Das große Promi-Sender-Wechseln – doch die Zuschauer wechseln nicht mit

Von Zervakis und Hofer über Darnell und Pilawa bis Cantz und Schrowange

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 16.06.2022, 10:30 Uhr

Promi-Sender-Wechsel – auch früher schon riskant

Spötter würden sagen: Man hätte es ahnen können. Denn auch in der Vergangenheit drehte sich das Personalkarrussell und einige schlagzeilenträchtige Wechsel verliefen nicht wie erhofft.

Johannes B. Kerner und Oliver Pocher

Sat.1

2009 beendete Johannes B. Kerner nach elf Jahren seine ZDF-Talkshow – nur um in Sat.1 quasi einen Abklatsch davon namens „Kerner“ zu moderieren. Doch ihm folgten die Zuschauer ebenso wenig zum Bällchensender wie Oliver Pocher, der nach dem Ende von „Schmidt & Pocher“ in der ARD im gleichen Jahr in Sat.1 seine eigene Late-Night „Die Oliver Pocher Show“ erhielt. Beide Sendungen liefen zwei Jahre lang mit schwachen Quoten, bevor sich Kerner und Pocher wieder von Sat.1 verabschiedeten. Während sich Pocher anschließend bei RTL etablieren konnte, ging Kerner zurück zum ZDF. Dort ist er allerdings inzwischen vorrangig als Quizmaster und nicht mehr als Talker im Einsatz, da ihm zwischenzeitlich „Markus Lanz“ seinen Sendeplatz am späten Abend weggenommen hat. Rückblickend sagte Kerner damals im kressreport: Es war ein Fehler, zu Sat.1 zu gehen. Ich habe gedacht, dass mir die Zuschauer schon folgen werden, aber sie waren intelligenter als ich.

Cindy aus Marzahn

Sat.1/​Paul Schirnhofer

Damals wie heute kursierte im Flurfunk der Spruch: „Wenn du deine Karriere aufs Spiel setzen willst, geh zu Sat.1.“ Auch Cindy aus Marzahn tappte in diese Falle. Nach mehreren erfolgreichen Jahren bei RTL wechselte die Komikerin 2013 zum Bällchensender, doch weder „Bezaubernde Cindy“ noch die anschließende Show „Schwarz Rot Pink“ konnten überzeugen und liefen weitgehend außerhalb der Wahrnehmung der Zuschauer. 2016 legte Ilka Bessin ihre Kunstfigur Cindy aus Marzahn ab und heuerte kurz darauf wieder bei RTL an, wo sie für diverse Sozialdokus tätig war. In diesem Jahr wird Bessin schließlich wieder ihre altbekannte Rolle einnehmen und „Die Cindy aus Marzahn Show“ bei RTL präsentieren.

Bülent Ceylan

Sat.1/​Arne Weychardt

Auch Komiker Bülent Ceylan versuchte sein Glück bei Sat.1 und wechselte 2018 nach mehreren Jahren bei RTL zum Bällchensender, um dort die aus den USA importierte Spielshow „Game of Games“ zu präsentieren. Nach einem noch vielversprechenden Start mit 10,7 Prozent Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe sackten die Quoten in den Folgewochen auf bis zu 5,7 Prozent und unter eine Million Zuschauer ab, so dass es bei einer Staffel blieb. Stattdessen wollte Sat.1 mit Ceylan „an weiteren spannenden Sendungsideen“ arbeiten, darunter eine Show, die stärker auf den Komiker zugeschnitten ist, sowie eine Sitcom. Doch aus diesen Plänen wurde nichts und seither hat Ceylan keine feste Senderheimat.

Matthias Opdenhövel

ARD/​Willi Weber

Dass ein Wechsel zu den Öffentlich-Rechtlichen ebenso mitnichten eine Garantie dafür ist, erfolgreich oder glücklich zu werden, haben ebenfalls einige Beispiele gezeigt. Das langjährige ProSieben-Gesicht Matthias Opdenhövel verließ 2011 den Sender und ging zur ARD, um dort die „Sportschau“ zu moderieren. Zudem wurden ihm dort auch Unterhaltungsshows versprochen, doch nach einem veritablen Flop mit „Opdenhövels Countdown“ sowie dem kurzlebigen „Brot und Spiele“ und der ebenfalls erfolglosen Vorabendshow „Rate mal, wie alt ich bin“ bekam er im Unterhaltungsbereich nichts mehr zu tun. 2021 kehrte Opdenhövel schließlich der ARD den Rücken und ist seitdem wieder fest bei ProSiebenSat.1 unter Vertrag, wo er unter anderem für „ran“ im Einsatz ist und zudem die Erfolgsshow „The Masked Singer“ sowie die Misserfolgsshow „Zervakis & Opdenhövel. Live.“ moderiert.

Steven Gätjen

ZDF/​Sascha Baumann

Eine ähnliche Erfahrung machte Steven Gätjen, ebenfalls langjähriger ProSieben-Moderator, der 2016 vom ZDF abgeworben wurde und dort als neues Show-Gesicht aufgebaut werden sollte. Doch weder eine Neuauflage der „Versteckten Kamera“ noch Formate wie „I Can Do That!“, „4 geben alles!“, „Deutschlands Superhirn“ oder „Sorry für alles“ konnten überzeugen. Lediglich die Reisedoku „Mit 80 Jahren um die Welt“ konnte bleibenden Eindruck hinterlassen. Schritt für Schritt ist auch Gätjen schließlich wieder in seine alte Heimat ProSieben zurückgekehrt, wo er seit 2019 durch „Joko & Klaas gegen ProSieben“ führt und auch wieder für die Oscar-Berichterstattung im Einsatz ist. Einzig die nächtliche Sendung „Filmgorillas“ ist aus Gätjens ZDF-Ausflug noch übrig geblieben.

Günther Jauch

ARD/​Marco Grob

Auch Günther Jauch hat so seine Erfahrungen mit den Öffentlich-Rechtlichen gemacht. Ohne sein RTL-Engagement zu beenden, moderierte er von 2011 bis 2015 im Ersten seine Polittalkshow „Günther Jauch“ am Sonntagabend. Nach vier Jahren beendete er diesen Ausflug und kritisierte im Nachhinein eine Einmischung in Themenwahl und personelle Besetzung der Sendung. Er sprach von einer „fürsorglichen Belagerung“, die irgendwann nicht mehr seinem Verständnis von journalistischer Unabhängigkeit entsprach. Bereits 2007, als er kurz zuvor das Angebot abgelehnt hatte, „Sabine Christiansen“ am Sonntagabend zu beerben, bezeichnete er die Rundfunkräte in einem legendären Spiegel-Interview als „drittklassige Bedenkenträger“ und „Gremien voller Gremlins“. Seit 2016 ist Jauch wieder exklusiv bei RTL beheimatet.

Thomas Gottschalk

ARD/​Philipp Hageni

Unvergessen ist auch Thomas Gottschalks Karriereknick, nachdem er 2011 die Moderation von „Wetten, dass..?“ abgab, um ab Januar 2012 viermal wöchentlich eine Vorabendshow im Ersten zu präsentieren. Doch „Gottschalk Live“ entpuppte sich nach einem noch starken Start als teurer Flop, der nach etwas mehr als fünf Monaten mit schlechten Quoten beendet wurde. Gottschalk wollte die Show eigentlich mindestens drei Jahre lang moderieren und nahm die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis. Das Format, mit dem er gescheitert war, sei allerdings nicht das Konzept gewesen, das er sich ursprünglich vorgestellt hatte. Nur wenige Tage nach der letzten Folge kam Gottschalk erneut in die Schlagzeilen. Es wurde verkündet, dass er von der ARD zu RTL wechselt, um dort gemeinsam mit Dieter Bohlen und Michelle Hunziker in der Jury von „Das Supertalent“ zu sitzen. Auch mit diesem Ausflug in die Castingshow-Welt wurde der Entertainer nicht glücklich und verließ die Sendung nach einer Staffel wieder. Es folgten weitere Flops wie die mehrstündige Live-Talkshow „Mensch Gottschalk“ und „Little Big Stars“, doch seit dem Start von „Denn sie wissen nicht, was passiert“ konnte er sich wieder etablieren – und im November 2021 mit dem Revival von „Wetten, dass..?“ einen bombastischen Erfolg feiern.

Steffen Henssler

ProSieben

Ein markantes Beispiel dafür, dass es Köpfe gibt, die scheinbar nur auf einem Sender und in einem bestimmten Format funktionieren, ist Steffen Henssler. 2017 verließ er seine TV-Heimat VOX und sein Erfolgsformat „Grill den Henssler“, um bei ProSieben als Nachfolger von Stefan Raab Dauerkontrahent in „Schlag den Henssler“ zu werden. Im Gegenzug setzte VOX Hensslers früheres Format als „Grill den Profi“ mit wechselnden Köchen fort. Die Entscheidung sollte sich als Lose-Lose-Situation herausstellen: Weder „Schlag den Henssler“ noch „Grill den Profi“ konnten quotentechnisch überzeugen, so dass bald eine Rolle rückwärts gemacht wurde. Nach acht Ausgaben beendete Henssler seinen Ausflug zu ProSieben auf eigenen Wunsch. Ich habe alles gegeben, aber man braucht nicht lange um den heißen Brei herumzureden: Der Zuschauer will mich in dieser Rolle nicht sehen und das muss man einfach akzeptieren, sagte er damals. Seit 2019 ist er wieder bei VOX und für „Grill den Henssler“ im Einsatz.

Auch weitere Versuche von Henssler, mit anderen Formaten auf anderen Sendern zu punkten, gingen schief. „Hensslers Countdown – Kochen am Limit“ ging 2020 am RTL-Nachmittag unter und im Frühjahr 2022 legte er im Ersten mit dem „Familien-Kochduell“ einen großen Flop hin. Nicht funktioniert hat auch der Versuch, Henssler als „Restauranttester“-Nachfolger von Christian Rach einzusetzen, während der parallel zum ZDF gewechselte Rach sein Glück dort mit diversen Formaten versuchte – und mit Sendungen wie „Rach tischt auf!“ oder „Rach und die Restaurantgründer“ ebenfalls scheiterte.

Dass ein Sender-Wechsel jedoch nicht zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sein muss, zeigen einige Beispiele, die wir auf der nächsten Seite auflisten.

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