„Wir gegen die!“ oder „Schlag die Kebeküsse“: Überzeugt die neue Geschwister-Spielshow mit Carolin Kebekus? – Review

Neue ProSieben-Show setzt auf Kampf der Geschwisterpaare

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 29.08.2023, 23:07 Uhr

Carolin Kebekus mit ihrem Bruder David im Kart-Spiel – Bild: ProSieben/Willi Weber
Carolin Kebekus mit ihrem Bruder David im Kart-Spiel

ProSieben ist schon seit vielen Jahren die erste Adresse für große Primetime-Spielshows im deutschen Fernsehen. Da stellt sich die Frage, ob es neben „Schlag den Star“, „Joko & Klaas gegen ProSieben“, dem „Duell um die Welt“ und „Wer stiehlt mir die Show?“ wirklich noch eine weitere Show braucht, in der Prominente in mehr oder weniger anspruchsvollen Spielen gegeneinander antreten. Mit „Wir gegen die!“ schickt die rote Sieben ihren neuesten Streich auf Sendung, der am Dienstagabend für erfreuliche Quoten sorgen soll. Um es vorwegzunehmen: Einen Innovationspreis gewinnt die „Kebekus Geschwister Show“ nicht, doch es muss ja auch nicht immer das Rad neu erfunden werden.

Spielshows in Team-Variante sind auch auf ProSieben nichts Neues mehr – vor wenigen Monaten gab es diesen Modus sogar erstmalig bei „Schlag den Star“. Der besondere Clou bei „Wir gegen die!“: Comedienne Carolin Kebekus fordert zusammen mit ihrem Bruder David pro Folge ein anderes prominentes Geschwisterpaar heraus. In der Premierenausgabe sind dies die „Let’s Dance“-Jurorin Motsi Mabuse und ihre Schwester Otlile „Oti“ Mabuse, die im britischen Fernsehen eine vergleichbare Karriere hingelegt hat und im „Let’s Dance“-Pendant „Strictly Come Dancing“ viele Jahre als Profi-Tänzerin mitwirkte. Bei „Wir gegen die!“ tritt das Schwesternpaar erstmals zusammen in einer Spielshow auf – und entpuppt sich als perfekte Wahl für die Sendung.

Motsi (l.) und Otlile Mabuse (r.) ProSieben/​Willi Weber

Denn die Mabuses legen eine ungeahnte, mitreißende Spielfreude an den Tag, die für eine derartige Unterhaltungsshow goldwert ist. Doch Carolin und David Kebekus stehen den beiden in Sachen Ehrgeiz in nichts nach. Dies ist wohl dem cleveren Schachzug geschuldet, dass hier nicht wie in anderen Shows wahllos Promis zusammengewürfelt werden, sondern sich die teilnehmenden Geschwisterpaare eben ihr Leben lang kennen – und diese wollen unter Beweis stellen, dass sie als Team funktionieren.

Die nach wie vor viel zu unterbeschäftigte Moderatorin Jeannine Michaelsen darf aus dem Joko-&–Klaas-Kosmos ausbrechen und führt in gewohnt charmant-sarkastischer Weise durch den Abend. Nach einem unterhaltsamen, aber ebenso sinnfreien Opening, in dem die Teams ein Tanz-Battle zu einem 90er-Jahre-Hitmedley zum Besten geben, das der „ZDF-Fernsehgarten“ nicht besser hinbekommen hätte, geht es richtig los mit der Show: So gibt es zunächst ein Übereinstimmungsspiel, das früher in ähnlicher Form in der „100.000 Mark Show“ gespielt wurde. Jeannine Michaelsen fordert je ein Team-Mitglied auf, einzuschätzen, wie der Team-Partner verschiedene Dinge auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet, beispielsweise „Blumenstrauß von der Tankstelle“ oder „Deutscher Humor“. Je mehr Übereinstimmungen es gibt, umso mehr Punkte können abgesahnt werden – und das Team Mabuse beweist hier eine nahezu gespenstische Verbindung.

Hugo Egon Balder ist ein Überraschungsgast für Carolin Kebekus ProSieben/​Willi Weber

Ein paar Spiele setzen stark auf das geschwisterliche Verhältnis, gemeinsame Anekdoten und Emotionen. Zu den Highlights zählt etwa das Spiel „Wer bin ich?“ mit dem wohl denkbar simpelsten Konzept: Hinter einer Wand treten Überraschungsgäste auf, die in einer besonderen Verbindung zu den Kandidaten stehen und deren Identität es zu erraten gilt: Ein Team-Mitglied ist eingeweiht, während sein Team-Partner ihm geschickt Ja/​Nein-Fragen stellen muss.

Dieses und ähnlich gelagerte Spiele, in denen gezielt auf das Geschwister-Verhältnis gesetzt wird, gehören zu den besseren Momenten der mit Werbepausen fast dreistündigen Show, der eine Stunde weniger Sendezeit und der Verzicht auf das eine oder andere belanglose Spiel gutgetan hätte. Den Teams vor dem Fernseher beim Hüpfekästchen-Spielen oder Luftballon-Austreten zuzugucken ist weniger unterhaltsam, als es vermutlich auf dem Papier klang. Darüber hinaus hätte sich Oti Mabuse eine Verletzung erspart, die zu einem Spielabbruch geführt hat (was ProSieben lobenswerterweise nicht aus der Sendung geschnitten hat). Auch das Kartfahren im letzten Drittel der Show ist leidlich originell. Derlei Spiele hat der geneigte Gameshow-Fan in den letzten Jahren einfach schon zur Genüge in anderen Formaten gesehen.

Kurzes Durchatmen zwischen den Spielrunden ProSieben/​Willi Weber

Zwischen den einzelnen Spielrunden nehmen die Teams mit Moderatorin Jeannine Michaelsen in einer Talkecke Platz, um über Kindheitserinnerungen zu plaudern und alte Fotos zu betrachten. Das wiederum erinnert an die Gemütlichkeit der 1990er-Jahre-Show „Geld oder Liebe“ mit Jürgen von der Lippe. Nur schade, dass das Studio von „Wir gegen die!“ jegliche Wärme vermissen lässt, die einer solchen Sendung gut gestanden hätte. Stattdessen kommt wieder die für ProSieben-Shows inzwischen typische, düstere Studiooptik mit laserartiger Beleuchtung, Shiny Floor und Animationen auf virtuellem Hintergrund zum Einsatz. Ach ja: Gewonnen werden kann in der Show kein Geld und auch kein Preis. Es geht schlichtweg „um die Ehre“, wie mehrfach betont wird. Hier hätte man sich durchaus etwas Kreativeres einfallen lassen können. Das gilt ebenso für das Finalspiel, bei dem keine richtige Spannung aufkommen will.

Es ist schön zu sehen, dass Carolin Kebekus bei „Wir gegen die!“ endlich wieder ihre kindlich-alberne Ader ausleben kann, die sich die 43-jährige Komikerin stets bewahrt hat, aber die sie seit dem Start ihrer eigenen „Carolin Kebekus Show“ und deren satirisch-feministischem Anspruch kaum noch zeigen konnte. Unterm Strich bleibt „Wir gegen die!“ aber eine Show, die im Mittelmaß verharrt. Es ist keine Sendung, die man unbedingt gesehen haben muss – aber wenn man es tut, macht man auch nichts verkehrt. Ob die Show eine langfristige Zukunft vor sich hat, darf allerdings bezweifelt werden. Dazu hat ProSieben einfach zu viele stärkere Alternativen im Angebot.

Insgesamt vier Ausgaben von „Wir gegen die! – Die Kebekus Geschwister Show“ sind ab dem 29. August dienstags um 20:15 Uhr auf ProSieben zu sehen.

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Nach der deutschen Daily Soap Folter-Hölle folgte die Reality Stars-Hölle und wird nun abgelöst durch die unnötigsten Spiele der Welt-Hölle zur Prime Time... 
    "Danke" Privatfernsehen & auf NIMMERWIEDERSEHEN AUF DER FERNBEDIENUNG bzw. Dank der Löschtaste auf dem Receiver. 
    Und in solchen Momenten ist es selbererklärend, warum das Bezahlfernsehen erfunden werden musste - sowie die SCHÜLER-NACHHILFE seit Anfang der 2000er ständig nach oben aufgestockt werden muss. Denn nach jahrelangen Konsumierens von "Sprechdurchfall von Z-Promis" leidet natürlich der IQ bzw. verflüchtigt sich. Und dann auf einmal "wacht" man morgens plötzlich auf und stellt fest, man braucht eine APP fürs Schuhezubinden für Schuhe mit Schnürsenkeln (Abiball/Abendgarderobe).
    • (geb. 1968) am

      Wieso steht "wacht" in Anführungszeichen?

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