2024, Folge 435–451

  • Folge 435 (45 Min.)
    Hausarzt Dr. Stefan Graafen bei der Büroarbeit. 40 Prozent der Arztzeit wird von der Bürokratie geschluckt. – Bild: SWR/​Ingo Mende
    Hausarzt Dr. Stefan Graafen bei der Büroarbeit. 40 Prozent der Arztzeit wird von der Bürokratie geschluckt.
    Hören Ärzte ihren Patientinnen und Patienten zu? Oder ist es eher wie am Fließband: rein, Diagnose, raus, der Nächste bitte! Pro Patient*in bleiben in Deutschland im Schnitt 9,5 Minuten, weniger als in den meisten anderen Ländern. Wenn in der Praxis nicht richtig gesprochen wird, kann das schlimme Folgen haben. Was, wenn Gesprächszeit ein Medikament für den Gesundheitsmarkt wäre? Für diesen Film lassen die Reporterinnen eine Arzneimittelverpackung drucken mit dem Fantasienamen „Redemer forte“. Sie stellen ihr „Präparat“ der Fachwelt vor: Redezeit in unterschiedlicher Dosierung, frei von Nebenwirkungen, hochwirksam, sehr kostengünstig. Hat „Redemer forte“ das Zeug zum Blockbuster? Und was wird der Gesundheitsminister zu dieser „Neuentwicklung“ sagen? Eine Story über Patient*innen und Ärzt*innen im Hamsterrad, Blockierer und Menschen, die Lösungen vorleben. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.01.2024NDR
  • Folge 436 (45 Min.)
    Dreharbeiten beim Salzproduzenten K+S
    Jahrhundertelang galt Salz als weißes Gold und wurde u.a. zur Haltbarmachung von Lebensmitteln verwendet. Mit der Erfindung des Kühlschranks verlor das Salz an Wert. Bis Marketingexperten das Potenzial eines Rohstoffes erkannten, der sich einfach abbauen und teuer verkaufen lässt. Zwischendurch drängten Lobbyisten sogar darauf, auf EU-Ebene ein Biosiegel für Salz einzuführen. „Dabei sind die Unterschiede so minimal. Die kann ein normaler Konsument nicht schmecken“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Film begibt sich auf eine spannende Spurensuche: von den Bergwerken in Deutschland, wo Salz aus dem Gestein gesprengt wird, über die Salinen der Camargue, in denen teures Fleur de Sel per Hand gewonnen wird, bis zur Frage, was sich hinter dem rosa getönten Himalaja-Salz tatsächlich verbirgt.
    Das Filmteam lässt verschiedene Salze im Labor untersuchen und macht den Praxistest in der Stuttgarter Innenstadt, um zu klären: welches Salz hat welche Vorzüge? Wann ist der Preis angemessen, wann überzogen? Und warum wird teures Salz trotzdem gekauft? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 22.01.2024NDR
  • Folge 437 (45 Min.)
    Aufräumarbeiten in der Billstraße nach dem Brand vom Ostersonntag 2023
    Am 9. April 2023, dem Osterwochenende, brennt es in der Billstraße im Hamburger Industriestadtteil Rothenburgsort. Zwar war es hier in den letzten Jahren häufig zu Großbränden gekommen, dieses Mal aber kämpft die Feuerwehr gegen einen der größten Brände seit dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg. 17.000 Quadratmeter Lagerhalle stehen in Flammen, eine gigantische Rauchwolke zieht über die Stadt. Erst nach acht Tagen sind die letzten Glutnester in der Billstraße gelöscht. Vermeintliche Brandursache: ein plötzlich entbrannter Mercedes, sonntagsnachts. Täter: unbekannt. Was bleibt, ist eine Brandruine, groß wie drei Fußballfelder.
    Und ein neues ungewohntes Gefühl der Bedrohung in der Stadt, denn das Feuer vom Ostersonntag hat auf eine Straße aufmerksam gemacht, die in den letzten Jahren offenbar nicht genug Beachtung fand. Hat sich hier in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt Hamburgs eine gefährliche Parallelwelt entwickelt? Auf vielen der Grundstücke türmen sich meterhoch Elektroschrott und Müll. Bei Kontrollen stehen Beamte vor unklaren Grundstücksbesitzverhältnissen, sie finden Schwarzarbeit vor und illegale Zimmervermietung. Seit dem Großbrand vergeht kaum eine Woche, in der die Billstraße nicht in die Schlagzeilen gerät.
    Wäre der Großbrand vermeidbar gewesen, wenn die Behörden früher in der Billstraße eingegriffen hätten? Hat die Stadt hier gar die Kontrolle verloren? Reporter gehen dieser Frage nach und drehen mehrere Wochen lang in der Billstraße. Sie versuchen, in ihrer Recherche möglichst viele Perspektiven zu zeigen: die der Bewohner*innen und Industriellen und auch die Seite von Polizei und Stadt. Mit einer eigens eingerichteten Taskforce will Hamburg die Zustände in der Straße nun in den Griff bekommen, die Meile umwandeln in einen Ort für rechtschaffene Industrie. Der Film zeigt exklusive Einblicke in große Verbundrazzien und Räumungen illegaler Beherbergungen.
    Für andere ist die Billstraße ihr Lebensmittelpunkt. Denn abseits der Kriminalität hat sich auch Gutes entwickelt: Communitys zum Beispiel von legal arbeitenden Zugezogenen, die in Sorge sind, in Mithaft zu geraten. Schließlich haben sie sich in der Billstraße eine Existenz aufgebaut. Immer wieder zeigt die Reportage, wie kompliziert es ist, jahrelang falsch gewachsene Strukturen wieder zu korrigieren und dass die Menschen der Billstraße vor einer ungewissen Zukunft stehen. Die „NDR Story“ gibt Einblicke in eine Straße, die zeigt, was passiert, wenn eine Stadt die Kontrolle verliert. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 05.02.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 02.02.2024ARD Mediathek
  • Folge 438 (45 Min.)
    Geschätzte 2000 Wölfe soll es in Deutschland geben.
    Umstritten ist der Wolf schon länger, aber mittlerweile ist er im Norden zum Politikum geworden. Seit Monaten brodelt es in den Kreis- und Landtagen. Naturschützer sowie Landwirte und Jäger stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die einen bestehen auf maximalen Schutz des Wolfes, die anderen wollen die Anzahl der Wölfe begrenzen. Vor allem die Weidetierhalter haben nach mehreren spektakulären Rissen von Nutztieren auf ihren Weiden genug. In den sozialen Medien wird bei jeder Wolfsichtung im Dorf Panik geschürt.
    „45 Min“ reist durch den Norden: zu Wolfsschützern, Politikern und Betroffenen, bei denen der Wolf Schaden angerichtet hat. 55 Schafe in einer Nacht gerissen: Diese Wolfsattacke im Landkreis Stade im August 2023 bringt für viele Menschen auf dem Land das Fass zum Überlaufen. Laut Schätzungen leben mittlerweile rund 2000 Wölfe in Deutschland, Tendenz steigend. Viel zu viele, meinen betroffene Landwirte. Viel zu wenig noch, sagen die Tierschützer. „Die Leute haben Tränen in den Augen, wenn die ihre halbtoten Tiere zu mir bringen, um sie einschläfern zu lassen.
    Die Tiere kann ich von ihrem Leid befreien, die Besitzer nicht.“ Hansjörg Heeren ist Tierarzt in Ihlow in Ostfriesland und bekommt die Angst der Menschen mit. Er ist einer der Vorreiter einer Anti-Wolf-Bewegung im Norden, hat als Vorsitzender des Friesischen Verbandes für Naturschutz im Juni 2023 eine Demonstration gegen die aktuelle Wolfspolitik gestartet: 3000 Demonstrierende standen hinter ihm. In Niedersachsen ist unter anderem Umweltminister Christian Meyer (Bündnis 90/​Die Grünen) zuständig für den Naturschutz.
    Er steht seit Monaten zwischen den Stühlen. Trotz Kritik von allen Seiten stellt er sich Betroffenen und Kritikern, sucht nach einer Lösung. „Denn so kann es tatsächlich nicht weitergehen“, meint Umweltminister Meyer. Er plädiert für gezielte Abschüsse von „Problemwölfen“. Das führt zu Protest: Wolfsschützer aus verschiedenen Vereinen und Verbänden sind entsetzt.
    Denn der Wolf ist in der ganzen EU eine sehr stark geschützte Art, darf nicht bejagt werden. „Doch die Fälle von Selbstjustiz nehmen zu“, weiß Dr. Claudia Szentiks vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Die zweithäufigste unnatürliche Todesursache für Wölfe in Deutschland sind inzwischen illegale Tötungen. Sie muss es wissen, denn jeder tote Wolf in Deutschland wird bei ihr im Institut seziert. In der „45 Min“-Dokumentation wird mit Befürwortern und Gegnern gesprochen und nachgefragt, warum die Lage derat eskalieren konnte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.02.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 16.02.2024ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 22.01.2024
  • Folge 439 (45 Min.)
    Der erste Winter weit weg von zu Hause. Der erste Winter an der Ostseeküste von Schleswig-Holstein. Sechs Monate lang machen Kevin und Silvio bereits ihre Ausbildung im Ferien- und Freizeitpark Weissenhäuser Strand.
    Eine spannende Reportage über einen Unternehmer, der auf der ganzen Welt nach Arbeitskräften für seinen Ferien- und Freizeitpark sucht. Der Mangel an Arbeitskräften ist für den Ferien- und Freizeitpark Weissenhäuser Strand an der Ostsee zur Existenzfrage geworden: Es gibt so gut wie keine Bewerberinnen und Bewerber auf die offenen Stellen. Geschäftsführer David Depenau geht deshalb einen ungewöhnlichen Weg: Mehrmals im Jahr fliegt er in Länder außerhalb der EU, um Arbeitskräfte anzuwerben.
    Doch obwohl die Politik weiß, dass es ohne ausländische Fachkräfte nicht geht, stoßen David Depenau und seine Kolleginnen aus der Personalabteilung auf hohe bürokratische Hürden. Die NDR Reporterinnen Laura Borchardt und Julia Saldenholz haben Depenau und sein Team über mehrere Monate bei der schwierigen Suche nach Arbeitskräften begleitet. 14 Stunden Flug liegen hinter ihm, als David Depenau im Juni 2023 in Antananarivo landet. In der Hauptstadt des afrikanischen Inselstaates Madagaskar will er Azubis für sein Unternehmen an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins anwerben.
    Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt, es gibt dort viele junge Menschen und kaum Jobs. In Deutschland ist die Situation genau andersherum: Die Bundesagentur für Arbeit meldete Ende 2022 fast zwei Millionen offene Stellen, so viele wie noch nie. David Depenau kann selbst seine Ausbildungsstellen nicht mehr mit inländischen Bewerberinnen und Bewerbern besetzen. In Antananarivo trifft er auf junge Menschen, die viel investieren, um in Deutschland eine Ausbildung machen zu können.
    In der Sprachschule von Angelique Steffeck lernen sie Deutsch. Dafür zahlen sie monatlich etwa 50 Euro, das ist ein Monatslohn in Madagaskar. Die Hoffnung: eine Ausbildung in Deutschland. David Depenau wird sechs von ihnen einen Vertrag geben. Wer aus einem Nicht-EU-Land zum Arbeiten nach Deutschland kommen möchte, muss eine Vielzahl von Kriterien erfüllen und unterschiedliche Nachweise für ein Visum erbringen. Christine Hartmann, zuständig fürs Personal am Weissenhäuser Strand, ist täglich damit beschäftigt, einen Weg durch den Dschungel unterschiedlicher Verfahren und Regelwerke zu finden.
    Immer wieder trifft sie auf überlastete und überforderte Mitarbeitende in den Behörden. Die Konsequenz: Die Verfahren ziehen sich in die Länge, Bewerberinnen und Bewerber springen ab. Dabei braucht ihr Unternehmen wie so viele Betriebe in Deutschland dringend Arbeitskräfte aus dem Ausland. So würde das Hotel im Wellnessbereich gerne eine Thai-Massage anbieten.
    Und wer könnte das besser als thailändische Masseurinnen und Masseure, ausgebildet an einer anerkannten Universität in Bangkok? Christine Hartmann versucht seit einem Jahr zwei von ihnen nach Deutschland zu holen. Es ist ihr nicht gelungen, auch weil die Anerkennung des Universitätsabschlusses so kompliziert ist. Auch die Anwerbung eines indischen Kochs und einer Kenianerin, die das Unternehmen gerne einstellen würden, stockt. Die Politik nehme das Thema trotz gegenteiliger Beteuerungen nicht ernst genug, kritisiert David Depenau.
    Er fordert, dass die Politiker die Türen weiter aufmachen sollen. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das der Deutsche Bundestag im Sommer 2023 beschlossen hat, gehe nicht weit genug. Die sechs angehenden Azubis aus Madagaskar bekommen immerhin ein Visum für Deutschland und beginnen ihre Ausbildung im Ferien- und Freizeitpark Weissenhäuser Strand. Es ist der erste kalte Winter für sie, die erste lange Trennung von ihren Familien und der Start in ein neues Leben. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.02.2024NDR
  • Folge 440 (45 Min.)
    Hochhaussiedlung Dreesch 1–3.
    Was anfangs als modern und chic galt, ist heute oft unbeliebt: Großwohnsiedlungen, auch Platte oder Hochhaus genannt. Vor gut 50 Jahren, Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre, wurden überall in der Bundesrepublik und der DDR solche Anlagen gebaut, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen und modernere Standards zu setzen. Für die „NDR Story“ ist ein Filmteam in Norddeutschlands größter Plattenbausiedlung unterwegs, dem Stadtteil Großer Dreesch in Schwerin: Wie ist das Leben im Plattenbau? Ist die Wohnidee von damals gescheitert? Was beschäftigt die Menschen, die hier leben? Was früher in Dreesch 1, 2 und 3 unterteilt war, nennt sich mittlerweile Großer Dreesch, Neu Zippendorf und Mueßer Holz.
    Alle drei Stadtteile der Großwohnsiedlung haben gemeinsam, dass sie in der medialen Berichterstattung immer wieder auch mit negativen Schlagzeilen auffallen: Leerstand, ansteigende Kriminalität oder erst kürzlich die Zunahme der AfD-Wählerstimmen. Doch wie denken diejenigen über den Dreesch, die dort ihr Zuhause haben? Denn Fakt ist, dass Schwerin beim Thema Segregation, die Trennung zwischen Arm und Reich, deutschlandweit den ersten Platz belegt.
    Eine aktuelle Studie zeigt: In keiner anderen der 96 untersuchten ost- und westdeutschen Städte ist die Trennung zwischen Arm und Reich so deutlich wie in Schwerin. Und: Diese Trennung zwischen Arm und Reich ist in den letzten Jahren sogar noch einmal angestiegen. Während viele nur die grauen Betonmauern sehen, schätzen Wolfram und Heidrun Hendrich vor allem eines: den Ausblick aus dem achten Stock ihres Hochhauses. Schon kurz nach Errichtung der ersten Wohneinheiten ziehen sie in den Schweriner Plattenbau.
    Doch in den vergangenen Jahren habe sich der Dreesch verändert, erzählen sie. Die Hendrichs sind geblieben. Weil das Leben im Plattenbau trotz aller Probleme viel zu bieten habe. Die jüngere Generation schaut anders auf die Wohnanlage: Der zwölfjährige Sam wohnt im Stadtteil Mueßer Holz, statistisch gesehen der Stadtteil mit der höchsten Arbeitslosenquote in Schwerin. Hier gibt es den meisten Leerstand in der Stadt. Der Anteil der Zugewanderten in Schwerin ist hier am höchsten.
    Sam empfindet das Leben im Stadtteil als hart und auch unsicher. Unter dem Motto „Boxen statt Gewalt“ lernen Sam und die anderen Jugendlichen, dass Gewalt niemals eine Lösung sein darf. Doch Trainer Frank Brauns ist der Meinung, dass es eine große Herausforderung sein kann, als Kind auf dem Dreesch aufzuwachsen. Er sagt: „Die Kinder haben hier oft andere, schwierigere Startchancen als in anderen Vierteln.“ Autorin Simona Dürnberg trifft auch die Band Feine Sahne Fischfilet, die ihr Musikvideo zu einer Single hier gedreht hat und eigene Erfahrungen mit dem Leben in der Platte haben.
    Die Herausforderungen sind klar. Was braucht eine Plattenbausiedlung wie der Große Dreesch, um aus den Negativschlagzeilen herauszukommen? Und vor allem: um das Leben im Hochhaus lebenswerter zu machen? Das Filmteam trifft Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD). Er berichtet davon, was er in den nächsten Jahren mit dem Viertel vorhat. Passt das zum Leben der Menschen dort? Eine „NDR Story“ über das ambivalente Verhältnis zum Leben im Hochhaus. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.03.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 01.03.2024ARD Mediathek
  • Folge 441 (45 Min.)
    Straßenszene am Kottbusser Tor in Berlin.
    „Don’t meet your heroes“, sagt eine Protagonistin, die belastende Wochen am Set einer großen deutschen Produktion erlebte und jetzt darüber zum ersten Mal spricht. Sie hat den Mut, wie Dutzende Schauspielende, Crewmitglieder und weitere Theater- und Filmschaffende, darüber zu sprechen, wie die Glitzerwelt für sie zum Albtraum wurde. Der Film „Gegen das Schweigen – Machtmissbrauch bei Theater und Film“ ist das Ergebnis von rund drei Jahren Recherche. Die Reporterinnen Zita Zengerling und Kira Gantner haben mit mehr als 200 Film- und Theaterschaffenden über die Probleme in ihrer Branche gesprochen. Dabei haben sie gemerkt, dass sich die Erlebnisse der Betroffenen sehr ähneln. Die Namen der mutmaßlichen Täter und Täterinnen sind unterschiedlich, aber das System dahinter scheint offenbar ähnliche Mechanismen zu fördern.
    Die Dokumentation zeigt mehrere neu recherchierte Beispielfälle aus der Theater- und Filmbranche – darunter ein namhafter Theaterregisseur, ein Filmemacher und ein bekannter deutscher Schauspieler – und führt all diese Berichte zusammen zu einem grundlegenden Befund über die Branche. Es geht um ein System, das zu oft Täter und Täterinnen schützt, dadurch Machtmissbrauch ermöglicht und so immer wieder neue Skandale hervorbringt. Am Ende des Films steht die Frage, wie viel Verantwortung die Täter oder Täterinnen für den Machtmissbrauch tragen und wie viel Verantwortung bei Geldgebern, Produktionsfirmen, Sendern und dem Publikum liegt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.03.2024NDRDeutsche Online-PremiereDi 27.02.2024ARD Mediathek
  • Folge 442 (45 Min.)
    Klaas-Wilhelm Brandenburg und seine Eltern schauen online nach, wann der nächste Bus fährt.
    Weniger Autos, mehr Platz fürs Rad auf Straßen, mehr Bus und Bahn: Ideen für die Verkehrswende gibt es viele, zumindest in den Städten. Aber wie ist das auf dem Land, wo Wege weit und Dörfer klein sind? Helfen die Ideen für Städte dort überhaupt weiter? Schließlich haben die Haushalte auf dem Land mehr Autos als in den Metropolen und nutzen sie auch öfter. Und viele Menschen pendeln täglich vom Dorf in die Stadt. Ohne sie mitzunehmen, wird die Verkehrswende also auch in der Stadt nicht gelingen. NDR Reporter Klaas-Wilhelm Brandenburg kommt aus Frätow, einem kleinen Dorf in der Nähe von Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern.
    Dort fuhr schon vor 20 Jahren kaum ein Bus. Und bis heute ist es nicht besser geworden. „Ohne Auto geht nichts hier“, sagt sein Vater. Und seine Mutter ärgert sich darüber, dass das 49-Euro-Ticket für sie nichts bringe: „Da hat die Politik wieder nur was für Großstädter gemacht!“ Mittlerweile lebt Reporter Brandenburg in Berlin-Neukölln. Da gibt es so ziemlich alles an ÖPNV, was man sich wünschen kann. Und trotzdem ist die viel versprochene Verkehrswende bisher eine Enttäuschung: S-Bahnen, die ausfallen.
    Kreuzungen, an denen die Luft vor Abgasen steht. Fahrradwege, die lebensgefährlich sein können, wenn es überhaupt welche gibt. Dabei ist die Verkehrswende nötiger denn je: In den letzten 30 Jahren ist der Anteil des Verkehrs am CO2-Ausstoß in Deutschland von 13 auf fast 20 Prozent gestiegen. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es doppelt so viel ÖPNV wie heute. Aber seit Jahren steigen die Zahlen neu zugelassener Pkw in Berlin wie in ganz Deutschland. Die „NDR Story“ zeigt, wo es noch hakt bei der Verkehrswende in Deutschland noch hakt, welche Lösungen es jetzt schon gibt und was sich ändern muss. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 18.03.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 15.03.2024ARD Mediathek
  • Folge 443 (45 Min.)
    Monika Weiser und ihr Mann Thomas haben zwei Jahre lang um ihre Wohnung gekämpft. 2020 hatten die Krankenschwester und der Altenpfleger, Eltern von vier Kindern, eine Eigenbedarfskündigung für ihre Wohnung erhalten, eine Sozialwohnung, deren Bindung bald auslaufen würde. Das Mehrfamilienhaus liegt in einer begehrten Wohngegend mit stetig steigenden Mieten. Es war gerade verkauft worden, da meldeten die neuen Eigentümer mehrfach Eigenbedarf an: Sie wollten einen Teil der attraktiven Wohnungen selbst nutzen. Für die Familie Weiser eine Katastrophe, denn einen Wohnungsmarkt für bezahlbaren Wohnraum gibt es in Köln so gut wie nicht.
    Ihre Wohnungssuche blieb über zwei Jahre praktisch ergebnislos. In Zusammenarbeit mit dem Competence Center Datenjournalismus des WDR wird gezeigt: In anderen deutschen Großstädten und Ballungsgebieten mit hohen Mietpreisen sieht es ähnlich aus. Die Politik bekommt die Wohnungsnot nicht in den Griff, das Problem ist inzwischen chronisch und sorgt für sozialen Zündstoff. Während neue Wohnungen fehlen, vor allem Sozialwohnungen, schmilzt der Bestand an vorhandenem bezahlbaren Wohnraum zusehends. Die Folge: Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen werden aus den Städten verdrängt.
    Dabei spielen Eigenbedarfskündigungen eine beachtliche Rolle. Die Mietervereine melden bundesweit, dass die Zahl der Beratungen im Fall von Eigenbedarfskündigung deutlich steigt. Sie sind die einzige Möglichkeit für private Eigentümer, ihre Mieterinnen und Mieter auf recht einfache Art loszuwerden. Ärgerlich für die gekündigten Mieterinnen und Mieter, wenn dann auf einen behaupteten Eigenbedarf in manchen Fällen gar nicht der Einzug des Eigentümers folgt. Eine leere Wohnung ohne Mieter ist dort, wo Wohnraum teuer ist, eine Goldgrube.
    Denn steht das Haus leer, lässt es sich besser sanieren, teurer verkaufen oder teurer vermieten. Auch im Fall der Familie Weiser und ihrer Nachbarn, die ein Filmteam durch ihre Klagewege begleitet hat, tauchen im Verlauf der Räumungsklagen überraschende Erkenntnisse auf. Welche Konsequenzen eine Eigenbedarfskündigung für das Leben der Mieterinnen und Mieter hat, was solche Kündigungen bei angespannten Wohnungsmärkten bedeuten und aus welchem Rechts- und Eigentumsverständnis heraus es sie gibt, das erzählt dieser Film.
    Und auch, wie schutzlos und ausgeliefert sich Mieterinnen und Mieter fühlen von der Politik im Stich gelassen. So wie Monika Weiser, die den Wahlkampfversprechen der Parteien nicht mehr glaubt: „Vor allen Wahlen wollen sie die Wohnungsnot bekämpfen. Und was passiert? Der soziale Wohnraum verliert immer mehr seinen Status, es gibt immer weniger. Und wenn die, die so eine Stadt am Laufen halten, ob es Friseure, Postboten, Verkäuferinnen oder Krankenschwestern sind, wenn die hier nicht mehr leben können, weil es keinen Wohnraum für sie gibt, dann sagt das schon viel über eine Gesellschaft aus.“ (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 25.03.2024NDR
  • Folge 444 (45 Min.)
    Landwirt Martin Schulz aus dem Wendland beschäftigt sich lieber mit Backweizen als mit Bürokratie.
    Wenn das Sonntagsbrötchen knusprig auf dem Teller liegt, wer will da an Bürokratie denken? Doch der Weg voller Vorschriften, Verordnungen und Kontrollpflichten ist weit, bis so ein Backwerk ordnungsgemäß auf dem Frühstückstisch landet. Die „NDR Story“ folgt dem Brötchen auf seinem Weg durch den Wust der Regularien. Vom Landwirt, der den Weizen anbaut, über die Bäckerei, den Fahrer, der die frischen Brötchen ausliefert, bis hin zum Hersteller von Backblech-Spülmaschinen. Da braucht es starke Nerven und einen Sinn für Humor.
    Die Fahndung nach den Ursachen der bürokratischen Überforderung – und möglichen Lösungen – führt die Autorinnen auch nach Berlin und Brüssel. Sie forschen im Bundesjustizministerium, bei der EU-Kommission und sprechen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/​Die Grünen). Bei ihren Recherchen lernen sie Bäcker Eberhard Vielhaber aus Sundern-Stockum im Sauerland kennen. Er stand jahrelang um 3:00 Uhr früh in der Backstube wie schon sein Vater und Großvater. Wer diese Arbeitszeit auf sich nimmt, ist von Leidenschaft getrieben.
    Aber noch mehr Freude hätte er, wenn nicht mehr als 100 Verordnungen und Auflagen seine Arbeitszeit fressen würden. 4251 Arbeitsstunden gehen laut Bäckerinnung pro Jahr nur für Bürokratie drauf. Vielhaber führt den Familienbetrieb mit 28 Filialen gemeinsam mit seinen Töchtern. In ihrer Backstube fahndet die „NDR Story“ nach Sinn und Unsinn des bürokratischen Overkills wie der jährlichen Gefahrenanalyse für schwangere und stillende Frauen an Arbeitsplätzen, die nur von Männern besetzt sind, oder EU-Richtlinien, die in der Arbeitswirklichkeit des Bäckers besonders absurd erscheinen.
    Auf den Spuren der Brötchenproduktion reist die „NDR Story“ nach Viöl in Schleswig-Holstein, wo Birgit Putz und ihr Mann Putzmaschinen z. B. für Backbleche für den deutschen, aber auch für den europäischen Markt produzieren. Die EU-Verpackungsverordnung macht ihnen das Leben schwer. Die Auflagen sind so umfangreich, dass sie überlegen, auf den internationalen Handel, der immerhin ein Viertel ihres Umsatzes ausmacht, ganz zu verzichten.
    Besonders aber ärgert sie die Verordnung EG 881/​2002. Die wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in Kraft gesetzt. Und seitdem checkt Frau Putz monatlich, ob die Namen ihrer Kundschaft oder ihrer eigenen Mitarbeitenden auf den internationalen Terrorlisten auftauchen. Eine Mittelständlerin macht Terrorfahndung: Muss das wirklich sein? Eine journalistische Spurensuche mit Tiefe und einem humorvollen, aber notwendigen Blick auf die aktuelle Frage: Warum gelingt der Bürokratieabbau nicht? Und wie könnte es klappen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.04.2024NDR
  • Folge 445 (45 Min.)
    Gerhard Schröder wird am 7. April 2024 80 Jahre alt. Zu diesem Anlass hat Reporter Lucas Stratmann („Kevin Kühnert und die SPD“) nach aufwendigen Vorgesprächen die Möglichkeit bekommen, den Kanzler a.D. exklusiv für ein paar Monate mit einem Kamerateam zu begleiten. Kaum eine Figur der jüngeren deutschen Zeitgeschichte polarisiert so wie der ehemalige Bundeskanzler. Dabei wurde zuletzt viel über ihn gesprochen, wenig mit ihm. Das ändert sich mit diesem Film. Hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seine Freundschaft zu Wladimir Putin geändert? Und welche Rolle hat Schröder im März 2022 bei den Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gespielt? Privataufnahmen aus der Zeit geben exklusive Einblicke in die Treffen in Istanbul und Moskau.
    Die Gerhard-Schröder-Story ist Porträt eines Altpolitikers und Schlagabtausch zugleich. Der Film ist der Versuch einer Annäherung an einen früheren deutschen Staatsmann, der sich mit Deutschland entfremdet hat. Nun wird er 80. Ist alles gesagt? Oder gibt es neue Erkenntnisse? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.04.2024NDR
  • Folge 446 (45 Min.)
    Reporter Lennart Banholzer und Filmemacher Aaron Moser laufen die geplante Trasse ab.
    Die Autobahn 20 soll weiter ausgebaut werden: 200 neue Autobahnkilometer sollen einmal durch ganz Niedersachsen bis nach Bad Segeberg in Schleswig-Holstein führen. Noch sind auf der geplanten Strecke Wiesen und Wälder, Moore und Felder. Doch wenn die Autobahn kommt, verschwinden sie. Und links und rechts streiten sich schon lange Befürworter und Gegner. Reporter Lennart Banholzer und Filmemacher Aaron Moser wollen erleben, was vor Ort los ist. Deshalb haben sie sich Wanderstiefel, Rucksack und Zelt geschnappt und laufen die Strecke ab.
    Querfeldein wandern sie durch norddeutsche Landschaften und treffen Menschen, die sich gegen die Autobahn vor ihrer Haustür wehren oder auf Aufschwung durch die neue Trasse hoffen. Sie erleben unberührte Natur und abgelegene Dörfer. Und sie sprechen mit denjenigen, die die Autobahn planen oder politisch verantworten: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der in der Vergangenheit mal versprochen hat, die Autobahn in seinem Bundesland bis 2022 zu bauen. Und Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD), der die A20 als „enorm wichtige Transitachse für den Waren- und Güterverkehr“ bezeichnet.
    Dass der Bau sich so lange hinausgezögert hat, liegt unter anderem an Klagen von Naturschutzverbänden. Auch Klimaaktivisten versuchen, den Bau zu verhindern: Autobahnen sind für sie wegen der CO2-Emissionen aus der Zeit gefallen. In der Nähe von Westerstede haben einige von ihnen ein Protestcamp gegen die A20 errichtet und blockieren einen möglichen Bau schon heute. Wie weit gehen sie in ihrem Kampf gegen die Autobahn? Ganz am anderen Ende der geplanten Trasse wollen Betroffene den Weiterbau unbedingt.
    Der bis 2009 gebaute, bereits fertige Teil der A20 führt auf knapp 350 Kilometern quer durch Mecklenburg-Vorpommern: von der polnisch-deutschen Grenze bis vor die Tore von Bad Segeberg. Dort rollt der gesamte Verkehr von und in Richtung der Autobahn durch die Stadt. Für Bürgermeister Toni Köppen (parteilos) ein unhaltbarer Zustand. Viele in der Stadt hofften auf einen baldigen Weiterbau, sagt er. Käme der nicht, würden die Menschen auf die Barrikaden gehen, vermutet er.
    In Bremervörde setzt sich ein Spediteur seit Jahren für die A20 sein. Was bedeutet es für ihn, wenn die Trasse nicht gebaut wird? In Jade engagiert sich ein Biologe in einer Bürgerinitiative. Warum hält er den Autobahnbau in der moorigen Wesermarsch für gefährlich? Welche Alternative kann die in die Jahre gekommene Elbfähre Glückstadt-Wischhafen zu einem weiteren Elbtunnel sein? Und wie weit sind die Projektplaner von der DEGES, die die Trasse in Schleswig-Holstein und den Elbtunnel bauen sollen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 22.04.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 19.04.2024ARD Mediathek
  • Folge 447 (45 Min.)
    Seit zwei Jahren recherchiert ein Team des NDR im Rotlichtmilieu von Pattaya. In der thailändischen Stadt und Hochburg des internationalen Sextourismus hat ein NDR Reporterteam 2023 skandalöse Zustände aufgedeckt. In Go-go-Bars, Massagesalons und Open-Air-Bierbuden fühlen sich nicht nur Sextouristen wohl, sondern vermehrt auch wieder Pädokriminelle. Dank offenbar laxer Kontrollen und weit verbreiteter Korruption werden Minderjährige hier zur Sexarbeit gezwungen. Die NDR Dokumentation „Die Rückkehr der Sextouristen“ vom 27. Februar 2023 hat in Thailand eine große Welle von Reaktionen und politischen Debatten ausgelöst.
    Denn in seinen Recherchen ist das NDR Team auch auf den Fall eines deutschen mutmaßlichen Pädokriminellen gestoßen, der in Pattaya verhaftet wurde und sich unter skandalösen Umständen außer Landes bringen konnte. Selbst Thailands Premierminister reagierte daraufhin und forderte Justiz und Polizei zu Ermittlungen auf, um die Fehler der Behörden aufzuklären. In dieser neuen Dokumentation wird jetzt nachgefragt: Wie hat sich die Situation vor Ort verändert? Was wurde aus den vollmundigen Ankündigungen? In Thailand haben die NDR Recherchen auch eine Debatte darüber angefacht, ob die Legalisierung der Prostitution ein Weg sein könnte, die kriminellen Strukturen im Rotlichtmilieu auszutrocknen und damit auch den Weg zu ebnen für eine konsequente Bekämpfung der Kinderprostitution.
    Denn Experten sind sich einig: Der Sextourismus schafft in den Rotlichtvierteln die Strukturen, die Kinder akut gefährden. Auch deutsche Reiseveranstalter verdienen am Geschäft mit Sextouristen, auch wenn sie nicht gern darüber sprechen.
    Alle haben Pattaya im Programm. Selbst wenn einige Besserung versprachen: Auch in diesem neuen Film wird aufgedeckt, dass selbst in renommierten Luxushotels von Pattaya das Geschäft mit dem Sextourismus weitergeht. Autor Wolfgang Luck fragt in der Dokumentation, ob Thailand jetzt wirklich ernst macht im Kampf gegen Kinderprostitution und Korruption. Zu Wort kommen Kinderschützer, Politiker, Barbesitzer und hochrangige Polizisten. Und das Filmteam beobachtet, wie sich der Fall in Deutschland weiterentwickelt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 29.04.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 26.04.2024ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 25.03.2024
  • Folge 448 (45 Min.)
    Jarik Rybin trainiert die 1. Herren Mannschaft beim von russlanddeutschen Aussiedlern gegründeten Fußballclub BFSV Atlantik 97 in Hamburg Allermöhe. Er spricht von seinem Verein als politikfreie Zone, dabei leisten sie hier wertvolle Stadtteil-Integrationsarbeit
    Die russlanddeutsche Community stellt in der Gesellschaft die größte Minderheit mit Stimmrecht dar. Doch Versuche, differenziert über sie zu berichten, scheiterten bisher viel zu oft an gängigen Stereotypen. Kurz vor der Europawahl im Juni 2024 will dieser Film das ändern. Mit persönlichem Zugang und auf der Suche nach Antworten begibt sich eine Reporterin mit russlanddeutschen Wurzeln auf eine Reise durchs Land und scheut dabei auch nicht vor unbequemen Fragen zurück. Als Kind russlanddeutscher Aussiedler ist Kyra Funk als erste Generation ihrer Familie in Deutschland geboren.
    Mit diesem Film nimmt sie den Zuschauerinnen und Zuschauer mit in eine Community, die skeptisch gegenüber Medienberichten ist. Verständlich: negative Stigmata verzerren die Darstellung der Gruppe in der Öffentlichkeit. Dabei ist die Geschichte der Russlanddeutschen ein Paradebeispiel für gelungene Integration. Doch stattdessen wird bei den Deutschen aus Russland bzw. den ehemaligen Sowjetstaaten häufig als „Putin-Versteher“ und „AfD-Wähler“ gesprochen.
    Und von den „Hiesigen“, wie Russlanddeutsche die einheimischen Deutschen nennen, werden sie fälschlicherweise oftmals bis heute für Russen gehalten. Was macht es mit einer Community, die jahrzehntelang öffentlich verkannt wurde? Und welchen Boden liefert dies wiederum für rechte Propaganda? Reporterin Kyra Funk will es genauer wissen. Bei ihren Recherchen stellt sie fest: Die AfD hat das große Wählerpotenzial der Gruppe längst erkannt und buhlt als einzige Partei gezielt um ihre Stimmen. Mit wachsendem Erfolg.
    Der Migrationsforscher Jannis Panagiotidis sagt im Gespräch mit Kyra Funk klar und deutlich, dass die Mehrheit der Russlanddeutschen die AfD zwar nicht wähle, der Zuspruch in dieser Bevölkerungsgruppe jedoch „überdurchschnittlich stark“ sei. Es sei wichtig, dass die Community sich mit der Thematik auseinandersetze, denn sie habe das Potenzial, sie zu spalten. Für diesen Film will die Journalistin herausfinden, wie die politische Stimmung innerhalb der eigentlich so unauffälligen Community wirklich ist.
    Ob in der Werkstatt von Kfz-Meister Waldemar Schneider oder beim Secondhandshoppen mit der Autorin Elina Penner: Die Reporterin ergründet verletzte Gefühle, hört zu und diskutiert. Es geht um Sorgen, Vertrauensverlust und konservative christliche Werte. Am Ende konfrontiert Kyra Funk Olga Petersen, AfD-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft, die zu der Gruppe „Russlanddeutsche für die AfD“ gehört, mit den Aussagen ihrer Gesprächspartner*innen. Nicht zuletzt analysiert der Film, mit welchen Strategien die AfD systematisch versucht, die Gruppe der Russlanddeutschen zu vereinnahmen.
    Die Produktion ist ein Versuch, den Menschen dieser sehr diversen Bevölkerungsgruppe eine Stimme zu geben und gleichzeitig Themen anzusprechen, die aufgrund des hohen Konfliktpotenzials gern unter den Teppich gekehrt werden. Fest steht: Das Narrativ des russlanddeutschen AfD-Wählers ist eines, das vor allem der AfD nützt. Die deutsche Öffentlichkeit kann viel von der Migrationsgeschichte der Russlanddeutschen lernen. Auch für aktuelle und kommende Integrationspolitik. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.05.2024NDRDeutsche Online-PremiereFr 03.05.2024ARD Mediathek
  • Folge 449 (45 Min.)
    Die Pleite und der Zusammenbruch der SIGNA-Gruppe des österreichischen Immobilienunternehmers René Benko könnte auch hierzulande Milliardenschäden nach sich ziehen: Hunderte Millionen Euro an Krediten deutscher Banken sind in Gefahr. Dutzende Großbaustellen in prominenten Lagen deutscher Städte stehen still. Galeria Karstadt Kaufhof muss eine dritte Insolvenz befürchten; die knapp 700 Millionen Euro Steuergelder, die vom sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds an den Warenhauskonzern flossen, wird man wohl auch abschreiben müssen.
    Wie nur konnte ein ehrgeiziger Aufsteiger ohne Schulabschluss Banker, Investoren und nicht zuletzt die Politik derart hinters Licht führen? Warum schaute niemand von ihnen hinter die Fassade der glänzenden Erfolgsstory, die offenbar auf hochriskanten Geschäften mit größtenteils geliehenem Geld basierte? Die Autoren Ingolf Gritschneder und Georg Wellmann haben bereits vor drei Jahren auf die dubiosen Geschäfte des René Benko aufmerksam gemacht und begonnen, dessen undurchsichtiges Unternehmenskonstrukt zu durchleuchten.
    Benkos SIGNA-Gruppe hat über Jahre hinweg nur unzureichend oder gar keine Firmenbilanzen veröffentlicht. Dies nährt den Verdacht, dass ganz bewusst Einblicke in die tatsächliche Finanzkraft seines Imperiums verhindert werden sollten. Hinzu kamen kaum nachvollziehbare Milliarden-Transaktionen u.a. über Stiftungen in Liechtenstein und Österreich und dubiose Geschäftspartner im In- und Ausland. Und hinter allem ein politisches Netzwerk, ein Beziehungsgeflecht aus Günstlingen und Profiteuren, dessen Verästelungen nun auch in Deutschland sichtbar werden.
    Für Großprojekte wie den Hamburger Elbtower, Megaprojekte in Berlin und München und nicht zuletzt seinen maroden Galeria Karstadt Kaufhof-Konzern hatte Benko auch in Deutschland ein feines Netz von Lobbyisten und Strippenziehern gesponnen. Mit Verbindungen bis in höchste Etagen der deutschen Politik: So waren u.a. die PR-Agenturen des ehemaligen Ersten Bürgermeisters von Hamburg Ole von Beust (CDU) und die von Ex-Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/​Die Grünen) für Benko im Einsatz.
    In Österreich stellten die ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) insgesamt fast zehn Millionen Euro Beratungsleistungen in Rechnung. Gusenbauer, ein langjähriger Bekannter von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), will die Gewährung der 700 Millionen Euro Staatshilfen für Galeria Karstadt Kaufhof zugunsten Benkos beeinflusst haben. Politische Einflussnahme gegen Geld? Ein schwerwiegender Verdacht, dem die Autoren in ihrer dritten Dokumentation über René Benko nachgehen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.05.2024NDR
  • Folge 450 (45 Min.)
    Eine eindrückliche Rekonstruktion des Messerattentates im Regionalexpress bei Brokstedt im Januar 2023, bei dem der staatenlose Palästinenser Ibrahim A. zwei Jugendliche getötet und drei weitere Menschen lebensgefährlich verletzt hat. Am 25. Januar 2023 treffen Ann-Marie und Danny im Zug zufällig auf Ibrahim A. Sie steigen gemeinsam in Neumünster ein, keine Viertelstunde später sind die Jugendlichen tot. Die Spur des mutmaßlichen Täters zieht sich durch drei Bundesländer. Mehrere Straftaten soll er bereits begangen haben, auch mindestens zwei Übergriffe mit einem Messer, dennoch konnte er sich unter dem Radar der Behörden weiterhin frei in Deutschland bewegen.
    Michael K. trinkt einen Schluck Wasser. Seine Tochter Ann-Marie war das einzige Kind der Familie. Für ihn und seine Frau Birgit ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben, jeder Tag kostet sie Kraft. Doch Ann-Marie hat einmal gesagt, Aufgeben sei keine Option. Das ist das Mantra für ihre Eltern geworden. Die Erinnerung an diesen Mittwoch im Januar, die letzten Augenblicke mit seiner Tochter, sind für Michael K. so präsent, als würde er sie gerade jetzt durchleben.
    Erst der Alltag, dann die Sorge, weil Ann-Marie nicht aus der Schule nach Hause kommt, der Anruf eines Freundes, es hätte einen Anschlag im Zug gegeben, die Fahrt nach Brokstedt, die Angst, die am Bahnhof zu einer so brutalen Gewissheit wird, dass seine Erinnerung an diesem Punkt abreißt. Ann-Marie und Danny sind erst fünf Tage zusammen, als sie sich an diesem Januartag gemeinsam auf den Weg nach Hause machen. Als der Angreifer im Zug mit dem Fleischmesser auf Ann-Marie einzustechen beginnt, versucht Danny, sie zu beschützen und wirft sich dazwischen, trägt später die Staatsanwaltschaft vor.
    Einer der Stiche geht direkt durch sein Herz. Insgesamt 38 Mal sticht mutmaßlich Ibrahim A. auf die Jugendlichen ein, bevor er seinen Horrorzug durch die Abteile beginnt. Ibrahim A. ist polizeibekannt. Im Dezember 2014 reist er nach langem Fluchtweg in Deutschland ein. Kein Jahr später beginnt er, Straftaten zu begehen. Die meisten Verfahren werden eingestellt. Doch dann greift er in Nordrhein-Westfalen einen Asylbewerber mit einem scharfen Gegenstand an, verletzt ihn am Kinn.
    Er wird zwar verurteilt, doch die Behörden versäumen es, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darüber in Kenntnis zu setzen. Ibrahim A. darf sich weiterhin frei in Deutschland bewegen. In Kiel fliegt er aus der Unterkunft, weil er Menschen bedroht und mit einem Messer hantiert, in Hamburg sticht er so oft auf einen Obdachlosen ein, dass bei ihm zahlreiche Sehnen durchtrennt werden. Er kommt in Untersuchungshaft. Es sind mittlerweile mehrere Behörden mit Ibrahim A. befasst, doch offenbar fühlt sich niemand richtig zuständig.
    Trotz zahlreicher Hinweise darauf, dass er psychisch krank ist und eine Gefahr für sich und andere darstellt, wird er mit einer dreifachen Dosis Methadon im Blut schließlich auf die Straße gesetzt. Sechs Tage später tötet er mutmaßlich Ann-Marie und Danny. Eine genaue Rekonstruktion des Lebens von Ibrahim A. zeichnet seinen Weg nach, ebenso wie das behördliche Versagen und den Kampf der Hinterbliebenen, die sich in einem Alltag wiederfinden, an dem nichts mehr so ist wie es war. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.05.2024NDRDeutsche Online-PremiereDi 14.05.2024ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 03.06.2024
  • Folge 451 (45 Min.)
    Sie sind klein, platt, wendig, lieben Menschenblut und tummeln sich sogar in Büchereien und Kinos. Sie wieder loszuwerden ist aufwändig und teuer, denn sie sind wahre Versteckkünstler und erstaunlich robust. Und so ist ihre Bekämpfung die „Königsklasse der Schädlingsbekämpfung“, weiß Kammerjäger Christoph Otto. Er heizt befallene Räume auf über 50 Grad auf, um den Wanzen so den Garaus zu machen. Den Insektenforscher Richard Naylor aus Chepstow in Großbritannien faszinieren die Lästlinge schon seit seiner Universitäts-Zeit. Inzwischen züchtet er die Tiere für die Ausbildung von Spürhunden, für die Schädlingsindustrie und die Wissenschaft.
    Richard Naylors Bettwanzen werden mit Eigenblut gefüttert und sind daher besonders begehrt. In seinem Schlaflabor führt er regelmäßig nächtliche Selbst-Versuche durch. Er weiß: für Beherbergungsbetriebe sind Bettwanzenfunde im Gästezimmer eine Katastrophe. Darüber sprechen möchte kaum jemand, zu groß ist die Sorge vor Umsatzeinbrüchen. Doch vereinzelt gehen Hoteliers nun in die Offensive: Max Malka betreibt ein Hotel südlich von Paris und wirbt bei seinen Gästen mit einem modernen Wanzen-Früherkennungssystem. Auch der Deutsche Alpenverein geht offen mit dem Thema um und plädiert für mehr Zusammenarbeit mit der Hotellerie.
    Er setzt seit Jahren verstärkt auf Aufklärung und Vorsorge. Regelmäßig werden vor allem Berghütten mit vielen Schlafplätzen von Wanzenspürhunden abgesucht. Denn eine Meldepflicht gibt es nicht. Resistenzen nehmen zu und aggressive Wirkstoffe wie DDT, die man noch im letzten Jahrhundert eingesetzt hat, sind verboten. Arlette Vander Pan testet die Wirksamkeit von Produkten aus der Schädlingsbekämpfungsindustrie für deren Zulassung. Sie sieht eine heraufziehende Lücke bei den Wirkstoffen gegen die Bettwanze und findet: „Die Hersteller müssten wieder neue Dinge entwickeln, damit die Resistenzen durchbrochen werden.“ (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.06.2024NDR

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