Alles Gute, Jürgen von der Lippe! – Eine Hawaiihemd-bunte Karriere im Rückblick

Der Entertainer der lauten und leisen Töne wird 70

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 08.06.2018, 09:45 Uhr

Blind Dinner
Sat.1/​Max Kohr

2001 wechselte Jürgen von der Lippe zum ersten Mal zum Privatfernsehen – und legte seinen ersten veritablen Flop hin. In dem Sat.1-Format „Blind Dinner“ lud sich der Showmaster drei prominente Gäste ein – die untereinander nicht wissen, wer außer ihnen selbst noch zu Gast ist. Noch vor Beginn des großen Kochshow-Booms wurde gemeinsam in einem an eine Wohnküche angelehnten Studio (ohne Publikum) gekocht, geplaudert und gespielt. Zunächst lief die Sendung als einstündiges Format montags um 21:15 Uhr, doch nach zwei Folgen wurde sie wegen schlechter Einschaltquoten auf Sonntag 22:15 Uhr verschoben. Dort sollten die restlichen 13 produzierten Folgen als zusammengekürzte 30-Minuten-Fassungen gezeigt werden – doch nach nur einer einzigen Ausstrahlung wurde das Format komplett abgesetzt. Erst viele Jahre später wurden die ausstehenden Folgen auf dem Pay-TV-Sender Sat.1 Comedy nachträglich ausgestrahlt. Jürgen von der Lippe sieht den Hauptgrund für das Scheitern in der Kürzung auf 45 bzw. 30 Minuten Sendezeit, während die Aufzeichnung mehrere Stunden dauerte. Die Sendung hätte funktioniert, wenn die Zuschauer Zeuge des kompletten Verlaufs des Abends gewesen wären.

Video: Die erste Folge von „Blind Dinner“ mit den Gästen Thomas Koschwitz, Michaela Schaffrath und Thomas D:


Jürgen von der Lippe blieb Sat.1 noch bis 2006 als Moderator des Comedy-Jahresrückblicks „Wer zuletzt lacht …!“ erhalten.

Was liest du?
Jürgen von der Lippe mit seiner Lieblings-Lesepartnerin Carolin KebekusWDR/​Max Kohr

Ein kleines Format mit wenig Zutaten, aber umso größerer Wirkung: Mit „Was liest du?“ entwickelte Jürgen von der Lippe das Genre der literarischen Comedyshow. Zusammen mit prominenten Gästen las er ausgewählte Ausschnitte aus empfehlenswerten amüsanten Büchern vor. Zu Gast waren unter anderem Katrin Bauerfeind, Ina Müller, Hape Kerkeling, Dirk Bach und Harald Schmidt. Häufig wurden Bücher von Comedy-Kollegen vorgestellt – Bedingung der Sendung war jedoch, dass die Gäste nicht ihre eigenen Werke vorstellen. Zwischen 2003 und 2014 sind insgesamt 42 Folgen entstanden, die am späten Sonntagabend ausgestrahlt wurden. Zudem gab es drei lange „Was liest du?“-Nächte. Anschließend stellte der WDR das Format zum Unmut von Jürgen von der Lippe ein. Zusammen mit den beiden Kabarettisten und Lieblings-Lesepartnern Jochen Malmsheimer und Carolin Kebekus hat von der Lippe vor einigen Jahren eine extralange Live-Lesung veranstaltet, die in dem Hörbuch „Der witzigste Vorleseabend der Welt“ verewigt wurde. „Was liest du?“ zählte zu Jürgen von der Lippes Herzensprojekten. Weil der WDR jedoch bis auf Weiteres keine Fortsetzung in Aussicht stellte, legte der Buchliebhaber im vergangenen Jahr auf eigene Faust und Kosten die Sendung unter dem Titel „Lippes Leselust“ bei YouTube neu auf.


Nach seinem Ausflug zu Sat.1 kehrte Jürgen von der Lippe 2004 zurück zur ARD, um seine vorerst letzte große Samstagabendshow zu präsentieren. „Lippe blöfft“ sollte an frühere Erfolge wie „Geld oder Liebe“ anknüpfen. Das Konzept: Der Showmaster erzählt mit Pokerface Geschichten, die wahr oder erfunden sind. Kann beispielsweise eine Brieftaube tatsächlich einen Rembrandt von einem van Gogh unterscheiden? Und befinden sich in der Pluderhose einer jungen Dame wirklich zwölf hochgiftige Vogelspinnen? Die Kandidaten mussten herausfinden, ob die Storys stimmen oder nicht. Wer sich am wenigsten blöffen ließ, konnte 10.000 Euro gewinnen. Doch die an den Klassiker „Wer dreimal lügt“ angelehnte Show konnte im Ersten nicht überzeugen, weshalb ab der zweiten Folge Prominente als Ratekandidaten herhalten mussten. Nach insgesamt drei Ausgaben wurde das Format eingestellt.

Der Heiland auf dem Eiland
Jürgen von der Lippe als Pfarrer Karl-Heinz ErdmannRTL/​Universum Film GmbH

Nur äußerst selten war Jürgen von der Lippe als Schauspieler tätig – und wenn, dann verkörperte er mit Vorliebe Geistliche. 1994 spielte er in der Komödie „Nich’ mit Leo“ in einer Dreifachrolle einen katholischen Pfarrer, einen Bordellchef und einen Fremdenlegionär. Für die RTL-Serie „Der Heiland auf dem Eiland“ schlüpfte der Komiker 2004 in einer ähnlich angelegten Rolle erneut in die Pfarrerskluft. Von der Lippe verkörperte den katholischen Pfarrer Karl-Heinz Erdmann, der vom Bischof (Rainer Basedow) auf die abgelegene Insel Soonderney in der Nordsee strafversetzt wird. Der dortige Bürgermeister Frieder Fredericksen (Frank-Leo Schröder), der es bislang gewohnt war, die einzige Autorität zu sein, macht ihm das Leben schwer – und umgekehrt. 14 Folgen in zwei Staffeln wurden auf der Nordseeinsel Pellworm gedreht und waren zwischen 2004 und 2005 freitagabends bei RTL zu sehen.

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