Staffel 7, Folge 42–79

  • Staffel 7, Folge 42
    Bürgermeister werden mit Messern angegriffen, Ärzte und Krankenschwestern beschimpft, Feuerwehrleuten werden die Reifen zerstochen, weil ihr Einsatzwagen die Straße versperrt. Szenen von Aggressionen, die tagtäglich in Deutschland passieren. Vor allem jene, die in der Öffentlichkeit arbeiten und für die Einhaltung gesellschaftlicher Regeln sorgen, haben zunehmend Probleme. Sie beklagen einen deutlichen Anstieg von Respektlosigkeit und Gewalt. Selbstverteidigungskurse und Deeskalationsseminare sollen auf den Ernstfall vorbereiten, Sicherheitsberater haben Hochkonjunktur, installieren Notknöpfe, planen Büros nach Fluchtmöglichkeiten und setzen Behördenmitarbeiter hinter Panzerglas.
    Was, wenn das Rathaus zur Sicherheitszone wird? Was, wenn jene, die für den Bürger da sein sollen, zunehmend Angst vor ihm haben und in ihm einen potenziellen Angreifer sehen? Die Reporter des Films suchen Antworten und berichten über aktuelle Fälle, sprechen mit Betroffenen und mit Menschen, die das Phänomen der zunehmenden Bedrohung wissenschaftlich untersuchen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.07.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 44
    Bargeldloses Bezahlen ist auf dem Vormarsch. Es ist schnell, einfach und bequem. Weltweit haben bargeldlose Transaktionen das Bezahlen mit Bargeld längst abgelöst. Noch halten Bundesbank und Bundesregierung am Bargeld fest. Aber können sie die Entwicklung hin zur bargeldlosen Gesellschaft aufhalten? Denn viele haben ein Interesse daran, dass wir aufhören, mit Bargeld zu bezahlen. Banken wollen Münzen und Scheine loswerden, weil deren Bereitstellung teuer ist. Politiker wollen weniger Bargeld, um Kriminalität und Terrorismus zu bändigen. Zentralbanker wollen Bargeld abschaffen, weil sich dann leicht Negativzinsen durchsetzen lassen.
    Und digitale Bezahlkonzerne wie Paypal oder Visa wollen einfach von allen Geldgeschäften profitieren und dabei möglichst viele Finanzdaten über uns Verbraucher sammeln. Ihr Ziel: die komplette Kontrolle über unser Kaufverhalten. Die Doku „Welt ohne Geld“ zeigt, wer hinter den Stichwortgebern der weltweiten Anti-Bargeld-Lobby steckt: die „Better than Cash Alliance“ in New York etwa, unterstützt von Konzernen wie Visa oder Mastercard. Ihr Credo: eine bessere Welt dank digitaler Bezahlsysteme.
    Je mehr Menschen ins internationale Finanzsystem integriert werden, desto mehr Wachstum und Arbeitsplätze. Dabei profitieren in erster Linie die Bezahlkonzerne selbst, dank Gebühren und dem Zugriff auf unermessliche Datenschätze. Wir alle werden „gläsern“. Aber auch Staaten nutzen die neuen Möglichkeiten, via Bezahldaten mehr über uns zu erfahren. Auf der Strecke bleibt das Interesse der Bürger am Bargeld: als Wertaufbewahrung und um unabhängig zu sein von den Interessen Dritter. Bargeld ist und bleibt ein Stück Freiheit. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 30.07.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 46
    Der Fingerabdruck, die Iris oder die eigene Stimme, diese individuellen, unverwechselbaren, einzigartigen Merkmale eines jeden Menschen sind der Fokus, wenn es um die Identifizierung geht. Geschäfte im Netz und Grenzen sollen so sicherer werden. Mit diesem Versprechen verdient die IT-Industrie Millionen. Aber auch der Staat vertraut darauf, dass durch diese sogenannten biometrische Daten Pässe und Personalausweise noch besser geschützt sind. Doch Cyberkriminelle haben die Datenbanken, die biometrische Daten speichern, schon längst im Visier.
    Sie dringen bei staatlichen Stellen oder in IT-Systeme der privaten Wirtschaft ein und verschaffen sich so Zugriff auf die sensiblen Daten. Es gibt bereits erste Fälle, bei denen Kriminelle und Terroristen biometrische Daten missbrauchen. Und es werden inzwischen Reisedokumente mit biometrischen Daten im Dark Web angeboten. Für die Opfer eines solchen persönlichsten Datendiebstahls ist das eine Katastrophe. Wie sollen sie nachweisen, dass sie eine kriminelle Tat nicht begangen haben? Dass ihr Fingerabdruck nicht ihr Fingerabdruck ist.
    Und: Ein gestohlener Fingerabdruck oder das geklonte Gesicht lassen sich nicht ersetzen. Das bedeutet, die Opfer haben im schlimmsten Fall den Rest ihres Lebens ein Problem. Sind es nur Sicherheitslücken oder ist es unmöglich, die Daten verlässlich zu schützen? Wer trägt die Verantwortung? Die Dokumentation zeigt, wo Staat und Wirtschaft an den falschen Stellen sparen, konfrontiert die Verantwortlichen und spricht mit Opfern. Denn noch ist es nicht zu spät, Menschen vor dem Diebstahl ihrer Identität zu schützen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.08.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 48
    Im April 2018 beißt ein American Staffordshire Mix seine zwei Halter tot, eine Woche später tötet ein weiterer Mischling dieser Rasse ein Baby durch einen Biss in den Kopf. Kampfhunde – so nennt man diese Hunde auch -, darf man in einigen Bundesländern weder halten noch züchten, in anderen ist dies erlaubt. Denn der Hund ist Ländersache! Doch welche Gesetzeslage hält auch, was sie verspricht, und schützt die Bevölkerung wirklich vor Hundeattacken? Ist es sinnvoll, bestimmte Rassen zu verbieten oder sollte man darauf setzen, Hundehaltern Wissen über ihr Tier zu vermitteln? Nach dem Fall Chico haben die einen schärfere Kontrollen von Hundehaltern und weitere Verbote von bestimmten Hunderassen gefordert, aber fast 300.000 Menschen haben sich mit dem Hund solidarisiert.
    Sie wollten verhindern, dass das Tier eingeschläfert wird, weil, so die Begründung, es schließlich unschuldig sei. Als ein Team aus Experten und Behördenvertretern Chico nach eingehender Untersuchung einschläfern lässt, bekommen die Verantwortlichen Morddrohungen.
    Deutschland 2018: In Sachen Hund ein zutiefst gespaltenes Land. Vor 18 Jahren haben zwei Kampfhunde den Jungen Volkan in Hamburg totgebissen. Damals sind Menschen gegen Kampfhunde auf die Straße gegangen, nicht für sie. Der Fall löste im Jahr 2000 eine Welle neuer Gesetze aus. Damals überschlugen sich die Ereignisse: Die Innenminister verabredeten sich zur Telefonkonferenz, es folgte eine Kabinettssitzung, eine Aktuelle Stunde im Bundestag und binnen kürzester Zeit gab es neue Hunde-Verordnungen.
    Inzwischen herrscht ein Wirrwarr von Regeln und Verordnungen quer durch alle Bundesländer. Was die vielen verschiedenen Hundeverordnungen gebracht haben, weiß leider keiner so genau. Hunde sind eben Ländersache, erklärt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Und die Länder veröffentlichen ihre Statistiken ungern oder führen erst gar keine aussagekräftigen. Was ist seit dem Fall Volkan im Jahr 2000 geschehen? Haben sich die Maßstäbe Richtung Hund verschoben? Werden Hunde zur tödlichen Gefahr, weil ihre Halter sie scharf machen oder gibt es womöglich ganz andere Ursachen für die Hundeattacken? Und warum untersucht niemand bundesweit und fundiert, was wirklich gegen aggressive Hunde hilft? Das „Die Story im Ersten“-Team reist durch Hundedeutschland auf der Suche nach Antworten auf diese Fragen.
    Zum Beispiel zur Hellhound Foundation in der Lüneburger Heide, wo sich Hundeexpertinnen um die fast hoffnungslosen Fälle kümmern: bissige Hunde, die keiner mehr haben will, abgegeben von überforderten Besitzern.
    Sind wirklich alle Hunde resozialisierbar? Oder nach Mecklenburg-Vorpommern, wo ein Kampfhund sich losriss und aus heiterem Himmel die dreijährige Tochter einer Familie in der Sandkiste anfiel. Oder auf Europas größte Hundemesse in Dortmund, wo Hundehalter stolz ihre wohlerzogenen „Kampfschmuser“ paradieren lassen. Die Autoren klären, wer am häufigsten gebissen wird. In 90 Prozent aller Fälle kannten die Opfer den Hund, circa zwei Drittel der Opfer sind Kinder! Sie treffen Willy, von dem die Besitzer dachten, er sei ein Mini-Bullterrier.
    Darüber ist er hinaus gewachsen und jetzt haben die Besitzer plötzlich einen Hund zu Hause, mit dem sie viele Bundesländer nur unter Auflagen besuchen dürfen. Ist das wirklich hilfreich? Viele der sogenannten Kampfhunde sind von einer Engelsgeduld, gelehrig und sogar niedlich. Wie also kann es sein, dass diese Hunde immer wieder zur Gefahr werden? „Die Story im Ersten“ sucht Antworten auf eine im Jahr 2018 wieder hitzig diskutierte Frage: Wie gefährlich sind Kampfhunde? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.08.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 52
    Vom BWL-Studenten zum Internet-Millionär. Der Aufstieg des Leipzigers Thomas Wagner, der mit Firmen wie „Ab-in-den-Urlaub.de“ oder „fluege.de“ zu einem der größten Reisevermittler Deutschlands wurde, klang lange wie eine Erfolgsgeschichte wie aus dem „Silicon Valley“. Doch nach Jahren ungebremsten Wachstums häufen sich in Wagners Imperium ab 2010 die Probleme: Kunden beschweren sich über versteckte Gebühren, Manager und Weggefährten verlassen das Unternehmen, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Steuerhinterziehung. Der einst gefeierte Gründer steht mit dem Rücken an der Wand und verfällt schließlich auf einen aberwitzigen Rettungsplan, der in einer Katastrophe endet.
    Wagner kommt auf dem Rückflug von einem missglückten Kreditgeschäft beim Absturz einer Privatmaschine ums Leben. Das weitverzweigte Firmenimperium mit zuletzt 1200 Mitarbeitern geht in die Insolvenz. Mit Hilfe interner Dokumente und den Aussagen ehemaliger Mitarbeiter rekonstruiert „Die Story im Ersten“ die Geschichte vom Aufstieg und Fall eines einstigen Vorzeigeunternehmers, der seine Firma mit umstrittenen Methoden zum Marktführer machte, um schließlich selbst zum Opfer eines Wirtschaftskrimis um Falschgeld und abgezweigte Millionen zu werden. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.09.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 53
    Chemnitz ist in diesen Tagen eine verunsicherte Stadt – im wörtlichen Sinne. Nach dem gewaltsamen Tod eines 35-Jährigen kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen und Übergriffen auf Migranten. Die Polizei kann die Sicherheit nur mühsam aufrechterhalten, die Politik wirkt lange Zeit ratlos. Das in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaute positive Image der Stadt droht komplett verloren zu gehen. Wie erleben die Menschen in Chemnitz ihre Stadt nach den schockierenden Ereignissen? Ein Autorenteam des Mitteldeutschen Rundfunks trifft aufgebrachte Bürger, engagierte Künstler, Vertreter der rechten Szene, verunsicherte Geflüchtete und Chemnitzer, die sich jetzt um ihre jahrelange Aufbauarbeit gebracht sehen. Reportagen aus der alten Arbeiterstadt am Rande des Erzgebirges, die jetzt plötzlich bundesweit im Fokus steht. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.09.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 55
    Mesut Özil, Ausnahmefußballer und Enkel türkischer Gastarbeiter, galt Jahre lang als Musterbeispiel für gelungene Integration. Bis er und sein Teamkollege Ilkay Gündogan im Mai 2018 mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan posierten. Wie hält es der von Politik und Fans zum Vorbild stilisierte Özil mit Werten wie Menschenrechte und Meinungsfreiheit, will die Nation nun wissen. Spätestens seit dem frühzeitigen Aus Deutschlands bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland nahm die Debatte an Schärfe zu. Die türkischstämmigen Fußballer wurden ausgepfiffen und sahen sich rassistischen Angriffen ausgesetzt.
    Schließlich erklärte Özil seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Er fühle sich als ein Deutscher, „wenn wir gewinnen und als Immigrant, wenn wir verlieren“. Das Gefühl, benachteiligt zu werden, nicht wirklich dazuzugehören, beklagen viele Menschen türkischer Herkunft. Auf die Frage, ob sie einen gerechten Anteil in diesem Land bekommen, antworten nur 50 Prozent der knapp drei Millionen Deutschtürken mit „ja“. Fakt ist aber auch, dass im Juni 2018 etwa 60 Prozent der wahlberechtigten Türken in Deutschland für Recep Tayyip Erdogan stimmten.
    Ähnlich fiel das Ergebnis bei der Abstimmung über die Verfassungsreform im April 2017 aus. In Deutschland die Vorzüge eines Rechtsstaates genießen und für die Abschaffung der Gewaltenteilung, die Entmachtung des Parlaments und für ein autokratisches System in ihrem Herkunftsland stimmen? Was sagt das aus über die Integration von türkischstämmigen Menschen in Deutschland? „Die Deutschtürken sehen die Entwicklung der Infrastruktur unter Erdogan, wenn sie zum Urlaub in die Türkei fahren.
    Von diesen Vorzügen profitieren sie, die politischen Folgen blenden sie aus“, kritisiert Gökay Sofoglu von der türkischen Gemeinde in Deutschland. Prof. Haci-Halil Uslucan vom Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung in Essen beobachtet in den letzten fünf Jahren eine zunehmend hohe Verbundenheit der Deutschtürken zur Türkei bei gleichzeitiger Abnahme der Verbundenheit mit Deutschland. Seine Erklärung: „Man kann nicht sagen, integriert euch und zugleich sagen, der Islam gehört nicht dazu.
    Das sind widersprüchliche Botschaften“, sagt Uslucan, der auch im Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration sitzt. Die Kölner Buchautorin Tuba Sarica sieht solche Erklärungen skeptisch. Sie spricht von einer Deutschenfeindlichkeit in Teilen der türkischen Community, die den Kindern eingeimpft werde und die Integration verhindere. Faruk, Gürsel und Bilal, alle in einem sozialen Brennpunkt in Offenbach am Main geboren und sozialisiert, begreifen sich dagegen als Deutsche.
    Aber die Türkei hat in ihrem Herzen trotzdem einen besonderen Platz. „Weil da unsere Eltern herkommen und wir, wenn wir dorthin fahren, viel Zuneigung von diesen Verwandten bekommen“, sagt Gürsel. 25 Prozent der hier lebenden Türkischstämmigen sind jünger als 15 Jahre. Bei den Einheimischen sind es elf Prozent. Die Deutschtürken sind im Durchschnitt also deutlich jünger. Ein großes Potenzial für unsere alternde Gesellschaft, wenn sich diese Gruppe in Deutschland zuhause fühlt, aber eben auch ein nicht unerhebliches Risiko für den gesellschaftlichen Frieden, wenn dies scheitert.
    Grund genug, die Gruppe der sogenannten Deutschtürken, der Deutschen türkischer Herkunft, genauer zu betrachten. Wie denkt, wie fühlt, wie lebt die extrem heterogene Gruppe der unterschiedlichen Generationen? Wie steht es um die Schulbildung und wie erfolgreich sind sie ökonomisch? „Der Deutschtürken-Report“ ist ein journalistischer Faktencheck der Autoren Ilyas Meç und Emel Korkmaz. Ihre umfassende datenjournalistische Recherche zeigt überraschende Erkenntnisse auf und stellt gängige Parolen auf den Prüfstand. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.09.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 58
    Themar 2017: 6.000 Neonazis aus ganz Europa marschieren in dem kleinen Südthüringer Ort auf. Es ist das größte Nazi-Festival in der Geschichte der Bundesrepublik. Vorbereitet wurde es von Thüringer Rechtsextremisten. Ostritz 2018: Fast 1.300 Rechtsextremisten kommen in die ostsächsische Kleinstadt. Gleich zwei Tage lang feiern die Neonazis ein Festival mit einschlägigen Bands, Tattoo-Wettbewerben und Kampfsport. Wieder wird die Großveranstaltung von einem Thüringer organisiert. Die Thüringer Neonazis haben sich längst in der Szene einen Namen gemacht. Europaweit gelten sie als Organisationstalente für Rechtsrockkonzerte.
    Die geschäftstüchtigen, so genannten Bewegungsunternehmer melden unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit ihre Festivals an. So macht die Szene Geld: für Gerichtskosten, Immobilien und für den Aufbau ihrer Strukturen. Ein Erfolgskonzept: Die Neonazi-Szene ist im Aufwind und auch das Geschäft mit der rechtsextremen Musikkultur floriert. Seit Jahren steigt die Zahl der Neonazi-Konzerte. 259 waren es laut Bundesamt für Verfassungsschutz 2017. Ein genauer Blick auf die Konzertteilnehmer lohnt sich, denn im Hintergrund ziehen alte Kader und Szenegrößen die Fäden – die „Paten des Rechtsterrorismus“.
    Sie sind zum Teil seit Jahrzehnten in der Szene aktiv – erst unauffällig, jetzt immer offensiver. Ihre Netzwerke sind international und funktionieren erfolgreich – in Deutschland und im europäischen Ausland. Der Einfluss der deutschen Neonazi-Netzwerker ist dort groß. Auch Gruppen wie „Combat 18“, verantwortlich unter anderem für Bombenanschläge in London, sind wieder aktiv. Ihre Strukturen sind untrennbar mit dem Musikgeschäft verbunden. Und die Behörden sehen hilflos zu. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 01.10.2018Das Erste
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 25.09.2018 angekündigt
  • Staffel 7, Folge 59
    Am 16. Oktober 2017 explodiert auf Malta das Auto einer Journalistin. Die Bombe tötet Daphne Caruana Galizia am helllichten Tag. Im Februar 2018 werden die Leichen eines jungen Paares gefunden. Der slowakische Reporter Jan Kuciak und seine Verlobte wurden in ihrem Haus brutal hingerichtet. Die ARD-Dokumentation ist ein Krimi, der die Morde bis ins Detail rekonstruiert, ein Schlaglicht auf mögliche Motive wirft und die Recherchen der Journalisten weiterverfolgt. Recherchen, die sie nicht mehr vollenden konnten. Caruana Galizia war die bekannteste Journalistin Maltas.
    Ihr Stil: Mutig, aber auch unerbittlich. Über Jahrzehnte prangerte sie öffentlich Verfehlungen von Politikern und Wirtschaftslenkern an, recherchierte jeder kleinsten Spur nach, pflegte ein Netz von Informanten. Ihr Blog lehrte viele auf der Insel das Fürchten. Jan Kuciak stand am Anfang seiner Karriere als Investigativ-Reporter. Auch er recherchierte dort, wo Geschichten wehtun, bis in die höchsten Kreise der Macht in der Slowakei. Geschichten, die viele wohl lieber verhindert hätten.
    Beide Morde haben zu Protesten geführt. Die europäische Öffentlichkeit interessierte sich plötzlich für diese kleinen EU-Mitgliedsländer. Und die Menschen stellten immer wieder dieselben Fragen: Warum mussten die Journalisten sterben? Wer gab die Morde in Auftrag? Welche Gefahr geht von den Morden für Europa aus? Reporter von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung sind diesen Fragen nachgegangen. Sie haben monatelang auf Malta, in der Slowakei und in anderen europäischen Ländern recherchiert, mit Informanten gesprochen und vertrauliche Dokumente gelesen.
    In langen, teils exklusiven Gesprächen mit den Angehörigen rekonstruieren die Reporter das Leben der getöteten Journalisten – und die Umstände der Morde. Kollegen von Daphne Caruana Galizia und Jan Kuciak berichten über deren Arbeit und Motivation. Die Recherche zeigt, wie tief sich Korruption und Geldwäsche in Staaten mitten in Europa gefressen haben. Am Ende entsteht ein Bild, das genauer als jemals zuvor die Hintergründe der Taten beleuchtet.
    Taten, die Europa erschüttert haben. Sowohl der Mord an Caruana Galizia als auch die regelrechte „Hinrichtung“ von Jan Kuciak und seiner Verlobten sind bis heute nicht aufgeklärt. Auf Malta hat man Tatverdächtige verhaftet, doch von den Hintermännern fehlt jede Spur. In der Slowakei können die Behörden noch nicht einmal Verdächtige benennen. Unterstützt wurde das Team von Journalisten der Organisation „Forbidden Stories“. 45 Reporter von 18 Medien – darunter die „The New York Times“, der „The Guardian“, „Reuters“ und „France 2“, – haben sich zum #DaphneProject zusammengeschlossen, um die Recherchen der getöteten Caruana Galizia fortzuführen.
    Neben WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung war in Deutschland auch DIE ZEIT beteiligt. Der aus den umfangreichen Recherchen entstandene Film macht deutlich, welche Bedeutung die Vorkommnisse auf Malta und in der Slowakei für Europa haben. Und er zeigt: Wenn Europa nicht dafür einsteht, diese Morde lückenlos aufzuklären, werden am Ende auch die freie Presse und die politische Kultur zu den Opfern dieser Taten zählen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.10.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 61
    Nach dem Kyffhäuser-Treffen des äußerst rechten „Flügels“ der AfD attackierten einige sichtbar erregte Teilnehmer der Veranstaltung Journalisten. Sie beschädigten eine Kamera, drohten unverhohlen den Pressevertretern und riefen: „Wir kriegen Euch!“ Zuvor wurden in Burgscheidungen, Sachsen-Anhalt, markige Reden vor gut 1000 Zuhörern gehalten, die im strömenden Regen stundenlang auf Einlass gewartet hatten. Sie wollten den Parteigrößen der AfD wie Alexander Gauland und Jörg Meuthen und Gastgeber Björn Höcke zuhören.
    Und die lieferten. Gauland etwa warnte in seiner Rede vor dem Aussterben des Deutschen Volkes. Zudem erkannte er bei der Bundesregierung den Willen, die einheimische Bevölkerung für Einwanderer arbeiten zu lassen, „damit die in Ruhe Kinder in die Welt setzen und den Bevölkerungsaustausch vollenden können.“ – Björn Höcke rief der Menge zu: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ – Die Menge skandierte: „Widerstand! Widerstand!“ Ein bekannter Ruf, den auch Neonazi-Kameradschaften benutzen. Journalisten werden „Medienmeute“ genannt.
    Nach Szenen wie diesen stellen sich immer mehr Menschen die Frage: Wie radikal ist die AfD? Ein Team der ARD hat über ein halbes Jahr – auch im Inneren – eines radikal rechten Netzwerkes recherchiert, das die AfD umgibt. Zudem haben die Autoren AfD-Parteigrößen ebenso interviewt und begleitet wie die Netzwerk-Unterstützer. Der ARD-Dokumentation „Am rechten Rand – Wie radikal ist die AfD?“ – von Jana Merkel und Michael Richter zeigt, dass auch Politiker mit einer dezidiert rechtsextremen Vergangenheit in der AfD Zugang zu höchsten Parteiämtern finden.
    Zudem beobachten sie, wie der einflussreiche sogenannte „Flügel“ der AfD die gesamte Partei immer weiter nach rechts außen verschiebt. Die AfD ist – so die Recherche-Ergebnisse – erkennbar eingebettet in ein Netzwerk aus radikal rechten Organisationen. Aus diesem Netz speisen sich politische Positionen der AfD und auch ihr Personal. Da sind zum Beispiel national-völkische Burschenschafter, die im Bundestag und den Landtagen als Abgeordnete oder Mitarbeiter der AfD-Fraktionen tätig sind.
    Da sind die Identitären, eine vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme Gruppe, mit denen AfD-Politiker trotz eines Unvereinbarkeitsbeschlusses der Partei unverhohlen sympathisieren und sie sogar unterstützen. Jochen Hollmann, der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt, erklärt in einem Interview mit der ARD: „Wer sich in diesem Umfeld bewegt, muss wissen, dass wir ihn im Blick haben.“ Die Identitären sind eine Gruppe aus jungen Akteuren, von denen viele zuvor in rechtsextremen Kreisen aktiv waren.
    Sie sprechen nicht von Rasse und vom Dritten Reich, weil sie gelernt haben, dass mit den alten rechtsextremen Parolen die Mitte der Gesellschaft nicht zu erreichen ist. Deshalb benutzen sie neue Begriffe wie „Identität“ und „Kultur“ und geben sich in ihren ästhetisch und modern aufgemachten Videos betont friedlich. Aber der Schein trügt, warnt Christian Weißgerber. Er ist vor einigen Jahren aus der Neonaziszene ausgestiegen und erkennt einige seiner ehemaligen Kameraden jetzt bei den Identitären. Deren Ideen seien nach wie vor die alten: Rassismus und Ausgrenzung. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.10.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 62
    „Allzu lange ist in der Kirche Missbrauch geleugnet, weggeschaut und vertuscht worden. Die Opfer haben Anspruch auf Gerechtigkeit.“ – Es ist erst vier Wochen her, dass Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, diese Sätze gesagt und alle Opfer von Missbrauch durch katholische Amtsträger in Deutschland um Entschuldigung gebeten hat. Dass der Umgang der Kirche mit Missbrauch auch aktuell noch problematisch ist, zeigt nun einer der prominentesten Opfervertreter in Deutschland – Matthias Katsch – in einer exklusiven ARD/​WDR Recherche auf. Der ehemalige Canisius-Schüler und Sprecher der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“ hat 2010 den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland ausgelöst.
    Über 30 Jahre blieben die Verbrechen seiner Täter, der Jesuitenpriester Peter R. und Wolfgang S. im Verborgenen. Erst 2010 werden ihre Taten am Canisius-Kolleg durch Matthias Katsch und seine Mitschüler öffentlich. Und dann? Nur so viel ist bislang bekannt: Beide Täter wurden nach 2010 in Chile gesehen. Weil die Aufklärung nicht voran geht, hat Matthias Katsch die Dinge nun selbst in die Hand genommen. Er ist nach Chile gereist und hat dort nach den Spuren seiner Täter und weiteren Opfern gesucht – und sie gefunden. Story-Autorin Eva Müller hat ihn dabei mit der Kamera begleitet.
    Die Recherche zeigt: Der zweite Haupttäter am Canisius-Kolleg, Wolfgang S., wohnt bis heute in Chile und hat dort einen Sportverein für Jugendliche gegründet. Er hat seinem ehemaligen Kollegen Peter R. von dort aus Jugendliche zum „Stipendium“ nach Deutschland vermittelt. Während dieser Aufenthalte werden die Jugendlichen von Peter R. missbraucht. Eine Rolle spielt auch das größte Sozialwerk Südamerikas: Christo Vive. Auch von hier aus brachen Jugendliche zu Priester Peter R. nach Deutschland auf, um bis zu einem Jahr bei ihm zu leben. Die Betroffenen sprechen in der ARD zum ersten Mal über ihren Missbrauch durch Peter R. in Hildesheim, Berlin und Hannover. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.10.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 64
    Siegfried Mauser führte ein erfolgreiches Leben als Musiker. Als Professor leitete er die Musikhochschule in München und das Mozarteum in Salzburg, wurde als Pianist gefeiert. Doch hat er auch Frauen sexuell belästigt? Herbst 2015. Zwei Kolleginnen von Prof. Mauser machen bei der Polizei eine Aussage. Es geht um sexuelle Nötigung. Eine wirft Mauser vor, versucht zu haben, ihr einen Zungenkuss zu geben. Die andere, dass der Professor sie an der Brust berührt habe. Die Staatsanwaltschaft München beginnt zu ermitteln. Es folgt ein Prozess, der über zwei Instanzen bis hin zur Revisionsentscheidung gehen wird.
    Die beiden Frauen und auch Professor Mauser schildern in dieser Dokumentation, wie sie diesen Prozess erleben. Der Angeklagte bewertet die Ereignisse, die Jahre zurückliegen, mit einem ganz eigenen Blick. Er sehe sich als Kind der 70er Jahre, offen und sexuell aufgeschlossen, mitnichten habe er die Situationen ausnutzen wollen und die Frauen gegen ihren Willen genötigt. Das ist seine Version bis heute. Dass er einer Kollegin an die Brust gefasst habe, sei aus Freundschaft und gegenseitiger Zuneigung entstanden.
    Die Frauen erzählen von dem Gefühl der Erniedrigung. Und davon, wie sehr es sie belaste, dass sich das Verfahren gegen Siegfried Mauser über Jahre zieht und sie selbst mit den Vorfällen nicht abschließen können. Spätestens seit der „MeToo“-Debatte ist klar, dass viele Menschen – vor allem Frauen – sexuelle Belästigung erlebt haben. Doch was genau bedeutet es, am Arbeitsplatz damit konfrontiert zu sein? Wenn es um Macht und Abhängigkeiten geht, wenn vielleicht sogar der eigene Job daran hängt? Das hat auch eine Berliner Chirurgin schmerzlich erlebt.
    Die Ärztin berichtet in dieser Dokumentation von den Annäherungsversuchen ihres Vorgesetzten und dem Entzug wichtiger Aufgaben am Arbeitsplatz, nachdem sie ihren Vorgesetzten abgewiesen habe. Ihr Fall landete vor dem Arbeitsgericht, verhandelt wurde – wie so oft in solchen Fällen – nicht der Vorwurf der sexuellen Belästigung, sondern die später folgende Kündigung der Ärztin. So gab es am Ende auch kein Urteil darüber, ob ihre Vorwürfe juristisch als sexuelle Belästigung zu werten sind oder nicht.
    Für die Ärztin bleibt das Erlebte eine traumatische Erfahrung. Sie hat sich ausgeliefert und ungeschützt gefühlt. Und das bis heute nicht vergessen. Ein Jahr nach den aufsehenerregenden Enthüllungen um sexuelle Belästigungen des Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein erzählt die Autorin Nicola Gräf in ihrem Film „Die Hand am Po“ von den Nöten der Opfer von sexueller Belästigung und zeigt, wie vielschichtig die Fälle sind und dass es auch nach „MeToo“ für Betroffene keine einfachen Lösungen gibt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 22.10.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 66
    Einen vergleichbaren Erfolg hat es in der deutschen Politik zuvor noch nicht gegeben: Die FDP, die 2013 erstmals an der Fünfprozenthürde gescheitert ist, kehrt 2017 in den Bundestag zurück – so stark wie kaum zuvor mit 10,7 Prozent. Der Erfolg trägt vor allem einen Namen: Christian Lindner. Der junge Parteivorsitzende ist die zentrale Führungsfigur der Liberalen und ihr bekanntestes Gesicht. Mit der Rückkehr in den Bundestag schien plötzlich noch mehr möglich zu sein: die Regierungsbeteiligung. Christian Lindner wurde nun mit den Vertretern einer neuen, mächtigen Politikergeneration wie Emmanuel Macron und Sebastian Kurz verglichen.
    Doch dann kam die Nacht vom 19. auf den 20. November. Lindner ließ die Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition mit den Worten platzen: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Für das Image von Christian Lindner und der FDP hatte das weitreichende Folgen. Da die Liberalen das Zukunftsprojekt Jamaika torpediert hatten, wurden sie von vielen als Drückeberger gesehen. Seitdem hat die FDP zu kämpfen: mit ihrem öffentlichen Bild, ihrer politischen Ausrichtung und nicht zuletzt damit, sich Gehör zu verschaffen.
    In ihrer Dokumentation „Lindner und die FDP – Aufbruch ins Abseits?“ haben Reinhold Beckmann und Ulrich Stein die FDP seit dem Wahlkampf 2017 über ein Jahr lang begleitet: Sie waren in der Wahlnacht dabei, als Christian Lindner und Wolfgang Kubicki bei einer Siegesfeier in einer Berliner Hotelbar auf den Triumph anstießen, sprachen mit Lindner unmittelbar nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen und begleiteten ihn in seine Heimatstadt Wermelskirchen, um mehr über seine Jugendjahre und ihre Bedeutung für seine politische Karriere zu erfahren.
    Wie hatte es die FDP geschafft, aus der Bedeutungslosigkeit wieder zurück auf die große politische Bühne zu kommen und welcher modernen Wahlkampf- und Marketingstrategien bedienten sich die Liberalen dabei? Neben weiteren FDP-Politikern wie Wolfang Kubicki, Nicola Beer oder dem früheren Außenminister Klaus Kinkel kommen in dem Film auch führende Politiker anderer Parteien zu Wort: Haben sich der junge Parteivorsitzende und die Liberalen vor der Verantwortung des Regierens gedrückt oder wollten sie ihre politischen Überzeugungen nicht in einer Jamaika-Koalition opfern? Hat sich der Abbruch der Sondierungsverhandlungen für die FDP gelohnt? Und wohin soll der Weg die FDP in Zukunft führen? „Lindner und die FDP – Aufbruch ins Abseits?“ ist die Langzeitbeobachtung einer Partei, die in kürzester Zeit mit maximalem Erfolg, deutlicher Kritik und sinkendem Interesse umgehen muss – ein Film, der zeigt, wovon politische Triumphe heutzutage abhängig sind und wie instabil sie sein können. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 29.10.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 67
    Das jüdische Restaurant „Schalom“ in Chemnitz wird Ende August von einer Gruppe Neonazis überfallen, der Eigentümer leicht verletzt. Judenfeindliche Pöbeleien, Beleidigungen, Schmierereien – das kennt er seit vielen Jahren. Sie sind, so erzählt er, für ihn Alltag. Ein Angriff mit Steinen, Flaschen und einem Rohr aber ist eine neue Gefahr. Antisemitismus ist in Deutschland lauter und bösartiger geworden. Einerseits haben 78 Prozent der befragten Juden einer Untersuchung zufolge das Gefühl, Antisemitismus habe deutlich zugenommen. Offene Anfeindungen und Angriffe gingen dabei häufig von Muslimen aus.
    Andererseits zeigen Studien, dass der Anteil der Bevölkerung, der antisemitischen Vorurteilen anhängt, seit Jahren sinkt. Wird das Problem also nicht ausreichend oder wird es sogar zu stark thematisiert? Der Film „Der Antisemitismus-Report“, den der Hessische Rundfunk für Das Erste gedreht hat, sortiert Fakten und Einschätzungen. Filmautor Adrian Oeser besucht eine jüdische Familie in Frankfurt am Main, in der es nicht anders zugeht als in den meisten anderen deutschen Familien. „Wir leben nicht koscher“, sagt die Mutter, „wir essen alles, was uns schmeckt.“ Die drei Kinder berichten, dass sich die Stimmung aber sofort dreht, wenn im Alltag deutlich wird, dass sie Juden sind.
    So sei sie gefragt worden, ob Juden denn Steuern zahlen müssten, erzählt die kleine Tochter. Es ist diese Mischung aus Unkenntnis, Vorurteilen und zunehmend auch offener Aggression, die das Lebensgefühl beeinflusst, Vorsicht und Ängste auslöst. „Wir haben in der Familie diskutiert, ob wir vor die Kamera gehen oder nicht“, sagt die Mutter im Interview. „Vielleicht sollte nicht unbedingt jeder wissen, dass wir Juden sind. Man macht sich angreifbar.“ 80 Jahre nach dem Novemberpogrom der Nazis gegen Juden in Deutschland untersucht Filmautor Adrian Oeser aktuellen Antisemitismus in Deutschland.
    Er spricht mit Fachleuten und Betroffenen, besucht rechtsextreme Versammlungen, antiisraelische Veranstaltungen und Präventionsprojekte. Eine exklusive repräsentative Umfrage für den „Antisemitismus-Report“ mit überraschenden Ergebnissen lotet die Haltung der Bevölkerung aus. Danach halten die meisten Antisemitismus heute vor allem für ein Problem von Muslimen und Rechtsextremen. Stimmt das? Und wo schlägt politische Kritik am jüdischen Staat Israel um in Judenfeindschaft? Brisante Fragen, denen der Film mit Zahlen, Daten und Begegnungen mit Betroffenen nachgeht. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 05.11.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 69
    40 Jahre lang hat der Kriminologe Prof. Franz Streng Jurastudenten befragt, wie sie über Straftäter urteilen würden. Das Ergebnis der Langzeitstudie: Die Justiz solle härter durchgreifen, Straftäter länger einsperren und weniger Wert auf Resozialisierung legen. Knapp 30 Prozent der angehenden Juristen forderten inzwischen sogar, die Todesstrafe wieder einzuführen. Der „Bestrafungs-Zeitgeist“ durchzieht weite Teile der Gesellschaft. Fast täglich werden Forderungen nach härteren Strafen laut. Die „Lust auf Strafe“ – woher kommt sie? Und wie gehen wir damit um? Marianne Metzger kann den Tod ihrer Tochter Anne und ihres vierjährigen Enkels nicht verwinden.
    Annes ehemaliger Lebensgefährte hat die beiden erstochen, aus Rache für die Trennung. Die grausame Bluttat im Auto ist auch für Außenstehende nur schwer zu ertragen. Taxifahrer Mehmet Yilmaz fährt in Hamburg auf eine Kreuzung. Die Ampel ist grün. Wie aus dem Nichts rast ein anderes Auto in seines. Mit Tempo 140. Der Fahrer hatte es gestohlen, keinen Führerschein und 1,2 Promille im Blut. Ein Fahrgast stirbt sofort, ein weiterer und Taxifahrer Yilmaz überleben schwerverletzt. In beiden Fällen stehen die Täter wegen Mordes vor Gericht.
    Nach einem illegalen Autorennen mit Todesfolge in Berlin im vergangenen Jahr ist es nun das zweite Mal in der deutschen Rechtsgeschichte, dass ein Verkehrsteilnehmer wegen Mordes angeklagt wird. Unsere Autorin Dörte Schipper begleitet Metzger und Yilmaz während der Strafprozesse. Die beiden müssen monatelang erleben, wie sich die Täter nach allen Regeln der Anwaltskunst rechtfertigen. Eine qualvolle Erfahrung. Der Film dokumentiert das Bedürfnis der Opfer nach Sühne und das Recht der Angeklagten auf gute Verteidigung. Und macht damit erfahrbar, wie viel der Rechtsstaat seinen Bürgern an dieser Stelle abverlangt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.11.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 72
    Wegen defekter Herzschrittmacher, Hüftprothesen oder Brustimplantate leiden oder sterben Menschen weltweit. Gleichzeitig werden Probleme mit solchen medizinischen Produkten von Herstellern verheimlicht. Das Kontrollsystem macht es ihnen leicht: Für die Markteinführung von vielen Implantaten sind keine hochwertigen klinischen Studien nötig. Staatliche Behörden überwachen den Markt nicht systematisch. Die Dokumentation zeigt die Leiden verschiedener Betroffener und fragt nach den Ursachen. Wie kann es sein, dass Patienten als Versuchskaninchen für Hersteller von Medizinprodukten genutzt werden? An der weltweiten Recherche zu Medizinprodukten waren mehr als 250 Journalisten von knapp 60 verschiedenen Medien aus 36 Ländern beteiligt: darunter BBC, Le Monde sowie unter anderem Medien aus Japan, Pakistan, Mexiko und vielen europäischen Ländern. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.11.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 73
    Die Wölfe sind zurückgekehrt und breiten sich in Deutschland aus. Ob in Niedersachsen, Sachsen oder jüngst in Nordrhein-Westfalen, allerorten werden die Raubtiere gesichtet. Derzeit gibt es 60 Rudel sowie 19 Paare, insgesamt etwa 500 bis 600 Tiere – und immer mal wieder Begegnungen zwischen Mensch und Wolf. Schäfer beklagen Verluste, Dorfbewohner fürchten um ihre Kinder, Politiker von CDU, SPD, FDP und AfD schlagen Alarm und fordern inzwischen den Abschuss von Wölfen und eine Obergrenze für ihren Bestand. Alles nur Hysterie? Oder geht von Wölfen tatsächlich eine Bedrohung aus? Stimmt der Eindruck, dass sich Wölfe in Deutschland unkontrolliert ausbreiten und eine Gefahr darstellen? Monatelang hat Filmautor Herbert Ostwald mit Wolfsforschern, Bürgermeistern, Dorfbewohnern, Tierfilmern und Schäfern gesprochen, um Antworten zu bekommen.
    Seine Recherchen zeigen ein wesentlich differenzierteres Bild, als es die Schlagzeilen vermuten lassen. Manches Missverständnis beruht auf der verbreiteten Annahme, Wölfe seien scheu. Tatsächlich sind sie „von Natur aus neugierig, aber auch vorsichtig“, so Tierfilmer Sebastian Koerner, der seit vielen Jahren Wölfen so nahe gekommen ist wie niemand sonst.
    Fakt ist: In den 20 Jahren, seit Wölfe in Deutschland wieder heimisch sind, gab es keinen einzigen Angriff auf Menschen, keinen einzigen Verletzten. Der heimgekehrte Räuber ist so gut erforscht wie kaum ein anderes Wildtier: Hunderte Wolfsberater sammeln bundesweit täglich Spuren, die akribisch ausgewertet werden. Dadurch haben Wolfsforscher einen guten Überblick, welche Tiere sich wo niederlassen.
    Wenn Wölfe trotzdem ein unnormales Verhalten zeigen, können Behörden schon heute dank vorhandener Managementpläne einzelne „Problemwölfe“ erschießen lassen. Für Nutztierhalter gibt es Subventionen für Elektrozäune und Herdenschutzhunde. Hat der Wolf dennoch ein Schaf gerissen – und ist das beweisbar – gibt es Ausgleichszahlungen. Allerdings müssen viele Schäfer für den Schutz ihrer Tiere einen erheblichen Aufwand betreiben und bleiben auf einem Teil der Folgekosten sitzen.
    Jagd auf Wölfe halten Forscher trotzdem für Unsinn. Denn die Zahl der Raubtiere reguliere sich allein über ihr Nahrungsangebot und die Reviergröße. In einem Revier pendelt die Größe des Rudels immer zwischen etwa zwei und zehn Tieren, einwandernde Konkurrenten werden vertrieben. Wölfe sind weder Bestien noch Kuscheltiere. Wir können mit ihnen leben. Gefordert sind dafür sachliche Diskussionen statt hitziger Debatten. Ein Film mit überraschenden Einsichten und einzigartigen, zum Teil noch nie im Fernsehen gezeigten Bildern von wilden Wölfen in Deutschland. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.11.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 75
    So etwas hat es in der CDU seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben: Gleich mehrere Kandidaten bewerben sich für den Parteivorsitz. Nachdem Angela Merkel angekündigt hat, für den Chefposten auf dem bevorstehenden Parteitag nicht mehr zu kandidieren, herrscht weit über die Partei hinaus große Aufregung. Wer immer Merkel an der CDU-Spitze nachfolgt, hat große Chancen, der nächste Bundeskanzler bzw. die nächste Bundeskanzlerin zu werden. Entsprechend ehrgeizig präsentieren sich vor allem die drei aussichtsreichsten Kandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn.
    Keiner der drei geht unvorbelastet ins Rennen – der Kampf um die Macht in der Partei hat mehrere Vorgeschichten: Friedrich Merz war im Jahr 2002 von Angela Merkel als Fraktionsvorsitzender von CDU/​CSU ausgebootet worden. Auch der deutlich jüngere Jens Spahn hat zahlreiche Auseinandersetzungen mit Angela Merkel hinter sich. Sinnen beide auf Rache? Eine Zusammenarbeit von Merz oder Spahn als Parteichef mit der noch amtierenden Bundeskanzlerin gilt jedenfalls als schwierig. Mit ihrer Vertrauten Annegret Kramp-Karrenbauer würde sich Angela Merkel wohl besser verstehen.
    Aber genau das könnte Parteitags-Delegierten, die mit Merkels Politik nicht mehr einverstanden sind, missfallen. Wie also werben die Kandidaten um die Zustimmung in der Partei, um nach der Macht greifen zu können? Vom Tag der hessischen Landtagswahl Ende Oktober an beobachtet das Autorenteam Stephan Lamby, Nils Casjens, Maik Gizinski und Frank Zintner den Machtkampf in der CDU aus der Nähe. Ihr Film zeigt auch, wieso die aktuelle Situation für die CDU so ungewöhnlich ist. Denn bislang wurde der Kampf um die Parteispitze nicht auf offener Bühne ausgetragen, sondern in Hinterzimmern. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.12.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 76
    Angst vor Arbeitslosigkeit, mieser Bezahlung oder Altersarmut? Für Beamte kein Thema. Rund 1,8 Millionen Beamte arbeiten bei Bund, Ländern und Kommunen. Sie haben einen Job auf Lebenszeit, bekommen mehr Netto vom Brutto, und im Alter wartet eine gute Pension. Beamte – beneidet und umstritten. Haben Beamte zu viele Privilegien? Brauchen wir so viele Beamte? Funktioniert der Staat auch mit weniger Beamten? Oder gilt eher das Gegenteil? Nach jahrelangem Personalabbau fehlen überall Polizisten, Lehrer, Richter.
    In Amtsstuben stapeln sich unerledigte Akten und die Warteschlangen der Bürger werden immer länger. Laut Beamtenbund sind über 200.000 Stellen unbesetzt. Im Wettstreit mit der Privatwirtschaft um Arbeitskräfte geht ohne den Trumpf „ Beamtenstatus“ gar nichts mehr? Im „Beamtenreport“ geht die Autorin Christine Rütten all diesen Fragen nach. Mit Hilfe von Fakten, Studien und namhaften Experten, mit exklusiven Umfragen zusammen mit Infratest dimap, mit Recherchen vor Ort in Schulen, Polizeirevieren und in Ämtern.
    Vor allem die explodierenden Pensionslasten befeuern die Diskussion um den Beamtenstatus aufs Neue. Die aktuellen Zahlen des Bundes zeigen die Dimension: Für seine Beamten waren die Pensionsverpflichtungen noch nie so hoch, fast 690 Milliarden Euro für Pensionen und Beihilfe. Dabei ist der Bund längst nicht der größte Arbeitgeber für Beamte, sondern die Länder. Rentenexperte Bernd Raffelhüschen warnt: „Die alten Bundesländer werden bald in Pensionslasten ertrinken.“ Was da auf die öffentlichen Haushalte zukäme, sei „hausgemacht“.
    „Niemand war vorsichtig genug, alle haben zwischen 1972 und 1982 die Zahl ihrer Beamten verdoppelt.“ Die Folge der Einstellungswelle in den 70er Jahren ist die Pensionierungswelle ab 2020, dann, wenn die Beamten-Babyboomer in den Ruhestand gehen. Eine Kostenlawine rollt auf Bund, Länder und Kommunen zu, für die am Ende auch der Steuerzahler einstehen muss. Denn vorgesorgt haben alle viel zu spät und viel zu wenig.
    Ab wann, wie hoch, wie wird das Geld angelegt? „Der Beamtenreport“ zeigt: Deutschland ist in puncto Vorsorge ein wahrer Flickenteppich und für alle gilt: Die Rücklagen für die Beamtenpensionen sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Braucht das deutsche Beamtentum dringend Reformen? Sollten künftige Beamte in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung einzahlen? Ergibt das Sinn? Regierungspolitiker denken laut darüber nach. Oder was wäre, wenn freie Stellen statt mit Beamten verstärkt mit Angestellten besetzt würden? Sind die für den Staat als Arbeitgeber günstiger als Beamte? Wo überall könnten Angestellte Beamte ersetzen und wo nicht? „Der Beamtenreport“ blickt in die Schweiz.
    Das Nachbarland hat vor 15 Jahren das Beamtentum weitestgehend abgeschafft. Mit welchen Erfahrungen? Hierzulande nimmt das Thema Verbeamtung gerade eine völlig andere Richtung. Beispiel Lehrer. In den neuen Bundesländern waren Lehrkräfte bis vor kurzem in der Regel angestellt. Seit diesem Schuljahr hat mit Thüringen das letzte Bundesland dieses Modell aufgegeben.
    Nicht, weil an den Schulen Chaos herrschte und der Unterricht schlecht war. Der Grund dafür sind Lehrermangel und Konkurrenzkampf der Länder untereinander. Wer keinen Beamtenstatus bietet, der geht bei der Suche nach Lehrkräften leer aus. Wie attraktiv ein Beamtenjob für junge Menschen ist, das zeigen aktuelle Umfragen, wie die der Wirtschaftsberatung Ernst &Young. Die Befragung unter 2.000 Studenten ergab, dass für 57 Prozent die Jobsicherheit das wichtigste Kriterium beim Berufseinstieg ist.
    41 Prozent streben in den öffentlichen Dienst. Wunschberuf Beamter? Das fragt „Der Beamtenreport“ die Studenten an der Finanzhochschule des Landes NRW. Über 1.000 junge Menschen büffeln hier für den künftigen Job im Finanzamt, so wie die frisch gebackene Absolventin Anja Ferber. Ihre Motivation, Beamtin zu werden, formuliert sie so: „Ich weiß, dass ich am Ende des Monats für das, was ich gearbeitet habe, entlohnt werde.
    Egal, was für eine wirtschaftliche Lage herrscht, dass ich meinen Job habe und ihn auch behalten kann.“ Auch die jährlichen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Beamtenbundes zeigen: Das Image der Beamten war noch nie so gut. Ulrich Silberbach, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, überrascht das nicht, denn für ihn sind Beamte „pflichtbewusst, und das gerade in Zeiten, wo der Staat so ein Stück weit wackelt, wo unsere politische Führung ein Chaos nach dem anderen verursacht, da ist das ein Pol, der in diesem Land für Frieden und Ordnung sorgt“. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.12.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 78
    Tesla ist der gesamten Autobranche davon gefahren. Allen voran der wie ein Popstar bejubelte Tesla-Chef Elon Musk. Doch der schillernde Chef und sein Unternehmen selbst geraten immer mehr unter die Räder. Mitarbeiter berichten von fragwürdigen Arbeitsbedingungen und chaotischen Zuständen. Die Produktion stockt, die Verluste wachsen und die Lichtgestalt Elon Musk bekommt Schatten. Alle großen Automarken arbeiten unter Hochdruck am Tesla-Killer, vorne mit dabei: Porsche. Bislang ist nur wenig über den neuen Elektroporsche Taycan bekannt. Der Film zeigt, wie gefährlich der neue Elektroporsche für Tesla werden kann.
    Zudem haben Porsche und andere klassische Autobauer noch einen Trumpf: Sie beherrschen die Massenproduktion von Autos, während Tesla grade da schwächelt. „Die Story im Ersten“ zeigt auch, wie viel unbekannte deutsche Hilfe im Stromauto aus den USA steckt. Und wie bereitwillig Elon Musk auf deutsches Knowhow setzt, ebenso wie die neue chinesische Konkurrenz. Auch wenn es auf der Straße noch kaum sichtbar ist: Das Rennen um die Zukunft des Autos ist in der heißen Phase. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.12.2018Das Erste
  • Staffel 7, Folge 79
    Unbedarft gepostete Alltagsbilder bei Instagram landen unbeobachtet in Fotoblogs von Männern, die sexuelle Fantasien mit Kindern haben und werden dort abscheulich kommentiert; in Chats beliebter Online-Spiele wie „Clash of Clans“ bahnen Erwachsene ungehindert sexuelle Kontakte mit Zehnjährigen an. Kinder und Jugendliche sind im Internet immer häufiger sexualisierter Gewalt ausgesetzt, ohne dass Industrie und Politik etwas dagegen unternehmen. In der Dokumentation „Kinderfotos im Netz: gepostet, geklaut, missbraucht“ hält der Missbrauchsbeauftrage der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig frustriert fest: „Kinder- und Jugendschutz findet derzeit im Internet nicht statt.“ Gesetzliche Regelungen, die für mehr Schutz sorgen könnten, stammen aus dem Jahr 2003 und sind „der tatsächlichen Entwicklung Jahrzehnte hinterher.“ Autor Sebastian Bellwinkel zeigt in seiner 45-minütigen Bestandsaufnahme einen ernüchternden Befund.
    Es scheint, als habe der große Aufschrei über massive Missbrauchsfälle vor acht Jahren an Canisius-Kolleg, Odenwaldschule und anderen Einrichtungen nichts bewirkt.
    Aktuell entsteht in der digitalen Welt die nächste Generation Betroffener. Nach einer Studie der Universität Regensburg geben rund 730.000 Erwachsene zu, sexuelle Onlinekontakte zu Kindern unter 14 Jahren zu haben. „Rechnet man konservativ mit zwei bis fünf Kontakten pro Täter, reden wir über weit mehr als drei Millionen betroffene Kinder und Jugendliche, sagt die Psychologin Julia von Weiler vom Verein „Innocence in Danger.“ Die Dokumentation macht deutlich, dass insbesondere Eltern genauer hinschauen und verstehen müssen, wo ihre Kinder im Internet unterwegs sind und wer ihnen dort begegnen kann.
    Doch oft fehle Eltern die Medienkompetenz. Eine fatale Entwicklung, wie mehrere Experten warnen. Stattdessen posten viele Eltern selbst Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien und bieten pädosexuellen Tätern so gratis Bildernachschub. Ein Beispiel für das Wegsehen von Industrie und Politik ist das Zustandekommen des Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG).
    Das hatte Justizminister Heiko Maas in der vergangenen Legislatur-Periode auf den Weg gebracht, um Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter zu einem aktiveren Vorgehen gegen hetzerische Aussagen zu bringen. Nach dem Referentenentwurf dieses Gesetzes sollten auch Anbieter vieler Online-Spiele dazu gehören. „Das hätte dazu führen können, dass in den Chats geschulte Moderatoren eingesetzt werden, die auch stärker gegen sexuelle Anmache hätten vorgehen müssen“, sagt der renommierte Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger.
    Mit einem Jahresumsatz von zuletzt 3,3 Milliarden Euro verfügt die Games-Branche eigentlich auch über die finanziellen Mittel, sollte man meinen. Die Dokumentation zeigt, wie die Lobby der Onlinespiele-Betreiber Druck gemacht hat, so dass sie schließlich aus dem Gesetz ausgenommen worden sind. „Cybergrooming (also die Anbahnung sexueller Online-Kontakte von Erwachsenen mit Kindern) spielt im Gaming nicht so eine starke Rolle“, behauptet Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbandes.
    Dem widersprechen zahlreiche Experten, u.a. der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig: „Es ist ein Riesenproblem und es ist ein völlig unterschätztes Problem.“ Die Große Koalition aus CDU/​CSU und SPD hat im Koalitionsvertrag zwar angekündigt, pädokriminelle Täter, die im Netz aktiv sind, konsequent zu verfolgen. Doch getan wird dafür bislang nichts. Verantwortliche Ministerinnen wie Katharina Barley (Justiz) und Dorothee Bär (Digitalisierung) verweigerten Interviews für die Dokumentation. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 17.12.2018Das Erste

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