernder Dünen. Umso größer die Überraschung, wenn dann plötzlich der Sand lebendig wird, sich ein Gecko oder eine Schlange auf Nahrungssuche machen. Es ist eine Reise an die Grenzen der Zivilisation, in eine Welt, die in ihren Bildern vorwegnimmt, wohin unsere Erde driften könnte.
    Manchmal sind es Bilder, wie von einem anderen Planeten, wenn ein einsames Chamäleon seinen Blick über die Mondlandschaft schweifen lässt, oder wenn dort, wo sonst nichts wächst, eine tausend Jahre alte Welwitschia zum Blühen kommt. Wenige Menschen, die Topnaar, leben entlang der ausgetrockneten Flusstäler. Nahrung für sich und ihre Tiere suchen sie in der Wüste, beispielsweise die Nara, eine kürbisähnliche Frucht. Doch es wird immer schwieriger sie zu finden. Wie lange wenigstens ihr hundert Meter tiefer Brunnen noch Wasser hergibt, wissen sie nicht.
    Irgendwann werden auch sie an den Rand der Stadt ziehen müssen. Im Dead Vlei, dem toten Fluss gibt es schon seit 500 Jahren kein Wasser mehr. Eine riesige Sanddüne versperrte dem Fluss den Weg und löschte alles Leben aus. Anklagend ragen die verwitterten, schwarzen Gerippe uralter Bäume aus dem Sand. Andere Orte dagegen erwachen unerwartet zu neuem Leben. Da wo gerade noch staubige Trockenheit war, verdunkelt sich die Sonne. Nebel überzieht, wie eine Urgewalt, alles mit seinen feuchten Schwaden. Die stacheligen Äste der iNara und der Kameldornbüsche werden zu Kollektoren in denen sich Millionen Wassertropfen sammeln.
    Ein Schwarzkäfer krabbelt auf die Kuppe der Düne, streckt seine Beine aus und filtert Wasser aus der feuchten Luft. Nach wenigen Stunden ist alles vorbei. Entscheidenden Einfluss auf das Klima der Namib hat der kühle Benguelastrom im Atlantik, der an der Küste Namibias entlang fließt. Es heißt, seine Temperatur hätte sich in den letzten 25 Jahren um zwei Grad erhöht. Inwieweit sich das Millionen Jahre alte Ökosystem der Namib dadurch verändert, wird gerade erforscht. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 15.01.20173sat
  • Folge 420 (15 Min.)
    Seit Juni 2015 trägt die 1888 als größtes Lagerhausensemble der Welt erbaute Speicherstadt mit benachbartem „Chile Haus“ das Etikett UNESCO-Weltkulturerbe. Den Freihafenstatus ringt die Hansestadt 1881 Reichskanzler Bismarck ab. In nur sechs Jahren stampfen die Hamburger das größte Lagerhausensemble der Welt aus dem Boden. Dafür muss ein ganzer Stadtteil weichen, knapp 20 000 Menschen werden vertrieben. Im Schutz des Kaiserreichs blüht der Handel auf. Die Hansestadt steigt bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges nach London, New York und Rotterdam in die Liga der bedeutendsten Häfen der Welt auf.
    Lange gilt die Keimzelle des Hamburger Hafens als Monument der ruhmreichen Geschichte von hanseatischem Kaufmannsgeist und feinen Profiten in einer Stadt, die bis heute die meisten Millionäre des Landes zählt. Dass dieses rapide Wachstum nicht nur der Speicherstadt zu verdanken ist, sondern vor allem der von hanseatischen Kaufleuten angestoßenen rigorosen deutschen Kolonialpolitik, wird bis heute gerne unterschlagen.
    „Im Kern“, so der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer, „ging es in Hamburg immer nur ums Geld, das zu großen Teilen aus der Landnahme auf dem Schwarzen Kontinent stammte.“ Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise dämpfen den hanseatischen Kaufmannsgeist. Der Zahlungsverkehr läuft fast nur über Devisen, die täglich neu eingetauscht werden müssen. Dennoch beschließen die Hamburger, das bereits abgerissene „Gängeviertel“ gegenüber der Speicherstadt neu zu bebauen.
    Devisen sind gefragt. In diese Bresche springt der reichste Hamburger Kaufmann seiner Zeit: Henry Brarens Sloman, der mit dem Handel von Salpeter aus Chile ein Vermögen machte. Sloman beauftragt Fritz Höger, einen Absolventen der Hamburger Baugewerbeschule, mit Planung und Bauausführung des ersten „Hamburger Wolkenkratzers“. Kaum ist das „Chile Haus“ an Hamburgs Fischertwiete 1924 eingeweiht, nimmt es als „Ikone des Backsteinexpressionismus“ einen prominenten Platz in der Architekturgeschichte ein.
    Für Chile Haus und Speicherstadt ist der zweite Weltkrieg eine Zäsur. Während Slomans Chile Haus die Bombardements der Alliierten nahezu unbeschadet übersteht, überleben bis Kriegsende von 100 Speichern nur 58 die Hamburger Bombennächte. Bereits kurz nach Kriegsende beauftragt die „Hamburger Hafen- und Lagerhaus-AG“ den jungen Altonaer Architekten Werner Kallmorgen mit dem Wiederaufbau der Speicherstadt. Materialknappheit zwingt den Architekten zu puristischen Lösungen: er baut mit Trümmersteinen auf Resten des zerbombten Areals, roter Backstein für die Fassaden und grüner Kupfer für sämtliche Bedachungen.
    Neben Reparaturarbeiten errichtet Kallmorgen bis 1967 fünf moderne Bürogebäude und schafft mit dem neuen Kaispeicher A, heute der Sockel der Elbphilharmonie, ein Wahrzeichen für den Hafen. Bis Anfang der 1970er-Jahre beherbergen die wieder aufgebauten Speicherblöcke bis zu 25 000 Hafen- und Lagerarbeiter.
    Erst als der Schutenverkehr auf den Fleeten durch LKW abgelöst und der Handel auf Containertransport umgestellt wird, haben Quartiersmänner, Schauerleute, Winschmänner, Wäger, Tallymänner, Ewerführer und Küper ausgedient. Die einst umsatzstarken Tee- und Kaffeekontore ziehen ins Hamburger Umland, ebenso Gewürz-, Speiseöl- und Textilhandel. Was bleibt ist neben einigen Teppichhändlern wenig mehr als Folklore. 2003 werden die Zollgrenzen eingeschränkt und Anfang 2013 verliert die Speicherstadt auf Antrag des Hamburger Senats schließlich vollständig ihren Freihafenstatus und dadurch den entscheidenden Teil ihres ursprünglichen Zwecks.
    Um einem Totalabriss vorzubeugen, soll das einstige „Reich der Backsteingotik“ möglichst attraktiv bleiben: als Milieugeber für die angrenzende HafenCity, einem gigantischen Neubauprojekt mit sündhaft teurem Wohnraum. Die Seele der alten Speicherstadt hingegen habe sich verflüchtigt, glaubt man einigen längst pensionierten Speicherarbeiter.
    Geblieben seien lediglich Fassaden für Agenturen, Theater, Kneipen und Souvenirläden. Dass zumindest die architektonische Substanz dieses weltweit einzigartigen Ensembles erhalten bleibt, dafür sorgen rigide Auflagen des Denkmalamtes und seit Juni 2015 das Etikett „UNESCO-Weltkulturerbe“. Die Fassaden bleiben rot, die Dächer grün, auch beim ersten Speicherstadt-Hotel, das im Februar 2014 eröffnet hat. Man darf die kulissenstarke Heraufbeschwörung einer Arbeitswelt von gestern Erfolg nennen oder, der Geschichte des hanseatischen Kaufmannsgeistes folgend, „feinen Profit“. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 29.01.20173sat
    Erstausstrahlung laut SWR-Liste: 19.02.2017
  • Folge 421 (15 Min.)
    Die Van Nelle Fabrik in Rotterdam gehört seit 2014 zum UNESCO-Welterbe. Zur Schau gestellte Technik im Kraftwerk demonstriert Fortschritt und Modernität.
    Die Van Nelle Fabrik in Rotterdam, 1926 bis 1931 erbaut, verkörpert wie das deutsche Bauhaus die architektonische Avantgarde der Klassischen Moderne. Funktionalität und Ästhetik gehen eine Symbiose ein. Der Industriebau wurde nach dem amerikanischen Vorbild der Daylight Factory konzipiert. Dabei fanden ganz neue Techniken ihre Anwendung. Das veranlasste den Architekturvisionär Le Corbusier im Jahr 1931 vom „schönsten Anblick der modernen Zeit“ zu sprechen. Rotterdam, der größte Seehafen Europas, wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig durch deutsche Bomben zerstört.
    Heute zeigt es sich mit spektakulären Bauten, entworfen von Stars der zeitgenössischen Architekturszene. Doch Architektur-Avantgarde bietet die Seemetropole nicht nur an der Nieuwe Maas. In Schiedam, einem westlichen Vorort, steht die Van Nelle Fabrik. Bis 1995 werden hier Tabak, Kaffee und Tee verarbeitet. Dann schließt die Fabrik. 60 000 Quadratmeter müssen neu genutzt werden. Nachdem die Stadt Rotterdam den Kauf – und damit die Verantwortung für die Van Nelle Fabrik abgelehnt hat, kann ihre Zukunft nur durch die Transformation zu einem Ort der Kreativindustrie gesichert werden.
    Designateliers, Architekturbüros, Kanzleien, Werbe- und Filmproduktionen ziehen in den Industriebau ein. Hier zu arbeiten ist Teil ihrer Corporate Identity. Der Name Van Nelle geht auf ein Kolonialwarengeschäft zurück, das 1782 in Rotterdam eröffnet wird. Als die Familie Van der Leeuw das Ruder übernimmt, beginnt mit Plantagengründungen in Niederländisch-Ostindien, dem Handel und der Verarbeitung von Tee, Kaffee und Tabak der Aufstieg zu einem global operierenden Unternehmen.
    Die Rohstoffe aus Übersee werden nach Rotterdam verschifft. Und dort in der Van Nelle Fabrik im alten Leuvehafen weiterverarbeitet. Das Geschäft floriert, die Kapazitäten reichen bald nicht mehr aus. Der neue Standort liegt an einem großen Kanal, in Nachbarschaft zur Bahnstrecke Paris-Amsterdam. Jedes Produkt – ob Tabak, Kaffee oder Tee – erhält einen eigenen Bereich. Mit der Verwirklichung des Industriebaus profiliert sich Chefarchitekt Leendert van der Vlugt als vielversprechender Protagonist des Neuen Bauens.
    Doch die Van Nelle Fabrik ist eigentlich das Projekt des jungen Kees van der Leeuw, der von der Eigentümerfamilie bestimmt wird, die Verwirklichung in die Hand zu nehmen. Den Jungunternehmer interessieren amerikanische Produktionsmethoden. Er begeistert sich für moderne Architektur und abstrakte Malerei, ist Mitglied der Theosophischen Gesellschaft und Anhänger des spirituellen Lehrers Jiddu Krishnamurti. Mit der Van Nelle Fabrik verfolgt Kees van der Leeuw nichts weniger als ein Gesamtkunstwerk, das die Rationalität industrieller Produktion, die Kunst des Neues Bauens sowie die Suche nach einem ganzheitlichen Menschenbild in sich vereinen soll.
    Der Bau selbst ist eine Pionierleistung der Ingenieurskunst. Um in dem schwammigen Boden ein sicheres Fundament zu gründen, werden Tausende über 20 Meter lange Stahlbetonnägel an Ort und Stelle gegossen und dann mithilfe der aus den USA eingeführten Thomson-Dampframme in den Untergrund gestoßen.
    Auch Pilzstützen aus Stahlbeton, die das Skelett des Industriebaus bilden, waren bis dahin in Europa nicht bekannt. Sie sind mit dem Fußboden vergossen und bilden so eine belastbare Einheit, die Träger für die Decken überflüssig macht. Vorhangfassaden auf beiden Seiten des 17 Meter breiten Industriebaus sorgen für optimalen Einfall des Tageslichts. Die Form folgt der Funktion. In den Treppenhäusern schaffen Chrom und Keramik Eleganz. Die Fabrik soll schön sein, die Arbeit darin Freude bereiten. Dies zeigt sich auch bei der Ausstattung der Toiletten und Duschen.
    Die Sanitäranlagen kommen mit den Tabakschiffen aus den USA. Für die Direktoren der Van Nelle Fabrik entwirft Hausarchitekt Leendert van der Vlugt auch Villen in der Stadt. Das Sonneveld House, eine Machine à Habiter, ist heute Museum. Es ist komplett im Stil der Neuen Kunst gestaltetet und befindet sich wieder in dem Zustand, wie es Direktor Bertus Sonneveld mit seiner Familie bezogen hat. Mit Möbeln des Designers Willem Hendrik Gispen, der auch für die Interieurs der Van Nelle Fabrik verantwortlich war. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.01.20173sat
    Erstausstrahlung laut SWR-Liste: 29.01.2017
  • Folge 422 (15 Min.)
    Blick über die Altstadt von Palermo mit Chiesa del Carmine Maggiore.
    Die Sizilianer erinnern sich gerne an zwei Jahrhunderte währende, arabische Episode ihrer Insel. Überall finden sich arabische Reminiszenzen. Doch vieles davon, ist in Wahrheit normannisch. So auch der Palazzo di Maredolce. Er ist ein Beispiel für das Normannisch-Arabische Erbe, das die UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichnet hat. Das Schloss befindet sich in Restauration, er wird auch della La Favara genannt, das Wasserquelle bedeutet. Er liegt in Brancaccio, einem der Viertel Palermos, die dem Besucher nicht ganz geheuer sind.
    Palazzo d’Emiro ist ein weiterer Name für dieses Gebäude, und als Emirs-Palast galt er auch in der wissenschaftlichen Literatur. Denkt man sich die abenteuerlichen Ein- und Anbauten weg, in denen bis vor einigen Jahren arme Familien, mit Genehmigung der zuständigen Paten und ohne Kenntnis der Behörden, ihre karge Bleibe hatten, so könnte man sich nichts leichter an diesem Ort vorstellen als einen arabischen Potentaten und seinen Hofstaat. Vor allem des riesigen Bassins wegen, heute bestenfalls ein Sumpf.
    Damals ragte der Palast wie eine Halbinsel in das Bassin und spiegelte sich in seinem Wasser. Jüngste Ausgrabungen jedoch bewiesen: Sowohl der Palast als auch das Bassin wurden von Normannen gebaut, auf einem Fundament der Araber. Normannische Ritter hatten Sizilien den Arabern im 11. Jahrhundert entrissen und ein eigenes Königreich begründet. Trotz aller über Jahrzehnte andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen waren sie es vermutlich, die als erste die arabische Epoche „mit einem gewissen Behagen“ sahen.
    Denn sie zerstörten nicht, was sie vorfanden, sondern übernahmen, was ihnen gefiel. Die Eroberer, in der klugen Erkenntnis, dass sie keinen eigenen Stil zu bieten hatten, außer auf dem Schlachtfeld, passten sich den Eroberten an. Darin ein Miteinander der Kulturen zu sehen bedeutet wohl, heutige Wunschvorstellungen in die Vergangenheit zu projizieren. Aber zu Recht spricht man von einem arabisch-normannischen Stil, wenngleich dieser Begriff außer acht lässt, dass dieser Stil auch durch byzantinische Einflüsse geprägt ist.
    Den Arabern vorangegangen war eine lange byzantinische Phase, und die meisten Bewohner der Insel sprachen Griechisch. Die Kulturgeschichte Siziliens ist labyrinthisch. Wie die unterirdischen Bewässerungssysteme. Sie heißen Qanat; das Wort scheint arabisch, hat aber viel ältere Wurzeln. Dennoch haben die Araber die unterirdischen Kanäle gebaut, nimmt man an. Oder ihre Nachfahren. Oder ihre Vorgänger. Das Bild ist verwirrend, oder, mit den Worten von Palermos Bürgermeister, Leoluca Orlando: „Palermo ist kein Bild. Palermo ist ein Mosaik.“ (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 12.02.20173sat
  • Folge 423 (15 Min.)
    Wadi Rum – typische rötliche Färbung des Sandsteins.
    Bizarr und legendär: Das „Wadi Rum“ in Jordanien zählt zu den großartigsten Landschaften der Erde. Das Weltkulturerbe der UNESCO beherbergt seit 12 000 Jahren nomadische Kulturen. Im Freiheitskampf der Arabischen Völker gegen die Kolonialmächte, angeführt durch den Briten Thomas Edward Lawrence, wurde das sonst stille Wadi Rum 1917 zum Schlachtfeld und weltberühmt durch die Heldentaten von „Lawrence von Arabien“. Es ist eine archaische, anmutige Region aus skulpturartigen Bergkegeln und weiten Wüstenflächen, die über Jahrtausende vom Wind geformt wurden, ein Monument aus Stein, Sand, Licht und Zeit: Die monolithischen Gesteinsformationen treten als Riesen in einem Naturspektakel auf, das eine Geschichte aus geologischen Gegensätzen aus Horizontalen und Vertikalen erzählt.
    Mensch und Tier sind angesichts seiner Größe nur kleine, flüchtige Erscheinungen. Die zivilisatorischen Dokumente im Wadi Rum reichen weit zurück. Mehr als 4000 Felszeichnungen, eingeritzt in den weichen Sandstein, stenographieren hieroglyphisch von Jagd und Tieren die Alltagsgeschichten jener Stämme vor 12 000 Jahren, die offensichtlich keine Mühe hatten in der extremen Natur zu überleben.
    Wasserquellen gab es bis heute genügend. Unter der Wüste des Wadi Rum befindet sich ein enormer Wasserspeicher. Die sogenannte Quelle von Lawrence von Arabien sprudelt noch immer, tränkt die Kamele, die Bewohner und den einsamen Baum, der, so die Einheimischen, 1000 Jahre alt sein soll. Es ist in manchen Bereichen auffällig grün in dieser Wüste, bodendeckendes Buschwerk, das den Kamelen als Futter und den Menschen als Holz zum Kochen dient. Schon vor der Zeitrechnung durchwanderten die Karawanen das Land im vorderen Orient von Asien ans Mittelmeer und hinterließen bei den ansässigen Beduinen kulturelle Spuren.
    Wie auch die Nabatäer, die sich in dem Land zwischen Jordan und dem Roten Meer niederließen. Die Geschichte des Wadi Rum ist ewig und aktuell zugleich. Seine heutige Lage im Südwesten Jordaniens zwischen Israel, Saudi Arabien und dem Roten Meer hat es immer als Land des Transits ausgewiesen. Ein bestechend schönes Terrain, ein Stück Erde, das sich trotz aller vorübergehenden Vereinnahmungen seinen Charakter und seine natürliche Anmut bewahren konnte – ein Stück Ewigkeit, in dem die Zeit still zu stehen scheint, während in den umliegenden territorialen Nachbarschaften die Weltgeschichte tobt. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSo 19.02.20173sat
    Erstausstrahlung laut SWR-Liste: 21.01.2017

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