2020/2021, Folge 165–174

  • 30 Min.
    Deutsche TV-PremiereSo 13.09.2020Das Erste
  • 30 Min.
    Alice Schwarzer: Lebenswerk : Männer und Frauen, Sex und Gewalt – wie Alice Schwarzer einmal in Deutschland den Feminismus erfunden hat.
    Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt : Sehnsucht und Poesie, Freundschaft und Erinnerung – wie Iris Wolff die Geschichte einer Familie im 20. Jahrhundert erzählt.
    Denis Schecks ganz persönliche Buchempfehlung:
    Zaia Alexander: Erdbebenwetter.
     … außerdem, wie immer, Denis Schecks Kommentar zu den Büchern auf der aktuellen „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Sachbuch). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 11.10.2020Das Erste
  • 30 Min.
    In der nächsten Ausgabe von „Druckfrisch“ am Sonntag, 1. November 2020, um 23:35 Uhr im Ersten trifft Denis Scheck zwei Schriftsteller, die ungewöhnliche Geschichten aus ihrer Heimat erzählen: Christoph Peters und Hallgrímur Helgason.
    Christoph Peters: Dorfroman:
    Bei Kalkar am Niederrhein steht eine der größten Investitionsruinen des letzten Jahrhunderts: der „Schnelle Brüter“, Symbol der naiv-optimistischen Atompolitik vor Tschernobyl, Symbol aber auch des Widerstands der Anti-AKW-Bewegung. Unweit des Reaktors, der nie ans Netz ging, ist Christoph Peters aufgewachsen. In seinem „Dorfroman“, der geprägt ist von den eigenen Erlebnissen, erstehen die 70-er Jahre wieder auf: die konservativen Eltern, die sich vom Kraftwerk Wohlstand erhoffen, der zuerst gutgläubige, dann aufsässige Sohn, die bigotten Kirchenvertreter und der Bauer, der sich mit den protestierenden Studenten solidarisiert. Peters schildert jene Jahre mal ganz unmittelbar, mal wählt er die heutige Perspektive – und damit rückt er die alten Kämpfe und Krämpfe, Hoffnungen und Enttäuschungen in ein neues Licht. Leicht und doch tief erzählt dieser Roman, wie ein junger Mann, ein Dorf, ein ganzes Land aufbricht in eine Welt, die unsere Gegenwart ist.
    Hallgrímur Helgason: 60 Kilo Sonnenschein:
    Ein ungewöhnlicher Titel für einen isländischen Roman! Dort im hohen Norden vermutet man eher graue Tage und endlose Nächte. Und in der Tat ist es dunkel und kalt, als der Bauer Eilífur Gudmundson an einem Heiligabend seinen zweijährigen Sohn als einzigen Überlebenden aus dem zugeschneiten Gehöft retten kann. Mit der Geschichte des Jungen, der Gestur heißt, also Gast, erzählt Hallgrímur Helgason, einer der originellsten isländischen Autoren, auch die Geschichte seines Landes. Ein Dorf an der Nordküste wird zum Schauplatz schrecklicher und wundervoller Ereignisse.
    Fischfänger und Frachtschiffe bringen Wohlstand, Träume und Illusionen in das trostlose Kaff, das sich im Lauf der Jahrzehnte in einen modernen Industriestandort verwandelt. Helgasons Buch ist aber keine einfache Chronik; er entwirft eine Welt voller Schönheit und Absurdität, macht aus der historischen Erzählung fast einen Schelmenroman und erinnert mit seinem ironischen Stil immer wieder daran, dass er, der Schriftsteller, es ist, der die Figuren durch das Helldunkel dieser faszinierenden Insel navigiert.
    Denis Scheck empfiehlt: Heinrich Steinfests neuen Roman „Der Chauffeur“.
    Und wie immer gibt es den kritischen Blick auf die „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Bellestristik). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 01.11.2020Das Erste
  • 30 Min.
    Judith Zander: Johnny Ohneland (dtv)
    Von politischen Umbrüchen, der Auflösung gesellschaftlicher Normen und der Erforschung des eigenen Ichs – Judith Zander nimmt uns mit auf eine Reise durch die Gedanken- und Gefühlswelt einer jungen Frau, die alle vermeintlichen Gewissheiten in Frage stellt
    Joana ist neun Jahre alt, als sich die DDR auflöst und Joanas Heimat in einer anderen, fremden Heimat aufgeht. Alles befindet sich im Umbruch, öffentlich und privat. Judith Zander, die wie ihre Romanfigur die Wiedervereinigung als Neunjährige erlebte, schildert die Erfahrungen und Reflektionen ihrer Protagonistin Joana als ihr Alter Ego, das sich bestens auskennt in deren Gedankenuniversum. So wie die Provinz in der DDR, aus der sie stammt, nicht länger ihre Heimat ist, so will Joana auch nicht länger Joana sein, sondern Johnny, die sich von da ab nicht nur durch ihre Umbenennung einer klar definierten Zugehörigkeit verweigert und versucht, alle Lebensmodelle zu vermeiden, die aus ihrer Sicht „zu bevölkert und zu ausgetreten“ sind.
    So wie das von Johnnys Bruder Charlie, in dem die Mutter „von Anbeginn nichts anderes hatte sehen wollen als den richtigen Jungen, aus dem sie einen echten Mann zu formen gedachte, vom hellblauen Strampler auf direktem Wege zum emotionalen Analphabeten.“ Mit der sensiblen und hellwachen Joana/​Johnny erleben wir die kleinen und großen Dramen ihres Lebens: Den Untergang der DDR, die Nachwendezeit, den Verlust des Alten, die Entdeckung des Neuen, Familienkonflikte, Schulprobleme und – bei ihren amourösen Abenteuern – den Liebeskummer im Erproben verschiedener Geschlechter.
    Immer hat man das Gefühl, sich gemeinsam mit der Romanfigur selbstbewusst zwischen den Welten zu bewegen, ohne sich festzulegen, alle Möglichkeiten offen zu halten. Und so überrascht es kaum, dass Johnnys Lebensweg von der ostdeutschen Provinz über Finnland bis nach Australien führt. Reisen, Erlebnisse und Eindrücke werden voller Detailfreude in ihren Tagebüchern festgehalten und gleichzeitig hinterfragt. Judith Zander widmet sich in „Johnny Ohneland“ voller Akribie der Überprüfung ihrer Erinnerung und der Erkundung des eigenen Standpunktes, alles auf der Suche nach der einen Frage: Wer bin ich?
    Volker Kutscher: Olympia – Der achte Rath-Roman (Piper)
    Eine tollkühne Reise in die Abgründe deutscher Geschichte und die bittere Erkenntnis, dunklen Mächten hilflos ausgeliefert zu sein – Volker Kutscher beschwört mit seinem achten Rath-Roman den Zeitgeist der Olympischen Spiele von 1936
    Da drohen sie wieder: Hitler, Himmler, Göring samt ihrer verbrecherischen Entourage und spinnen ihre böse Intrigen! Mittendrin: Gereon Rath, Ermittler. Das Setting des neuen Rath-Romans: Olympiade Berlin 1936. Man feiert nicht mehr „Kaiser-„ sondern „Führerwetter“, bejubelt wird die Jungfernfahrt der „Hindenburg“ und ganz Berlin befindet sich im Olympiarausch. Die Welt zu Gast bei den Nazis – und diese versuchen, sich weltoffen, freundlich und friedfertig zu zeigen. So positiv und vor allem fleckenlos soll die Welt Deutschland sehen. Da passt es gar nicht, dass ein amerikanischer Sportfunktionär im Speisesaal des Olympiastadions tot über seinem Essen zusammenbricht.
    Herzinfarkt oder Mord durch Vergiftung? Gereon Rath soll verdeckt ermitteln. War es wirklich eine kommunistische Verschwörung mit dem Versuch, die Spiele zu boykottieren? Auf der Suche nach der Wahrheit gerät Kommissar Rath in die Fallstricke miteinander konkurrierender Institutionen von Polizei, Gestapo und SS. Auch privat kämpft Rath an mehreren Fronten: Sein Ziehsohn gerät als Augenzeuge des Mordes in die Mühlen der Nazi-Schergen, die die Wahrheit vertuschen wollen. Und mit seiner Ehe sieht es auch schlecht aus: Raths Frau Charlie will nur noch weg: „Wie lange sollte das noch so weitergehen mit Deutschland? Irgendwann musste doch auch der letzte merken, welche verlogenen Stümper das Land regierten.
    Im Augenblick jedoch lief es hervorragend, die Olympiade gaukelte der ganzen Welt ein sauberes, perfektes, sonnenbeschienenes Land vor. Sogar Jesse Owens hatte sich begeistert geäußert. Sah denn niemand, die große Lüge hinter dieser Fassade?“ Während das Morden rund um die Olympischen Spiele weitergeht, zeigt das Nazi-Regime vor den Augen der Welt sein hässliches Gesicht: Gleich am ersten Wettkampftag verweigert Adolf Hitler den schwarzen Medaillengewinnern des Hochsprungwettbewerbs den Handschlag, indem er sich frühzeitig das Stadion verlässt.
    Atmosphärisch dicht, spannungs- und temporeich schildert Volker Kutscher in „Olympia“ den Alltag und das Leben in einer Diktatur, die mit perfekt inszenierter Propaganda von den Menschen nach und nach Besitz ergreift. Volker Kutscher: „Ich schreibe die Rath-Romane, weil ich verstehen möchte, wie es geschehen konnte, dass ein zivilisiertes Land wie Deutschland derart in die Barbarei abrutschte (Westfalen-Blatt, 29.10.2020)
    Empfehlung Denis Scheck: Laurent Binet „Eroberung“ (Rowohlt)
    „Was wäre, fragt Laurent Binet, wenn nicht die Europäer mit Christoph Columbus, Francisco Pizarro und Fernando Cortez in die Neue Welt eingefallen wären ( …) statt dessen aber umgekehrt ein Inka-Herrscher auf der Flucht vor einem Bürgerkrieg über Kuba in die Neue Welt Europa gelangt wäre? Laurent Binet kehrt den kolonialistischen Blick radikal um. Das Europa des 16. Jahrhunderts einmal durch die Augen eines Inkas als eine durch und durch korrupte und grausame Gesellschaft wahrzunehmen und sich über die barbarischen Sitten der Anhänger des „Angenagelten Gottes“ zu mokieren, ist ein großer Literaturspaß. Und wie immer: Denis Schecks erfrischend pointierte Revue der Spiegel-Bestsellerliste, diesmal Sachbuch, musikalisch eingeläutet von einem berühmten Überraschungsgast. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.11.2020Das Erste
  • 30 Min.
    Nadia Budde – Bücher und Bilder:
    Was ist schön? Wer bin ich? Was bedeutet Freundschaft? Und was ist an Gespenstern gut? Nadia Budde stellt in ihren Bilderbüchern die großen Fragen für die ganz Kleinen. Und begeistert Kinder und Erwachsene mit ihren immer schelmischen Antworten.
    Knallbunt in schwarzer Linie, Scheinwerferaugen und spitze Zähnchen. Nadia Buddes Strich ist unverwechselbar und ihre Figuren changieren zwischen süß und fies. Ihre kleinen Monsterchen stellt sie vor schwierige Aufgaben: Da steht etwa eine Ratte Tag für Tag auf der Matte und muss abgewimmelt werden, da müssen wilde Tiere in der Großstadt überleben, es fällt zu viel Schnee, der nur durch einen Wettlauf zum Wetterstein gestoppt werden kann – oder ein Kind muss einfach mal gut einschlafen.
    Nadia Budde, 1967 in Berlin geboren, war zunächst Gebrauchswerberin, bevor sie in Berlin-Weißensee und London studierte und als Kinderbuchautorin auf den Plan trat.
    1999 erschien ihr erstes Kinderbuch „Eins zwei drei Tier“ – mehrmals preisgekrönt und längst zum Klassiker avanciert. Mittlerweile hat sie über zwanzig Bücher veröffentlicht und die gehören zur Standardausstattung jeder deutschen Buchhandlung. Der Deutsche Jugendliteraturpreis oder der LUCHS sind nur zwei ihrer zahlreichen Auszeichnungen. Die sie nicht nur für ihre Bilder, sondern auch für ihre herrlichen Sprachspiele bekommen hat.
    Folgerichtig, dass sich Nadia Budde auf neues Terrain begeben hat und für den Verlag Antje Kunstmann den legendären „Grinch“ neu übersetzt hat. Die Geschichte vom Grinch, der entdecken muss, dass Weihnachten mehr ist als Geschenke und Deko, hat sie in ihre ganz eigene Sprache übertragen.
    Ihr neustes Buch ist am unschönen Puls der Zeit gezeichnet: „Eine Woche drin“ erzählt vom unfreiwilligen Hausarrest in der Quarantäne. Kinder und ihre Eltern wechseln in neue Daseinsformen: Budenstoffel und Heimpantoffel, Katenhocker und Scheunenstrolch, Kissenschrat und Polstermolch …Zum Glück gehen irgendwann die Türen wieder auf!
    Im Gespräch mit Denis Scheck erzählt Nadia Budde von Strich und Farbe und der glücklichen Verbindung von Text und Bild.
    Dr. Seuss: Der Grinch oder die geklauten Geschenke, übersetzt von Nadia Budde
    Nadia Budde: Letzte Runde Geisterstunde
    Nadia Budde: Eine Woche drin
    Wolfram Eilenberger: Feuer der Freiheit: Vier Frauen, vier Denkerinnen, die in der finsteren Zeit von 1933 bis 1943 für das Licht der Aufklärung kämpfen. Der Philosoph Wolfram Eilenberger erzählt von einem Jahrzehnt der politischen Extreme und des wilden weiblichen Denkens.
    Die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Während die Weltwirtschaftskrise die westlichen Demokratien unter Druck setzt und die Massen verarmen, wächst die Sehnsucht nach starken Führern. Hitler nutzt diese Klima und ergreift die Macht, der Zweite Weltkrieg beginnt und der Sog des Totalitarismus bestimmt den Alltag der Menschen. Die Freiheit stirbt zuerst, bemerken vier Philosophinnen und legen in ihrem Denken auf jeweils unterschiedliche Weise die Fundamente einer emanzipierten Gesellschaft. Wie kann ein radikales oder streitbares Denken entstehen? Wie kann die Aufklärung wieder wirksam werden nach dem Zusammenbruch der Menschlichkeit?
    Der Philosoph Wolfram Eilenberger geht in seinem neusten Werk der existenziellen Simone de Beauvoir, der radikalen Ayn Rand, der streitbaren Hannah Arendt und der erleuchteten Simone Weil hinterher.
    Vier Ikonen des 20. Jahrhunderts, die jeweils ihren Weg des Denkens und Handelns fanden und bis heute in uns wirksam sind. Seine lebendige Art der Philosophiegeschichtsschreibung hat Eilenberger bereits in seinem Buch „Zeit der Zauberer“ grandios bewiesen – hier sind es die Frauen, die er in den Mittelpunkt stellt. Einmal mehr beweist der 1972 in Freiburg im Breisgau geborene Philosoph, dass sich tiefes Denken und lebendiges Beschreiben nicht ausschließen.
    Mit Denis Scheck spricht er über das spezifisch weibliche Denken, die unterschiedlichen Möglichkeiten des Widerstands und darüber, wie vier Frauenbiografien trotz ihrer Eigenständigkeit im Schreiben verknüpfbar werden.
    Wolfram Eilenberger: Feuer der Freiheit. Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten, 1933 bis 1943
    Empfehlung Denis Scheck: Edward Brooke-Hitching: Der Atlas des Himmels, erschienen in der deutschen Übersetzung von Lutz-W. Wolff: Die erste Schrift, die der Mensch las, war die Schrift am Himmelszelt. Davon legen die Malereien in den Höhlen von Lascaux genauso Zeugnis ab wie die Pyramiden von Gizeh oder das britische Stonehenge. Von der Entzifferung dieser Schrift erzählt der Brite Edward Brooke-Hitching in seinem faszinierend bebilderten Sachbuch.
    Und wie immer: Denis Schecks pointierte Revue der Spiegel-Bestsellerliste, diesmal Belletristik, musikalisch eingeläutet von dem Toten-Hosen-Frontmann Campino! (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.12.2020Das Erste
  • 30 Min.
    Denis Scheck begegnet Schriftsteller*innen, die uns in fremde Welten führen: in das riesige Labor einer KI-Maschine und in das abgelegene Dorf eines Haifisch-Jägers. Unterschiedlicher könnten diese Welten kaum sein, faszinierend sind sie beide.
    „Kalmann“ von Joachim B. Schmidt (Diogenes)
    Ein Dorf weit draußen in der isländischen Wildnis, der Verdacht eines ungeheuerlichen Verbrechens und die ungewöhnliche Gedankenwelt des Romanhelden Kalmann. Joachim B. Schmidt erzählt eine fesselnde Geschichte. Alles beginnt mit einer Spur im Schnee. Auf der Jagd nach einem Polarfuchs entdeckt Kalmann eine Blutlache. Unten im Dorf geraten sie deshalb in Unruhe. Denn auch Róbert McKenzie, der reichste Bürger des Dorfes, Hotelbesitzer und Inhaber wichtiger Fischfangrechte, ist spurlos verschwunden. Wurde der „König von Raufarhöfn“, wie ihn missgünstige Nachbarn nennen, ermordet? Oder treibt ein aus Grönland eingewanderter Eisbär sein Unwesen? Der würde auch die Suchtrupps in Gefahr bringen.
    Der Roman von Joachim B. Schmidt ist weit mehr als eine spannende Kriminalgeschichte. Er ist Gesellschaftsroman und einfühlsames Portrait von Kalmann, einem jungen selbstbewussten Isländer, der doch ganz anders ist als alle anderen. Kalmann gilt als „besonders“, für „normale“ Erwachsene schwer berechenbar, aber „harmlos“. Von seinem Großvater hat er gelernt, wie man jagen geht, den besten Gammelhai der Insel herstellt und auch sonst durchs Leben kommt.
    Und auch wenn viele im Dorf Kalmann für intellektuell eher unterbegabt halten, entwickelt er seine eigene Theorie über den verschwundenen Hotelbesitzer. Er macht sich auf die Suche, geleitet von einer untrüglichen Intuition für die Gefahren der Natur. Denis Scheck spricht mit dem Schriftsteller Joachim B. Schmidt über seine eigenwillige Hauptfigur Kalmann, über Island und über die Gründe, warum er 2007 mitsamt seiner Familie aus der Schweiz nach Reykjavik auswanderte und seither Touristen über die Insel führt.
    „Dave“ von Raphaela Edelbauer (Klett-Cotta)
    Kann ein Computer wie ein Mensch denken und handeln? Kann künstliche Intelligenz die Probleme der Menschheit lösen? Und wer kontrolliert die Kontrolleure der Maschinen? Raphaela Edelbauer stellt in ihrem Roman die großen philosophischen Fragen der Gegenwart. Es ist der tiefe Glaube vieler digitaler Pioniere, im Silicon Valley und anderswo, die Menschheit durch Technik und Digitalisierung besser zu machen, die Probleme wie Klimawandel, Krankheit und Krieg mit Algorithmen zu lösen. Die zu erschaffende Maschine – ein gottgleiches Wesen. Auch Syz ist so ein Gläubiger. Syz lebt und arbeitet in einem riesigen Labor, das nur einem Zweck dient: Es soll „Dave“ erschaffen, die perfekte Mensch-Maschine – ausgestattet mit voller Sprachfähigkeit und einem individuellen Bewusstsein.
    Doch die Entwicklung ist ins Stocken geraten. Schwere Ausnahmefehler bedrohen nicht nur den Erfolg von Dave, sondern auch das ganz physische Leben der Entwickler. Dass Syz sich zudem auch noch in eine junge Ärztin verliebt, macht die Sache nur komplizierter. Syz kommen erste Zweifel. Raphaela Edelbauer verpackt die drängenden Fragen unserer technikgläubigen Moderne in einem klugen Roman.
    Sie erzählt dazu – wie nebenbei – die Geschichte der Digitalisierung, die einst in unscheinbaren Kellern oder Universitäts-Anbauten begann. Edelbauer liebt das sprachliche wie gedankliche Experiment. Und wird dafür gefeiert. Mit ihrem Debütroman „Flüssiges Land“ – einer Parabel auf ihre von Ressentiments und verdrängter Nazi-Vergangenheit durchtränkte Heimat Österreich – wurde sie für den Deutschen Buchpreis nominiert. Mit „Dave“ erscheint nun ihr zweiter Roman. Denis Scheck spricht mit einer der spannendsten, schlausten und kreativsten Autorinnen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
    Empfehlung Denis Scheck: „Dreck“ von Bill Buford (Hanser)
    Ein Journalist kündigt den Job und macht sich auf den Weg, die Geheimnisse der guten Küche zu erforschen: erst die italienische und nun, wie im neuen Buch des Amerikaners Bill Buford beschrieben, die französische. Vor 14 Jahren löste der Amerikaner Bill Buford eine Revolution im Schreiben über Essen und Trinken aus. In seinem Buch „Hitze“ erzählte der damalige Literaturredakteur des „New Yorker“ enorm mitreißend davon, wie er den Geheimnissen der italienischen Küche auf die Spur zu kommen versucht.
    Buford kündigt seinen Job, schuftet sich zunächst als besserer Küchenjunge in diversen Restaurantbrigaden in der Hierarchie nach oben, bis er einen festen Platz am Herd erobert. „Hitze“ endete mit der Ankündigung, sich nun der Küche Frankreichs zuzuwenden. Und genau davon erzählt Bill Buford in „Dreck“. Er verpflanzt seine Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern von New York nach Lyon, lernt Französisch und besucht eine französische Kochschule. Er arbeitet bei einem Bäcker und ergründet die Mysterien von Baguette und Croissant.
    Er pilgert zu Paul Bocuse, dem Übervater des französischen Küchenwunders. Und wieder muss der mittlerweile über 50-jährige Buford ackern wie ein Gaul, Niederlage um Niederlage einstecken, mit dem Spott und der Verachtung seiner jungen Kochkollegen leben, bis sich ihm endlich das Geheimnis der Cuisine française offenbart. So packend, anschaulich und mit solch unwiderstehlicher Sprachgewalt hat noch niemand über die Seele der französischen Küche geschrieben.
    Und wie immer: Denis Schecks erfrischend pointierte Revue der Spiegel-Bestsellerliste, diesmal Sachbuch, musikalisch eingeläutet von der oberbayerischen Indie-Band „The Notwist“. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.01.2021Das Erste
  • 30 Min.
    In dieser Ausgabe von „Druckfrisch“ führt Denis Scheck ein Exklusiv-Interview mit dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, der seine Memoiren geschrieben hat: „Ein verheißenes Land“. Barack Obama war der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika; er war einer der jüngsten, die je in dieses Amt gewählt wurden, und sicher einer der populärsten. Seine Erinnerungen an Jugend, Studium, erste Berufserfahrungen und die Zeit als mächtigster Mann der Welt sind nun eine unbedingt lohnende Leseerfahrung, und zwar deshalb, weil Obama von Anfang an nicht nur über seine Triumphe spricht, sondern genauso über die Niederlagen, über seine Ängste und Zweifel. Der Leser erfährt, wie aus dem jungen Barack Präsident Obama wird, wie Politik im Alltag funktioniert und wie sie von Kompromissen lebt.
    Der Ex-Präsident beschreibt, wie Entscheidungen erkämpft werden müssen und wie schmerzlich das alles oft ist. Obamas eindringliche Botschaft in diesem souveränen Buch: Es liegt nur an uns, die Welt zu verändern. Barack Obama, geboren 1961 in Hawaii, ist Rechtsanwalt und war von 2009 bis 2017 Präsident der USA. 2009 erhielt er den Friedensnobelpreis. … außerdem, wie immer in „Druckfrisch“, Denis Schecks Kommentar zu den Büchern auf der aktuellen „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Belletristik) und eine ganz persönliche Empfehlung: „Mädchen, Frau etc.“ von Bernadine Evaristo. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.02.2021Das Erste
  • 30 Min.
    Denis Scheck spricht mit der in London geborenen Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Sharon Dodua Otoo über ihren faszinierend vielstimmigen Roman „Adas Raum“ und mit dem Berliner Autor Florian Werner über seine unerwartete Liebeserklärung an die deutsche Autobahnraststätte.
    Sharon Dodua Otoo: Adas Raum
    Ein Roman, in dem Besen, Türknäufe, Zimmer und Reisepässe „Ich“ sagen und der trotzdem kein Fantasy-Cartoon ist, sondern ein großer Roman über Schwarze und Weiße, Frauen und Männer, Gerechtigkeit und Vorurteile? „Adas Raum“ ist in der Tat ein außergewöhnliches Erzählprojekt. Wechselnde Perspektiven, Lebensläufe, die sich wie Ruf und Echo aufeinander beziehen, die Kolonialzeit in Afrika, das London des 19. Jahrhunderts, das KZ Mittelbau-Dora und das heutige Berlin. Weitmaschig und doch eng verflochten ist das Gewebe dieser Geschichte, in der eine Frau namens Ada in immer neuen Zeiten und Räumen auftritt. Frauenleben, dominiert von Männergewalt. Geschichte, die sich über die Jahrhunderte wie in dunklen Schleifen wiederholt. Otoo findet dafür einen Ton, der suggestiv und rätselhaft zugleich zwischen Personen und Zeiten changiert, der Hierarchien auf den Kopf stellt – und bei dem es nicht mal mehr verwunderlich ist, dass auch die Dinge eine Stimme haben.
    Florian Werner: Die Raststätte – Eine Liebeserklärung
    Unspektakulärer geht’s nicht: Autobahnraststätten gehören zu den Unorten unserer mobilen Zivilisation. Der Verkehr dröhnt, die LKW-Fahrer schlagen ihre Nachtlager auf, das Bratfett hängt in der Luft und trotz öffentlicher Toiletten pinkeln immer noch viele an den Parkplatzrand. Und doch widmet Florian Werner diesen Unorten eine „Liebeserklärung“. Genauer: der Raststätte Garbsen Nord an der A 2, die Berlin mit dem Ruhrgebiet und Warschau mit Rotterdam verbindet. Die deutsche Autobahnraststätte, schreibt er, kann uns mehr über Kultur, Mentalität und Geschichte unseres Landes und seiner Bewohner verraten als ein Besuch im Kölner Dom, am Brandenburger Tor oder auf dem Oktoberfest.
    „Die Raststätte, das ist Deutschland im Kleinen.“ In Garbsen Nord, im Zentrum von Autobahndeutschland, quartiert sich Werner für ein paar Tage und Nächte ein – und aus seinen Gesprächen, Beobachtungen und Notizen entsteht ein kleines kluges Buch über einen Mikrokosmos, in dem sich die Stimmungslage unserer Zeit erspüren lässt.
    Denis Scheck kommentiert zudem die deutsche Übersetzung von Amanda Gormans Gedicht „The Hill We Climb“ („Den Hügel hinauf“) und den damit verbundenen Streit um die Frage, wer wessen Texte übersetzen sollte. Und, last not least, gibt es wieder den Parforceritt durch die „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal Sachbuch). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.03.2021Das Erste
  • 30 Min.
    In dieser Ausgabe von „Druckfrisch“ spricht Denis Scheck mit dem 1984 in München geborenen Benedict Wells über seinen fünften Roman und seine Faszination für die Popkultur der 1980er Jahre. Und Scheck trifft die für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierte Helga Schubert aus der Garde der ostsozialisierten Schriftstellerinnen, die gerade eine erstaunliche späte Aufmerksamkeit erfährt. Im Gespräch in ihrem Garten geht es um die Schwierigkeiten mit dem 4. Gebot, um das Dagewesensein im Osten und sorgfältige Selbstmörder.
    Benedict Wells: Hard Land
    Wenn wir uns einen Protagonisten in den USA der 1980er Jahre vorstellen, landen wir gedanklich bei Filmen wie „Stand by Me“ oder „Breakfast Club“. Diese Coming-of-Age-Geschichten sind Kult und waren auch die Vorlage für Benedict Wells neuen Roman. Sam Turner ist darin ein Freak, ein fast 16-jähriger Outsider, dessen Mutter an einem Hirntumor leidet und dessen Vater arbeitslos versackt. Sam liebt es, auf dem Friedhof zu sein und zu grübeln – bis er in diesem einen Sommer als Aushilfe im örtlichen Kino anheuert. Von nun an wird alles anders. Drei Kollegen nehmen ihn unter ihre Fittiche. Und die Liebe lauert auch. Ein schrecklich schöner Sommer, von dem diese kluge, elegante und hinreißende Studie handelt, eine Feier dieses jugendlichen Moments, in dem plötzlich die Türen als offen gesehen werden.
    Helga Schubert: Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten
    In ihrem neuen Erzählband spannt Helga Schubert thematische Bögen von der Kindheit als Halbwaise nach dem Krieg, allein mit der dominanten Mutter, bis zu Naturbetrachtungen durch die Jahreszeiten im eigenen Garten. Die friedvolle Abrechnung mit der Mutter bestimmt in vielen Geschichten dieses Buch, das allerdings auch zum Lachen reizt – etwa, wenn von den Anstrengungen der DDR-Behörden erzählt wird, die Lärchenschößling-Produktion vor westlicher Forstspionage geheim zu halten.
    Denis Schecks Empfehlung ist „Daheim“ von Judith Hermann: „Die stärkste Liebesgeschichte, die ich seit langem gelesen habe – ein Roman wie ein roter Burgunder, der auf den ersten Schluck ganz unkompliziert ist, aber dann einen unglaublich langen Nachhall am Gaumen hinterlässt und immer komplexer wird. Atmosphärisch dicht, spannend und doppelbödig. Judith Hermann erzählt in ihrem Roman von verpassten Möglichkeiten, von nicht beschrittenen Wegen, vom Klimawandel und den Wüsteneien in unseren Herzen.“
    Und wie immer: Denis Schecks pointierte Revue der „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Belletristik), musikalisch eingeläutet vom Kölner Musiker Peterlicht. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.04.2021Das Erste
  • 30 Min.
    Christoph Ransmayr: Der Fallmeister – Eine kurze Geschichte vom Töten:
    Ein rätselhaftes Verbrechen in einer rätselhaften Welt. In seinem neuen Roman erzählt Christoph Ransmayr von der Suche eines Sohnes nach seinem Vater, der fünf Menschen auf dem Gewissen haben soll. Als Schleusenwärter oder „Fallmeister“ an einem großen Wasserfall hat er – absichtlich? – ein kleines Schiff in die Tiefe stürzen lassen. Der Sohn durchstreift eine zerfallende Welt, in der Klein- und Kleinststaaten ihren Nationalismus pflegen und in der das Wasser zur umkämpften Ressource geworden ist. Und er lädt selbst neue Schuld auf sich. Ein Zukunftsroman, könnte man denken, eine Dystopie. Aber die Welt in Ransmayrs Roman ähnelt in vielem allzu sehr unserer Gegenwart.
    Dana Grigorcea: Die nicht sterben
    Ein Vampirroman? Aus der Gegend von Transsilvanien? Mehr Klischee geht nicht. Dana Grigorcea, die aus Bukarest stammt und in Zürich lebt, hat aus einem überkommenen und überstrapazierten Sujet ein sehr gegenwärtiges Buch gemacht. Eine junge Malerin kehrt nach dem Studium in Paris ins ländliche Rumänien zurück – nur um festzustellen, dass die Gespenster der Vergangenheit alles andere als tot sind. Der Mythos von Vlad, dem Pfähler, und die Hinterlassenschaft der kommunistischen Zeit unter Ceauscescu vermischen sich zu einer bedrohlichen Melange. Dracula-Tourismus, Korruption, Aberglaube und ein ganz realer Mord: Grigorcea entwirft ein aktuelles und doch aberwitzig überdrehtes Bild von Rumänien. Dass die Malerin selbst zum Vampir wird, wundert einen am Ende auch nicht mehr.
    Denis Scheck empfiehlt zudem den Klassiker „Atomstation“ von Halldor Laxness und Maik Brüggemeyers Bob-Dylan-Buch „Look Out Kid“. Und, last not least, gibt es wieder den Parforceritt durch die „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal Sachbuch). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.05.2021Das Erste

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