Collien Ulmen-Fernandes im Interview: „Nur in einer einzigen Bubble unterwegs zu sein, finde ich langweilig“

Über „Traumschiff“, Florian Silbereisen, „Rabenväter oder Super Dads?“ und „Die Alm“

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 23.03.2022, 10:30 Uhr

Collien Ulmen-Fernandes ZDF/​Marius Becker

fernsehserien.de: Am Ostermontag läuft im ZDF um 18:15 Uhr eine weitere Doku von dir mit dem Titel „Die Moral von der Geschicht’“. Worum geht es da?

Collien Ulmen-Fernandes: Es geht um Moral und unter anderem auch um die Frage, woher sie kommt. Müssen wir sie erst erlernen oder ist der Mensch von Natur aus moralisch? Ist sie Teil unserer Gene? Ist sie Überlebensinstinkt? Dazu gibt es in unserer Sendung ein spannendes Experiment, das der Frage nachgeht, ob Babys und Kleinkinder bereits moralisch sind. Gibt es also sowas wie einen angeborenen Instinkt von Gut und Böse? Wir sprechen mit Psychologinnen und Hirnforscherinnen und beleuchten Studien, die sich mit Fragen der Moral auseinandersetzen. Zum Beispiel das berühmte Milgram-Experiment, mit dem Stanley Milgram die Gräueltaten der NS-Zeit verstehen und herausfinden wollte, warum so viele Menschen obrigkeitstreu und scheinbar widerstandslos dem Nazi-Regime folgten. Er testete, ob Versuchsteilnehmer einem anderen Menschen einen Elektroschock verabreichen würden, wenn eine vermeintliche Autoritätsperson sie dazu auffordert. Das Ergebnis: Ja, die meisten taten es – auch dann, wenn der Stromschlag sogar vermeintlich tödlich sein könnte und obwohl ihnen gesagt wurde, sie könnten jederzeit aufhören. Die zu schockenden Personen waren natürlich Schauspieler. Kein Mensch kam bei dem Experiment zu Schaden. Aber wie würde es heute ausgehen? Dazu sprechen wir mit einem polnischen Forscher, der es wiederholt hat. Unter dem Aspekt der Moral schauen wir mit unseren Experten und Expertinnen auch auf die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine und auf Wladimir Putin.

Eine völlig andere Sendung hast du im letzten Jahr noch gemacht, nämlich „Die Alm“. Du hast zusammen mit Christian Düren die Moderation des Comebacks der Realityshow übernommen, das allerdings kein großer Erfolg war. Wie siehst du die Sendung rückblickend?

Collien Ulmen-Fernandes: Bei der „Alm“ ist aus produktionellen Gründen manches am Ende leider nicht so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe. Als wir die Moderationen gedreht haben, waren die Einspielfilme noch nicht fertig. Diese wurden erst zu einem späteren Zeitpunkt geschnitten. Dadurch haben wir quasi ins Leere moderiert. Dafür kann niemand etwas, die Redaktion war wirklich sehr engagiert und leidenschaftlich bei der Sache, aber das sind natürlich nicht Idealbedingungen.

War kein Erfolg: „Die Alm“ mit Christian Düren und Collien Ulmen-Fernandes ProSieben/​Benjamin Kis

Verständlich. Aber hättest du generell weiterhin Lust auf eine vergleichbare Sendung?

Collien Ulmen-Fernandes: Grundsätzlich habe ich total Bock darauf, wieder ein Format zu moderieren, bei dem man auch mal albern sein darf! Ich habe für dieses Jahr schon diverse wirklich tolle Formate zugesagt, die aber alle eher im ernsthaft-journalistischen Bereich einzuordnen sind. Das sind alles fantastische Projekte und tolle neue Sendungen, auf die ich mich wahnsinnig freue, aber mir fehlt tatsächlich etwas, was rein der Unterhaltung dient.

Würde es dich denn reizen, auch wieder in einer Musiksendung mitzuwirken oder eine zu moderieren? Du hast ja im Musikfernsehen angefangen und warst 2019 auch in der ersten Staffel von „The Masked Singer“ im Rateteam dabei.

Collien Ulmen-Fernandes: Ich bin grundsätzlich sehr akribisch in allem, was ich mache und habe „The Masked Singer“ viel zu ernst genommen. Es gab eine WhatsApp-Gruppe mit Ruth, in der die ganze Zeit Spekulationen hin und her gingen. Auch abseits der Shows habe ich den ganzen Tag darüber gegrübelt, ob hinter der Kreditkartennummer im Einspieler vom Grashüpfer ein geheimer Code steckt und wie man ihn entschlüsseln könnte. Ich habe Promis gestalkt, um zu schauen, ob sie potentiell Zeit für „The Masked Singer“ haben könnten. Während dieser Zeit war ich wie unter einer Glocke und konnte nichts anderes nebenbei machen! [lacht] Das hat mich tatsächlich furchtbar gestresst. Generell hätte ich aber total Lust darauf, auch wieder etwas im Musikbereich zu machen.

Das „The Masked Singer“-Rateteam der ersten Staffel: (v. l.) Ruth Moschner, Max Giesinger und Collien Ulmen-Fernandes ProSieben/​Willi Weber

Ich erinnere mich immer noch gerne zurück an eine legendäre „Comet“-Verleihung von VIVA, bei der du dich in deinen Moderationen nicht mit ironischen Spitzen gegen Tokio Hotel und Co. zurückgehalten hast.

Collien Ulmen-Fernandes: [lacht] Ja, danach habe ich allerdings auch ein bisschen Ärger bekommen, weil viele der Sprüche eben sehr spontan kamen und nicht mit dem Sender abgesprochen waren. Nach drei Wochen wurde ich dann wieder zum Chef zitiert. Da hieß es dann aber: „Wir hatten noch nie so viel Presse beim Comet. Könntest du es bitte beim nächsten Mal wieder genau so machen?“ [lacht]

Als wir vor vier Jahren das erste Mal miteinander gesprochen haben, hast du auf die Frage, ob du noch viel fernsiehst, geantwortet: „Reichlich. Ich zappe viel, und gucke eigentlich überall mal rein.“ Hat sich daran etwas geändert? Gibt es eine Serie oder eine Sendung, die dir in der letzten Zeit besonders gefallen hat?

Collien Ulmen-Fernandes: Ich gucke tatsächlich immer noch wahnsinnig viel fern und zappe viel herum. Wenn es um die Frage geht, was ich weiterempfehlen würde, fällt mir als erstes „Orange is the New Black“ ein. Die Serie hat ein sehr diverses Frauenbild, was ich fantastisch finde und so zuvor noch nie gesehen habe. Eine Schauspielerin meinte, dass sie vorher noch nie als love interest besetzt wurde, weil sie etwas fülliger ist. Bei „Orange is the New Black“ war das möglich, und zwar ohne, dass man es inhaltlich erklären musste, wie es in deutschen Produktionen oft der Fall ist. Ich finde es toll, wie vielfältig Frauen dort gezeigt werden und würde mir so eine Serie in Deutschland wünschen. Das war wirklich eine der besten Serien, die ich jemals gesehen habe.

Ein sehr guter Serien-Tipp! Und damit herzlichen Dank für deine Zeit. Viel Erfolg für deine Projekte und noch eine gute Weiterfahrt auf dem Traumschiff!

Die zweiteilige Doku „Rabenväter oder Super Dads?“ wird am 24. März in der ZDFmediathek veröffentlicht und um 20:15 Uhr bei ZDFneo ausgestrahlt. Am Ostersonntag (17. April) läuft um 20:15 Uhr im ZDF die nächste „Traumschiff“-Folge, in der die Reise nach Mauritius geht. Am Ostermontag (18. April) ist um 18:15 Uhr im ZDF die Dokumentation „Die Moral von der Geschicht’“ zu sehen.

ZDF/​Arvid Uhlig

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

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