Liebe Melanie

Melanie Drew ist eine kleine, zerbrechliche, alte Frau, die eine lange Karriere als Schauspielerin hinter sich hat. Sie lebt in dieser Erinnerung und hat viele Geschichten zu erzählen, die inzwischen Theatergeschichte geworden sind. Doch dabei verliert sie nie den Bezug zur Realität. Sie sucht den Kontakt nach außen und findet ihn zu den jungen Schauspielern und Schauspielschülern, denen sie noch immer regelmäßig Unterricht gibt. Es besteht ein inniges Verhältnis zu ihnen. Und indem sie als die „große“ alte Dame respektiert wird, ist sie die Ausnahme in dieser Gesellschaft, die die Alten ausschließt. Aber Melanie wird auch mit anderen Personen konfrontiert, die weniger Interesse an ihr haben, als vielmehr an dem kleinen Vermögen, das sie hinterlassen wird.

Ihre beiden Neffen, der Antiquitätenhändler Martin und der Polizeimeister Heinz werben mit vordergründiger Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft um die Gunst der Tante. In einer schwachen Stunde unterschrieb Melanie dem Neffen Martin wohl einige Vollmachten, die dieser ausgenutzt hat, um ihr Konto bis auf einen Restbetrag zu leeren. Nachdem Melanie diesen Umstand auf der Bank erfahren hat, erleidet sie einen Kreislaufkollaps und wird in ein Krankenhaus gebracht. Dort trifft sie auf Frau Dr. Kollotschetschik, die Melanie auch nach ihrem Krankenhausaufenthalt weiterhin betreut, nachdem sie herausgefunden hat, welchen Schwierigkeiten Melanie ausgesetzt ist. Das Drängen der Neffen verstärkt sich. (Text: Berner Tagwacht, Band 91, Nr. 265, 11.11.1983, S. 23)