Anne Will nimmt Kritik gelassen

‚Wollte nie die Talkshow-Erlöserin sein‘

Mario Müller – 23.03.2008

Nachdem in der letzten Woche ein internes Protokoll der ARD an die Öffentlichkeit gelangt war, in dem massive Kritik an der Talkshow von Anne Will geäußert wurde (fernsehserien.de berichtete), stellte Will jetzt in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ klar, was sie von der Sache hält und warum sie sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lässt. Auch wenn sie gegenüber Interviewer Stefan Niggemeier zugibt, dass sie in dieser aktuellen Situation verstanden hat, warum Günther Jauch einst „genervt“ war und das Handtuch geworfen hat, als es darum ging, ob er zur ARD wechseln würde oder nicht.

Das besagte Papier sei bereits im Spätsommer letzten Jahres unmittelbar nach den ersten Sendungen entstanden, und die Kritik sei längst überholt. Will habe daher kein Problem damit. Ein Problem sieht darin allerdings Tino Kunert, der Vorsitzende des Programmbeirats, da die Veröffentlichung eine „unglaubliche Indiskretion“ sei.

Will nimmt die geäußerte Kritik gelassen und erklärt, dass man ja auch permanent an der Feinjustierung der Sendung arbeite. Das u.a. gescholtene Gäste-Sofa sei aber wichtig und werde bleiben, um einen angemessen „geschützten Raum“ für besondere Gespräche zu bieten. Laut Will würden einige Gäste gar nicht in die Sendung kommen, wenn sie nicht außerhalb der Talkrunde auf dem Sofa befragt würden.

Das Konzept der Sendung sei in Ordnung, und die Zuschauer würden das genau so sehen. „Wir haben seit Sendestart im Schnitt 3,9 Millionen Zuschauer – mehr als alle unsere Mitbewerber. Und das im ersten Jahr. Andere Formate hatten am Anfang deutlich mehr Probleme. Wir diskutieren hier auf einem sehr hohen Niveau von Erwartungen, die ich bislang alle übererfüllt habe. Und die Heilserwartungen zur Neuerfindung der Talkshow, die vor dem Start an mich herangetragen worden sind, die konnte ich nur entspannt unterlaufen – so hoch wie die Latte lag“, erklärt Anne Will.

Da die ARD aber ein komplexes Konstrukt sein, in dem „nicht immer alle dasselbe wollen“, könne es leicht mal passieren, „dass politische Ränkespiele auf dem Rücken der eigenen Mitarbeiter ausgetragen werden. Zum Beispiel, indem ein altes Papier zu einem bestimmten Zeitpunkt noch einmal rausgespielt wird.“ Dann ginge es laut Will nicht um konstruktive Kritik, sondern darum, ihr zu schaden.

Größere Änderungen am Konzept und klarere Abgrenzung von der Vorgängershow „Sabine Christiansen“ werde es nicht geben. Das sei ihr weder von der ARD aufgetragen worden, noch wollten das die Zuschauer. Diese wollten nach dem sonntäglichen „Tatort“ nunmal sehen, „wie das politische Thema der Woche von den Persönlichkeiten der Woche diskutiert wird. Genau das machen wir. Niemand hat je gesagt: Mach alles anders als Sabine Christiansen. Das wäre auch ein ziemlicher Blödsinn. [ …] Ich wollte nie die Talkshow-Erlöserin sein.“

Anne Will sei sich durchaus bewusst, dass sie jetzt in einem Genre arbeite, das traditionell wesentlich mehr Kritik auf sich zieht als eine Nachrichtensendung. Aber als „Fernseh-Mona-Lisa mit erhobener Augenbraue“ hätte sie nicht enden wollen. Stattdessen sei es ihr lieber, auch mal im Gegenwind zu stehen und für ihr Format zu kämpfen.

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