60 Jahre ZDF! – 16 Erinnerungen und Glückwünsche an den Sender auf dem Lerchenberg

Nostalgische TV-Rückblicke, Anekdoten und persönliche Geschichten

fernsehserien.de-Redaktion – 31.03.2023, 12:00 Uhr

Glenn Riedmeier, Redakteur und Kritiker

Ich bin Mitte der 1980er Jahre geboren – und ein Fernsehkind. Du bekommst noch viereckige Augen! Diesen Satz bekam vermutlich jeder zu hören, der als Kind seine Freizeit am liebsten vor dem bunten Flimmerkasten verbracht hat – so auch ich. Heute profitiere ich von meinem unterbewusst angesammelten TV-Wissen und wundere mich darüber, wie sehr ich mich noch daran erinnern kann, was ich in ganz jungen Jahren so alles im ZDF gesehen habe. „Die Schlümpfe“ liefen in einer danach nie wieder ausgestrahlten Synchronfassung. Außerdem habe ich im ZDF zum ersten Mal „ALF“ und „Die Simpsons“ gesehen, die dort in deutscher Erstausstrahlung gezeigt wurden – heute kaum noch vorstellbar.

Von „Alfred J. Kwak“ wollte ich keine Folge verpassen – auch wenn ich erst als Erwachsener verstanden habe, auf welch geniale Weise dort ernste Themen wie Rassismus und Nationalsozialismus behandelt wurden. Natürlich habe ich auch die Klassiker „Die Biene Maja“, „Heidi“, „Wickie und die starken Männer“, „Siebenstein“, „Pippi Langstrumpf“ und „Michel aus Lönneberga“ geliebt. Ich erinnere mich aber auch an Kuriositäten: an das grüne Alien namens Theo, der in seiner „Geburtstagsecke“ Kindern gratulierte; an die „Knoff-hoff-Show“, bei der ich bis heute nicht verstehe, weshalb dort eine Jazz-Band im Studio spielte; und an die leider komplett verschollene Kinder-Sketchsendung „Flop-Show“ mit der „Werbumm“-Parodie auf die herunterfallenden Sat.1-Bälle. Es ist schon verrückt, welch scheinbar unwesentlichen Details aus TV-Kindertagen im Langzeitgedächtnis haften bleiben.

Wie gut oder schlecht unser Klassenausflug zu „1, 2 oder 3“ mit Biggi Lechtermann Anfang der 1990er war, weiß ich hingegen nicht mehr. Es war aber die allererste TV-Aufzeichnung, die ich in meinem Leben besucht habe – damals ahnte ich noch nicht, dass Besuche in TV-Sendungen irgendwann Teil meines Jobs werden würden.

Als Jugendlicher gehörte zu meinen TV-Ritualen die wöchentliche Musiksendung „Chart Attack!“ mit dem hyperaktiven Moderator Mike Diehl, der Acts wie Blümchen, Brooklyn Bounce oder DJ Bobo ansagte. Doch auch „Die ZDF-Hitparade“ in der Ära von Uwe Hübner habe ich verfolgt – Michelle und Matthias Reim haben in mir die Schlager-Leidenschaft geweckt, die in den Folgejahren noch stärker werden sollte. Entsprechend dankbar bin ich dem ZDF für „Die Helene Fischer Show“ und „Die Giovanni Zarrella Show“, die heutzutage schlichtweg die Königsklasse unter den hiesigen Musik-TV-Formaten darstellen.

Helene Fischer lädt traditionell zu Weihnachten in ihre „Helene Fischer Show“.ZDF/​Sandra Ludewig

Natürlich habe ich wie gefühlt ganz Deutschland zusammen mit meinen Eltern unzählige Samstagabende vor dem Fernseher mit „Wetten, dass..?“ verbracht – das vielzitierte TV-Lagerfeuer brannte. Erst viel später habe ich, dank der Wiederholungen bei ZDFkultur, die Klassiker „Dalli Dalli“, „Na sowas!“ und „Die Pyramide“ kennen- und schätzengelernt. Ich war nie der ganz große Krimi-Fan, doch es gab Ausnahmen: „Stubbe – Von Fall zu Fall“ mit Wolfgang und Stephanie Stumph war ebenfalls ein Familienprogramm bei uns. Inzwischen bin ich auch regelmäßiger Gucker von „Der Alte“. Enttäuscht bin ich allerdings davon, wie man ZDFneo versauern ließ. Einst als junge Experimentierfläche mit dem „TVLab“ und temporärer Heimat von Joko & Klaas gestartet, ist der Sender inzwischen vorwiegend zu einer Dauerabspielstation für „Bares für Rares“ und „Monk“ mutiert. Für die Zukunft führt ohnehin kein Weg an Streaming und modernen Produktionen vorbei – und hier beweist das ZDF durchaus Geschick. Erst Anfang des Jahres hat mich der mehrteilige Thriller „Gestern waren wir noch Kinder“ in seinen Bann gezogen – für mich das eigentliche ZDF-Serien-Highlight 2023 (und nicht „Der Schwarm“). Bitte mehr davon!

Dennis Braun, Redakteur

Mit dem ZDF verbinde ich nicht zuletzt das gute, alte Kinderprogramm, das ich als Kind der 90er vor allem am Wochenende mit Freude konsumiert habe. Neben allerlei Zeichentrick- und Realserien war ich Fan der ersten Stunde der Spielshow „Tabaluga tivi“, die die Mainzer ab dem 4. Oktober 1997 im Programm hatten. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich allerdings noch nicht ahnen, dass ich knapp zwei Jahre später selbst im Fernsehstudio in Unterföhring stehen würde …

Nachdem ich meine Schulklasse 1998 von einer Bewerbung überzeugt hatte, ging jedoch noch einige Zeit ins Land – schließlich durften nur vierte Klassen an der Show teilnehmen. Nach einigem Schrift- und Telefonverkehr war es am 28. Oktober 1999 schließlich so weit: Im Rahmen einer fünftägigen Klassenfahrt nach München stand die Aufzeichnung der 114. Ausgabe an. Wie wir vor Ort erfuhren, sollte diese am 18. Dezember ausgestrahlt werden – als letzte des alten Jahrtausends. Als ob ich nicht schon angespannt genug gewesen wäre …

Meine beste Freundin und ich traten als Kandidaten an und legten in der ersten Runde, dem „Sekundenquiz“, gleich einen Fehlstart hin. Da wir aber das zweite und dritte Spiel gewinnen konnten, wurde mein Kindheitstraum Wirklichkeit: Im Finale, dem „Arktos-Superspiel“, galt es, sich einen vorgegebenen Weg, der nur kurz aufleuchtete, gut einzuprägen und ihn dann Schritt für Schritt nachzugehen. Nach einem Fehltritt meiner Klassenkameradin, der aber auf meine Kappe ging (ich hatte sie versehentlich auf ein falsches Feld gelotst), war ich an der Reihe – und konnte wiederum dank ihrer Hilfe die Scharte auswetzen. Perfektes Teamwork sozusagen.

Links: (v. l.) Moderatorin Anika Böcher, meine beste Freundin und Mit-Kandidatin und ich; rechts: Der Moment des Triumphes im Arktos-SuperspielZDF/​Screenshot

Als Gewinn nahmen wir 400 DM für die Klassenkasse mit, doch einen viel höheren (besonders ideellen) Wert hatte der Goldene Tabaluga, der als Trophäe zunächst im Fenster des Lehrerzimmers für alle auf dem Schulhof gut sichtbar von unserem Triumph zeugte und später in meinen Besitz überging. Noch heute dekoriert er das Wohnzimmer ganz wunderbar und erinnert mich an eines der schönsten Erlebnisse meiner Kindheit, das ohne das ZDF nicht denkbar gewesen wäre.

Daniel Leinen, studentischer Mitarbeiter

Schon klar, mit meinen Anfang 20 gehöre ich nicht wirklich zur klassischen ZDF-Zielgruppe. In einer Zeit mit Netflix, Amazon Prime und Co. bin ich vermutlich auch eher noch die Ausnahme in meiner Altersgruppe, die hin und wieder schon noch den Reiz des linearen Fernsehen verspürt und zu einer festen Zeit vor dem Fernseher sitzt. Trotzdem jedoch war und bin ich Fan von zahlreichen Formaten, die das ZDF in den vergangenen 60 Jahren produziert hat.

Weil ich schon seit Jahren besonders vom Genre der Late-Night- und Satireshows am meisten angetan bin, so ist der späte Freitagabend für mich der absolute Favorit unter den Zeitpunkten, wo es Sinn macht, den Fernseher anzuschalten. Mit der „heute-show“ und dem „ZDF Magazin Royale“ laufen dort zu späterer Stunde zwei Formate, die mit viel Witz und politischer Relevanz immer wieder für lustige und erkenntnisreiche Momente gesorgt haben. Besonders geprägt hat mich allerdings auch ein absoluter Klassiker. „Wetten, dass..?“ war für mich immer die Show, bei der ich mit der gesamten Familie vor dem Fernseher sitzen konnte und mich über das ewige Überziehen am Ende ärgern konnte, weil ich ja als kleiner Junge früh ins Bett musste.

Thomas Gottschalk und „Wetten, dass..?“ prägten mehrere Generationen.ZDF/​Carmen Sauerbrei

Klar: Ein Großteil des Programms, das aktuell zur Primetime auf dem Sender läuft, interessiert mich wenig bis gar nicht. Das ist aber auch vollkommen okay – denn die Zielgruppe ist nunmal einfach eine andere. Und solange das ZDF weiterhin auch frische und informative Formate für alle Altersgruppen produziert, bei denen unterschiedliche Generationen gemeinsam vorm Fernseher sitzen können und nicht irgendwann jeden Abend nur noch „Die Rosenheim-Cops“ und „Rosamunde Pilcher“ laufen, bin ich froh, dass es einen solchen linearen TV-Sender noch gibt, der sich hoffentlich noch lange darum kümmern wird, Menschen vor dem Fernseher zusammenzubringen.

Gian-Philip Andreas, Serienkritiker

Milva ohne Mikro

Dem ZDF verdanke ich eine zentrale Desillusionierung meiner Kindheit. Ende 1983 trat Milva in der „ZDF-Hitparade“ auf und sang dort ihren großen, von Klaus Doldinger geschriebenen Hit „Hurra, wir leben noch“. In knallenger Lederhose und mit goldener Brosche am schwarzen Jäckchen manövrierte sich die rotmähnige Chanteuse durchs West-Berliner Studio, und alles schien normal: Angesichts der eingeblendeten Adresse für Autogrammanfragen fragte ich mich wie immer, ob mir, würde ich dort klingeln, tatsächlich der entsprechende Künstler die Tür öffnen würde, in diesem Fall also Milva. Und mit den apokalyptischen Implikationen dessen, was Milva da sang, befasste ich mich damals noch nicht. Wie, wir leben noch?

Als sich die italienische Sängerin gerade inbrünstig in die Wiederholung des Refrains warf, passierte es: Milva flog das Mikro aus der Hand. Vor lauter Ekstase purzelte es zu Boden, und noch bevor sie es mit einer kühnen Lassobewegung zurück vor ihren Mund ziehen konnte, um den Song mit ungerührter Professionalität zu Ende zu singen, hörte man die Textzeile „Der Satz bekam ein anderes Gewicht“ ausschließlich vom Band. Das Prinzip Playback musste ich mir daraufhin von meinen Eltern erklären lassen: Die Musik kommt vom Band! Ich war schockiert, der sichere Boden der Sangesverehrung war mir durch diesen unfreiwilligen Mic-Drop unter den Füßen weggezogen worden: Nichts brach also ab, wenn das Mikrofon ausfiel? Kunst mit Sicherheitsnetz, Performance als Illusion? Was war noch unecht da draußen in der Welt? War die Platzierung der Hits in der „Hitparade“ etwa rein fiktiv? Brauchte Dieter Thomas Heck in Wahrheit gar keine Brille? War das Zweite Deutsche Fernsehen eigentlich das Erste?

Zugutehalten musste ich der „Hitparade“ später, dass damals dort tatsächlich noch mit Halbplayback gearbeitet wurde (erst in der Viktor Worms-Ära wurde auf Vollplayback umgestellt). Milva hatte also sehr wohl live gesungen, wenn auch unterstützt von einem Playback-Chor, der, während die Diva nach dem Kabel fischte, in voller Lautstärke weitersang. Ich hingegen musste in den folgenden Jahren von meinen Eltern verzweifelt davon abgehalten werden, angeblich live singende Kaufhaus-Entertainer zu enttarnen und ihnen das Mikro aus der Hand zu reißen. Danke, ZDF!

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