50 Jahre „Telekolleg“: Kultnacht bei ARD-alpha
Zehn Folgen aus der Anfangszeit im Januar
Glenn Riedmeier – 21.11.2016, 17:00 Uhr
Vor 50 Jahren war der Bayerische Rundfunk der erste Sender, der ein „Telekolleg“ anbot – und er ist auch als letztes übrig geblieben. Das „Telekolleg“ lehrt nicht willkürlich Stoffe, sondern ist eine in Kurse unterteilte und auf jeweils einen bestimmten Zeitraum angelegte Weiterbildungsmaßnahme inklusive Prüfungen, die sich vor allem an Erwachsene richtet, die noch oder wieder in einen Beruf einsteigen wollen. Nach wie vor – mittlerweile auf dem federführend vom BR betriebenen Bildungskanal ARD-alpha – wird in Form von Trimestern der Erwerb der mittleren Reife oder der Fachhochschulreife berufsbegleitend ermöglicht. Zehntausende Bildungswillige erwarben im Lauf der Jahrzehnte ihre Fachhochschulreife auf diesem Weg. ARD-alpha zelebriert das 50-jährige „Telekolleg“-Jubiläum mit einer fünfstündigen Kultnacht.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Januar kramt der Sender tief im Archiv und zeigt ab 0 Uhr insgesamt zehn Ausgaben aus der Anfangszeit des „Telekolleg“, in der diese Bildungsmaßnahme durchaus umstritten war. Ende 1968 entbrannte eine Diskussion darüber, ob die Betätigung des Fernsehens als Ersatzlehranstalt überhaupt vom Grundversorgungsauftrag gedeckt sei. Kritiker waren der Meinung, die Öffentlich-Rechtlichen dürften nicht selbstverständlich Gebührenmittel dafür verwenden.
Das gerne auch als Schulfernsehen bezeichnete Format konnte sich aufgrund seiner eigenwilligen Machart und den zwar fachlich fähigen, aber oftmals auch unfreiwillig komischen Präsentatoren einen gewissen Kultstatus aufbauen. „Hello, I’m Graham Pascoe. Seien Sie nicht beunruhigt, wenn Sie anfangs nicht alles verstehen“, sagte Ende der 1960er Jahre der vollbärtige Englischlehrer. Eberhard Weiß, ein Dünner ohne Bart, dafür mit den vermutlich langweiligsten beigen Pullovern im deutschen Fernsehen, erklärte nervös vor einer Tafel mathematische Formeln. Im Fach Deutsch wiederum wurden für die Schüler vor den Bildschirmen althochdeutsche Laute verschoben.
Folgende „Telekolleg“-Ausgaben zeigt ARD-alpha in der Kultnacht:
0:00 Uhr „Der Weg nach oben – Die Entstehung eines neuen Bildungsprogramms“ (Dokumentation)
0:30 Uhr Telekolleg Deutsch (Lektion 1) (1967)
0:55 Uhr Telekolleg Physik (Lektion 1) (1967)
1:25 Uhr Telekolleg Biologie (Lektion 1): Zellen – Bausteine des Lebendigen (1967)
1:50 Uhr Telekolleg Elektrotechnik (Lektion 1) (1968)
2:20 Uhr Telekolleg Geschichte (Lektion 38): Der Erste Weltkrieg und das Epochenjahr 1917 (1967)
2:45 Uhr Telekolleg Rechnen in der Physik (Lektion 1) (1967)
3:15 Uhr Telekolleg Technische Chemie (Lektion 1) (1968)
3:40 Uhr Telekolleg Betriebswirtschaft (Lektion 1): Betriebs- und Volkswirtschaft (1968)
4:10 Uhr Telekolleg Bayerische Geschichte (Lektion 1): Carnuntum, Regensburg, LorchCarnuntum, Regensburg, Lorch (1969)
Kommentare zu dieser Newsmeldung
User_929455 (geb. 1978) am
Abschluss nicht gemacht aber die ganzen Französisch-Folgen auch jetzt noch für Frankreich-Urlaub&Auslandsjahr gesehen.kleinbibo am via tvforen.de
Sind die Folgen wohl alle in Farbe?
Und ich kenne niemanden, der damit einen Abschluss gemacht hat: Wie sieht das bei euch aus?U56 am via tvforen.de
kleinbibo schrieb:
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> Sind die Folgen wohl alle in Farbe?
Die Sendungen begannen am 2. Januar 1967, also ein paar Monate vor Einführung des Farbfernsehens. Zu der Zeit wurden schon einzelne Sendungen in Farbe aufgenommen. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass das Telekolleg dazu gehörte.
Wozu hätte man diese Sendungen in Farbe produzieren sollen? Da stand ja nur ein Sprecher vor einer Wand und hat eine halbe Stunde etwas erklärt. Farbtupfer hätten die Zuschauer damals nur abgelenkt. Farbfernsehen war für sie ja noch ungewohnt.
Ich habe mir gerade mal stichprobenartig alte Fernsehprogramme herausgesucht. 1972 war das Telekolleg noch schwarzweiß, 1975 war es farbig.Thinkerbelle am via tvforen.de
kleinbibo schrieb:
> Und ich kenne niemanden, der damit einen Abschluss
> gemacht hat: Wie sieht das bei euch aus?
Nen Abschluss hab ich da nicht gemacht, aber in meiner Studienzeit hab ich da mit ner Freundin zusammen ein Psychobiologie-Seminar belegt. Das war allerdings Funkkolleg im Radio.
Ich hab grad mal nachgeschaut: Das ging über 2 Semester, in jedem Semester bekamen wir 6 dicke Begleithefte, die 62 DM gekostet haben. Und es gab 2 Klausuren, die man an der nächsten Volkshochschule zu einem bestimmten Termin ablegen konnte, und 2 Hausarbeiten. Jede Woche gab es 1 Std Seminar im Radio - da waren mehrere ARD Radioanstalten beteiligt, und jeder strahlte die Seminare 2x pro Woche aus. Am Ende bekam man ein Zertifikat, das bei einigen Unis als Schein anerkannt wurde.kleinbibo am via tvforen.de
U56 schrieb:
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> Wozu hätte man diese Sendungen in Farbe
> produzieren sollen?
Naja, bei Physik finde ich es zumindest dann interessant, wenn es ums Licht geht. Und bei Chemie verfärbt sich doch bestimmt auch einiges.
Wie war das wohl, sind da die Sendungen über mehrere Jahre wiederholt worden und dann ist zum gleichen Thema mal was neues gedreht worden? Oder sind die ersten Farbfolgen auch noch nach 20 Jahren noch ausgestrahlt worden?kleinbibo am via tvforen.de
Thinkerbelle schrieb:
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>
> Nen Abschluss hab ich da nicht gemacht, aber in
> meiner Studienzeit hab ich da mit ner Freundin
> zusammen ein Psychobiologie-Seminar belegt. Das
> war allerdings Funkkolleg im Radio.
Funkkolleg, waren das nicht ziemlich abgefahrene Themen? Ich erinnre mich vage, in den 90er Jahren mal in so etwas hineingehört zu haben.
Ach ja, das Material für so einen Telekolleg konnte man ja nicht einfach im Netz downloaden, da musste man bestimmt nicht ganz billige Bücher von der VGS Verlagsunion oder so ähnlich kaufen. Das war alles ziemlich umständlich, man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen.
So habe ich irgendeinen Telekolleg, ich glaube Physik mal ein wenig verfolgt, ohne Material dazu besessen zu haben. Da müsste ich so in Klasse 7 oder 8 gewesen sein.Thinkerbelle am via tvforen.de
kleinbibo schrieb:
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> Ach ja, das Material für so einen Telekolleg
> konnte man ja nicht einfach im Netz downloaden, da
> musste man bestimmt nicht ganz billige Bücher von
> der VGS Verlagsunion oder so ähnlich kaufen.
Naja, wie ich schrieb, 6 Begleithefte kosteten 62 DM einschließlich Porto. Die Hefte waren aber gebunden und waren dicker als mein Daumen. Insofern war der Preis jetzt auch nicht höher als bei den Büchern, die wir sonst so für die Uni brauchten.